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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 11.08.2004
Aktenzeichen: 5 B 497/03
Rechtsgebiete: BAföG
Vorschriften:
BAföG § 25 Abs. 3 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Az.: 5 B 497/03
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Ausbildungs- und Studienförderungsrechts
hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. August 2004
am 11. August 2004
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 13. November 2002 - 5 K 2193/01 - wird geändert. Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 28. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 11. Februar 2002 verpflichtet, der Klägerin für den Ausbildungszeitraum August 2001 bis Juni 2002 monatliche Ausbildungsförderung in Höhe von 322,75 € zu bewilligen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand: Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihr für den Bewilligungszeitraum August 2001 bis Juni 2002 monatliche Ausbildungsförderung in Höhe von 631,24 DM (322,75 €) zu bewilligen.
Die Klägerin nahm am 2000 eine Ausbildung zum Erwerb der Fachschulreife an der Fachoberschule am Beruflichen Schulzentrum für Gesundheit und Sozialwesen C. auf.
Für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum beantragte sie am 15.8.2001 Ausbildungsförderung. Hierzu gaben die Eltern der Klägerin an, seit dem Jahre 1999 dauernd getrennt zu leben. Zur Einkommensteuer im Jahr 1999 wurden sie gemeinsam veranlagt.
Mit Bescheid vom 28.9.2001 bewilligte ihr der Beklagte für den Bewilligungszeitraum August 2001 bis Juni 2002 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 444,- DM. Ausgehend von einem monatlichen Grundbedarf nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG - und Kosten der Unterkunft in Höhe von 87,49 DM rechnete er dabei auf den Gesamtbedarf von 767,49 DM vom Einkommen ihres Vaters einen Betrag von 322,97 DM an. Das Einkommen ihrer Mutter blieb anrechnungsfrei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies das Sächsische Landesamt für Ausbildungsförderung mit Widerspruchsbescheid vom 11.2.2002 zurück.
Die Klägerin hat am 21.12.2001 beim Verwaltungsgericht Chemnitz Klage erhoben. Zu deren Begründung führte sie insbesondere aus, dass die Freibeträge ihrer Eltern nicht richtig berücksichtigt worden seien. Die von ihrer Mutter wegen des niedrigen Einkommens nicht benötigten Freibeträge müssten für die Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Einkommens ihres deutlich besser verdienenden Vaters herangezogen werden. Ohne die hieraus folgende Minderung des berücksichtigungsfähigen Einkommens liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber Eltern mit annähernd gleich hohem Einkommen vor.
Das Verwaltungsgericht Chemnitz wies die Klage mit Urteil vom 13.11.2002 ab. Zur Begründung führte es aus, dass der Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG für jedes Kind insgesamt nur einmal gewährt und deshalb bei getrennt lebenden oder unverheirateten Eltern hälftig aufgeteilt werde. Zwar könne dies nicht mehr aus dem zwischenzeitlich gestrichenen Satz 2 geschlossen werden, dem zufolge nur der seinerzeitige "kleine Freibetrag" nach Nr. 1 a.F. jedem Elternteil voll gewährt wurde. Die Streichung dieser Regelung sei jedoch erkennbar nur eine Folge aus der Streichung dieses Freibetrages gewesen. Die Gesetzesbegründung enthalte keinerlei Hinweise darauf, dass entgegen der bisherigen Rechtsprechung und Praxis künftig die volle Freibetragsanrechnung für jeden Elternteil gewollt gewesen wäre. Es spiele auch keine Rolle, dass der Vater der Klägerin an ihre Schwester Unterhalt in den hälftigen Freibetrag wesentlich übersteigender Höhe zahle. Einem Freibetrag der vorliegenden Art sei es gerade wesensimmanent, dass er pauschal einen gewissen Abzug ermögliche und nicht den vollen Aufwand im jeweiligen Einzelfall berücksichtige. In besonderen Härtefällen könne nach § 25 Abs. 6 BAföG ein weiterer Einkommensanteil freigestellt werden. Den hierfür erforderlichen Antrag habe die Klägerin aber nicht gestellt. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei die Aufteilung des gemeinsam veranlagten Steueraufkommens der Eltern der Klägerin in dem Verhältnis, in welchem der Teil des Einkommens ihres Vaters zu dem entsprechenden Teil des Einkommens ihrer Mutter stehe. Es ergebe sich bereits aus § 24 Abs. 2 Satz 3 BAföG, dass die Ämter für Ausbildungsförderung wegen der Anknüpfung an die positiven Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes an die entsprechenden Festsetzungen in einem bestandskräftigen Steuerbescheid gebunden seien. Der Beklagte habe deshalb zutreffend die vom Finanzamt F. für das Jahr 1999 festgesetzte Steuer in Höhe von 10.791,01 DM zugrunde gelegt. Die Aufteilung der Steuer im Verhältnis ihrer Einkünfte auf die Ehegatten stoße auf keine Bedenken. Andernfalls würden die Ämter für Ausbildungsförderung zu einer eigenen und schwierigen Steuerberechnung gezwungen, die durch die Regelung des § 21 Abs. 1 BAföG gerade vermieden werden solle. Mit der Anknüpfung an die Festsetzungen des Steuerbescheides habe der Gesetzgeber bereits in gewissem Maße vorgegeben, dass es im Fall einer gemeinsamen Veranlagung nicht zwingend einer differenzierten Berechnung bedürfe. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bewilligung von Ausbildungsförderung um eine Form der Massenverwaltung handele, bei der gewisse Pauschalierungen und Generalisierungen unvermeidbar seien, um eine effektive Verwaltung zu gewährleisten. Etwaige Ungleichbehandlungen würden bewusst zu Gunsten der Verwaltungseffektivität in Kauf genommen und rechtfertigten diese.
