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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.09.2006
Aktenzeichen: 5 B 327/06
Rechtsgebiete: SGB VIII, BGB
Vorschriften:
SGB VIII § 27 | |
SGB VIII § 33 | |
SGB VIII § 34 | |
SGB VIII § 39 | |
BGB § 1688 |
2. Anspruchsberechtigt für einen Anspruch auf Pflegegeld nach § 39 SGB VIII ist grundsätzlich der Personensorgeberechtigte.
3. § 1688 Abs. 1 BGB berechtigt nicht zur Geltendmachung von Ansprüchen aus § 39 SGB VIII.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 5 B 327/06
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Hilfe zur Erziehung
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Verwaltungsgericht Büchel und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann
am 19. September 2006
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Kläger, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten für das Zulassungsverfahren zu bewilligen, wird abgelehnt.
Der Antrag der Kläger, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Februar 2006 - 13 K 2934/04 - zuzulassen, wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Der Gegenstandswert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.098,54 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin E. bleibt ohne Erfolg. Nach § 114 Satz 1, § 121 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO - i.V.m. § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - wird einem Beteiligten, der auf Grund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines zur Vertretung bereiten Rechtsanwaltes seiner Wahl gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, sowie die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. An der hinreichenden Erfolgsaussicht des Zulassungsantrags fehlt es aus nachfolgenden Gründen hier.
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10.1.2006 kann keinen Erfolg haben. Sie haben nicht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - dargelegt, dass ein Zulassungsgrund im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach §§ 27 ff. des Sozialgesetzbuches VIII - SGB VIII - sei, dass die jeweiligen Antragsteller nach den einschlägigen familienrechtlichen Bestimmungen auch berechtigt seien, Erziehungsleistungen für das Kind zu erbringen. Dies sei im Zeitraum 14.3.2003 bis 18.3.2003 nicht der Fall gewesen, weil die Kläger das Kind eigenmächtig, d.h. ohne Absprache mit dem damals vom Familiengericht bestellten Amtsvormund in ihrem Haushalt aufgenommen hatten. Vom öffentlichen Träger der Jugendhilfe könne nicht erwartet werden, dass er Aufwendungen für Hilfemaßnahmen erstatte, wenn diese ohne seine Zustimmung erbracht würden. Eine nachträgliche Gewährung von Hilfe zur Erziehung scheide daher aus. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten zu übernehmen. Dies wäre nur im Falle eines Obsiegens der Kläger im Widerspruchsverfahren in Betracht gekommen. Die Bewilligung von Hilfe zur Erziehung für die Zeit ab 19.11.2003 sei nicht Folge des Widerspruchs der Kläger gegen den Bescheid vom 27.7.2004 gewesen. Vielmehr habe die Beklagte zusammen mit dem den Widerspruch der Kläger zurückweisenden Widerspruchsbescheid eine Abänderung des nicht von den Klägern angefochtenen Bescheides vom 28.6.2004 vorgenommen. Ihr Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.7.2004 sei erfolglos geblieben.
