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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 15.12.2003
Aktenzeichen: 5 BS 399/02
Rechtsgebiete: SächsKAG
Vorschriften:
SächsKAG § 19 Abs. 1 | |
SächsKAG § 21 Abs. 1 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: 5 BS 399/02
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Abwasserbeitrags; Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
hier: Beschwerde
hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik
am 15. Dezember 2003
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6. September 2002 - 7 K 878/02 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 60.816,94 € festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 6.9.2002 ist zulässig, aber sachlich nicht begründet. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe rechtfertigen keine Änderung des Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (7 K 1493/01) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.2.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Bautzen vom 31.5.2001, soweit ein Abwasserbeitrag von mehr als 75.199,98 DM festgesetzt worden ist, abgelehnt hat.
Die Antragstellerin betreibt auf dem Grundstück mit den Flurstücksnummern G1. und G2. der Gemarkung G. ein Sprengstoffwerk. Die Antragsgegnerin setzte den Abwasserbeitrag mit dem teilweise angefochtenen Bescheid auf 550.990,40 DM fest. Dabei legte sie eine Gesamtnutzungsfläche von 117.232 m² und einen Beitragssatz von 4,70 DM/m² zugrunde. Die Gesamtnutzungsfläche setzte sich aus einem mit dem Nutzungsfaktor 2 (für eine dreigeschossige Bebaubarkeit) multiplizierten Teil der Grundstücksfläche im unbeplanten Innenbereich (54.852,50 m²) und der bebauten Grundstücksfläche im Außenbereich (7.527 m²) zusammen. Die weitere Fläche von 67.675 m² blieb aus Billigkeitsgründen im Hinblick auf die erhebliche Gesamtgröße des Grundstücks außer Ansatz. Die Antragstellerin machte geltend, dass zusätzliche Teilflächen nach § 19 Abs. 1 SächsKAG unberücksichtigt bleiben müssten, welche nur die Funktion von Schutzzonen nach dem Sprengstoffgesetz in Verbindung mit der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz hätten und nicht wirtschaftlich nutzbar seien.
Das Verwaltungsgericht hat in dem angegriffenen Beschluss ausgeführt, die Schutzzonen würden für eine ordnungsgemäße Nutzung des Grundstücks benötigt. Ohne diese Flächen wäre seine Nutzung zum Betrieb des Sprengstoffwerks unzulässig. Darin liege ein Unterschied zum Fall der bergbaurechtlichen Nutzung eines Grundstück, bei dem eine Teilflächenabgrenzung in Betracht komme. Denn in jenem Fall könne die Ausbeutung dazu führen, dass die Nutzung auf Dauer ausgeschlossen sei.
Die Antragstellerin wendet dagegen ein, sie müsse eine abnorm große Grundstücksfläche bereitstellen, um die rechtlich festgelegten Schutz- und Abstandszonen einhalten zu können. Diese Teilflächen seien nicht baulich oder gewerblich nutzbar, so dass ihnen durch die Möglichkeit des Anschlusses an die öffentliche Abwasserbeseitigung kein Vorteil zuwachse. Das habe die Antragsgegnerin zu Recht für drei an das Grundstück der Antragstellerin angrenzende Grundstücke anderer Eigentümer angenommen, die nach der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz nicht mit Wohnhäusern bebaubar seien. Gleiches müsse für die betreffenden Teilflächen des Grundstücks der Antragstellerin selbst gelten. Das folge zudem aus einem Fallvergleich: Würde das Sprengstoffwerk auf zwei voneinander durch ein im Eigentum eines Dritten stehenden Grundstück getrennten Grundstücken betrieben, sei das dritte Grundstück nicht bebaubar, "benötige" keinen Anschluss an die Abwasserbeseitigung und sei nicht beitragspflichtig. Es könne daher auch nicht beitragspflichtig werden, wenn es in das Eigentum des Betreibers des Sprengstoffwerks gelange. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur bergbaurechtlichen Nutzung gingen fehl. Abgesehen davon, dass nicht jede bergbaurechtliche Nutzung auf Ausbeutung gerichtet sei, sei auch der Betrieb der Antragstellerin auf Dauer angelegt; er bestehe schon 127 Jahre.