Auf den Antrag der Klägerin hat ihr der Senat mit Beschluss vom 9.7.2003 - 5 B 4/03 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt. Zugleich hat der Senat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dass die hier entscheidungserhebliche Frage einer anderen als einer gleichmäßigen Aufteilung des Pauschbetrages nach § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG für den Fall, dass das Einkommen eines Elternteils so gering ist, dass es bereits durch den für ihn nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG anzusetzenden Freibetrag aufgezehrt wird, bei dem anderen Elternteil aber nach der Anwendung des § 25 Abs. 1 und 3 BAföG noch Einkommen vorhanden ist, durch das Bundesverwaltungsgericht bisher ausdrücklich offen gelassen wurde (BVerwG, Urt. v. 23.6.1983, BVerwGE 67, 280 [284]).
Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin aus, der Beklagte verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn er den zusätzlichen Freibetrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG bei ihrem Vater nur zur Hälfte berücksichtige. Ihre dauernd getrennt lebenden Eltern hätten ein sehr unterschiedliches Einkommen. Während ihr Vater ein Einkommen in Höhe von 4.691,91 DM erziele, betrage das Einkommen ihrer Mutter lediglich 1.247,33 DM und werde schon durch den Freibetrag nach § 25 Abs. 1 Satz 1 BAföG anrechnungsfrei gestellt. Die Praxis des Beklagten führe zu einer Ungleichbehandlung von geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern zu verheirateten Eltern, wie auch zu geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Eltern mit annähernd gleichem Einkommen, ohne dass ein sachlicher Grund hierfür vorliege. Der Freibetrag solle es ermöglichen, den Unterhalt für nicht in der Ausbildung befindliche Kinder sicherzustellen. Dieser Zweck werde verfehlt, wenn ein Elternteil für dieses Kind mangels Leistungsfähigkeit keinen Unterhalt leisten könne und dem anderen Elternteil diese Fähigkeit dadurch genommen werde, dass er nur den hälftigen Freibetrag erhalte. Dem Gesetz lasse sich eine Verpflichtung für eine hälftige Aufteilung nicht entnehmen. Für die eine hälftige Aufteilung vorsehende Verwaltungsvorschrift fehle es an einer Rechtsgrundlage.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 13. November 2002 - 5 K 2193/01 - zu ändern und den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 28. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 11. Februar 2002 zu verpflichten, der Klägerin für den Ausbildungszeitraum August 2001 bis Juni 2002 monatliche Ausbildungsförderung in Höhe von 322,75 € zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Seiner Auffassung nach rechtfertigt sich die hälftige Aufteilung des Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG zur Vermeidung doppelter Freibeträge für Vollgeschwister des Auszubildenden. Die von der Klägerin begehrte Aufteilung führe zu dem unbilligen Ergebnis, dass für nichteheliche Kinder und Kinder aus geschiedenen Ehen im Ergebnis ein doppelter Freibetrag anrechnungsfrei bleibe, wenn beide Eltern Einkommen erzielten. Dieses Ergebnis werde von der zugrunde gelegten Verwaltungsvorschrift vermieden. Aus der hier vorliegenden Besonderheit, dass ein getrennt lebender Elternteil nur ein geringes Einkommen erziele, folge nichts anderes. Im Fall von geschiedenen Ehegatten sei in der Rechtsprechung die hälftige Aufteilung des Freibetrages anerkannt. Es sei kein Grund ersichtlich, bei dauernd getrennt lebenden Ehegatten anders zu verfahren. Im Übrigen sei die Auslegung des § 25 Abs. 3 BAföG durch Nr. 25.3.3 der Verwaltungsvorschrift auch deshalb gerechtfertigt, weil durch § 25 Abs. 6 BAföG eine Härtefallregelung bereit gestellt sei. Den für seine Anwendung erforderlichen Antrag habe die Klägerin hingegen nicht gestellt, obwohl sie mit Schreiben des Beklagten vom 28.11.2001 auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden sei.
