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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 5 B 798/04
Rechtsgebiete: BAföG


Vorschriften:

BAföG § 7 Abs. 3
1. Ein erst im Nachhinein erkannter Neigungswandel oder Eignungsmangel kann ein wichtiger Grund im Sinne nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG darstellen.

2. Eine Zurückstufung in einer Fachrichtung wirkt sich nicht auf die Zahl der Fachsemester aus. Die vor der Zurückstufung absolvierten Fachsemester zählen bei der Berechnung für die Frist des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG mit.

3. Eine "Rückstufung" durch Exmatrikulation und Neuimmatrikulation im ersten Fachsemester stellt einen Studiumabbruch dar. Für diesen müssen ausbildungsförderrechtlich die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 BAföG vorliegen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 5 B 798/04

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Ausbildungs- und Studienförderungsrecht

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und den Richter am Verwaltungsgericht Büchel ohne mündliche Verhandlung

am 29. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. Oktober 2003 - 13 K 2011/03 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden, mit dem er unter Aufhebung seines ablehnenden Bescheides verpflichtet worden ist, dem Kläger Ausbildungsförderung für den Studiengang Wirtschaftsinformatik zu gewähren.

Der Kläger war vom 1.9.2000 bis zum 31.8.2002 an der Hochschule für Wirtschaft und Technik in Dresden - HWT - im Studiengang Allgemeine Informatik immatrikuliert. Aus gesundheitlichen Gründen wiederholte er in dieser Zeit sowohl das erste als auch das zweite Fachsemester je einmal. Auf seine Anträge vom 7.9.2000 und vom 21.9.2001 gewährte ihm der Beklagte für den Zeitraum Oktober 2000 bis August 2002 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG -.

Zum Wintersemester 2001/02 bewarb sich der Kläger an der Hochschule für Wirtschaft und Technik in Dresden um einen Wechsel in den Studiengang Wirtschaftsinformatik. Auf Grund der hohen Bewerberzahl konnte er zunächst nicht berücksichtigt werden. Auf seine neuerliche Bewerbung für das Wintersemester 2002/03 erhielt er die Zulassung. Seit dem 1.9.2002 ist er im Studiengang Wirtschaftsinformatik immatrikuliert.

Am 30.8.2002 beantragte der Kläger beim Beklagten Ausbildungsförderung für das Studium der Wirtschaftsinformatik. Seinen Studienwechsel begründete er mit seinen gesundheitlichen Problemen. Nachdem er ihretwegen von der Bundeswehr ausgemustert worden sei, habe er seine Lebensplanung kurzfristig umstellen müssen. Er habe sich nicht umfassend über alle in Betracht kommenden Studiengänge informieren können, weil er sich kurzfristig für ein Studium hätte entscheiden müssen. So sei ihm damals der Studiengang Wirtschaftsinformatik, der nicht rein technisch angelegt sei, noch nicht bekannt gewesen. Auf Grund von Krankheitsschüben habe er sein Ausbildungsziel auch nicht erreichen können.

Mit Bescheid vom 14.10.2002 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 BAföG nicht vorlägen. Da der Kläger den Studiengang erst zum fünften Semester vorgenommen habe, komme nur ein Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund in Betracht. Ein solcher Grund liege hier nicht vor. Auch Wiederholungssemester seien als Fachsemester im Sinne der Vorschrift anzusehen. Den fristgerecht eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Sächsische Landesamt für Ausbildungsförderung mit Widerspruchsbescheid vom 24.4.2003 zurück. Mit Beschluss vom 1.4.2003 - 13 K 1767/03 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Dresden den Beklagten, dem Kläger ab dem 13.3.2003 vorläufig Ausbildungsförderung für den Studiengang Wirtschaftsinformatik nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beklagten wies der erkennende Senat mit Beschluss vom 28.7.2003 (5 BS 143/03) zurück.

