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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.02.2007
Aktenzeichen: 5 BS 307/06
Rechtsgebiete: SächsKAG, AO
Vorschriften:
SächsKAG § 17 Abs. 1 Satz 1 | |
AO § 119 Abs. 1 | |
AO § 157 Abs. 1 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 5 BS 307/06
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Abwasseranschlussbeitrag; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und die Richterin am Verwaltungsgericht Düvelshaupt
am 9. Februar 2007
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 7. November 2006 - 12 K 2582/05 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 9.962,83 € festgesetzt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 7. November 2006 hat keinen Erfolg.
Der Vortrag des Antragsgegners, auf den nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein einzugehen ist, rechtfertigt keine Änderung des angegriffenen Beschlusses.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, mit dem es die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen Bescheide des Antragsgegners angeordnet hat, ausgeführt, mit den Bescheiden habe der Antragsgegner die Antragsteller zu einem Abwasserbeitrag nicht für Buchgrundstücke, sondern nur für Teile von Buchgrundstücken, nämlich einzelne Flurstücke, herangezogen. Nur diese Flurstücke seien in den Bescheiden erwähnt und auch nur sie seien in den den Bescheiden beigefügten Lageplänen gekennzeichnet worden. Dass nur das jeweils ausdrücklich bezeichnete Flurstück für die Berechnung des Beitrages betrachtet worden sei, ergebe sich auch daraus, dass der Antragsgegner eine Teilflächenabgrenzung in Bezug auf einzelne Flurstücke, nicht jedoch das gesamte Grundstück vorgenommen habe. Eine Auslegung dergestalt, dass die Beitragsfestsetzungen in den Bescheiden jeweils zugleich für weitere Flurstücke erfolgt seien, komme deshalb nicht in Betracht. Ob die Antragsteller im Ergebnis zu einer zu hohen Beitragssumme herangezogen würden oder nicht, müsse zumindest im Eilverfahren offen bleiben.
Der Antragsgegner wendet hiergegen ein, dass auch Teilflächen der Beitragspflicht unterlägen. Zudem habe er zumindest im Ergebnis jeweils das gesamte Buchgrundstück berücksichtigt. Nur die mit den angegriffenen Bescheiden als beitragspflichtig herangezogenen Flächen könnten an die öffentliche Einrichtung angeschlossen werden. Die Fläche des gesamten Buchgrundstückes ergebe sich aus der Zusammenfassung der einzelnen Flurstücke. Dies lasse erkennen, dass das gesamte Buchgrundstück veranlagt worden sei. Das Verwaltungsgericht hätte die Frage, ob im Ergebnis die richtige Fläche bestimmt wurde oder nicht, im Eilverfahren nicht offen lassen dürfen.
Diese Einwendungen greifen nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung des Senates setzt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Hauptsacherechtsbehelfes gegen einen Abgabenbescheid nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO voraus, dass dieser bei summarischer Prüfung rechtswidrig erscheint und damit ein Erfolg des Rechtsbehelfes in der Hauptsache wahrscheinlicher als ein Misserfolg ist (SächsOVG, Beschl. v. 28.7.2003, SächsVBl. 2004, 34). Hier wird der Hauptsacherechtsbehelf der Antragsteller voraussichtlich schon deshalb Erfolg haben, weil der Antragsgegner in den angegriffenen Bescheiden nicht die gesamten Buchgrundstücke, sondern nur einzelne Flurstücke oder Teile von ihnen veranlagt hat. Dies steht im Widerspruch zu § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG sowie dem abgabenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und führt zur Rechtswidrigkeit der Bescheide.
Nach ständiger Rechtsprechung ist im Erschließungsbeitragsrecht ebenso wie im Baurecht regelmäßig von dem bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen. Abweichungen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff sind nur dann zulässig, wenn es nach dem Inhalt und Sinn des Erschließungsbeitragsrechts gröblich unangemessen wäre, den bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zugrunde zu legen, z.B. weil das Buchgrundstück etwa bei unzureichender Größe allein nicht bebaubar wäre, zusammen mit angrenzenden Grundstücken desselben Eigentümers jedoch ohne weiteres baulich angemessen genutzt werden darf (BVerwG, Urt. v. 16.9.1998 - 8 C 8.97 - zitiert nach juris; SächsOVG, Beschl. v. 15.10.2004 - 5 BS 267/03 -; BayVGH Beschl. v. 18.12.2006 - 6 ZB 05.672 - zitiert nach juris; jeweils zu Erschließungsbeiträgen nach dem BauGB; NdsOVG, Urt. v. 26.4.1989 - 9 L 7/89 -; OVG NW, Beschl. v. 27.2.1989 - 3 A 645/85 - zitiert nach juris; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 30.10.1989, NVwZ 1990, 399; NdsOVG, Urt. v. 12.12.1989, NVwZ 1990, 590). Die "Zerlegung" auch eines großen Buchgrundstücks in mehrere Einheiten ist ausgeschlossen (NdsOVG, Urt. v. 26.4.1989 - 9 L 7/89 - zitiert nach juris; Klausing in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 1019). Für Abwasseranschlussbeiträge gilt nichts anderes.
Hier hat der Antragsgegner die Antragsteller zu einzelnen Flurstücken und damit Teilflächen von Buchgrundstücken herangezogen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der angegriffenen Bescheide. In den Bescheiden selbst findet sich auch bei wohlwollender Auslegung keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass Beiträge nicht nur für die dort bezeichneten einzelnen Flurstücke, sondern für das gesamte Buchgrundstück erhoben werden sollen. Dies ist mit dem abgabenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, Nr. 4 Buchst. c SächsKAG i.V.m. § 119 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 AO) nicht vereinbar. Für die Adressaten der Bescheide ist aus den Bescheiden nicht erkennbar, ob sie nur hinsichtlich der dort bezeichneten Flurstücke zu Abwasseranschlussbeiträgen herangezogen werden sollen oder ob später noch gesonderte Bescheide für die übrigen Flurstücke des Buchgrundstückes ergehen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Beitrag nach § 24 SächsKAG als öffentliche Last auf dem Grundstück, dem Nutzungsrecht oder dem Wohnungs- und Teileigentum lastet. Würden Beiträge nur für Grundstücksteile erhoben, wäre unklar, ob der Beitrag gleichwohl als öffentliche Last auf dem Gesamtgrundstück oder nur der Teilfläche lasten würde. Dafür, dass es hier gröblich unangemessen wäre, das Buchgrundstück zugrunde zu legen, ist weder etwas vorgetragen noch ist dies sonst erkennbar.
Auf die vom Verwaltungsgericht und dem Antragsgegner aufgeworfene Frage, ob die Flächenbestimmung und die Beitragsfestsetzung - eine Veranlagung des gesamten Buchgrundstückes unterstellt - im Ergebnis richtig ist, kommt es deshalb nicht mehr an.
Der Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 KAG sowie das Bestimmtheitsgebot ist bislang auch nicht geheilt worden. Die Erklärung des Antragsgegners im gerichtlichen Eilverfahren reicht hierzu nicht aus. Es müssten vielmehr Änderungsbescheide erlassen werden, aus denen eindeutig hervorgeht, für welche Buchgrundstücke welche Beiträge erhoben werden und welche Teilflächen gegebenenfalls abgegrenzt wurden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 2 sowie § 52 Abs. 3 GKG. Der Senat berücksichtigt dabei Nummer 3.1 und 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., Anh. § 164).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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