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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.01.2003
Aktenzeichen: 5 D 11/01
Rechtsgebiete: SächsGemO, SächsKAG


Vorschriften:

SächsGemO § 36 Abs. 3
SächsKAG § 35
1. Zu den erforderlichen Unterlagen i S.v. § 36 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO gehört bei der beabsichtigten Beschlussfassung über eine Fremdenverkehrsabgabesatzung die Beifügung eines die Kalkulation aufschlüsselnden Rechenwerkes.

2. Die Schätzung fremdenverkehrsbedingter Vorteile muss von einer plausiblen Tatsachengrundlage getragen sein, welche die objektive Möglichkeit zur Erzielung des angenommenen Vorteils trägt.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 5 D 11/01

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Nichtigkeit der Satzung der Gemeinde über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 07.06.2000

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Franke sowie den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Heitz und den Richter am Verwaltungsgericht Voigt,

am 29. Januar 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Satzung der Gemeinde über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 7. Juni 2000 wird für nichtig erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller betreiben im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin Arztpraxen unterschiedlicher Fachrichtungen und wenden sich gegen deren Satzung über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe.

Der Antragsgegnerin wurde am 7.10.1988 nach den Bestimmungen der Kurortverordnung vom 3.8.1967 (GBl. II S. 653) die staatliche Anerkennung als Erholungsort verliehen. Unter dem 6.10.1997 bestätigte das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit der Antragsgegnerin für ihre Gemeindeteile und die Berechtigung zur Fortführung der früheren Anerkennung nach § 9 Abs. 1 Sächsisches Kurortegesetz - SächsKurG - und § 10 ANVO SächsKurG als "staatlich anerkannter Erholungsort".

In seiner Sitzung vom 24.5.2000 beriet der Gemeinderat der Antragsgegnerin unter TOP 4 erstmalig über den Beschlussvorschlag zur Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe. Er beschloss, die Satzung mit der Maßgabe zu überarbeiten, dass sich die Erhebung nur auf den Gewinn beziehe In seiner Sitzung vom 7.6.2000 beriet der Gemeinderat der Antragsgegnerin über den überarbeiteten Satzungsentwurf. In der hierzu geführten Aussprache erklärte der Bürgermeister der Antragsgegnerin, dass über die geschätzten Einnahmen für den Gemeindehaushalt keine Zahlen genannt werden könnten. Sodann beschloss der Gemeinderat den vorgelegten Satzungsentwurf einer Satzung der Gemeinde über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe - FVAS -. Eine Darstellung der zu deckenden Kosten und der erwarteten Einnahmen lag dem Gemeinderat in keiner der beiden Sitzungen vor.

Die Satzung wurde im Amtsblatt der Gemeinde vom 7.7.2000 öffentlich bekannt gemacht Sie enthält u a. folgende Regelungen:

"§ 1 Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe

(1) Die Gemeinde erhebt jährlich eine Fremdenverkehrsabgabe zur Deckung des gemeindlichen Aufwands für die Fremdenverkehrsförderung, insbesondere für die Herstellung und Unterhaltung von Einrichtungen und Anlagen, die dem Fremdenverkehr dienen sowie für die zu diesem Zweck durchgeführten Veranstaltungen und Kosten der Werbung sowie auch zweckentsprechende Zuschüsse an Veranstalter.

(2) Die Einnahmen aus der Fremdenverkehrsabgabe sind für die in Absatz 1 genannten Zwecke zweckgebunden.

(3) Das Erholungsgebiet ist das Gemeindegebiet.

§ 2 Abgabepflichtige

(1) Abgabepflichtig sind alle selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Die Abgabepflicht erstreckt sich auch auf solche Personen oder Unternehmen, die in der Gemeinde ortsansässig sind, soweit eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 der Abgabenordnung gegeben ist.

(2) Unmittelbare Vorteile haben selbständig tätige natürliche und juristische Personen, soweit sie mit den Gästen entgeltliche Rechtsgeschäfte abschließen; mittelbare Vorteile erwachsen denjenigen selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, die mit den Nutznießern unmittelbarer Vorteile im Rahmen der für den Fremdenverkehr stattfindenden Bedarfsdeckung entgeltliche Geschäfte tätigen.

§ 3 Abgabemaßstab

(1) Der besondere wirtschaftliche Vorteil wird in einem Vorteilssatz ausgedrückt, der sich nach den objektiv gegebenen Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten bemisst.

(2) Für die Berechnung ist der Gewinn innerhalb eines Kalenderjahres aus dem Gewerbebetrieb maßgeblich, welcher der Gewerbesteuer unterliegt.