Am 8.4.2003 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Dresden. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen führte er aus, dass er während der Wiederholung des ersten Studienganges die Gelegenheit erhalten habe, sich über die an der Hochschule angebotenen Spezialisierungsbereiche zu informieren. Wegen seines mit wirtschaftlichem Profil abgelegten Abiturs habe er gemerkt, dass Wirtschaftsinformatik seinem Berufsziel näher sei. Bei dieser Spezialisierung handele es sich zudem nicht um einen Fachrichtungswechsel, sondern um eine Schwerpunktverlagerung. Beide Studiengänge seien im Grundstudium teilweise deckungsgleich.

Mit Urteil vom 17.10.2003 - 13 K 2011/03 - hob das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf und verpflichtete den Beklagten zur Gewährung von Ausbildungsförderung für den Studiengang Wirtschaftsinformatik. Zur Begründung führte es unter anderem aus: Bei dem nunmehr vom Kläger belegten Studiengang handele es sich zwar um eine andere Ausbildung i.S.v. § 7 Abs. 3 BAföG und damit um einen Studienwechsel. Es liege jedoch ein wichtiger Grund für diesen Studienwechsel vor. Es könne nicht von einer vier Fachsemester umfassenden Ausbildung im Studiengang Allgemeine Informatik ausgegangen werden. Vielmehr sei die Ausbildung in diesem Studiengang nur über zwei Semester erfolgt. Der Kläger sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, das Studium der Allgemeinen Informatik zu bewältigen. Dafür spreche auch seine Rückstufung in das erste Semester. Der Kläger habe einen Neigungswandel zur Wirtschaftsinformatik nachgewiesen, der als wichtiger Grund anzuerkennen sei, weil er sich bereits zum Wintersemester 2001/02 für einen Studienwechsel beworben hatte. Es obliege nicht seinem Verantwortungsbereich, wenn der Beklagte ihn damals aus Kapazitätsgründen nicht habe berücksichtigen können. Es sei daher davon auszugehen, dass sich der Kläger rechtzeitig Gewissheit über seine Neigung verschafft und unverzüglich den Wechsel vorgenommen habe. Unbeachtlich sei, ob der Kläger während der gesamten Dauer seines Erststudiums zu Recht Ausbildungsförderung erhalten habe.

Am 23.12.2003 beantragte der Beklagte die Zulassung der Berufung gegen das ihm am 2.12.2003 zugestellte Urteil. Mit Beschluss vom 14.9.2004 - 5 B 28/04 - hat der erkennende Senat die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil mit der Begründung zugelassen, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung für die vom Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage zukomme, ob Wiederholungssemester auch dann als Fachsemester i.S.v. § 7 Abs. 3 BAföG anzusehen seien, wenn ihnen eine unverschuldete Nichtbewältigung des Studiums und hierauf beruhende Zurückstufung durch die Ausbildungsstätte zugrunde liege.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte vor, es seien ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils gegeben. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Kläger schon zum Zeitpunkt seiner Bemühungen um eine Rückstufung in das erste Fachsemester einen Studienwechsel bevorzugt habe, nachdem er sich bereits 2001 um einen Studienplatz im Studiengang Wirtschaftsinformatik bemüht habe. Durch eine Zulassung erst zum Wintersemester 2002/03 habe der Kläger die Frist des § 7 Abs. 3 BAföG nicht mehr wahren können. Er hätte bereits im Zeitpunkt der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung zum Wintersemester 2001/02 das Studium der Allgemeinen Informatik abbrechen müssen. Nur dann hätte der Studienwechsel als unverzüglich angesehen werden können. Bei dem Studium der Allgemeinen Informatik habe es sich auch nicht um ein sog. Parkstudium gehandelt, da der Kläger zunächst ganz bewusst Allgemeine Informatik habe studieren wollen. Für die Wertung als Fachsemester komme es allein darauf an, wie viele Semester in einer Fachrichtung absolviert wurden. Unerheblich sei, ob es sich um Wiederholungssemester handele. Hierüber bestehe in Verwaltungspraxis und Rechtsprechung Einigkeit. Ein aus gesundheitlichen Gründen eintretender Verzug müsse ggf. durch Urlaubssemester überbrückt werden. Die Frage der anzurechnenden Fachsemester sei auch für die Prüfung einer Weiterförderung nach § 48 BAföG relevant.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. Oktober 2003 - 13 K 2011/03 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der nicht durch einen Prozessbevollmächtigten im Sinne des § 67 Abs. 1 BAföG vertretene Kläger wendet sich gegen die Berufung und macht Vortrag im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dem Senat liegen die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Dresden - 13 K 2011/03 und 13 K 1767/03 - sowie die Akten des Beschwerde- und des Zulassungsverfahrens vor. Auf sie sowie auf das Vorbringen der Beteiligten im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet gemäß § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Beklagten vom 14.10.2002 und den Widerspruchsbescheid vom 24.4.2003 zu Unrecht aufgehoben. Denn der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Rechtsstreit hat sich nicht dadurch in der Hauptsache erledigt, dass der Kläger zwischenzeitlich sein Studium weitestgehend abgeschlossen hat. Denn die BAföG-Leistungen wurden ihm auf Grund der einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts vom 1.4.2003 - 13 K 176703 - nur vorläufig gewährt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Ausbildungsförderung für sein Studium der Wirtschaftsinformatik seit dem Wintersemester 2002/03. Die Voraussetzungen für eine Förderung seines Studiums der Wirtschaftsinformatik liegen nicht vor. Nachdem der Kläger das zunächst begonnene und geförderte Studium der Allgemeinen Informatik abge-brochen hat, kommt es für die Frage des hier streitgegenständlichen Anspruchs auf Ausbildungsförderung darauf an, ob der Abbruch bzw. der Fachrichtungswechsel aus einem wichtigen oder unabweisbaren Grund erfolgte.

