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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.05.2003
Aktenzeichen: 5 B 957/02
Rechtsgebiete: SächsWG, SächsKomZG


Vorschriften:

SächsWG § 63
SächsKomZG § 44 Abs. 1
Die Übertragung der Teilaufgabe "Schmutzwasserentsorgung" auf einen Zweckverband ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 5 B 957/02

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Abwasserbeitragsbescheid

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2003

am 21. Mai 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. November 2001 - 2 K 120/98 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem sie zu einem Abwasseranschlussbeitrag herangezogen werden. Sie sind Eigentümer des Grundstücks P. in 01561 N. (Gemarkung N. , Flurstück Nr. G1 ).

Mit Bescheid vom 4.8.1997 zog der Beklagte die Kläger zu einem Abwasseranschlussbeitrag in Höhe 4.357,08 DM heran. Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9.12.1997 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei und die Kläger nicht in ihren Rechten verletze.

Am 12.1.1998 erhoben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Dresden und beantragten die Aufhebung des Bescheids vom 4.8.1997 und des Widerspruchsbescheids vom 9.12.1997. Zur Begründung trugen sie vor: Die dem Beitragsbescheid zu Grunde gelegte Satzung des Beklagten sei nichtig. Der Abwasserzweckverband Steinbach-Kalkreuth sei nicht wirksam gegründet worden. Die Voraussetzungen für die Gründung hätten nicht vorgelegen. Die Globalberechnung sei fehlerhaft. Die Satzung sei ferner auch deshalb nichtig, weil sie nicht zwischen einer Schmutz- und Regenwasserentsorgung unterscheide.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Zur Begründung trug er vor, dass der Abwasserzweckverband wirksam gegründet worden sei und die Abwasserbeitragssatzung keine Rechtsfehler aufweise.

Mit Urteil vom 27.11.2001 hob das Verwaltungsgericht Dresden den Bescheid des Beklagten vom 4.8.1997 auf. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Der Abwasserbeitragsbescheid sei rechtswidrig, weil der Abwasserzweckverband nicht wirksam gegründet worden sei und ihm deshalb sowohl die Satzungshoheit als auch die Befugnis zum Erlass von Verwaltungsakten fehle. Die Verbandssatzung von 1992 sei nichtig, weil die Vorschrift des § 15 Abs. 2 über die Auflösung des Verbandes durch die Bezugnahme auf den nicht existierenden Absatz 2 des § 2 unklar sei. Es handle sich dabei nicht um ein bloßes Redaktionsversehen, wie sich aus den beiden Überarbeitungen der Verbandssatzung ergebe, in denen der Fehler fortgeführt worden sei. Für den Fall, dass § 15 Abs. 2 der Satzung dahingehend zu verstehen sei, dass er auf § 3 Abs. 2 der Satzung verweise, führe dies ebenfalls zur Unwirksamkeit der Verbandsgründung. Der in dieser Vorschrift genannte Maßstab der "angegebenen Abwassermengen von Einwohnern (E) und Einwohnergleichwerten (EWG)" sei in sich widersprüchlich. Es werde nicht hinreichend deutlich, ob es sich bei dem Begriff der Einwohnergleichwerte um einen aus Einwohnern und Einwohnergleichwerten kombinierten Wert oder mal um das eine und mal um das andere handle. Das gleiche gelte auch für die Änderungen der Verbandssatzung im Jahre 1994 und 1999. Die Verbandssatzung 1999 sei zudem nichtig, weil die Mitgliedsgemeinden dem Beklagten lediglich die Schmutzwasserentsorgung nicht aber auch die Niederschlagswasserbeseitigung übertragen habe. Dies sei mit den Vorschriften des Sächsischen Wassergesetzes nicht vereinbar.

Mit Beschluss vom 28.11.2002 (5 B 455/02) ließ der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden zu.

Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Die Übertragung lediglich eines Teils der Abwasserbeseitigungspflicht auf den Beklagten sei mit dem Sächsischen Wassergesetz vereinbar. So sei in § 63 Abs. 2 SächsWG die Rede von den Abwasserbeseitigungspflichtigen. Daraus folge, dass der Gesetzgeber nicht nur einen Abwasserbeseitigungspflichtigen bestimmt habe. § 63 Abs. 3 Satz 2 SächsWG verwende nicht den Begriff einer einheitlichen Aufgabe, sondern spreche vielmehr von den Aufgaben. § 60 Abs. 3 SächsKomZG regle die Abgabenhoheit eines Zweckverbandes für die auf ihn übertragenen Aufgaben.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 27. November 2001 - 2 K 120/98 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die zur Sache gehörenden Akten des Beklagten (1 Heftung) und die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts (2 K 120/98) vor. Auf sie sowie auf die Gerichtsakten des Zulassungs- und Berufungsverfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Klage der Kläger den angefochtenen Abwasserbeitragsbescheid und den Widerspruchsbescheid aufgehoben. Diese sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Abwasserbeitragsbescheid beruht auf einer fehlerhaften und damit nichtigen Satzung, weil der Beklagte als Zweckverband nicht wirksam gegründet wurde und ihm somit die Satzungskompetenz und die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes fehlt.

Der Beklagte ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft weder vor noch nach dem In-Kraft-Treten des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit (SächsKomZG) am 22.9.1993 wirksam entstanden.

Die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Für die Gründung eines Abwasserzweckverbandes als öffentlich-rechtliche Körperschaft bestand im Freistaat Sachsen auch vor dem In-Kraft-Treten des SächsKomZG am 22.9.1993 eine hinreichende gesetzliche Grundlage (SächsOVG, NK-Urteil vom 9.9.1998 - 2 S 382/95 - SächsVBl. 1999, 14). Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Die Gründungsmängel sind auch nicht geheilt.

Vor dem In-Kraft-Treten des SächsKomZG konnten im Freistaat Sachsen Gemeinden Zweckverbände als öffentlich-rechtliche Körperschaften mit Satzungsbefugnis auf der Grundlage des § 61 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17.5.1990 (GBl. I S. 255, im Folgenden: KommVerf) gründen. Auf der Grundlage dieser Vorschrift ist der Beklagte jedoch nicht wirksam entstanden.

Nach § 61 Abs. 2 KommVerf beschließen die Gemeindevertretungen über das Statut, die mittels des Zwecksverbandes zu lösenden Aufgaben und die dafür zur Verfügung stellenden Mittel. Diese Norm bestimmt die Mindestvoraussetzungen, die vorliegen müssen, um einen Zweckverband entstehen zu lassen. Für das Statut versteht sich dies von selbst, weil eine Körperschaft ohne organschaftliche Verfassung nicht funktionsfähig wäre. Dies gilt auch für die Bestimmung der zur Verfügung zu stellenden Mittel. Es ist nicht in das Belieben der Gründungsmitglieder gestellt, ob eine Regelung zur finanziellen Ausstattung des Zweckverbandes getroffen werden soll oder nicht. Dagegen spricht schon die Nennung dieses Gegenstandes neben derjenigen zur Bestimmung des Statuts. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, welchen anderen Zweck § 61 Abs. 2 KommVerf haben sollte als denjenigen, den notwendigen Inhalt der Zwecksverbandsvereinbarung zu bestimmen, zumal die innergemeindliche Zuständigkeit der Gemeindevertretung bereits in § 21 Abs. 3 Buchst. o) KommVerf geregelt ist.

§ 61 Abs. 2 KommVerf verlangt allerdings nicht eine betragsmäßige Ausweisung der von den einzelnen Mitgliedsgemeinden zu stellenden Mittel. Eine solche - dem Wortlaut der Norm nach zunächst naheliegende - Auslegung wäre realitätsfern, weil der finanzielle Bedarf eines Zweckverbandes nicht statisch, sondern Veränderungen unterworfen ist. Zweck der Vorschrift ist es, der Gemeinde bzw. der Gemeindevertretung die Einschätzung zu ermöglichen, in welchem Maß die Gemeinde finanziell für den Zweckverband einzustehen hat (SächsOVG, a.a.O. [16]). Dies setzt zumindest eine hinreichend bestimmte Regelung zum Umlagemaßstab voraus. Daran fehlt es hier.