Die Kläger haben ihren Zulassungsantrag fristgerecht mit Schreiben vom 18.5.2006 und 19.5.2006 damit begründet, dass die Berufung schon nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen sei, weil Verfahrensmängel vorlägen. Die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts habe den Rechtsstreit mit Beschluss vom 9.1.2006 auf die damalige Berichterstatterin zur Entscheidung durch die Einzelrichterin übertragen. Die mündliche Verhandlung am 10.2.2006 habe dann nicht vor dieser, sondern vor dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts als Vorsitzenden der 13. Kammer stattgefunden, der anschließend auch das Urteil gefällt habe. Hierin sei ein Verstoß gegen die gesetzlichen Richter i.S.v. Art. 101 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes - GG - zu sehen. Im Weiteren handele es sich bei dem Urteil um eine Überraschungsentscheidung. Denn das Verwaltungsgericht habe trotz entsprechenden Vortrags der Kläger einen lückenhaften, falschen Sachverhalt zugrunde gelegt. Es wäre gehalten gewesen, die Akten des Amtsgerichts Hameln beizuziehen, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. Das Oberlandesgericht Celle habe den Beschluss des Amtsgerichts vom 10.4.2003 am 27.5.2003 aufgehoben und die Sache wieder an das Amtsgericht zurückverwiesen. Zu einer weiteren Entscheidung des Amtsgerichts sei es nicht mehr gekommen. Die Kläger hätten zu ihren verschiedenen Vorsprachen bei Gericht und beim Amtsvormund auch vorgetragen, so dass für sie die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit überraschend gekommen sei. Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sei ebenfalls gegeben. Von grundsätzlicher Bedeutung seien die Rechtsfragen, ob eine bewilligte Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII ohne Aufhebungsbescheid ende, wenn das betroffene Kind in eine Einrichtung gemäß § 34 SGB VIII übersiedele, ob die Unterhaltsleistungen für dieses Kind nach § 39 SGB VIII wieder aufleben, wenn das Kind in die zuvor bereits bewilligte Maßnahme der Vollzeitpflege zurückkehre, ob bei jedem Wechsel des Kindes den Hilfetyp wieder neu beantragen müsse und ob die Grundsätze der sog. Selbstbeschaffung anzuwenden seien mit der Folge, dass die Annexleistung des § 39 SGB VIII nicht der realen Betreuungsperson und daher nicht dem Kind zukommen. Würde man von einer einmal gewährten Hilfe nach der Grundnorm des § 27 SGB VIII mit Dauerwirkung ausgehen, würde ein Wechsel des Hilfetyps sich nicht auswirken. Eine Anwendung des Grundsatzes der Selbstbeschaffung scheide dann aus. Mit ihren Anträgen vom 2.10.2003, 19.11.2003 und 2.2.2004 hätten die Kläger keine neuen Jugendhilfeleistungen beantragt, sondern nur eine reale Weiterzahlung des Pflegegeldes, wie es bereits zwischen 1994 und 1999 an sie gezahlt worden sei. Die Grundnorm des § 27 SGB VIII sehe ebenso wenig eine Antragstellung vor wie die Vorschriften für die einzelnen Hilfetypen. Daraus folge, dass auch ein Wechsel des Hilfetyps keiner vorhergehenden Antragstellung bedürfe. Hier liege die Besonderheit vor, dass das Hilfeplanverfahren nach dem 14.3.2003 nicht mehr der zentralen Bedeutung der Akzeptanz durch das Kind entsprochen habe. Denn dieses habe nicht mehr in das Heim zurück gewollt. In diesem Konflikt mit der bürokratischen Entscheidungsfindung sei jedoch der Akzeptanz durch das Kind der Vorrang zu geben. Daran knüpfe sich der Anspruch auf das Pflegegeld an. Der Amtsvormund habe weiterhin Hilfe zur Erziehung im Hilfetyp der Vollzeitpflege erhalten. Als Annex dazu sei das Pflegegeld als Kindesunterhaltsleistung zu erbringen. Zu den aufgeworfenen Rechtsfragen existiere keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Das Urteil des Verwaltungsgerichts unterliege schließlich ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht sei fehlerhafter Weise davon ausgegangen, dass die Kläger in der Zeit vom 14.3.2003 bis zum 18.11.2003 familienrechtlich nicht berechtigt gewesen seien, Erziehungsleistungen zu erbringen. Tatsächlich sei es so gewesen, dass der Amtsvormund am 17.3.2003 erklärt habe, das Kind solle nicht gegen seinen Willen aus der Pflegefamilie genommen werden. Das habe auch das Oberlandesgericht so gesehen, als es am 23.4.2003 die sofortige Vollziehbarkeit des Herausgabeanspruchs ausgesetzt habe. Die so erfolgte Sicherstellung des Kindesunterhalts als Annex gemäß § 39 SGB VIII sei hingegen nicht von der familienrechtlichen Erziehungsberechtigung der Pflegeeltern abhängig.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Zulassung der Berufung zu rechtfertigen. Denn das Darlegungserfordernis aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verlangt nicht nur, dass der Antragsteller des Zulassungsverfahrens zum einen zumindest einen Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO bezeichnet, sondern auch, dass er herausarbeitet, aus welchen Gründen die Voraussetzungen des bezeichneten Zulassungsgrundes erfüllt sein sollen. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung darauf beschränkt, das Vorliegen der von dem Antragsteller bezeichneten Zulassungsgründe anhand der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen. Die Kläger haben keine Gründe herausgearbeitet, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen.
