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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 06.06.2005
Aktenzeichen: 5 B 281/04.A
Rechtsgebiete: AufenthG, AuslG, VwGO
Vorschriften:
AufenthG § 60 Abs. 2 | |
AufenthG § 60 Abs. 3 | |
AufenthG § 60 Abs. 6 | |
AufenthG § 60 Abs. 7 | |
AufenthG § 60 Abs. 7 Satz 1 | |
AufenthG § 60 Abs. 7 Satz 2 | |
AufenthG § 60a | |
AufenthG § 60a Abs. 1 Satz 1 | |
AuslG § 51 Abs. 1 | |
AuslG § 53 | |
AuslG § 53 Abs. 6 | |
AuslG § 53 Abs. 6 Satz 1 | |
AuslG § 53 Abs. 6 Satz 2 | |
AuslG § 60 Abs. 7 Satz 1 | |
VwGO § 154 Abs. 1 | |
VwGO § 132 Abs. 2 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Az.: A 5 B 281/04
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 AufenthG
hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik und den Richter am Verwaltungsgericht Müller ohne mündliche Verhandlung
am 6. Juni 2005
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 3. April 2001 - A 7 K 30354/99 - wird zurückgewiesen.
Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am 1965 geborene Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben aus Benin kommend per Schiff am 1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 1998 in Köln seine Anerkennung als Asylberechtiger. Mit Bescheid vom 9.4.1999 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtiger ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen. Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle einer Klageerhebung nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Nigeria an.
Am 28.4.1999 erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Leipzig und beantragte, die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidung zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 53 AuslG vorliegen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Er sei HIV-positiv und im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland würde sich seine Lebenserwartung auf ein bis zwei Jahre verringern. Eine Weiterbehandlung, die zu einer mindestens 10-jährigen Lebenserwartung führen würde, sei in Nigeria nicht möglich. Auch wenn eine medizinische Versorgung gewährleistet sei, handle es sich insoweit um medizinische Einrichtungen in großstädtischen Ballungszentren, die nur den wohlhabenden Bevölkerungsschichten zugänglich seien. Der durchschnittliche HIV-Infizierte ohne finanzielle Mittel und aus ländlichen Gebieten stammend besitze keinerlei Chancen, in diesen Institutionen behandelt zu werden. Die Medikamentenkosten seien so hoch, dass kein Entwicklungsland diese Therapie als Regelversorgung für seine HIV-Infizierten aufbringen könne. Im Falle einer Rückkehr nach Nigeria könne er günstigstenfalls als Farmer ca. 200.000 Naira im Jahr verdienen. Seine monatlichen Kosten als Farmer würden sich auf ca. 20.000 Naira belaufen. Er habe keine familiäre Unterstützung zu erwarten, nachdem seine Eltern verstorben und seine verheiratete Schwester unbekannten Aufenthaltes seien.
Die Beklagte und der Beteiligte haben sich nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Das Verwaltungsgericht Leipzig hob mit Urteil vom 3.4.2001 nach vorhergehender Einholung einer Auskunft der Deutschen Botschaft in Lagos zu den Behandlungsmöglichkeiten HIV-infizierter Personen in Nigeria den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 9.4.1999 in der Nr. 3 auf und verpflichtete die Beklagte festzustellen, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus: Dem Kläger stehe ein Abschiebungshindernis gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zur Seite. Im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland wäre er wegen seiner HIV-Infektion einer extremen Gefahrenlage im Sinne der genannten Vorschrift ausgesetzt. Ausgehend von der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Vernehmung des behandelnden Arztes des Klägers sei davon auszugehen, dass dieser am 23.9.1998 bei der erstmaligen Vorstellung ein Krankheitsstadium nach der internationalen Klassifikation CDC-BIII festgestellt habe. Diese bedeute einen bereits fortgeschrittenen Immundefekt. Die Laborparameter, welche Auskunft über die Prognose und den Verlauf der Erkrankungen