Maßgeblich ist insoweit § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG, wonach Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung nur geleistet wird, wenn der Auszubildende einen wichtigen oder einen unabweisbaren Grund vorweisen kann, weshalb er seine ursprüngliche Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt hat. Als wichtiger Grund ist allgemein anerkannt, wenn dem Auszubildenden eine Fortsetzung seiner bisherigen Ausbildung unter Berücksichtigung aller im Rahmen der Ausbildungsförderung erheblichen Umstände, die sowohl durch die am Ziel der Ausbildungsförderung orientierten öffentlichen Interessen als auch durch die Interessen des Auszubildenden bestimmt werden, nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.1990 - 5 C 45/87 -, BVerwGE 85, 194 [196]; Urt. v. 22.6.1989 - 5 C 27/87 - BVerwGE 82, 156 [158]; Urt. v. 15.5.1986 - 5 C 138/83 -, FamRZ 1986, 932).

Als wichtiger Grund kann insbesondere auch ein erst im Nachhinein erkannter Neigungswandel oder Eignungsmangel anerkannt werden, der während des begonnen Studiums erkannt wird. Allerdings obliegt dem Auszubildenden die verantwortungsbewusste, vorausschauende und umsichtige Planung sowie die zügige und zielstrebige Durchführung seiner Ausbildung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.2.1983 - 5 C 94.80 -, FamRZ 1986, 954; Urt. v. 12.2.1976 - 5 C 86.74 -, BVerwGE 50, 161). Daraus folgt, dass der Auszubildende unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern die begonnene Ausbildung abbrechen oder einen Fachrich-tungswechsel vornehmen muss, sobald er feststellt, dass das gewählte Studium seiner Neigung nicht entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.1990 - 5 C 45/87 -, BVerwGE 85, [194]; Urt. v. 10.2.1983 - 5 C 94/80 -, FamRZ 1983, 954).

Der Kläger macht einen solchen Eignungsmangel geltend, indem er vorbringt, während seines Studiums der Allgemeinen Informatik festgestellt zu haben, dass ihm die technischen Schwerpunkte dieses Studienganges nicht lägen und die Befürchtung bestehe, dass er den Abschluss dieses Studiums nicht schaffe. Ebenso lässt sein Vorbringen auf einen Neigungswandel schließen, da er den Fachrichtungswechsel zur Wirtschaftsinformatik wegen deren Praxisnähe und seinem bereits in der Schule vorhandenen Interesse an Wirtschaft vorgenommen hat.