Der den Gemeindevertretungen zur Zeit ihrer Beitritts- und Zustimmungsbeschlüsse im Jahre 1992 vorliegende Satzungstext enthält allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts eine eindeutige Regelung dazu, in welchem Umfang die einzelnen Gemeinden dem Zweckverband Mittel zur Verfügung zu stellen haben. Nach § 12 Abs. 3 dieses Textes sollte der nicht durch Landesbeihilfen, anderweitigen Einnahmen und Kredite gedeckte Finanzbedarf zur Errichtung, Erweiterung und Erneuerung der Gemeinschaftsanlagen durch Umlagen gedeckt werden. Diese Umlagen sollten nach den in § 3 Abs. 2 dieses Textes festgelegten Anteilen der Verbandsmitglieder am Zweckverband gemessen werden. § 3 Abs. 2 des Textes lautet:

"Zum Einzugsgebiet zählen die nachstehenden Gemeinden mit den angegebenen Abwassermengen von Einwohnern (E) und Einwohnergleichwerten (EGW)

Gemeinde Steinbach = 1.500

Beiersdorf = 654

Bieberach = 300

Freitelsdorf-Cunnersdorf = 565

Folbern = 700

Kalkreuth = 1.236

Lamperswalde = 1.600

Naunhof = 930

Quersa-Brockwitz = 650

Reinersdorf = 350

Rödern = 830

Weßnitz (OT Göhra) = 150

Skäßchen = 900

Oelsnitz-Niegeroda = 300

Ebersbach = 1.500"

Den Begriff der "Anteile" in § 12 Abs. 3 des Textes definiert § 3 Abs. 2 nicht näher. Ob nun der Anteil an Einwohnern an der Gesamteinwohnerzahl im Verbandsgebiet oder aber der Anteil der Einwohnergleichwerte an der Gesamteinwohnerzahl im Verbandsgebiet oder aber der Anteil der Einwohnergleichwerte der jeweiligen Gemeinde an der Summe der Einwohnergleichwerte maßgebend sein soll, lässt sich § 12 Abs. 3 nicht entnehmen. Dies führt hingegen nicht zu dem notwendigen Schluss, dass mit der Bezugnahme auf zwei unterschiedliche Kriterien ein unüberbrückbarer Widerspruch hinsichtlich der Bestimmung und Bestimmbarkeit der den Verbandsmitgliedern zuzurechnenden Anteile anzunehmen ist. Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 zwingt nicht zu dem Verständnis einer sich gegenseitig ausschließenden Bezugnahme auf die Einwohner wie die Einwohnergleichwerte. Die gewählte Regelung lässt sich ohne Weiteres dahingehend verstehen, dass die Summe des gestatteten Abwassers anhand der jeweiligen Einwohnerzahl zuzüglich der gestatteten Einwohnergleichwerte den "Anteilen der Verbandsmitglieder am Zweckverband" im Sinne von § 12 Abs. 3 darstellen soll. Dieses Verständnis liegt auch nahe, da durch die Einwohnergleichwerte die nicht durch die "Einwohner" verursachten Abwassermengen erfasst werden sollen, es sich also um gegenseitig ergänzende Bezugsgrößen handelt, welche - erst - durch den Begriff "Einwohnerwertes (EW)" üblicherweise zu einer Gesamtsumme zusammengezogen werden. Der Sache nach meint § 12 Abs. 3 mit seiner Bezugnahme auf § 3 Abs. 2, dass die Umlagen entsprechend den auf die jeweilige Mitgliedsgemeinde anfallenden Einwohnerwert an den gestatteten Abwassermengen gemessen wird. Damit liegt eine hinreichend klare Regelung zur Heranziehung der einzelnen Verbandsmitglieder zu den Kosten des Zweckverbandes vor (vgl. SächsOVG, Urteil vom 15.11.2001 - 5 B 700/00).