(3) Für die Abgabenpflichtigen, die nicht zur Gewerbesteuer herangezogen werden, wird ein dem Gewinn im Sinne des Absatzes 2 vergleichbarer Betrag von der Gemeinde ermittelt.

§ 4 Abgabenermittlung

(1) Die Abgabe errechnet sich, indem der Gewinn mit dem Vorteilssatz (Absatz 2) und mit dem Hebesatz (Absatz 3) multipliziert wird.

(2) Der Vorteilssatz bezeichnet den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Teil des Gewinns. Er wird durch Schätzung ermittelt. Dabei sind insbesondere Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, die Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises von Bedeutung. Die Vorteilssätze sind Bestandteil der Satzung und als Anlage beigefügt.

(3) Der Hebesatz beträgt 3 v.H.

§ 5 Entstehung der Abgabeschuld und Veranlagung

(1) Die Abgabeschuld entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, auf das sie sich bezieht.

(2) Die Abgabeschuld wird nach Ablauf des Kalenderjahres festgesetzt.

§ 6 Anzeige- und Auskunftspflicht

(1) Die Abgabepflichtigen haben der Gemeinde die Aufnahme einer abgabepflichtigen Tätigkeit anzuzeigen. ...

(2) Die Abgabepflichtigen nach § 3 Abs. 3 haben jährlich nach Aufforderung der Gemeinde eine Erklärung abzugeben (§§ 149 ff. Abgabenordnung - AO -), die abschließend folgende Angaben beinhaltet:

- Name, Vorname, Geburtsdatum

- Art des Unternehmens bzw. der Tätigkeit

- Anschrift des Unternehmers

- Wohnanschrift des Abgabepflichtigen

- Gewinn im abgelaufenen Kalenderjahr

§ 10 Inkrafttreten

Die Satzung tritt am Tage nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft

Anlage zu § 4 Abs. 2

Fremdenverkehrsbedingte Vorteilssätze für die Gemeinde

 BrancheVorteilssatz
1 Andenkengeschafte60%
2 Apotheken30%
3 Architekten/Ing.25%
4 Ärzte30%
5 Autovermietung50%
6 Banken/Sparkassen40%
7 Baugeschäfte/Baumaterialien25%
8 Bäckereien25%
9 Blumengeschäfte25%
10 Buchhandel/Schreibwaren25%
13 Campingplatz100%
20 Fahrschule10%
21 Fotoartikel/Fotograf25%
22 Friseurgeschäft25%
23 Fuhrverkehr/Spedition10%
31 Heilpraktiker30%
46 Masseure/Bademeister/Fußpfleger10%
55 Optiker/Uhrmacher/Juweliere25%
81 Tierärzte10%
88 Zahnärzte30%"

Zur Begründung ihres am 5.3.2001 erhobenen Normenkontrollantrages tragen die Antragsteller vor Sie seien praktizierende Zahn- bzw. Allgemeinärzte mit eigener Praxis im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Ihnen gegenüber entbehre es jeder Grundlage, dass nach der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS von einem durch den Fremdenverkehr bei ihnen entstehenden Gewinn i.H.v. 30% ausgegangen werde. Tatsächlich erwüchsen ihnen aus dem Fremdenverkehr in ihrer Gemeinde keine messbaren unmittelbaren oder mittelbaren Vorteile. Nennenswerter Fremdenverkehr könne im Satzungsgebiet nicht festgestellt werden. Die Abgabe könne deshalb lediglich der Förderung des Fremdenverkehrs für die Zukunft dienen. Für die Erhebung der Abgabe komme es aber auf die gegenwärtigen Verhältnisse an. Derzeit seien unter den behandelten Patienten aber lediglich 0,1 bis 0,3% Urlauber. Der hierauf beruhende Gewinn liege im Mikrobereich. Eine Teilhabe am Fremdenverkehr liege auch nicht in Gestalt der Behandlung von im Fremdenverkehr beschäftigten Personen vor, da die Tätigkeit des Arztes den persönlichen Bereich dieser Beschäftigten betreffe. Für die Ermittlung des Vorteilssatzes dürfe deshalb nur von den durch die Behandlung von Fremden tatsächlich erzielten Einnahmen ausgegangen werden. Im Vorfeld des Satzungserlasses habe die Antragsgegnerin jegliche Anstrengung vermissen lassen, etwa durch eine Anhörung, auch nur annähernd eine realistische Größenordnung zu ermitteln, die den objektiven Umständen entspreche.