Der Kläger hat das Studium der Allgemeinen Informatik jedoch nicht unverzüglich abgebrochen und den Fachrichtungswechsel vorgenommen. Ein wichtiger Grund wird nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien oder Hochschulen grundsätzlich nur anerkannt, wenn der Abbruch oder der Wechsel bis zum Beginn des vierten Fachsemesters erfolgt ist. Gleichwohl ist diese Norm verfassungskonform so zu verstehen, dass ein Wechsel des Studienganges auch zu einem späteren Zeitpunkt noch ausbildungsförderungsunschädlich erfolgen kann, wenn er unter Berücksichtigung der Anrechnung in der bisherigen Fachrichtung absolvierter Fachsemester in der neuen Fachrichtung die maßgebliche Zeitschwelle nicht überschreitet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.8.2005 - 1 BvR 309/03 -, FamRZ 2005, 1895). Bei einem erstmaligen Fachrichtungs-wechsel wird nach § 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG in der Regel - widerlegbar - vermutet, dass ein wichtiger Grund vorliegt; bei Auszubildenden an Höheren Fachschulen, Akademien oder Hochschulen jedoch nur, wenn der Abbruch oder der Wechsel bis zum Beginn des dritten Fachsemesters erfolgt ist.

Diesen Anforderungen genügte der Kläger nicht, weil er nicht umgehend nach Erkennen seines Eignungsmangels bzw. Neigungswandels das Studium der Allgemeinen Informatik abgebrochen hat; insbesondere hat er die Frist des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG nicht gewahrt. Stattdessen hat sich der Kläger im Studiengang Allgemeine Informatik "zurückstufen" lassen und dort die beiden ersten Semester wiederholt. Diese Zurückstufung führt jedoch nicht zu einer Anpassung der Zahl der für die Frist anzurechnenden Fachsemester. Dabei kann dahinstehen, in welcher Form eine Rückstufung des Klägers damals erfolgt ist. In Betracht kommt zum einen eine Rückstufung innerhalb eines Studienganges und zum anderen eine Rückstufung durch Exmatrikulation und erneute Immatrikulation.

Erfolgte die Rückstufung innerhalb des Studienganges Allgemeine Informatik - hierfür ist eine Rechtsgrundlage in der Allgemeinen Studienordnung der HWT, der Immatrikulationsordnung der HWT und der Studienordnung des Fachbereichs Informatik der HWT nicht ersichtlich - folgt daraus entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht, dass der Kläger nur zwei Fachsemester im Studiengang Allgemeine Informatik studiert hat, bevor er den Studienwechsel vorgenommen hat. Denn als Fachsemester zählt jedes Semester, in dem die Ausbildung in der gewählten Fachrichtung erfolgt. Maßgebend ist dabei ausschließlich die Immatrikulation. Ob tatsächlich studiert wurde, ist dagegen unerheblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.11.1998 - 5 C 39/97 -, BVerwGE 108, 40 [44]; vgl. auch Tz 48.1.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG - VwV -). Der für § 7 Abs. 3 BAföG maßgebliche Begriff des Fachsemesters entspricht dem in § 48 BAföG Verwendeten. Die in derselben Fachrichtung absolvierten Semester werden fortlaufend gezählt, und zwar ohne Rücksicht auf die tatsächliche Teilnahme an den Lehrveranstaltungen und dem erzielten Studienfortschritt, insbesondere darauf, ob Semester wiederholt werden mussten (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1981 - 5 C 98/79 -, FamRz 1982, 544; Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Kommentar, 5. Aufl., Stand: Januar 2006, § 48 RdNr. 5.3.1; vgl. auch Tz 48.1.5 Abs. 2 VwV). Lediglich Urlaubssemester werden nicht mitgezählt.