Die am 3.9.1992 ausgefertigte Satzung des Abwasserzweckverbands Steinbach-Kalkreuth (im folgenden: Verbandssatzung 1992) ist jedoch deshalb nichtig, weil der Inhalt der amtlichen Bekanntmachung des Satzungstextes nicht mit dem Inhalt der am 3.9.1992 ausgefertigten Satzung übereinstimmt. In dem Satzungstext der Bekanntmachung ist in § 3 Abs. 2 hinter den jeweils den Mitgliedsgemeinden zugeordneten Zahlen die Bezeichnung "EGW" enthalten. Dies hat zur Folge, dass in der bekannt gemachten Satzungsfassung eine hinreichende Regelung des Umlagemaßstabes nicht enthalten ist. Diesem Satzungstext kann nicht näher entnommen werden, dass es sich bei den "Einwohnern" und "Einwohnergleichwerten" um sich gegenseitig ergänzende Bezugsgrößen handelt. Es besteht somit eine inhaltliche Diskrepanz zwischen der ausgefertigten und der bekannt gemachten Verbandssatzung 1992, soweit es die Regelung des § 3 Abs. 3 geht. Dieser Fehler hat zur Folge, dass der Abwasserweckverband nicht wirksam gegründet wurde.

Der dargestellte Gründungsmangel ist nicht nach Art 2 Abs. 1 Heilungsgesetz unbeachtlich. Danach kann zwar eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften geheilt sein. Die nach § 61 Abs. 2 KommVerf zum notwendigen Mindestinhalt einer Verbandssatzung gehörende Regelung über die dem Zweckverband zur Verfügung zu stellenden Mittel stellt eine materielle Anforderung dar und unterfällt damit nicht dem Art. 2 Abs. 1 Heilungsgesetz. Dies gilt auch dann, wenn zwar der den Gemeindevertretungen der Mitgliedsgemeinden vorliegende Satzungstext eine ordnungsgemäße Umlageregelung enthält, der bekannt gemachte Satzungstext dagegen nicht. In einem solchen Fall kann nicht mehr die Rede davon sein, dass es sich bei diesem Fehler lediglich um einen Verfahrensfehler handelt, der einer Heilung zugänglich ist.

Ob darüber hinaus der Beklagte auch deshalb nicht wirksam gegründet wurde, weil die die Verteilung des Vermögens und der Verbindlichkeiten im Falle der Auflösung des Abwasserzweckverbandes regelnde Vorschrift des § 15 Abs. 2 der Verbandssatzung 1992 auf § 2 Abs. 2 und damit auf eine in der Verbandssatzung nicht existierende Vorschrift verweist, kann dahingestellt bleiben. Der Senat hat allerdings Bedenken an der Richtigkeit der insoweit vom Verwaltungsgericht gegebenen Begründung. Die Regelung der Verteilung des Vermögens und der Verbindlichkeiten im Falle der Auflösung des Abwasserzeckverbandes gehört nämlich nicht zu den in § 61 Abs. 2 KommVerf bestimmten Mindestvoraussetzungen, die vorliegen müssen, um einen Zweckverband wirksam entstehen zu lassen. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass ein Zweckverband auch dann wirksam gegründet wird, wenn die Verbandssatzung keine bzw. keine ordnungsgemäße Verteilungsregelung für den Fall der Verbandsauflösung enthält. Der Senat kann diese Frage aber offen lassen, da der Beklagte als Zweckverband bereits aus den oben genannten Gründen nicht wirksam gegründet wurde.

Eine Heilung der Verbandssatzung 1992 und damit des aufgezeigten Gründungsmangels ist durch nachfolgende Verbandssatzungen nicht erfolgt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine Heilung nicht durch die Satzung des Abwasserzweckverbandes "Steinbach-Kalkreuth" vom 28.7.1994 (im folgenden: Verbandssatzung 1994) eingetreten. Auch diese Satzung ist mit einem zur Nichtigkeit führenden Fehler behaftet. So ist die Regelung über die Auflösung des Zweckverbandes fehlerhaft. § 15 Abs. 2 Satz 1 der Verbandssatzung 1994 bestimmt, dass im Falle der Auflösung des Verbandes das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Verbandes auf die Verbandsmitglieder übergehen. Die Verteilung regelt § 15 Abs. 2 Satz 2 der Verbandssatzung 1994 wie folgt:

"Die Verteilung geschieht nach dem Kostenteilungsschlüssel gemäß § 2 Abs. 2".

