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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.04.2009
Aktenzeichen: 5 B 337/07
Rechtsgebiete: VwGO, SächsBrandSchG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
SächsBrandSchG a. F. § 21 Abs. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 B 337/07

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Kostenbescheids für Feuerwehreinsatz

hier: Antrag auf Zulassung der Berufung

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 29. April 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 26. April 2007 - 3 K 1920/04 - wird zugelassen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 26.4.2007 ist zulässig und begründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begegnet aus den von der Klägerin vorgetragenen Gründen ernstlichen Zweifeln an ihrer Richtigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen dann, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so in Frage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens als ungewiss erscheint (SächsOVG, Beschl. v. 8.1.2007 - 5 B 190/05 -; st. Rspr.). Dabei können die Gründe, aus denen heraus bei einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung bestehen, auch aus einer unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts resultieren (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.6.2000, NVwZ 2000, 1164; SächsOVG, Beschl. v. 25.9.2000 - 3 BS 72/00 -, NVwZ-RR 2001, 486). Die Darlegung der ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO fordert von dem Antragsteller des Zulassungsverfahrens, dass er sich mit den Gründen des Verwaltungsgerichts inhaltlich auseinandersetzt und aufzeigt, warum diese Gründe aus seiner Sicht nicht tragfähig sind. Die Klägerin hat ernstliche Zweifel im vorgenannten Sinne geltend gemacht.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin auf Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 2.12.2004, mit dem der Muldentalkreis den Kostenerstattungsbescheid der Klägerin vom 16.7.2001 aufgehoben hat, abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SächsBrandschG a. F für eine Inanspruchnahme der Beigeladenen für die Kosten des Feuerwehreinsatzes nicht vorlägen. Grob fahrlässig habe die Beigeladene schon deshalb nicht gehandelt, weil sie die Art und Weise der Einstapelung der Braunkohlebriketts zwischen dem...5. und...6.2000 - und damit vor dem Brand am Sonntag, dem...6.2000 - mehrfach kontrolliert habe. Die Kontrollen seien erfolgt durch den Eigentümer der Ware, den Brandversicherer und zweimal durch den Importeur, jeweils mit Mitarbeitern des Produzenten. Im Übrigen habe die Klägerin es unterlassen, die Höhe der mit ihrem Bescheid vom 16.7.2001 gegenüber der Beigeladenen festgesetzten Kostenerstattung unter dem Gesichtspunkt der unbilligen Härte zu prüfen.

Hiergegen wendet die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag unter dem Gesichtspunkt der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils u. a. ein, dass als Brandursache nach Aktenlage - vor allem des Brandursachenermittlungsberichts und des Schlussberichts der Polizeidirektion Grimma - nur eine Selbstentzündung in Frage käme. Bei richtiger Lagerung und einer Kontrolle des Kohlelagers auch am Wochenende hätte der Brand vermieden werden können. Durch zu enge Stapelung und unzureichende Kontrollen habe die Beigeladene den Kohlelagerbrand grob fahrlässig herbeigeführt. Im Übrigen seien die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur unbilligen Härte unzutreffend. Der Umstand, dass die Klägerin die Höhe der von der Beigeladenen begehrten Kostenerstattung nicht unter dem Gesichtspunkt der unbilligen Härte geprüft habe, führe nicht zur Rechtswidrigkeit ihres Kostenerstattungsbescheids.

Mit diesen Einwendungen hat die Klägerin entscheidungserhebliche Feststellungen des Verwaltungsgerichts so in Frage gestellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als offen anzusehen ist. Dabei hat die Klägerin - wie erforderlich - jeden der beiden Gründe, die die Entscheidung tragen, substantiiert in Zweifel gezogen.

Ob der Brand durch grobe Fahrlässigkeit verursacht worden ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt offen. Bei derzeitiger Aktenlage kann dazu ohne eine weitere Aufklärung des Sachverhalts keine Feststellung getroffen werden. Der Brandursachenermittlungsbericht und der Schlussbericht der Polizeidirektion Grimma könnten auf grobe Fahrlässigkeit bei der Einlagerung und der Lagerung der Briketts hindeuten, worauf auch die Klägerin hinweist. Zur genaueren Klärung sind - wie von der Klägerin angeregt - die Akten des Amtsgerichts Grimma beizuziehen und außerdem der Brandursachenermittlungsbericht um die im Bericht erwähnte Lichtbildmappe zu vervollständigen. Möglicherweise ist es auch erforderlich, die Unterlagen des Brandversicherers anzufordern. Darüber hinaus wird der Senat im Berufungsverfahren die Möglichkeit haben, Einzelheiten zu den von der Beigeladenen vorgetragenen Begehungen der Lagerhalle in Erfahrung zu bringen und sich gegebenenfalls dazu vorhandene Unterlagen vorlegen zu lassen.

Ob die Klägerin im Hinblick auf die Höhe des Kostenerstattungsbescheids eine Prüfung der unbilligen Härte unterlassen hat, ist - wie die Klägerin in ihrem Zulassungsvorbringen zutreffend ausführt - unerheblich. Ein etwaiger Anspruch der Beigeladenen auf eine Reduzierung der von ihr für den Freuerwehreinsatz zu erstattenden Kosten unter dem Gesichtspunkt der unbilligen Härte macht den Kostenerstattungsbescheid vom 16.7.2001 nicht rechtswidrig. Ein solcher Anspruch ist nach der Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 29.1.2009 - 5 B 205/07 -) im Rahmen einer Anfechtungsklage nicht zu prüfen. Er wäre vielmehr in einem gesonderten Verfahren im Wege des Antrages, gegebenenfalls Widerspruchs und der Verpflichtungsklage durchzusetzen. Zwar enthält § 21 Abs. 7 SächsBrandschG a. F. kein ausdrückliches Antragserfordernis. In der Sache handelt es sich aber um einen Billigkeitserlass und damit um ein Verpflichtungsbegehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.6.1994 - 8 C 22/92 - zu § 135 Abs. 5 Satz 1 BauGB, zitiert nach juris; Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand: November 2006, § 227 AO Rn. 145).

Da bereits der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt, kann offen bleiben, ob die von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachten Zulassungsgründe ebenfalls gegeben sind.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Belehrung zum Berufungsverfahren

Das Antragsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht, Ortenburg 9, 02625 Bautzen, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht gestellten Antrag verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig. Für das Berufungsverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Berufung. Danach muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vertretungsbefugt nur

1. Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinn des § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes sowie Gesellschaften im Sinn des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinn des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,

2. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

3. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

4. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,

5. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 3 und 4 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Ein Beteiligter, der zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Ende der Entscheidung

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