Soweit vereinzelt davon die Rede ist, dass das unverschuldete Nichterbringen von Ausbildungsleistungen sich nicht auf den Bezug von Ausbildungsförderung auswirke, bezieht sich dies nicht auf die für die Frist des § 7 Abs. 3 Satz 1 BAföG maßgebliche Zahl anzurechnender Fachsemester. Vielmehr steht einem Auszubildenden in einem Studiengang auch dann weiterhin Ausbildungsförderung zu, wenn er wegen Krankheit oder aus anderen anzuerkennenden Gründen Ausbildungsleistungen vorübergehend nicht erbringen kann (Blanke, in: Rothe/Blanke, BAföG, Kommentar, 5. Aufl., Stand: Januar 2006, § 15 RdNr. 12). Aus diesem Grund wurde dem Kläger Ausbildungsförderung für den gesamten Zeitraum seines Studiums der Allgemeinen Informatik gewährt, obwohl er nur die Ausbildungsleistungen für zwei Semester erbracht hat. Ausbildungsrechtliche Auswirkungen für das Studium der Wirt-schaftsinformatik ergeben sich dagegen nicht.

Die hochschulrechtliche Rückstufung des Klägers durch die Fachhochschule wirkt sich ausbildungsförderungsrechtlich nicht auf die Anzahl der Fachsemester aus (vgl. Fischer, in: Rothe/Blanke, BAföG, Kommentar, 5. Aufl., Stand: Januar 2006, § 48 RdNr. 5.3.2). Denn Sinn und Zweck der von der Hochschulleitung vorgenommenen Rückstufung ist es, den Auszubildenden im Rahmen eines nicht abgeschlossenen Studienganges in ein Stadium zu versetzen, in dem er die vorgeschriebenen Studienleistungen noch erbringen kann. Auswirkungen auf einen anderen Studiengang oder auf die Ausbildungsförderung ergeben sich daraus weiter nicht. Dies lässt sich auch dadurch belegen, dass die für die Gewährung von Ausbildungsförderung zuständige Stelle - hier der Beklagte - an der Entscheidung über die Zurückstufung nicht beteiligt worden ist.

Dieser Rechtsauffassung steht der Beschluss des Senates vom 28.7.2003 - 5 BS 143/03 - nicht entgegen. Dort hat der Senat ausgeführt, dass als Fachsemester auch Wiederholungssemester anzusehen seien. Dagegen habe der Antragsgegner im Rahmen seiner Beschwerde nichts vorgebracht, was Zweifel an der Möglichkeit einer Einschränkung dieses Grundsatzes im Falle einer unverschuldeten Nichtbewältigung des Studiums und Zurückstufung in das erste Semester aufkommen ließe. Der Senat hat sich somit mit der Rechtsfrage nicht inhaltlich auseinandergesetzt, sondern sie wegen des insoweit unsubstanziierten Vorbringens des Beklagten im Wesentlichen unbeantwortet gelassen.

Schließlich ist insoweit auch nicht ersichtlich, dass im Studiengang Wirtschaftsinformatik eine Anrechnung von in der Fachrichtung Allgemeine Informatik vom Kläger absolvierten Fachsemestern erfolgt ist, die für die Fristwahrung von Bedeutung wären.

Hiervon zu unterscheiden ist eine "Rückstufung" dergestalt, dass der Kläger nach zwei Semestern aus dem Studiengang Allgemeine Informatik exmatrikuliert wurde, um sich sogleich für das erste Semester desselben Studienganges wieder neu, d.h. im ersten Fachsemester immatrikulieren zu lassen. In diesem Fall stellt die Exmatrikulation bereits einen (ersten) Studienabbruch dar, auch wenn das Studium in demselben Studiengang sofort wieder von vorne aufgenommen wurde. Diese "Rückstufung" gilt bereits als weitere Ausbildung, für die § 7 Abs. 3 BAföG Anwendung finden kann (vgl. Humborg, in: Rothe/Blanke, BAföG, Kommentar, 5. Aufl., Stand: Januar 2006, § 7 RdNr. 38.1). Denn auch ein mehrfacher Studienabbruch oder Wechsel der Fachrichtung kann förderungsunschädlich möglich sein. Allerdings müssen dann beide Studienabbrüche/Fachrichtungswechsel aus wichtigem oder unabweisbaren Grund erfolgt sein. Dies ist beim Kläger aber nicht der Fall, denn zum Zeitpunkt der erneuten Aufnahme des Studiums der Allgemeinen Informatik hatte er bereits eine - wenn dann auch zunächst erfolglose - Bewerbung für den Studiengang Wirtschaftsinformatik abgegeben. Auf einen Neigungswandel oder Eignungsmangel kann er sich dann nicht berufen.