Diese Verteilungsregelung ist fehlerhaft, weil sie auf eine Vorschrift Bezug nimmt, die es in der Verbandssatzung 1994 nicht gibt. § 2 der Verbandssatzung 1994 regelt lediglich, dass die Gemarkungen der Verbandsmitglieder das Verbandsgebiet regeln. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass es sich bei der fehlerhaften Bezugnahme nicht um ein Redaktionsversehen handelt. Es hat dies daraus hergeleitet, dass auch bei den weiteren beiden Überarbeitungen der Verbandssatzung dieser Fehler fortgesetzt wurde trotz Änderungen von sonstigen Formulierungen.

Eine Heilung der Verbandssatzung 1992 und damit der wirksamen Gründung des Beklagten ist auch nicht durch die von der Verbandsversammlung am 8.12.1999 beschlossene Neufassung der Verbandssatzung (im folgenden: Verbandssatzung 1999) erfolgt. Nach § 26 Abs. 5 der Verbandssatzung 1999 ist bei Auflösung oder Ausscheiden eines Verbandsmitgliedes der Umlagemaßstab gemäß § 2 Maßstab für die Berechnung der anteiligen Ansprüche und Verpflichtungen. Die in Bezug genommene Vorschrift des § 2 enthält Regelungen über die Verbandsmitglieder und das Verbandsgebiet, nicht dagegen einen Umlageschlüssel.

Die ordnungsgemäße Gründung eines Zweckverbandes nach dem In-Kraft-Treten des SächsKomZG setzt eine fehlerfreie Regelung der Abwicklung im Falle der Auflösung des Zweckverbandes voraus. Eine solche Regelung gehört zu den Mindestvoraussetzungen, die vorliegen müssen, um einen Zweckverband entstehen zu lassen. Nach § 11 Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. § 48 Satz 3 KomZG muss die Verbandssatzung die Abwicklung im Falle der Auflösung des Verwaltungsverbandes bestimmen. Fehlt es an einer solchen Regelung oder ist eine Regelung fehlerhaft, so ist der Zweckverband - wie im vorliegenden Fall - nicht wirksam gegründet. Der Senat braucht deshalb nicht der weiteren Frage nachzugehen, ob die Gemeindevertretungen übereinstimmende Beschlüsse über die Verbandssatzungen 1994 und 1999 gefasst haben.

Die Gründungsmängel sind auch nicht nach Art. 2 Abs. 1 Heilungsgesetz unbeachtlich. Danach kann zwar eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften geheilt sein. Die Regelung über die Abwicklung im Falle der Auflösung des Zweckverbandes ist jedoch eine materielle Anforderung an die Wirksamkeit der Zweckverbandsgründung und unterfällt damit nicht Art. 2 Abs. 1 Heilungsgesetz.

Mangels einer wirksamen Gründung des Beklagten durfte dieser somit weder die dem Abwasserbeitragsbescheid zu Grunde gelegte Abwasserbeitragssatzung des Beklagten vom 13.12.1994 noch den angefochtenen Abwasserbeitragsbescheid erlassen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Verbandssatzung 1999 nicht deshalb nichtig, weil die Mitgliedsgemeinden dem Abwasserzweckverband lediglich einen Teil der Aufgabe der Abwasserbeseitigung übertragen haben. § 3 Abs. 1 der Verbandssatzung 1999 bestimmt, dass dem Verband die Aufgaben der Abwasserbeseitigung gemäß § 63 Abs. 1 - 3 des SächsWG vom 21.7.1998 obliegt, soweit es sich bei dem zu beseitigenden Abwasser um Schmutzwasser im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 1 SächsWG handelt. In diesem Umfang haben die in § 1 der Verbandssatzung 1999 genannten Mitglieder des Zweckverbandes die ihnen nach § 63 Abs. 2 SächsWG obliegende Aufgabe der Abwasserbeseitigung an den Zweckverband übertragen. Die Aufgabe der Beseitigung von Niederschlagswasser verbleibt bei den Verbandsmitgliedern. Diese Regelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 SächsWG obliegt die Abwasserbeseitigung den Gemeinden. Die Abwasserbeseitigung umfasst nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SächsWG das Sammeln, Behandeln, Ableiten, Verregnen, Verrieseln und Versickern von Abwasser sowie das Stabilisieren und Entwässern von Klärschlamm aus der Abwasserbehandlung. Die Pflicht zur Abwasserbeseitigung stellt somit eine Aufgabe der Gemeinden dar. Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass diese Aufgabe nur insgesamt und nicht zum Teil auf einen Zweckverband übertragen werden darf.