gäben, hätten sich bereits im kritischen Bereich befunden, unmittelbar vor einer HIV-Erkrankung. Die Virenbelastung sei sehr hoch gewesen, sodass von einem bereits fortgeschrittenen Stadium habe ausgegangen werden müssen. Auch klinische Anzeichen hätten dafür gesprochen, wie insbesondere eine orale Pilzbesiedelung und ein reduzierter Allgemeinzustand. Die am 4.1.1999 begonnene antiretrovirale Kombinationstherapie (Dreifachkombination) habe im Ergebnis der Behandlung zur Stabilisierung des Zustandes des Klägers geführt, sodass die entscheidenden Laborwerte im Normbereich lägen. Ein Abbruch der Therapie würde bedeuten, dass in einem Zeitraum von ca. einem Vierteljahr die Virusbelastung drastisch ansteigen würde, das derzeitige Immunsystem seinen stabilen Zustand verlieren würde und in dieser Zeit der Zustand des Klägers wie bei seiner Erstvorstellung erreicht würde. Damit wäre die große Gefahr verbunden, dass durch die Schwächung des Immunsystems die typischen HIV-assoziierten Infektionen wie Lungenentzündung und Tuberkulose ausbrechen könnten. Träfen mehrere Infektionen zusammen, wovon angesichts nicht einwandfreier hygienischer Zustände auszugehen sei, würde der Kläger dann im genannten Zeitraum seiner Erkrankung erliegen. Die prognostizierte Lebenserwartung sei stark abhängig von der Konfrontation mit Krankheitserregern. Ohne Fortführung der antiretroviralen Kombinationstherapie würde sich die Lebenserwartung des Klägers daher auf ein bis eineinhalb Jahre verkürzen. Im Falle der Fortführung der Therapie hätte der Kläger noch eine Lebenserwartung von 20 bis 25 Jahren. Zwar sei in Nigeria die medizinische Betreuung von HIV-Patienten grundsätzlich möglich und die so genannte Antiretroviraltherapie durchführbar. Allerdings koste die Behandlung nach Informationen der Botschaft 30.000 bis 50.000 Naira (umgerechnet ca. 800 bis 1000 DM) monatlich. Bei Mittellosigkeit sei eine Versorgung der HIV/Aids-Patienten nicht gewährleistet. Auf Befragen des Gerichts habe der Kläger glaubhaft gemacht, dass er hier in Deutschland außer den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz über keine weiteren Einnahmen oder Vermögen verfüge und dass seine Eltern bereits verstorben seien. Auf Vermögen in Nigeria bzw. auf Unterstützung durch seine Schwester könne er nicht hoffen. Daher gehe das Gericht von einer Mittellosigkeit des Klägers aus und davon, dass nach einer evtl. erzwungenen Rückkehr in seine Heimat sich an dieser finanziellen Situation wegen der im Vergleich zum Durchschnittseinkommen hohen Behandlungskosten nichts ändern würde. Auch wenn der Kläger ein vergleichsweise hohes Einkommen als Farmer von etwa 200.000 Naira im Jahr angegeben habe, habe er jedoch nachvollziehbar erklärt, dass dieser Verdienst nur bei besten Verhältnissen und nach langjährigem Aufbau einer Existenzgrundlage erreicht werden könne. Dazu ins Verhältnis zu setzen sei sein Vortrag, dass er etwas 20.000 Naira im Monat zum Lebensunterhalt benötigt habe, wobei er dabei den Erhalt und die Aufwendungen für sein Unternehmen einbezogen habe.
Die so belegte konkrete individuelle und extreme Gefahrensituation, die dem Kläger drohen würde, träte hier nach dem asylrechtlichen Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit auch "alsbald" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein, wobei der Tod oder schwerste Verletzungen nicht sofort, gewissermaßen noch am Tag der Ankunft im Abschiebezielstaat, eintreten müssten. Nach der Sachverständigenaussage sei bereits in einem Zeitraum von bis zu einem Vierteljahr mit einer drastisch ansteigenden Virusbelastung zu rechnen und in deren Folge mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Damit erfülle die befürchtete Verschlimmerung des dem Kläger attestierten Krankheitsbildes die Voraussetzung einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG. Da die Verschlimmerung in der Heimat des Klägers, nämlich in Nigeria, und damit im Zielstaat der Abschiebung eintrete könne, handle es sich um einen zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, über welches das Bundesamt im Sinne der obigen Ausführungen hätte entscheiden müssen.