Er kann sich weiter nicht darauf berufen, dass er im Wintersemester 2001/02 nur deshalb Allgemeine Informatik studiert habe, weil seine Bewerbung bei der Vergabe der Studienplätze im Studiengang Wirtschaftsinformatik nicht berücksichtigt worden sei. Abgesehen davon, dass eine solche Argumentation bereits Zweifel am Vorliegen eines Neigungswandels oder Eignungsmangels aufkommen lassen kann, weil der Kläger das Studium der Allgemeinen Informatik fortgesetzt hat, nachdem er nicht in seinen Wunschstudiengang wechseln konnte, können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hochschulrechtliche Zulassungsbeschränkungen, die den Auszubildenden an der Aufnahme eines seiner Neigung am meisten entsprechenden Studiums hindern, die Aufnahme eines anderen, weniger neigungsgerechten Studiums förderungsrechtlich grundsätzlich nur dann rechtfertigen, wenn der Auszubildende dieses Studium zielstrebig als Alternative zum Wunschstudium mit dem Willen betreibt, es für den Fall eines Scheiterns seiner Bemühungen, zum Wunschstudium zugelassen zu werden, berufsqualifizierend abzuschließen (BVerwG, Urt. v. 22.6.1989 - 5 C 42/88 -, BVerwGE 82, 163 [164 f.] m.w.N.). Fehlt es an einem solchen Willen zum berufsqualifizierenden Abschluss in dem anstelle des Wunschstudiums aufgenommenen Studium, beabsichtigt der Auszubildende vielmehr lediglich, die Wartezeit bis zur Zulassung zum Wunschstudium zu überbrücken, dann ist bereits deshalb ein wichtiger Grund für den späteren Fachrichtungswechsel nicht anzuerkennen (BVerwG, Urt. v. 22.6.1989 - 5 C 42/88 -, BVerwGE 82, 163 [165]). Nichts anderes kann gelten, wenn ein zunächst als Wunschstudium aufgenommenes Studium auf Grund eines Wandels der subjektiven Einstellung des Auszubildenden oder - wie hier - auf Grund einer Kenntnisnahme alternativer Studiengänge den Rang der ersten Neigungspräferenz verliert. Auch hier können hochschulrechtliche Zulassungsbeschränkungen für das (neue) Wunschstudium die Fortführung des alten förderungsrechtlich nur unter der Voraussetzung rechtfertigen, dass der Auszubildende das alte Studium berufsqualifizierend abschließen will, falls er zum (neuen) Wunschstudium nicht zugelassen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.1990 - 5 C 45/87 -, BVerwGE 85, 194 [197]).

Diesen Anforderungen genügt der Kläger nicht. Zunächst hat er das Studium der Allgemeinen Informatik (erstmals) zu einem Zeitpunkt aufgenommen, als er vom Angebot der Hochschule im praxisorientierteren Studiengang der Wirtschaftsinformatik noch keine Kenntnis hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger wohl gewillt, den Studiengang Allgemeine Informatik berufsqualifizierend abzuschließen. Später stellte er dann - nach seinem eigenen Vorbringen - zweierlei fest: Zum einen einen Eignungsmangel in Bezug auf die technische Ausrichtung des Studiums der Allgemeinen Informatik und zum anderen den Neigungswandel, an derselben Fachhochschule Wirtschaftsinformatik studieren zu wollen. Ab diesem Zeitpunkt musste dem Kläger aber der Wille fehlen, das Studium der Allgemeinen Informatik berufsqualifizierend zu beenden. Denn er war der Überzeugung wegen der technischen Ausrichtung dieses Studiums und seinem Gesundheitszustand dort gerade keinen Studienabschluss schaffen zu können. Er studierte nur deshalb weiter, um die Wartezeit bis zu einer Zulassung zum Studium der Wirtschaftsinformatik zu überbrücken.