Die von ihnen dargelegten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere ist ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter nicht herausgearbeitet worden. Entgegen der Annahme der Kläger wurde das angefochtene Urteil nicht durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts in dieser oder seiner Funktion als Vorsitzendem der 13. Kammer erlassen, sondern durch ihn als Einzelrichter. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 9.1.2006 gemäß § 6 Abs. 1 VwGO auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen. Diese Übertragung bewirkte die Zuständigkeit des jeweiligen, nach den Geschäftsverteilungsplänen des Verwaltungsgerichts und der 13. Kammer bestimmten Berichterstatters unabhängig von seiner Person zum Zeitpunkt der Übertragung. Wechsel des Berichterstatters, etwa bedingt durch ein Ausscheiden aus der Kammer, eine Umverteilung von Verfahren in eine andere Kammer oder innerhalb einer Kammer führen zu einer Zuständigkeit des neuen Berichterstatters als Einzelrichter. Auch der Vorsitzende einer Kammer kann Einzelrichter sein, wie sich aus § 21 g Abs. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - ergibt. Maßgeblich für die Frage, ob ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter vorliegt, ist daher weder der Zeitpunkt der Einzelrichterübertragung am 9.1.2006 noch der Zeitpunkt der Mitteilung der Zuständigkeit einer bestimmten Berichterstatterin am 6.4.2005, sondern ausschließlich der Zeitpunkt des Erlasses des Urteils. Dass zu diesem Zeitpunkt am 10.2.2006 der Präsident des Verwaltungsgerichts als Vorsitzender der 13. Kammer nicht der zuständige Berichterstatter und damit Einzelrichter gewesen ist, ist von den Klägern nicht vorgetragen worden.
Ein zur Zulassung der Berufung führender Verfahrensmangel ist auch nicht darin zu sehen, dass das Verwaltungsgericht nicht die Akten des Amtsgerichts Hameln - Familiengericht - beigezogen hat. Die Kläger rügen hiermit eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 VwGO. Eine solche kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter von einem Beweisantrag abgesehen hat; es sei denn, dass sich dem Verwaltungsgericht eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 20.11.2000 - 3 K 784/99 -, SächsVBl. 2001, 94).
Von einer solchen ausnahmsweise gebotenen Beweiserhebung kann hier nicht ausgegangen werden, nachdem das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, dass zunächst das Familiengericht mit Beschluss vom 10.4.2003 eine rechtswidrige Vorenthaltung des Kindes angenommen hatte, dieses gleichwohl bei den Klägern verblieb und mit weiteren Beschlüssen des Familiengerichts vom 9.10.2003 und 6.11.2003 die Vormundschaft für das Kind neu geregelt wurde. Bei dieser - richtigen - Sachlage hat sich für das Verwaltungsgericht eine Beweiserhebung ersichtlich nicht aufdrängen müssen, vielmehr hätte es den anwaltlich vertretenen Klägern oblegen, eine Beweiserhebung wegen der von ihnen nunmehr vorgehaltenen Sachverhaltsergänzungen zu beantragen. Ebenso wenig war das Verwaltungsgericht gehalten, bei den Klägern nähere Umstände zu erfragen. Denn spätestens in den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde seitens der Beklagten auf den Beschluss des Amtsgerichts Hameln vom 10.4.2003 Bezug genommen. Dieser Widerspruchsbescheid war auch Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nachdem die Beklagte in ihrer Klageerwiderung ausdrücklich auf seine Begründung verwiesen hat. Es hätte daher den Klägern oblegen, zum Fortgang des familiengerichtlichen Verfahrens beim Oberlandesgericht Celle vorzutragen. Unabhängig von der Frage, ob der erst jetzt von den Klägern vorgetragene weitere Sachverhalt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen kann, liegt jedenfalls kein Verfahrensfehler vor.
Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedarf. Die Entscheidung muss aus Gründen der Rechtssicherheit, der Einheit der Rechtsordnung oder der Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse liegen. Nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist hingegen eine Rechtsfrage, deren Beantwortung sich ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Auflage 2005, § 124 RdNr 10, § 132 RdNrn. 9ff. m.w.N.).
Die Beantwortung der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfragen bedarf nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Sie ergibt sich ohne weiteres aus der Systematik des SGB VIII. § 27 SGB VIII als Grundnorm enthält die Anspruchsgrundlage für eine Hilfe zur Erziehung in einer der in §§ 28 bis 35 SGB VIII vorgesehenen Hilfearten = Anspruch dem Grunde nach. Diese sind zwar nicht losgelöst von § 27 SGB VIII, sondern setzen eine Grundentscheidung über die Hilfegewährung voraus. Dagegen ist eine Hilfegewährung nicht allein nach Maßgabe des § 27 SGB VIII, sondern nur i.V.m. einer der in §§ 28 bis 35 SGB VIII genannten bzw. über die sog. Innovationsklausel "insbesondere" dem Katalog der Hilfearten neu hinzukommende Hilfearten möglich. Die Grundentscheidung nach § 27 SGB VIII hat demnach jeweils im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der einzelnen Hilfearten. Jede Hilfeart setzt den Tatbestand des § 27 SGB VIII voraus.
Neben dem eine Hilfe in einer bestimmten Hilfeart betreffenden Bewilligungsverfahren ist das Hilfeplanverfahren (§ 36 SGB VIII) von besonderer Bedeutung. Denn der Hilfeplan stellt die Grundlage der darauf folgenden Hilfeartentscheidung dar. Er soll, das heißt muss im Regelfall regelmäßig aktualisiert werden. Die Hilfe zur Erziehung passt sich der Dynamik des sich verändernden Hilfebedarfs an, so dass dem Bewilligungsbescheid grundsätzlich keine Dauerwirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.11.1981 - 5 C 56/80 -, BVerwGE 64, 224 [228]). Schon daraus folgt, dass ein Bewilligungsbescheid über eine Hilfeart nicht aufgehoben werden muss, sondern die bisherige Hilfe eingestellt wird, weil sich der Verwaltungsakt erledigt hat (§ 39 Abs. 2 SGB X).
Etwas anderes mag gelten, wenn einem Anspruchsberechtigten zunächst Hilfe zur Erziehung in Form einer Hilfeart bewilligt wird und das Kind vorübergehend in eine andere Hilfeart wechselt, eine Rückkehr in die bisherige Hilfeart jedoch beabsichtigt ist. Dann kommt lediglich eine Unterbrechung und keine Erledigung des ursprünglichen Bewilligungsverwaltungsaktes in Betracht. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, denn das Kind wechselte im Jahr 1999 aus der Familie der Kläger in das Internat, ohne dass eine Rückkehr vorgesehen war. Daher ist die Beantwortung dieser Frage hier nicht entscheidungserheblich.
Schließlich ist die Berufung auch nicht unter dem Gesichtspunkt ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zuzulassen. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel in § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dient der Gewährleistung der materiellen Richtigkeit der Entscheidung des jeweiligen Einzelfalls, sprich der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts erst ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrages ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind deshalb anzunehmen, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1164). Die Gründe, aus denen heraus eine bei einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung bestehen, können auch aus einer unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts resultieren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1164; SächsOVG, Beschl. v. 25.9.2000 - 3 BS 72/00 -, NVwZ-RR 2001, 486).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist von den Klägern nicht dargelegt worden. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Weder hat das Verwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt unzutreffend ermittelt, noch haben die Kläger die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Frage stellen können. Ein Pflegegeldanspruch der Kläger ist nicht ersichtlich.