Die Klägerin hat hierauf repliziert, dass es zu doppelten Freibeträgen für Vollgeschwister des Auszubildenden nur für den hier nicht vorliegenden Fall von entsprechend hohen Einkommen kommen könne. Bei ihr und ihrer Schwester sei der doppelte Freibetrag bereits aufgrund des tatsächlich geringen Einkommens der Mutter ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall komme es hingegen aufgrund der Anwendung der Verwaltungsvorschrift zu einer Halbierung des Freibetrages. Die "Problematik", dass Eltern dauernd getrennt lebten, werde bereits dadurch berücksichtigt, dass hier § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG und nicht dessen Nr. 1 Anwendung finde. Eine darüber hinausgehende Halbierung des Freibetrages des § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG benachteilige Kinder von geschiedenen bzw. dauernd getrennt lebenden Ehegatten unverhältnismäßig. Die Unterstützungsmöglichkeiten ihres allein Unterhalt leistenden Vaters würden hierdurch in unzulässiger Weise beschnitten. Auf § 25 Abs. 6 BAföG könne sie nicht verwiesen werden. Ein solcher Antrag sei nur begründet, wenn besondere Belastungen im Sinne von §§ 33 bis 33 b Einkommensteuergesetz vorlägen, woran es hier fehle.
Dem Senat liegen die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Akte des Verwaltungsgerichts (5 K 2193/01) und die Akten des Zulassungs- und Berufungsverfahrens vor. Auf diese wird für die näheren Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz ist zu ändern und der Beklagte unter Abänderung seines Bescheides vom 28.9.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Sächsischen Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 11.2.2002 zu verpflichten, der Klägerin für den Ausbildungszeitraum August 2001 bis Juni 2002 monatliche Ausbildungsförderung in Höhe von 322,75 € zu bewilligen. Auf ihren Bedarf in Höhe von 767,49 DM ist lediglich ein Einkommen ihres Vaters in Höhe von 136,25 DM statt 322,97 DM anzurechnen. Dessen Einkommen ist unter Berücksichtigung des vollen Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu ermitteln.
1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass die hier allein - noch - in Streit stehende Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Elterneinkommens auf der Grundlage der Steuerbescheide zu erfolgen hat. Nach der vom Senat geteilten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 18.2.1986, Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 8; Beschl. v. 9.11.1988, ebd., Nr. 12; Beschl. v. 11.7.1990, ebd., Nr. 14) sind die Ämter für Ausbildungsförderung bei der abschließenden Entscheidung über den Antrag auf Ausbildungsförderung an die Angaben in dem bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid gebunden. Der Eintritt der Bestandskraft für den hier maßgeblichen Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 23.6.2000 steht hier nicht in Streit und ist auch im Übrigen nicht zweifelhaft.
Im hier vorliegenden Fall der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von getrennt lebenden Ehegatten begegnet es keinen Bedenken, wenn der Beklagte die festgesetzte Steuer im Verhältnis des zugrunde liegenden jeweiligen Einkommens auf die Ehegatten verteilt. Hierzu teilt der Senat die vom Verwaltungsgericht bereits näher dargelegte Auffassung, dass es nicht Aufgabe der Ämter für Ausbildungsförderung sein kann, eine fiktive Steueraufteilung anhand der individuellen steuerlichen Belastung der gemeinsam veranlagten Ehegatten vorzunehmen. Die mit einer solchen Ermittlung verbundenen Unwägbarkeiten und der notwendige Aufwand stünden im Widerspruch zu der gewollten Entlastung der Ämter für Ausbildungsförderung durch ihre Bindung an die Feststellungen der - zudem sachkompetenteren - Finanzverwaltung.