Die Wahrnehmung der Abwasserbeseitigungsaufgabe durch Dritte ist in § 63 Abs. 3 und 4 SächsWG geregelt. Nach § 63 Abs. 3 Satz 1 SächsWG können sich die Beseitigungspflichtigen zur Erfüllung ihrer Pflicht nach § 63 Abs. 2 SächsWG auch Dritter bedienen. Die Vorschrift regelt somit die Erfüllung der weiterhin der Gemeinde obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht. In diesen Fällen geht die Abwasserbeseitigungspflicht nicht auf den Dritten über, sondern verbleibt bei der Gemeinde.

Nach § 63 Abs. 3 Satz 2 SächsWG geht bei Übertragung der Aufgaben auf Körperschaften des öffentlichen Rechts die Abwasserbeseitigungspflicht auf diese über. Auch wenn diese Vorschrift von ihrem Wortlaut her die Übertragung von Aufgaben und nicht von Teilen von Aufgaben regelt, kann sie nicht dahingehend verstanden werden, dass die Abwasserbeseitigungspflicht nur in vollem Umfang auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechts übertragen werden darf. Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich insbesondere nicht aus § 63 Abs. 4 Satz 1 SächsWG. Nach dieser Vorschrift kann eine nach § 63 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 2 SächsWG abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft nach Beteiligung der zuständigen Wasserbehörde ihre Abwasserbeseitigungspflicht nach Absatz 1 ganz oder teilweise befristet und widerruflich auf Personen des Privatrechts übertragen, wenn dem keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen und die Anforderungen einer Verordnung nach Satz 3 erfüllt sind. Dabei ist gemäß § 63 Abs. 4 Satz 2 SächsWG die Übertragung nur zulässig, wenn die Fachkunde und Zuverlässigkeit des Übernehmers der Aufgabe in geeigneter Weise nachgewiesen ist und die dauerhafte Aufgabenfüllung gewährleistet ist. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber somit die Möglichkeit geschaffen, die Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde über die Möglichkeit der Übertragung auf eine öffentlich-rechtliche Körperschaft hinaus ganz oder teilweise auf eine Person des Privatrechts zu übertragen. Diese Übertragung hat der Gesetzgeber von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht, die über die bei einer Übertragung auf eine öffentlich-rechtliche Körperschaft zu prüfenden Voraussetzungen hinausgehen. Der Gesetzgeber hat also mit dieser Regelung die Möglichkeit einer Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht dergestalt erweitert, dass diese nicht nur auf eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, sondern auch auf eine Person des Privatrechts rechtlich möglich ist. Der Hinweis auf eine ganze oder teilweise Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht dient dabei lediglich der Klarstellung. Er kann nach Auffassung des Senats nicht so verstanden werden, dass er bei der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf eine Person des Privatrechts diese Möglichkeit gegenüber der Übertragung auf eine öffentlich-rechtliche Körperschaft dahingehend erweitern wollte, dass er in diesen Fällen eine ansonsten nicht zulässige teilweise Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht für zulässig erklärt. Es sind nämlich keine überzeugenden Gesichtspunkte dafür ersichtlich, die teilweise Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf eine Person des Privatrechts zuzulassen, dagegen die Übertragung auf eine öffentlich-rechtliche Körperschaft davon abhängig zu machen, dass nur die gesamte Aufgabe der Abwasserbeseitigung auf diese übertragen wird.