Auf Antrag des beteiligten Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Senat mit Beschluss vom 25.3.2004 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 3.4.2001 wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, soweit darin unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 9.4.1999 in dessen Nr. 3 die Beklagte verpflichtet wird festzustellen, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen.
Zur Begründung der Berufung trägt der Beteiligte im Wesentlichen vor: Es spreche vieles dafür, dass generell fehlende Finanzmittel für eine medizinische Behandlung im Heimatland richtigerweise und grundsätzlich dem Bereich des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG zuzuordnen seien. Dies sei jedoch klärungsbedürftig und bislang nicht eindeutig durch das Bundesverwaltungsgericht entschieden. Eine weitgehend uneingeschränkte Berücksichtigung fehlender finanzieller Möglichkeiten des Ausländers bedeutet zudem ein klares Abrücken von der den Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG prägenden Maxime, dass es sich dabei nur dann um einen durch die Beklagte zu prüfenden und ggf. zuzuerkennenden Schutzanspruch handeln könne, wenn im eigentlichen Sinn zielstaatsbezogene Gefährdungen in Rede stünden. Dafür reiche auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ohne weiteres aus, dass sich eine Gefahr in dem in den Blick zu nehmenden Rückkehrstaat realisiere. Vielmehr müsse diese wegen der gerade dort zu verzeichnenden besonderen Verhältnisse drohen. Es genüge grundsätzlich nicht, dass - wie es bei zur möglichen Behandlung fehlender Finanzmittel in aller Regel und in beinahe jedem anderen Land der Welt wäre - eine Gefährdung in gleicher Weise auch bei Aufenthaltnahme nahezu an jedem anderen ausländischen Ort drohe. Ebenso wenig würden negative Umstände, die allein als Folge der Abschiebung oder durch jedes sonstige Verlassen des Bundesgebietes und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung bzw. der Rückkehr eintreten, zu den im Sinne des § 53 AuslG als zielstaatsbezogen zu verstehenden Gefahren rechnen. Gerade in afrikanischen Ländern stelle die weitverbreitete HIV-Erkrankung eine gruppenbezogen zu sehende Gefahr dar. Für Nigeria sei bereits 1999 von ca. 2,7 Mill. erkrankten Personen bei einer Bevölkerung von ca. 120 Mill. gesprochen worden.
Auch wenn der Kläger nach der CDC-Klassifikation der HIV-Erkrankung bereits das Stadium III (BIII) erreicht habe, rechtfertige dies aber noch nicht ohne weiteres einen Anspruch aus § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, selbst wenn die für eine Behandlung nötigen Kosten bereits wegen deren Höhe aller Voraussicht nach nicht aufgebracht werden könnten. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG beinhalte sowohl ein Umstands- wie ein Zeitmoment. Eine relevante Gefahr bestehe daher nur, wenn sich der Gesundheitszustand nach Rückkehr alsbald verschlechtern würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts begründe bereits der "baldige" Gefahreneintritt entsprechenden Abschiebungsschutz. Es sei allerdings nicht zweifelhaft, dass ein in unbestimmter zeitlicher Ferne liegender Termin das Merkmal eines "alsbaldigen" Eintritts nicht erfülle. Der Gesetzgeber habe durch eine dreimonatige Beschränkung der Aussetzung der Abschiebung nach Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu erkennen gegeben, dass er offenkundig von einem in aller Regel für eine Gefährdungsprognose in dem Blick zu nehmenden Zeitraum von maximal drei Monaten ausgehe. Jede erst später, insbesondere eine deutlich danach sich realisierende Gefahr werde mithin kaum mehr als "alsbald" nach Rückkehr eintretend angesehen werden können. Dieser Zeitraum sei vorliegend auch nicht vom Verwaltungsgericht festgestellt worden. Nach den Gründen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sei lediglich zu befürchten, dass die Viruslast unbehandelt in einem Zeitraum von bis zu einem Vierteljahr drastisch ansteigen dürfte. Erst die dadurch bewirkte Destabilisierung des Immunsystems würde allerdings nach den gerichtlichen Feststellungen den Weg bereiten für opportunistische Folgeerkrankungen.