Diese Darlegungen lassen keine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht erkennen. Auch der Senat kommt bei summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass bei der Beitragsbemessung die in den Schutz- und Sicherheitsabständen liegenden Teilflächen des Grundstücks der Antragstellerin nicht nach § 19 Abs. 1 SächsKAG unberücksichtigt bleiben dürfen. Denn es handelt sich bei ihnen nicht um Teilflächen, die nicht baulich oder gewerblich genutzt werden können. Nach § 2 Abs. 1 der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz vom 23.11.1977 i.d.F. der Bekanntmachung vom 10.9.2002 (BGBl. I S. 3543) müssen explosionsgefährliche Stoffe nach den Vorschriften des Anhangs zu dieser Verordnung aufbewahrt werden. Die maßgeblichen Schutzabstände, d.h. die zur Allgemeinheit oder Nachbarschaft einzuhaltenden Abstände (vgl. Nr. 1.8 des Anhangs), und Sicherheitsabstände, d.h. die innerhalb eines Betriebs einzuhaltenden Abstände (vgl. Nr. 1.9 des Anhangs), sind in Nr. 2.2.2 und 3.2.2 des Anhangs in Verbindung mit den Anlagen 1 bis 4 zum Anhang festgelegt. Auch wenn die in den Schutz- und Sicherheitsabständen liegenden Teilflächen des Grundstücks der Antragstellerin nicht konkret überbaut werden dürfen, sind sie für dessen bauliche und gewerbliche Nutzung notwendig. Denn das Sprengstoffwerk könnte ohne Einhaltung dieser Abstände auf dem Grundstück überhaupt nicht betrieben werden. Deshalb vermitteln die betreffenden Teilflächen der Antragstellerin erst die Möglichkeit der baulichen oder gewerblichen Nutzung der konkret überbaubaren Teilflächen und damit des Grundstücks als solches. Die von den Schutz- und Sicherheitsabständen nach der Zweiten Verordnung zum Sprengstoffgesetz erfassten Teilflächen eines Grundstücks sind im Rahmen des § 19 Abs. 1 SächsKAG mithin nicht anders zu behandeln als Grundstücksteilflächen, die nach den Vorschriften des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts von einer Bebauung freizuhalten sind. Auch solche für die Errichtung einer baulichen Anlage zusätzlich benötigten Flächen sind bei der Beitragsbemessung einzubeziehen. Dass sie keine nach § 19 Abs. 1 SächsKAG abgrenzbaren Teilflächen darstellen, verdeutlicht auch der Wortlaut dieser Bestimmung. Er spricht nicht von der mangelnden "Bebaubarkeit", sondern von der mangelnden baulichen oder gewerblichen "Nutzbarkeit" (vgl. SächsOVG, Urt. v. 20.8.1998, JbSächsOVG 6, 223 [226 f.]).
Die von der Antragstellerin herangezogenen Fallvergleiche führen zu keinem anderen Ergebnis. Soweit sie auf drei an ihr Grundstück grenzende, in die Schutzabstände fallende Grundstücke anderer Eigentümer und auf das hypothetische Beispiel eines zwischen zwei für ein Sprengstoffwerk genutzten Grundstücken liegenden Grundstücks eines Dritten verweist, die jeweils nicht beitragspflichtig seien, und insoweit eine Gleichbehandlung der hier relevanten Teilflächen ihres Grundstücks fordert, verkennt sie, dass nach der Systematik der §§ 17 ff. SächsKAG der Vorteil der Möglichkeit des Anschlusses an die öffentliche Einrichtung auf den Eigentümer des Grundstücks zu beziehen ist, der nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 SächsKAG den Beitrag schuldet. Ist dieser ein Dritter, so kann er das im Schutzabstand eines (auf einem anderen Grundstück betriebenen) Sprengstoffwerks liegende Grundstück nicht baulich oder gewerblich nutzen. Gehört das Grundstück hingegen dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem das Sprengstoffwerk betrieben wird, ist es für diesen baulich und gewerblich nutzbar und somit beitragspflichtig. Dementsprechend sind auch (erst recht) die in den Schutzabstand fallenden Teilflächen des Betriebsgrundstücks selbst beitragspflichtig.
Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts und der Antragstellerin zum Vergleich mit einer "bergbaurechtlichen" Nutzung führen nicht weiter. Zwar kann eine Abgrenzung von Teilflächen erfolgen, die aus "bergrechtlichen" Gründen nicht baulich - etwa für die Errichtung eines Wohnhauses - genutzt werden dürfen (vgl. SächsOVG, aaO, S. 228). Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts und der Antragstellerin beziehen sich demgegenüber offenbar auf einen Bergwerksbetrieb. Über die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 1 SächsKAG auf einen solchen Betrieb ist hier indes nicht zu entscheiden; insoweit dürften im Übrigen ebenfalls die vorstehenden Grundsätze zu beachten sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 und § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Senat legt in Abgaben betreffenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Viertel des für die Hauptsache anzunehmenden Betrags zugrunde.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO und § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
Ende der Entscheidung
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