Der Zulässigkeit einer nur teilweisen Übertragung der Abwasserbeseitigungsaufgabe steht die Rechtsprechung des erkennenden Senats zum Einrichtungsbegriff (vgl. Urteil vom 3.4.2001 - 5 D 665/99 -) nicht entgegen. Nach dieser Rechtsprechung setzt § 9 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG zunächst einen gedachten § 9 Abs. 1 SächsKAG voraus, dem zu Folge technisch zusammenhängende Anlagen, die der Erfüllung der selben Aufgabe dienen, eine Einrichtung bilden, bei der Gebühren bzw. Beiträge (§ 17 Abs. 4 SächsKAG) nach einheitlichen Sätzen erhoben werden. Im Bereich der Abwasseranlagen besteht die Aufgabe der Anlagen in der Entsorgung des auf den Grundstücken des Abgabengebietes anfallenden Schmutz- und Niederschlagswassers. Hierbei handelt es sich um dieselbe Aufgabe (SächsOVG, Beschl. v. 25.2.1998, SächsVBl. 1998, 141 [142]). Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 1 SächsGemO sowie § 63 Abs. 2 Satz 1 SächsWG, § 62 Abs. 1 Satz 1 SächsWG. Der Erfüllung dieser - einheitlichen - Aufgabe dient eine Einrichtung stets dann, wenn die angeschlossenen oder anschließbaren Grundstücke im Beitragsgebiet die Möglichkeit der Inanspruchnahme der gesamten Aufgabenerfüllung haben. Dies setzt voraus, dass die Grundstücke sowohl ihr Schmutzwasser als auch ihr Niederschlagswasser über diese Einrichtung bereits derzeit oder zumindest aufgrund der der Globalberechnung zugrunde liegenden Planung zukünftig entsorgen lassen können. Es fehlt deshalb an einer der so verstandenen gesamten Aufgabenerfüllung dienenden Einrichtung, wenn durch sie lediglich die Möglichkeit zur Inanspruchnahme eines Teils der Aufgabe, etwa in Gestalt der bloßen Schmutzwasserentsorgung, vermittelt werden soll.

Dass die Erfüllung der Aufgabe "Abwasserentsorgung" nicht ohne Berücksichtigung ihrer beiden Teilelemente Schmutzwasserbeseitigung und Niederschlagswasserbeseitigung verstanden werden kann, ergibt sich auch aus dem - beitragsrechtlichen - Vorteilsbegriff des § 18 Abs. 1 SächsKAG. Dieser ist grundstücksbezogen und liegt in der Verschaffung der Anschlussmöglichkeit an eine Einrichtung (SächsOVG, Urt. v. 21.10.1999, SächsVBl. 2000, 65 [67]). Durch die Verschaffung der Anschlussmöglichkeiten an eine Einrichtung verbessert sich hingegen die bauliche und sonstige Nutzbarkeit nicht in gleichsam abstrakt in Gestalt der Möglichkeit zur "Abwasserentsorgung". Der verschaffte Vorteil gliedert sich vielmehr auf in die Möglichkeit der Schmutzwasser- und der Niederschlagswasserentsorgung. So wie die Schmutzwasserentsorgung die Ausnutzbarkeit des Grundstücks spezifisch steigert, verschafft auch die Niederschlagswasserentsorgung einen spezifischen Vorteil. Dieser liegt - im Unterschied zur Schmutzwasserentsorgung - in dem Umstand, dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit zur Veränderung oder Intensivierung der Nutzung des Grundstücks ohne Rücksicht auf die Entsorgung des Niederschlagswassers zu verschaffen (SächsOVG Beschl. v. 25.2.1998, a.a.O.). An diesem Vorteilsbestandteil fehlt es hingegen, wenn die Verschaffung eines Anschlusses an die Niederschlagswasserentsorgung selbst nach der Planung des Satzungsgebers nicht beabsichtigt ist.

Dienen technische Anlagen in unterschiedlichem Umfang derselben Aufgabe, so bilden sie nicht eine Einrichtung im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG. Dies bedeutet, dass die technischen Anlagen eine selbständige Einrichtung bilden, die der Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung dienen und des weiteren die technischen Anlagen eine selbständige Einrichtung bilden, die nur der Schmutzwasserentsorgung dienen. Werden die Grundstücke im Satzungsgebiet des Abwasserbeseitigungspflichtigen in dem vorgenannten unterschiedlichen Umfang entsorgt, so hat er zwei Einrichtungen zu bilden.

