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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 04.06.2009
Aktenzeichen: 5 B 319/08
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 152a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 B 319/08

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abwasserbeitrags; Einstellung der Zwangsvollstreckung; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Rüge nach § 152 a VwGO

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt als Vorsitzende, die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann

am 4. Juni 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Rüge des Antragstellers wegen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Beschluss des erkennenden Senats vom 30. Juni 2008 - 5 B 183/08 - wird verworfen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe:

Der Senat versteht die mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 4.8.2008 eingelegte "Rechtsbeschwerde" gegen den unanfechtbaren Beschluss des erkennenden Senats vom 30.6.2008 - 5 B 183/08 - in dessen wohlverstandenem Interesse als Anhörungsrüge nach § 152a Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Die Einlegung eines Rechtsbehelfs unterliegt wie alle Prozesshandlungen der Beteiligten eines Rechtsstreites der Auslegung. Diese ist zwar nur eingeschränkt möglich, wenn die Rechtsmittelerklärung von einem Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten abgegeben wurde (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 9.2.2005 - 6 B 75/04 - juris). Im vorliegenden Fall lässt sich der "Beschwerdebegründung" des Antragstellers vom 4.9.2008 hinreichend deutlich entnehmen, dass es dem Antragsteller insbesondere um die Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Grundgesetz - GG - geht. Die von der Verwaltungsgerichtsordnung nicht vorgesehene "Rechtsbeschwerde" des Antragstellers kann vor diesem Hintergrund nur als Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO verstanden werden (vgl. zur Behandlung eines als "Gegenvorstellung" bezeichneten Rechtsbehelfs als Anhörungsrüge auch BbgVerfG, Beschl. v. 28.9.2006, LKV 2007, 176 m. w. N.).

Die Anhörungsrüge ist als unzulässig zu verwerfen (§ 152a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Sie ist nicht innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben worden.

Obwohl dies im Gesetzgebungsverfahren kontrovers diskutiert worden war, knüpft der Fristbeginn des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO mit der Bezugnahme auf die "Kenntnis" von dem Gehörsverstoß an ein subjektives Element an und legt dem Antragsteller zugleich die Pflicht auf, den Zeitpunkt der Kenntniserlangung glaubhaft zu machen (vgl. Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 152a Rn. 22 und 4; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 152a Rn. 15; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. § 152a Rn. 26). Der Antragsteller verfügt über die notwendige Kenntnis, wenn ihm alle Umstände bekannt sind, aus denen sich seine Berechtigung zur Erhebung der Anhörungsrüge ergibt (Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. § 152a Rn. 26; Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 152a Rn. 22; BVerwG, Beschl. v. 15.11.2005 - 6 B 69/05 - juris). Da sich der Gehörsverstoß in der gerichtlichen Entscheidung manifestiert, wird der Zeitpunkt der Kenntniserlangung von dem Gehörsverstoß frühestens mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung an den Betroffenen beginnen können und im Regelfall auch mit diesem identisch sein. Es sind jedoch auch andere Fallgestaltungen denkbar, in denen die den Gehörsverstoß begründenden Umstände erst nach dem Zugang der Entscheidung bekannt werden.

Im vorliegenden Fall führt der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung nichts Näheres aus, sondern weist ausdrücklich nur auf den Zugang des Beschlusses vom 30.6.2008 bei seiner Prozessbevollmächtigten am 4.7.2008 hin. Dieses konkret genannte Datum ist hier als Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO zugrunde zu legen, denn dem Antragsteller ist die Kenntnis seiner Prozessbevollmächtigten nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO - zuzurechnen. Die zweiwöchige Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO lief folglich am 18.7.2008 ab. Die erst am 4.8.2008 eingegangene Anhörungsrüge ist verspätet. Wiedereinsetzungsgründe sind weder vorgetragen, noch sonst für den Senat ersichtlich. Insbesondere wäre eine etwaige Unkenntnis der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht unverschuldet im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO.

Der Senat folgt insoweit nicht der Auffassung, dass ein konkreter und durch anwaltlichen Vortrag glaubhaft gemachter Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch die Bekanntgabefiktion des § 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO verdrängt wird (so aber zum Beispiel Rudisile in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 152a Rn. 22; wegen des zufälligen Zusammentreffens der tatsächlichen Kenntnis mit der Bekanntgabefiktion nicht vertieft in BVerwG, Beschl. v. 15.11.2005 - 6 B 69/05 -, juris). Dies kann hier aber letztlich offen bleiben, weil sich den Akten eine Aufgabe des Beschlusses vom 30.6.2008 zur Post am 3.7.2008 entnehmen lässt und der Antragsteller auch eine erst mit dem dritten Tage danach, d. h. am 6.7.2008 beginnende Zweiwochenfrist jedenfalls nicht eingehalten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertentscheidung bedarf es nicht, da nach § 3 Abs. 2 GKG i. V. m. Ziffer 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz für das Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör eine Festgebühr von 50,- € vorgesehen ist.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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