Die Antragsteller beantragen,

die Satzung der Gemeinde über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 7. Juni 2000 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Erlass einer Fremdenverkehrsabgabesatzung stehe ihr als staatlich anerkannter Erholungsort zu. Zum 30.6.2000 habe sie 4.537 Einwohner gehabt. Durch Rückfrage bei einzelnen Vermietern und ergänzende Heranziehung von Durchschnittswerten seien für das Jahr 1998 26.783 Übernachtungen ermittelt worden. Hiervon entfielen 6.004 Übernachtungen auf Privatvermieter, 14.572 Übernachtungen auf Hotels und 5.347 Übernachtungen auf die bei der es sich um eine kirchliche Einrichtung handele. 1999 seien 24.618 Übernachtungen zu verzeichnen gewesen 5.607 Übernachtungen entfielen auf Privatvermieter, 9.143 auf Hotels und 9.868 Übernachtungen auf die.

Seit 1993 betreibe die Antragsgegnerin eine Tourist-Information. Neben der Beratung von Gästen erstellten die hier beschäftigten Mitarbeiter Prospektmaterial und Wanderkarten und versuchten durch die Teilnahme an Messen u.a. Veranstaltungen, die Gemeinde und ihre Region bekannt zu machen. Der fremdenverkehrsbedingte Zuschuss der Antragsgegnerin habe in den vergangenen Jahren jeweils zwischen 65.000,- bis 70.000,- DM betragen. Folglich diene die Abgabe den bereits gegenwärtigen Aufwendungen für den Fremdenverkehr.

Die Fremdenverkehrsabgabesatzung sei formell rechtmäßig zustande gekommen. In materieller Hinsicht enthalte sie den notwendigen Inhalt zur Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe Etwaige Anhörungspflichten vor ihrem Erlass bestünden nicht.

Die Einbeziehung der Antragsteller in den Kreis der Abgabepflichtigen sei nicht zu beanstanden. Denn es sei nicht auszuschließen, dass auch die im Gebiet der Antragsgegnerin praktizierenden Ärzte und Zahnärzte durch die Behandlung von Fremden erhöhte Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten erführen.

Der Bemessungsmaßstab und insbesondere die zugrunde gelegten Vorteilssätze gemäß § 3 Abs. 1 FVAS stellten im Einklang mit § 35 Abs. 2 Satz 1 Sächsisches Kommunalabgabengesetz - SächsKAG - auf die "besonderen wirtschaftlichen Vorteile" ab. Die fremdenverkehrsbedingten Vorteile in § 4 Abs. 2 FVAS seien ordnungsgemäß bestimmt worden. Angesichts der erstmaligen Erhebung dieser Abgabe habe es an Erfahrungssätzen und Daten für das Gebiet der Antragsgegnerin gefehlt. Sie habe deshalb auf die Erfahrungen in verschiedenen Fremdenverkehrsgemeinden westdeutscher Bundesländer seit ca. 1970 zurückgegriffen. Davon ausgehend habe sie ihre Vorteilssätze im untersten Bereich der dortigen Rahmensätze festgesetzt. Von Bedeutung sei insoweit auch, dass in den von der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS benannten Branchen im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin überwiegend lediglich ein bis maximal fünf Unternehmen existierten. Die hierdurch bedingten geringen Fallzahlen ließen die Ermittlung eines durchschnittlichen Vorteilssatzes auch im Fall vorhandener Daten als wenig sinnvoll erscheinen. Die erforderlichen Daten werde die Antragsgegnerin erst aufgrund der in § 6 FVAS geregelten Auskunftspflicht erhalten.

Als Ortsgesetzgeberin stehe ihr bei der Festlegung der Vorteilssätze ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Schätzungsspielraum zu. Den Kreis der Vorteilsberechtigten habe sie mit insgesamt 89 Branchen sehr weit gehend differenziert. Die gegen den Vorteilssatz durch die Antragsteller erhobenen Einwendungen seien unsubstanziiert. Für die Ordnungsgemäßheit der Satzung komme es auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller nicht an. Im Rahmen des Abgabenerhebungsverfahrens werde die Antragsgegnerin zu prüfen haben, ob die Antragsteller tatsächlich faktisch keinen Gewinn aus dem Fremdenverkehr erzielten, was im Ergebnis zu einer Nichtveranlagung bzw. zu einer Veranlagung mit einer verschwindend geringen Abgabe führen würde.