Der Beteiligte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 3.4.2001 - A 7 K 30354/99 - zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger beantragt, unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 9.4.1999 die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung macht er unter Berufung auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.10.2002 (1 C 1.02) und vom 29.4.2002 (1 B 59.02) Vortrag im Sinne der angefochtenen Entscheidung. Ergänzend trägt er vor, dass die vom Beteiligten geforderte zeitliche Grenze von drei Monaten nicht anzuwenden sei.
Die Beklagte hat sich zur Sache nicht geäußert.
Dem Senat liegen die zur Sache gehörenden Akten der Beklagten (1 Heftung), die Verfahrensakten des Verwaltungsgerichts Leipzig in dem Verfahren A 7 K 20354/99 sowie die Verfahrensakten des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts im Zulassungsverfahren A 5 B 328/01 vor. Auf sie sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht unter Aufhebung der Nr. 3 des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 9.4.1999 die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen. Der Kläger hat einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung, dass in seiner Person Abschiebungshindernisse gemäß dem im Zeitpunkt der Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts geltenden § 60 Abs. 7 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) vom 30.7.2004 (BGBl. I S. 1950) vorliegen, weil eine extreme Gefahr für sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit als allein geltend gemachte Tatsachengrundlage des im Berufungsverfahren streitigen Anspruchs aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AuslG im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Vorschrift hebt allein auf das Bestehen einer konkreten, individuellen Gefahr für die genannten Rechtsgüter ab ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zuzurechnen ist. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschl. v. 29.4.2002 - 1 B 59.02 - zitiert nach JURIS; Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 - zitiert nach JURIS).
§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt ferner voraus, dass die dem Kläger drohende Gesundheitsgefahr erheblich ist, also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Klägers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist die Gefahr, wenn diese Verschlechterung alsbald nach Rückkehr des Klägers nach Nigeria eintritt, weil er aus finanziellen Gründen die erforderliche medizinische Therapie nicht in Anspruch nehmen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.7.1999 - 9 C 2/99 - zitiert nach JURIS).
Die vorgenannten Voraussetzungen liegen insoweit vor, als der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib bzw. Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt sein wird. Der Gesundheitszustand des Klägers würde sich im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria nicht nur wesentlich, sondern lebensbedrohlich verschlechtern, weil er aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sein wird, die medizinisch erforderliche Therapie in Anspruch zu nehmen.
Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die auf einer Vernehmung des den Kläger behandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen beruhen und an deren Richtigkeit der Senat keinen Anlass zu zweifeln sieht, stellte sich der Kläger erstmals am 23.9.1998 bei dem ihn behandelnden Arzt vor. Die festgestellten Laborparameter, die über Prognose und Verlauf einer HIV-Erkrankung Auskunft geben, lagen bereits im kritischen Bereich und zwar unmittelbar vor einer HIV-Erkrankung. Im Hinblick auf eine Virenbelastung von 61.000 lag ein bereits zum damaligen Zeitpunkt fortgeschrittener Immundefekt vor. Am 4.1.1999 begann eine antiretrovirale Kombinationstherapie (Dreifachkombination), die im Ergebnis der Behandlung zur Stabilisierung des Zustandes des Klägers führte, sodass die entscheidenden Laborwerte im Normbereich lagen. Das Immunsystem des Klägers konnte stabilisiert werden. Die Virusbelastung ist unter der Nachweisgrenze im Blut. Es wurde ein optimales Therapieergebnis erreicht. Bei einer Unterbrechung der Dreifachkombination wäre nach ca. einem Vierteljahr der Ausgangszustand wieder erreicht, d.h., es würde eine in der Folge lebensbedrohliche Verschlechterung eintreten. In einem Zeitraum von ca. einem Vierteljahr würde die Virusbelastung drastisch ansteigen mit der Folge, dass das derzeitige Immunsystem des Klägers seinen stabilen Zustand verlöre und in dieser Zeit ein Gesundheitszustand wie bei seiner Erstvorstellung im Jahre 1998 erreicht würde. Damit verbunden wäre die erhebliche Gefahr, dass durch die Schwächung des Immunsystems die typischen HIV-assoziierten Infektionen wie Lungenentzündung und Tuberkulose auftreten würden. Diese könnten zwar medikamentös behandelt werden, jedoch würden erhebliche Probleme dann auftreten, wenn mehrere Infektionen gleichzeitig zum Ausbruch kämen. Dies führt in der Regel dann zum Tod des Patienten. Im Falle des Klägers bedeutet dies, dass in etwa ein bis eineinhalb Jahren nach Erreichen des Ausgangszustandes von 1998 die HIV-assoziierten Infektionen ausbrechen und innerhalb kürzester Zeit zum Tode des Klägers führen würden. Im Falle der Fortführung der antiretroviralen Kombinationstherapie würde sich die Lebenserwartung des Klägers auf 20 bis 25 Jahre belaufen.
