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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 22.06.2007
Aktenzeichen: 5 B 281/07
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG Anlage 1 Nr 1002
Keine Erledigung "durch die anwaltliche Mitwirkung" im Sinne von Nummer 1002 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG liegt dann vor, wenn der Rechtsanwalt lediglich Widerspruch einlegt und diesen begründet. Vielmehr setzt das Entstehen der Erledigungsgebühr eine besondere, gerade für die Erledigung auf sonstige Weise ursächliche anwaltliche Mitwirkung voraus.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 B 281/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausbildungsförderung, Kosten des Vorverfahrens

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Düvelshaupt

am 22. Juni 2007

beschlossen:

Tenor:

Den Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 26. März 2007 - 3 K 1163/06 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 26.3.2007 ist abzulehnen, weil weder die Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) noch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen (Nr. 1).

In der angegriffenen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Leipzig die Klage der Klägerin, mit der sie eine Erledigungsgebühr für ihre Tätigkeit im Widerspruchsverfahren begehrt, abgewiesen. Die Erledigungsgebühr setze eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne streitige Entscheidung gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwaltes voraus, die über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruches hinausgehen müsse.

Die Klägerin macht in ihrem Zulassungsantrag geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Erledigungsgebühr im Rahmen eines Vorverfahrens anfalle, sei umstritten. Sie ergebe sich nicht ohne weiteres aus dem Gesetz. Mit der Erledigungsgebühr solle allein der herbeigeführte Erfolg im Rahmen der Vergütung honoriert werden. Auf die Rechtsprechung zu § 24 BRAGO könne nicht zurückgegriffen werden, da der Gesetzgeber mit dem Bundesrechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) eine andere Regelung geschaffen habe. Das angegriffene Urteil begegne auch ernstlichen Zweifeln. Die seitens des Verwaltungsgerichts geforderte, über die Widerspruchseinlegung und Widerspruchsbegründung hinausgehende Tätigkeit lasse sich aus dem Wortlaut von Nummer 1002 der Anlage 1 zum Bundesrechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht herleiten.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert die Bezeichnung der konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde. Darüber hinaus muss die Antragschrift zumindest einen Hinweis auf den Grund enthalten, der die Anerkennung der grundsätzlichen, d. h. über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Sache rechtfertigen soll (SächsOVG, Beschl. v. 12.1.2005 - 5 B 587/04 - sowie v. 4.4.2007 - A 5 B 730/06 -; st. Rspr.). Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtssache, wenn die Frage höchstrichterlich geklärt ist. Anderes ist ausnahmsweise nur dann anzunehmen, wenn die Entscheidung erheblicher Kritik ausgesetzt war und neue erhebliche Gesichtspunkte vorgetragen werden, die in der damaligen Entscheidung nicht berücksichtigt werden konnten und geeignet sind, ein anderes Ergebnis herbeizuführen (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 124 RdNr. 10).

Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Einlegung eines Widerspruchs und dessen Begründung für die Entstehung der Erledigungsgebühr ausreichend sind oder es einer darüber hinausgehenden, auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung gerichteten Tätigkeit des Rechtsanwaltes bedarf, ist höchstrichterlich und auch durch den Senat bereits geklärt. Sowohl das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 4.10.1985, AnwBl. 1986, 41) als auch der Senat (vgl. Beschl. v. 22.8.2002, SächsVBl. 2002, 301 f.) haben entschieden, dass allein die Tätigkeit des Rechtsanwaltes als Bevollmächtigter in Widerspruchsverfahren für die Entstehung einer Erledigungsgebühr nicht ausreicht, sondern die "Mitwirkung bei der Erledigung" einer darüber hinausgehenden, auf die Beilegung des Rechtsstreits ohne streitige Entscheidung gerichteten Tätigkeit bedarf.

Diese zu § 24 BRAGO ergangene Rechtsprechung hat auch weiterhin Bestand. Die entsprechende, nunmehr in Nummer 1002 VV RVG enthaltene Bestimmung fordert im Gegensatz zu § 24 BRAGO nicht nur eine Mitwirkung des Rechtsanwaltes "bei der Erledigung", sondern sogar, dass sich der angefochtene Verwaltungsakt "durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Durch diese Formulierung bringt die Vorschrift noch deutlicher als § 24 BRAGO zum Ausdruck, dass es für das Entstehen der Erledigungsgebühr einer gerade für die Erledigung auf sonstige Weise ursächlichen anwaltlichen Mitwirkung bedarf (OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 21.2.2006 - 2 U 223/05 -, zitiert nach juris). Die Einlegung eines Widerspruches und das Betreiben des Widerspruchsverfahrens sind hingegen auf eine streitige Erledigung gerichtet und bereits durch die Geschäftsgebühr abgegolten. Auch die Gesetzesbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung. Vielmehr ergibt sich aus ihr, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung der bereits bisher zu § 24 BRAGO vertretenen Auffassung Rechnung tragen wollte (vgl. BT-Drs. 15/1971 S. 204 Zu Nummer 1002).

Diese Rechtsprechung ist auch weder erheblicher Kritik ausgesetzt noch werden von der Klägerin neue beachtliche Gesichtspunkte vorgetragen, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten. Vielmehr geht die Rechtsprechung einheitlich (weiter) davon aus, dass es für das Entstehen der Erledigungsgebühr einer gerade für die nichtstreitige Erledigung ursächlichen anwaltlichen Mitwirkung bedarf (vgl. BSG, Urt. v. 21.3.2007 - B 11a AL 53/06 R - sowie Urt. v. 7.11.2006 - B 1 KR 23/06 R -; BFH, Beschl. v. 12.2.2007 - III B 140/06 -; HessVGH, Beschl. v. 3.4.2007 - 5 TJ 563/07 - sowie OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 21.2.2006 - 2 O 223/05 -; zitiert nach juris). Abweichende Gerichtsentscheidungen werden von der Klägerin nicht angeführt und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Aus den genannten Gründen begegnet das angegriffene Urteil auch keinen ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtsgebühren werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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