2. Das auf den Bedarf der Klägerin im Bewilligungszeitraum August 2001 bis Juni 2002 in Höhe von 767,49 DM anrechenbare Einkommen ihres Vaters ist hier unter Berücksichtigung des ungekürzten Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu berechnen.
a) Durch § 25 BAföG hat der Gesetzgeber pauschal und typisierend die Einkommensbeträge bestimmt, die er für den angemessenen Lebensunterhalt der Eltern, ihrer Kinder und weiterer nach dem bürgerlichen Recht Unterhaltsberechtigter als erforderlich ansieht. Mit dem über die jeweiligen Freibeträge anrechnungsfrei gestellten Teil des Einkommens ist regelmäßig der durchschnittliche Aufwand für den Lebensunterhalt des Einkommensbeziehers, seines Ehegatten, seiner Kinder und der ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten abgegolten (BVerwG, Urt. v. 23.6.1983, BVerwGE 67, 280 [282]). Dabei soll durch den hier in Streit stehenden Freibetrag aus § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG das Einkommen der Eltern insoweit anrechnungsfrei gestellt werden, als es zur Gewährung des angemessenen Lebensunterhalts ihrer Kinder erforderlich erscheint. Dabei wird der Freibetrag aus § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG insgesamt nur einmal gewährt, auch wenn die Ehegatten getrennt leben oder geschieden sind (BVerwG, aaO, [283]).
Die Aufteilung des Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 BAföG ist im Gesetz nicht geregelt. Das Bundesverwaltungsgericht ist im Fall von geschiedenen Ehegatten zu der Auffassung gelangt, dass ihnen der Freibetrag grundsätzlich je zur Hälfte anzurechnen ist, da die ihnen gegenüber bestehenden Unterhaltsansprüche ihrer Kinder in einem dieser Aufteilung entsprechenden Verhältnis zueinander stehen (BVerwG, aaO, [284]). Ob eine andere als die hälftige Aufteilung zu erfolgen hat, wenn einer der Ehegatten bereits aufgrund des Freibetrages aus § 25 Abs. 1 Satz 1 BAföG kein anrechenbares Einkommen mehr aufweist, hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung ausdrücklich offen gelassen.
Für den vorliegenden Fall getrennt lebender Ehegatten, bei denen das Einkommens eines Ehegatten bereits durch den Freibetrag aus § 25 Abs. 1 BAföG ohne Berücksichtigung bleibt, ist eine andere als die hälftige Aufteilung des Freibetrages veranlasst. Der Freibetrag aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG ist uneingeschränkt dem anderen Ehegatten anzurechnen. Aus der gesetzlichen Systematik der Freibeträge aus § 25 BAföG lässt sich schon erkennen, dass für unterschiedliche Bedarfslagen einzelne Freibeträge durch den Gesetzgeber zugeschnitten wurden. Eine etwaige Aufteilung von Freibeträgen hat deshalb ihre Eignung zur Bedarfsdeckung zu berücksichtigen. Hieran würde es fehlen, wenn auch in Fällen der vorliegenden Art eine hälftige Aufteilung des Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG erfolgt. Durch die Anrechnung des ungeschmälerten Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zugunsten des Vaters der Klägerin wird dessen Leistungsfähigkeit und damit seine Fähigkeit zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten gegenüber den von dieser Vorschrift in Bezug genommenen - nicht in einer förderungsfähigen Ausbildung befindlichen Unterhaltsberechtigten - gestärkt. Dies steht im Einklang mit Sinn und Zweck dieser Regelung, welche die Gewährung des Freibetrages an die Verpflichtung des Einkommensbeziehers zur Gewährung von Unterhalt für eigene Kinder anknüpft. Hier hat allein der Vater der Klägerin im Bewilligungszeitraum Barunterhalt geleistet und zwar in Höhe des Tabellenunterhalts für seine beiden Töchter. Eine ungerechtfertigte Freistellung von zivilrechtlichen Unterhaltsansprüchen (so HessVGH, Urt. v. 5.12.1991, 9 UE 2532/89) kann deshalb vorliegend nicht festgestellt werden. Es ist auch im Übrigen kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, den wegen der Unterhaltsverpflichtung durch § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zur Verfügung gestellten Freibetrag in Fällen der vorliegenden Art zur Hälfte untergehen zu lassen, indem er auf ein bereits ohne ihn anrechnungsfreies Einkommen überflüssiger Weise angerechnet wird. Die vom Beklagten und auch in der Literatur (s. Rothe/Blanke, BAföG, Stand: Juni 2003, § 25 RdNr. 21.1) gesehene Gefahr einer doppelten Gewährung dieses Freibetrages besteht im vorliegenden Fall nicht. Es wird lediglich der nur einmal zur Verfügung stehende Freibetrag demjenigen unterhaltspflichtigen Einkommensbezieher angerechnet, der - im Unterschied zu seinem Ehegatten - nach Anrechnung des Freibetrages aus § 25 Abs. 1 BAföG noch über "freibetragsbedürftiges" Einkommen verfügt.