Zunächst ist festzuhalten, dass aus der Stellung der Kläger als ehemalige Pflegepersonen des Kindes bis zum 7.10.1999 keine Ansprüche herleitbar sind. Diese Hilfe ist am 7.10.1999 beendet worden und lebte am 14.3.2003 mit der Rückkehr des Kindes in die Familie der Kläger auch nicht wieder auf. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Die Kläger haben für die Zeit vom 14.3.2003 bis 18.11.2003 auch sonst keinen Anspruch auf Pflegegeld nach § 39 SGB VIII. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass es sich bei diesem Anspruch um eine wirtschaftliche Jugendhilfe als Annexleistung zu einer Hilfe zur Erziehung nach §§ 32 bis 35 SGB VIII handelt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen in der Person der Kläger jedoch nicht vor. Im maßgeblichen Zeitraum befand sich das Kind nicht in einer Maßnahme nach § 33 SGB VIII, sondern weiterhin in einer Maßnahme nach § 34 SGB VIII, an der die Kläger nicht beteiligt waren. Erst nach der Anpassung des Hilfeplanes, die insbesondere das psychologische Gutachten vom 19.9.2003 berücksichtigte, erfolgte der Wechsel der Hilfeart hin zur Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII. Dass bereits während der Hilfe nach § 34 SGB VIII tatsächlich eine Aufnahme des Kindes in die Familie der Kläger erfolgt ist, spielt insoweit keine Rolle.
Zudem verleiht § 39 Abs. 1 SGB VIII den Klägern selbst gar kein subjektives Recht und damit keinen Anspruch auf Gewährung von Geldleistungen. Es kann dahinstehen, ob Leistungen zum Unterhalt des Kindes für sich genommen keine Eingriffe in das elterliche Erziehungsrecht sind, so dass hierfür das Kind selbst anspruchsberechtigt sein könnte (vgl. Wiesner in: Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck: SGB VIII, 2. Auflage 2000, § 39 RdNr. 10), oder es - nach allgemeiner Ansicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.9.1997 - 5 C 11/96 -, BayVBl. 1998, 282; Urt. v. 12.9.1996 - 5 C 31/95 -, NJW 1997, 2831; OVG NW, Urt. v. 25.4.2001 - 12 A 924/99 -, NVwZ-RR 2002, 123) - eine selbstständige Anspruchsberechtigung nicht geben kann, da es sich nicht um eine selbstständige Leistung handelt und daher regulär wie im Übrigen bei der Hilfe der Erziehung anspruchsberechtigt (ausschließlich) der Personensorge-berechtigte ist, denn nach keiner Betrachtungsweise kämen die Kläger als mögliche An-spruchsinhaber in Betracht (so auch VG Magdeburg, Urt. v. 7.1.2004 - 6 A 757/02 -, juris).
Die Kläger waren vom 14.3.2003 bis zum 6.11.2003 nicht personensorgeberechtigt für das Kind. Sorgeberechtigt war immer ein Jugendamt als Amtsvormund.
Die Kläger waren auch nicht befugt, den geltend gemachten Zahlungsanspruch als fremden Anspruch zu verfolgen. Eine Übertragung von Sorgerechtsangelegenheiten auf die Kläger als Pflegepersonen gemäß § 1630 Abs. 3 BGB ist nicht erfolgt. Weder die von den Klägern vorgetragene Erklärung des Einverständnisses durch den Amtsvormund am 29.7.2003 noch der Beschluss des Oberlandesgerichts Celle stellten eine wirksame Sorgerechtsübertragung dar. Für den fraglichen Zeitraum existierte vielmehr keine sorgerechtliche Entscheidung eines Vormundschafts- oder Familiengerichts, die den Klägern Rechte in Bezug auf das Kind zugesprochen hat.
Im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst für das Gericht ersichtlich, dass zwischen den Klägern und dem Amtsvormund für den streitbefangenen Zeitraum ein Pflegevertrag oder eine sonstige rechtsgeschäftliche Vereinbarung geschlossen worden wäre, mittels derer den Klägern die Befugnis zur Geltendmachung eines Anspruchs nach § 27, § 33 Satz 1, 2 SGB VIII sowie § 39 SGB VIII übertragen worden wäre.