Der Kläger müsste somit innerhalb von drei Monaten nach Abbruch der antiretroviralen Kombinationstherapie mit einer wesentlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes rechnen. Damit ist die Gefahr konkret im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Gefahr der wesentlichen Veschlechterung des Gesundheitszustands ist auch zielstaatsbezogen. Der Kläger wird in Nigeria nicht über die finanziellen Mittel verfügen, die für eine Fortführung der antiretroviralen Kombinationstherapie erforderlich sind. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, an deren Richtigkeit der Senat auch insoweit keinen Anlass zu zweifeln sieht, würde der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria günstigstenfalls durch seine Tätigkeit als Farmer ein Einkommen erwirtschaften können, das ihm die Finanzierung der allgemeinen Lebenshaltungskosten ermöglicht. Nach der in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Auskunft der Deutschen Botschaft in Lagos vom 5.1.2001 wird eine Behandlung in Nigeria 30.000 bis 50.000 Naira (umgerechnet ca. 400 bis 500 €) monatlich betragen. Da der Kläger über keinerlei Vermögen verfügt und in Nigeria auch keine finanzielle Hilfe durch Familienangehörige erwarten kann, ist davon auszugehen, dass er die erforderliche medizinische Behandlung nicht wird finanzieren können. Seine Gesundheit wird sich in den ersten drei Monaten nach seiner Rückkehr dergestalt verändern, dass er spätestens nach Ablauf dieser Zeit mit einer dann zwangsläufig zum Tode führenden HIV-assoziierten Erkrankung rechnen muss.
Dem Anspruch des Klägers auf Feststellung der Voraussetzungen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht auch nicht entgegen, dass es sich bei der Gefahr, welcher der Kläger ausgesetzt ist, nicht um eine individuelle, sondern um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG handelt. Nach dieser Vorschrift werden Gefahren im Abschiebezielstaat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Entscheidungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG berücksichtigt. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr einer Bevölkerungsgruppe, d.h. einer großen Zahl der im Abschiebezielstaat lebenden Personen gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde, sondern für die ganze Gruppe der potentiell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums befunden werden soll. Trotz bestehender konkreter erheblicher Gefahr ist die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Verfahren eines einzelnen Ausländers deshalb gesperrt, wenn diese Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von sonstigen Ausländergruppen allgemein oder in einzelne Zielländer für längstens sechs Monate ausgesetzt wird (Satz 1); für längere Aussetzungen bedarf es des Einvernehmens mit dem Bundesministeriums des Innern (Satz 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 AufenthG). Beruft sich der einzelne Ausländer auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur im Rahmen eines generellen Abschiebungsstopps nach § 60a AufenthG erhalten.