Die angenommene Gefahr doppelter Freibetragsgewährung beruht wohl auf Nr. 25.3.3 Satz 3 BAföGVwV. Demnach wird ein weiterer hälftiger Freibetrag für den Fall gewährt, dass ein Elternteil glaubhaft macht, dass er ein Kind überwiegend unterhält (vgl. auch Rothe/Blanke, aaO, RdNr. 21.2 und BayVGH, Urt. v. 28.7.1988, NVwZ 1990, 36). Diese Frage stellt sich hingegen hier nicht, da sich die vorliegende Konstellation gerade dadurch auszeichnet, dass schon durch die Anrechnung des Freibetrages aus § 25 Abs. 1 BAföG kein anrechenbares Einkommen des einen Ehegatten mehr vorhanden ist, mithin keinerlei Bedarf für weitere Freibeträge bei diesem besteht. Ihre Gewährung hätte keinen Einfluss auf das berücksichtigungsfähige Einkommen. Der andere Ehegatte erhält nach den vorstehenden Ausführungen bereits nach § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG einen ungekürzten Freibetrag. Die aufgeworfene Problematik doppelter Freibetragsgewährung scheint hiernach gerade erst durch die hälftige Aufteilung des Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu entstehen. Der ungeschmälerten Zuwendung dieses Freibetrages an den allein freibetragsbedürftigen Elternteil kann dieser Gesichtspunkt nicht entgegengehalten werden. Eine gleichheitswidrige Bevorzugung getrennt lebender Ehegatten ist deshalb in Fällen der vorliegenden Art im Fall ungekürzter Anrechnung des Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG ausgeschlossen. Ein zusätzlicher Aufwand ist mit der ungekürzten Freibetragsanrechnung nicht verbunden, so dass auch aus Praktikabilitätsgründen keine Einwände ersichtlich sind.
Hiervon ausgehend besteht keinerlei Veranlassung, die Klägerin auf die Härtefallregelung des § 25 Abs. 6 BAföG zu verweisen. Vielmehr vermeidet die vorgehend dargestellte Aufteilung des Freibetrages aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG die dort vorausgesetzten "unbilligen Härten". Davon unabhängig zeichnet sich die vorliegende Konstellation auch dadurch aus, dass auch die vom Beklagten gewählte Einkommensberechnung die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt.
b) Für die Berechnung des anrechnungsfähigen Einkommens des Vaters der Klägerin ist sein aus dem Einkommenssteuerbescheid für 1999 ersichtliches zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 56.303,- DM zugrunde zu legen. Nach Abzug des sein Einkommen anteilig betreffenden Steueranteils (s.o.) von 8.525,- DM und Sozialversicherungsabgaben in Höhe von 21,5 % (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 BAföG) folgt hieraus ein Einkommen von 35.673,85 DM/Jahr, mithin 2.972,82 DM/Monat. Nach Abzug des Freibetrages aus § 25 Abs. 1 Nr. 2 BAföG von 1.840,- DM verbleibt ein Betrag von 1.132,78 DM, von dem der Freibetrag aus § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG in Höhe von 830,- DM abzuziehen ist. Der verbleibende Betrag von 302,78 DM ist gemäß § 25 Abs. 4 BAföG in Höhe von 45 %, sprich 136,25 DM, zu berücksichtigen. Bei Berücksichtigung dieses Einkommens durch Anrechnung auf den Bedarf der Klägerin in Höhe von 767,49 DM beträgt ihr Anspruch im Bewilligungszeitraum August 2001 bis Juni 2002 monatlich 631,24 DM, was 322,75 € entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Beschluss
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 1.053,08 € festgesetzt.
Gründe
Die Gegenstandswertfestsetzung für das gemäß § 188 Satz 1 VwGO gerichtskostenfreie Verfahren beruht auf dem hier noch anwendbaren (vgl. §§ 60 f. Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) § 8 Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung und entspricht der Differenz zwischen der bewilligten und der im Berufungsverfahren begehrten Höhe von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Ende der Entscheidung
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