Ein entsprechender Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 1688 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift räumt den Klägern die Möglichkeit zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Bewilligung von Hilfe zur Erziehung einschließlich der Unterhaltsleistungen gemäß § 39 SGB VIII schon nicht ein. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschriften die Pflegeperson zur Geltendmachung der angeführten Ansprüche "anstelle" des Personensorgeberechtigten, mithin im eigenen Namen berechtigen, denn sowohl nach § 38 SGB VIII a.F. wie auch nach dem nunmehr geltenden § 1688 BGB sind Personen, die im Rahmen der Hilfe nach § 33 SGB VIII die Erziehung und Betreuung übernommen haben, ermächtigt, den Personensorgeberechtigten, sofern dieser - wie hier - nicht etwas anderes erklärt oder das Vormundschaftsgericht etwas anderes angeordnet hat, in der Ausübung der elterlichen Sorge, insbesondere in Rechtsgeschäften des täglichen Lebens (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII a.F. bzw. § 1688 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie bei der Geltendmachung von Unterhalts- und sonstigen Sozialleistungen (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII a.F. bzw. § 1688 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu vertreten.
Indes fällt ein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung gemäß § 27, § 33 Satz 1 und 2 SGB VIII und - wie hier - auf wirtschaftliche Hilfe gemäß § 39 SGB VIII gerade nicht in den Anwendungsbereich der o.g. Vorschriften, soweit diese die Geltendmachung und Verwaltung von Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen für das Kind betreffen (vgl. OVG NW, Urt. v. 25.4.2001 - 12 A 924/99 -, NVwZ-RR 2002, 123), denn diese Vorschrift erfasst nur Sozialleistungen, bei denen das Kind selbst anspruchsberechtigt ist. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der hier geltend gemachten Pflegegeldleistungen nach § 39 SGB VIII nicht erfüllt, da diese - wie ausgeführt - ausschließlich dem Personensorge-berechtigten zustehen (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 7.1.2004 - 6 A 757/02 -, juris).
In der Zeit vom 14.3.2003 bis 18.3.2003 hatten die Kläger die Erziehung und Betreuung des Kindes eben nicht im Rahmen einer Hilfe nach § 33 SGB VIII übernommen, sondern es, worauf das Verwaltungsgericht daher zu Recht abgestellt hat, abredewidrig und eigenmächtig nach einem Wochenendaufenthalt nicht mehr in die Einrichtung nach § 34 SGB VIII zurückgebracht. Im Rahmen des am Wohl des Kindes orientierten Krisenmanagement auf Grund dieses Fehlverhaltens der Kläger, wurde dann bis zu einer erneuten Entscheidung über die nunmehr zu gewährende Hilfeart der an sich rechtswidrige Zustand hingenommen. Die Kläger waren daher im maßgeblichen Zeitraum weder Pflegepersonen noch personensorgeberechtigt.
Inwieweit sie einen Anspruch gegen den damals personensorgeberechtigten Amtsvormund, etwa aus einem zivilrechtlichen Pflegevertrag besitzen, kann hier dahinstehen, da es sich insoweit jedenfalls nicht um einen Hilfeanspruch aus § 39 SGB VIII handelt.
Die Kläger können sich letztlich auch nicht auf einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag berufen (vgl. SächsOVG, Urt. v. 26.10.2005 - 5 B 926/04 -, nicht rechtskräftig). Ein solcher würde eine - auch rechtswidrige - vormundschafts-/familiengerichtliche Zuweisung des Kindes in eine Pflegefamilie voraussetzen. Eine solche liegt hier nicht vor. Insbesondere hat das Oberlandesgericht Celle keine solche Zuweisung ausgesprochen, so dass es auf die Zurückverweisung der familienrechtlichen Sache an das Amtsgericht Hameln nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO.
Die Gegenstandswertfestsetzung beruht auf § 33 Abs. 1, § 23 Abs.1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes i.V.m. Nr. 21.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt etwa bei Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., 2005, Anh. § 164 RdNr. 14). Maßgeblich ist die Höhe des für den Zeitraum 14.3.2003 bis einschließlich 18.3.2003 geltend gemachten Pflegegeldes, ausgehend von dem monatlichen Betrag von 626,87 €, den die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren angegeben haben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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