Nach der vom Verwaltungsgericht eingeholten Auskunft der Deutschen Botschaft in Lagos vom 5.1.2001 beträgt die Zahl der HIV-Infizierten in Nigeria zwischen 10 und 20 % der Gesamtbevölkerung. Dieser auf Schätzungen beruhende Wert bedeutet bei einer Einwohnerzahl von 124,009 Mill. Einwohnern (im Jahre 2003, Die Zeit, Lexikon in 20 Bänden, 2005) zwischen 12,4 Mill. und 24,8 Mill. HIV-infizierten Bewohnern. Hierbei handelt es sich um eine Anzahl von in Nigeria lebenden Personen, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt, sondern für die ganze Gruppe der potentiell Betroffenen einheitlich nur durch eine - möglichst bundeseinheitlich - politische Leitentscheidung des Innenministeriums befunden werden kann. Dies gilt unabhängig davon, ob bei der Einordnung der betroffenen Einwohner von Nigeria als Bevölkerungsgruppe im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG alle HIV-Infizierten unabhängig vom jeweiligen Krankheitsstadium nach der internationalen Klassifikation CDC oder nur die Gruppe der HIV-Infizierten im Stadium BIII (ARC-Stadium) in den Blick zu nehmen sind. Der Senat sieht keine Veranlassung, dieser Frage näher nachzugehen, da sie für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ohne Bedeutung ist. Er neigt allerdings zu der Auffassung, bei der Bestimmung der Gefahr als allgemeine Gefahr auf alle HIV-Infizierten in Nigeria abzustellen, ohne dass es auf den Grad der Erkrankung ankommt (so in der Tendenz auch BVerwG, Urt. v. 27.4.1998 - 9 C 13/97 - zu einem HIV-Infizierten aus der Demokratischen Republik Kongo, zitiert nach JURIS).
Da es sich somit bei der Gefahr durch die HIV-Infektion beim Kläger um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG handelt, ist Satz 1 dieser Vorschrift nicht anwendbar, vielmehr ist er durch Satz 2 zunächst gesperrt. Dies bedeutet aber nicht, dass ausnahmslos Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht gewährt werden darf. Vielmehr ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Abschiebungsschutz nach dieser Vorschrift gegeben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der inhaltsgleichen Vorschrift des § 53 Abs. 6 AuslG (Urt. v. 21.7.2001, NVwZ 2001, 1420; Beschl. v. 26.1.1999, NVwZ 1999, 668; Urt. v. 8.12.1998, BVerwGE 108, 77), der sich der Senat anschließt, dürfen das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dem einzelnen Ausländer trotz Fehlens einer Ermessensentscheidung nach § 60 Abs. 7 Satz 2 und § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu gewähren.
Ob eine aus einer allgemeinen Gefahr erwachsene extreme Gefahrenlage vorliegt, ist stets mit Blick auf sämtliche einem Ausländer drohenden Gefahren zu beurteilen. Dabei geht es allerdings nicht um eine "mathematische" oder "statistische" Summierung von Einzelgefahren; vielmehr ist jeweils eine einzelfallbezogene umfassende Bewertung der aus der allgemeinen Gefahr für den Ausländer folgenden Gesamtgefährdungslage vorzunehmen, um auf dieser Grundlage über das Vorliegen einer extremen Gefahrenlage entscheiden zu können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.9.1999 Buchholz 402, 214 § 53 AuslG Nr. 17; Urt. v. 19.11.1996 NVwZ 1997, 685). Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der erforderlichen Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist gegenüber dem im Asylrecht entwickelten Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer extremen Gefahrenlage allerdings ein strengerer Maßstab anzulegen. Die allgemeine Gefahr muss sich für den jeweiligen Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit verwirklichen. Nur dann rechtfertigt sich die Annahme eines aus den Grundrechten folgenden zwingenden Abschiebungshindernisses, das die gesetzliche Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG beseitigen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.1996 aaO und Urt. v. 12.7.2001, BVerwGE 115, 1).