In diesem Fall helfen dem Kläger auch die zum so genannten Parkstudium entwickelten Grundsätze nicht weiter, nach denen einem Auszubildenden, der wegen hochschulrechtlicher Zulassungsbeschränkungen zu dem von ihm erstrebten Studium zunächst nicht zugelassen worden ist, zugebilligt wird, ein weniger neigungsgerechtes Studium zu beginnen und bis zum Ablauf des vierten Parkstudiensemesters - förderungsunschädlich - die Fachrichtung durch Übergang in das Wunschstudium zu wechseln (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.6.1989 - 5 C 42/88 -, BVerwGE 82, 163 [166 f.]). Zwar wird auch hier im Ergebnis die nutzlose Inanspruchnahme von Ausbildungskapazitäten in Kauf genommen; gerechtfertigt ist dies jedoch dadurch, dass der Auszubildende das Parkstudium als ernsthaftes Alternativstudium mit dem Willen zum berufsqualifizierenden Abschluss betreibt für den Fall, dass er zum Wunschstudium nicht oder zu spät zugelassen werde (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.1990 - 5 C 45/87 -, BVerwGE 85, 194 [199]; Urt. v. 22.6.1989 - 5 C 42/88 -, BVerwGE 82, 163 [165]). Daran fehlt es aber wie bereits dargelegt. Der Kläger sah sich bereits nach dem zweiten Fachsemester im Studiengang Allgemeine Informatik nicht in der Lage, dieses Studium mit Erfolg abzuschließen, weshalb er sich zum Studienwechsel entschied. In diesem Fall hätte er das Studium der Allgemeinen Informatik umgehend abbrechen müssen bzw. sich nicht wieder neu immatrikulieren dürfen und sich ggf. in einem anderen (Park-) Studiengang einschreiben müssen, bis er zum Studium der Wirtschaftsinformatik zugelassen worden wäre.

Der Kläger kann sich auch aus einem anderen Grund nicht darauf berufen, dass ein wichtiger Grund für seinen Studienwechsel vorgelegen habe. Denn er hat nach Feststellung seines Eignungsmangels und Neigungswandels nicht alles unternommen, um die Fachrichtung unverzüglich zu wechseln. Er hat sich lediglich in Dresden an der HWT um einen Studienplatz im Studiengang Wirtschaftsinformatik beworben, obwohl dieser Studiengang bekanntermaßen auch an einer Vielzahl anderer Fachhochschulen angeboten wird. Es wäre ihm aber möglich und zumutbar gewesen, sich nicht nur auf den Standort Dresden zu beschränken. Auch dies gehört zu einer verantwortungsbewussten, vorausschauenden und umsichtigen Planung sowie zur zügigen und zielstrebigen Durchführung seiner Ausbildung.

In der Person des Klägers ist auch kein unabweisbarer Grund nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 BAföG ersichtlich. Zwar liegt ein solcher in Form eines beachtlichen Eignungsmangels insbesondere dann vor, wenn die Fortsetzung der (Erst-) Ausbildung oder die spätere Berufsausübung unmöglich erscheint, weil bei dem Auszubildenden unerwartet körperliche oder gesundheitliche Schäden eingetreten sind. Hier hat der Kläger zwar seine gesundheitlichen Probleme dafür verantwortlich gemacht, dass er die beiden ersten Semester Allgemeine Informatik hat wiederholen müssen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass seine Gesundheit einen Abschluss dieses Studiums und eine spätere Tätigkeit als Allgemeininformatiker nicht zugelassen hätte.

Die Kostenentscheidung für das gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfreie Verfahren folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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