Die vorstehend dargestellte Rechtsprechung des erkennenden Senats steht der in Streit stehenden Regelung in der Verbandssatzung 1999 nicht entgegen. Wird - wie im vorliegenden Fall - die Aufgabe der Abwasserbeseitigung lediglich insoweit auf den Zweckverband übertragen, als es sich um die Schmutzwasserbeseitigung handelt, die Niederschlagswasserbeseitigung dagegen bei den Mitgliedsgemeinden verbleibt, so führt dies nicht zu einem Verstoß gegen Vorteilsgrundsatz des § 18 Abs. 1 SächsKAG. Eine solche Aufgabenverteilung führt nämlich im Ergebnis zu einer die unterschiedlichen Vorteile berücksichtigenden Beitrags- und Gebührengestaltung. Werden die der Niederschlagswasserentsorgung dienenden Anlagen und Anlagenteile durch von den Mitgliedsgemeinden zu erhebende Beiträge finanziert, so führt dies bei einer Gesamtschau zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen. Der Eigentümer eines schmutz- und niederschlagswasserentsorgten Grundstücks wird zu höheren Beiträgen herangezogen als der Eigentümer eines nur schmutzwasserentsorgten Grundstücks. Damit ist dem Anliegen des erkennenden Senats Genüge getan, im Hinblick auf den unterschiedlichen Entsorgungsvorteil unterschiedliche Beitragssätze satzungsrechtlich zu bestimmen.

Der Übertragung nur eines Teils der Abwasserbeseitigungsaufgabe steht auch nicht § 44 Abs. 1 SächsKomZG entgegen. Danach können sich Gemeinden, Verwaltungsverbände, Landkreise und Zweckverbände zu einem Zweckverband zusammenschließen, um bestimmte Aufgaben, zu deren Durchführung sie berechtigt oder verpflichtet sind, für alle oder einzelne gemeinsam zu erfüllen (Freiverband) oder zur Erfüllung von Pflichtaufgaben zu einem Zweckverband zusammengeschlossen werden (Pflichtverband). Auch wenn diese Vorschrift nur von Aufgaben und nicht von Teilen von Aufgaben spricht, kann sie nicht dahingehend verstanden werden, dass eine Aufgabe nur in ihrer Gesamtheit auf einen Zweckverband übertragen werden darf. Eine solche Auslegung wäre mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 84 SächsVerf) nicht vereinbar. Dieses Recht der kommunalen Selbstverwaltung räumt den Gemeinden die Freiheit ein, unterscheidbare Bereiche und damit Teile einer Aufgabe selbst zu definieren und auf einen Zweckverband zu übertragen. Dass es sich bei der Aufgabe der Schmutzwasserbeseitigung und der Niederschlagswasserbeseitigung um verschiedene Aufgabenbereiche handelt, ergibt sich aus § 63 Abs. 1 Satz 1 SächsWG i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 1 SächsWG. Nach der letztgenannten Vorschrift sind Abwasser im Sinne des Sächsischen Wassergesetzes das durch Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser (Schmutzwasser), das aus dem Bereich von bebauten oder künstlich befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser aus Niederschlägen (Niederschlagswasser) sowie das sonstige in Abwasseranlagen mit Schmutzwasser oder Niederschlagswasser fließende Wasser. Diese Unterscheidung und die in § 63 Abs. 1 Satz 1 SächsWG aufgezählten Teile der Abwasserbeseitigung lassen die Definition unterschiedlicher Aufgabenbereiche der Abwasserbeseitigung in die Schmutzwasserentsorgung zum einen und die Niederschlagswasserentsorgung zum anderen rechtlich zu.

Da der Beklagte aber aus anderen Gründe nicht wirksam gegründet wurde und der angefochtene Abwasserbeitragsbescheid deshalb rechtswidrig ist, ist die Berufung des Beklagten gegen das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 21. Mai 2003

Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG auf 2.227,74 € (4.357,08 DM) festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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