Geboten ist die verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG immer dann, wenn der einzelne extrem gefährdete Asylbewerber ansonsten gänzlich schutzlos bliebe, d.h. wenn seine Abschiebung in den Zielstaat ohne Eingreifen des Bundesamtes oder der Verwaltungsgerichte tatsächlich vollzogen würde. Die verfassungskonforme Anwendung ist mit Rücksicht auf das gesetzliche Schutzkonzept aber auch dann zulässig, wenn der Abschiebung zwar anderweitige - nicht unter § 60 Abs. 2, 3, 6 oder 7 Satz 1 oder § 60a AufenthG fallende - Hindernisse entgegenstehen, diese aber dem Ausländer nach der Rechtswirkung keinen gleichwertigen Schutz bieten. Ein anderweitiger Schutz ist deshalb nur dann gleichwertig, wenn er dem entspricht, den der Ausländer bei Vorliegen eines Erlasses nach § 60a AufenthG hätte oder den er bei Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erreichen könnte. Die Zuerkennung von Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt somit neben dem Vorliegen einer extremen Gefahrenlage das Nichtbestehen eines anderweitigen gleichwertigen Abschiebungsschutzes voraus (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.2001 aaO).
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger im Falle seiner Abschiebung nach Nigeria einer im oben genannten Sinne extremen Gefahr ausgesetzt sein wird. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es wegen der aus finanziellen Gründen nicht möglichen Weiterbehandlung der Krankheit zu einer Verschlimmerung derselben und in der Folge zu seinem Tod kommen. Der Kläger würde somit im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert werden. Wie der Senat bereits oben ausgeführt hat, wird sich im Falle des Abbruchs der antiretroviralen Kombinationstherapie der Gesundheitszustand des Klägers innerhalb eines Vierteljahres durch ein drastisches Ansteigen der Virusbelastung dergestalt verschlechtern, dass es zu einer Destabilisierung seines Immunsystems und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer HIV-assoziierten Erkrankung kommen wird, die dann spätestens nach einem bis eineinhalb Jahren zum sicheren Tode des Klägers führen wird. Die Krankheit des Klägers würde sich also in seinem Heimatland spätestens nach drei Monaten dermaßen verschlechtern, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb eines, spätestens nach eineinhalb Jahren danach versterben wird. Entgegen der Auffassung des Beteiligten steht dieser Zeitraum einem Anspruch aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht entgegen. Insbesondere kann dem Anspruch des Klägers nicht entgegengehalten werden, mit der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und dem sicheren Tod sei nicht alsbald nach seiner Rückkehr nach Nigeria zu rechnen. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats, dass sich der Gesundheitszustand innerhalb von drei Monaten und damit innerhalb einer kurzen Zeit nach seiner Abschiebung nach Nigeria so verschlechtern wird, dass er zwangsläufig an einer oder mehreren HIV-assoziierten Krankheiten erkranken wird, was seinen sicheren Tod zur Folge haben wird. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger in ein Land und in eine soziale Situation zurückkehren wird, in der es ihm nur schwer möglich sein wird, sich vor HIV-assoziierten Erkrankungen schützen zu können. Dies bedeutet, dass nicht nur die lebensbedrohliche Verschlimmerung der Krankheit in einem überschaubaren Zeitraum (drei Monate), sondern auch der zwangsläufige Tod des Klägers im Falle des Abbruchs der antiretroviralen Kombinationstherapie eintreten wird. In einem solchen Fall spielt es keine Rolle, ob der Tod in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Einreise eintreten wird, oder die Folge einer in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung stehenden Verschlechterung des Krankheitsbildes darstellt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Kausalverlauf zwischen Abschiebung und damit Unterbrechung der medizinischen Behandlung in der Bundesrepublik und dem Eintritt der Verschlimmerung der Krankheit sowie dem Eintritt des Todes nicht unterbrochen werden kann, sondern diese Folgen zwangsläufig eintreten werden. In diesem Fall wird der Ausländer sozusagen sehenden Auges in den sicheren Tod zurückgeschickt. Dies führt zu einem Anspruch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, obwohl es sich bei der Gefahr, welcher der Kläger im Falle seiner Abschiebung nach Nigeria ausgesetzt sein wird, um eine allgemeine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG handelt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b Abs. 1 AsylVfG).
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Fall des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben ist.
Ende der Entscheidung
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