Die Antragsteller haben hierauf wie folgt repliziert: Das formell rechtmäßige Zustandekommen der Satzung werde nicht in Abrede gestellt. Auch sei es unstreitig, dass die Antragsteller dem Grunde nach der Fremdenverkehrsabgabesatzung unterfielen. Hingegen sei die Zahl der fremdenverkehrsbedingten Übernachtungen zu hoch, wie auch ohne Belang. Allein dass eine erhöhte Verdienst- und Gewinnmöglichkeit nicht auszuschließen sei, genüge nicht. Die Zugrundelegung von Zahlen aus den alten Bundesländern sei unzulässig, da es sich bei den Abgabeschuldnern im Geltungsbereich der Satzung um eine überschaubare Größe handele. Die Durchführung einer Erhebung zur Ermittlung des fremdenverkehrsbedingten Gewinns wäre ein Leichtes gewesen. Erfahrungswerte und Schätzungen könnten nur dann zugrunde gelegt werden, wenn und soweit die konkreten Umstände nicht oder nur unter unzumutbarem Aufwand ermittelt werden könnten, woran es hier fehle. Die Höhe der Abgabe sei nach dem Umfang der wirtschaftlichen Vorteile zu bemessen. Eine entsprechende Kalkulation liege aber nicht ansatzweise vor. Ein Vorteilssatz i.H.v. 30% könne aber unter keinen Umständen von den Antragstellern erzielt werden. Touristen suchten nur im Notfall einen fremden Arzt auf und versuchten für diesen Fall die Behandlung auf das Nötigste zu beschränken. Auch nach ihrem Ehrenkodex seien Ärzte gehalten, Notfallbehandlungen auf das Notwendige zu beschränken und die Behandlung im Übrigen dem Hausarzt zu überlassen.

Der Antragsteller zu 1. habe im Jahr 2000 nach vorläufiger Ermittlung einen Gewinn von 165 051,78 DM erzielt. Dies ergebe eine Abgabeschuld von 1.485,47 DM. Dem stehe ein erzielter Gewinn aus der Behandlung von "Fremden" i.H.v. 209,- DM gegenüber. Der Antragsteller zu 3. habe im Jahr 1999 aus der Behandlung von "Fremden" einen Gewinn von 633,90 DM, in 2000 einen Gewinn von 272,94 DM erzielt. Dem stehe eine Abgabeschuld von 2.365,80 DM in 1999 und 2.880,- DM für 2000 gegenüber. Auch beim Antragsteller zu 4 habe sich die Behandlung von "Fremden" auf vier bis fünf Personen beschränkt, im Jahr 2001 habe er bis zum Monat Juli noch keinen "fremden" Patienten behandelt. Bei den Antragstellern zu 6 und 7 kämen pro Quartal etwa 15 "Fremde" Bei etwa 3.000 Abrechnungen in diesem Zeitraum liege der Satz bei etwa 0,6%. Auch beim Antragsteller zu 2. decke die Quote von 0,25% nur einen Bruchteil der Abgabe.

Entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin werde nicht lediglich der fremdenverkehrsbedingte Gewinn, sondern der Gewinn als solcher i.H.v 30% für die Abgabe herangezogen.

Der Senat hat der Antragsgegnerin zur Vorbereitung des Termins mitgeteilt, dass Zweifel an dem durch Nr. 4 der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS auf 30% bestimmten Teils des Gewinns durch Fremdenverkehr bestünden. Den aufgrund der Einwohnerzahl i.H.v. 4.537 anfallenden täglichen Übernachtungen der Ortsansässigen stünden 73,37 (1998) bzw. 67,444 (1999) Übernachtungen von Besuchern pro Tag gegenüber. Hiervon ausgehend erscheine es als problematisch, dass ein pro Tag um rund 73 Personen erhöhter Bestand bei 4.537 Einwohnern zu 30% mehr Gewinn der ortsansässigen Ärzte führe, selbst wenn ein Wechsel innerhalb des sich besuchsweise aufhaltenden Personenkreises in Rechnung gestellt werde.

Die Beteiligten haben hierzu Stellung genommen. Die Antragsgegnerin hat insbesondere geltend gemacht, dass ihr ein Vergleich der täglichen Übernachtungen als unschlüssig erscheine und auch nicht übernachtende Tagesgäste zu berücksichtigen seien. Aus der durchschnittlichen Verweildauer der Gäste von 4,5 Tagen bei einer Spanne von 2,83 bis 21,4 Tagen folge, dass nicht nur Wochenendurlauber den Ort der Antragsgegnerin aufsuchten. Sie erwarte aus der Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe Einnahmen i.H.v. maximal 20.000,- €. Diesen stunden Ausgaben für den Fremdenverkehr i.H.v. ca. 35.000,- € gegenüber.

Dem Senat liegt eine Heftung des Antragsgegners als Verwaltungsvorgang vor. Auf diesen und die gewechselten Schriftsätze wird für die näheren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Normenkontrollanträge der Antragsteller haben Erfolg. Auf ihre zulässigen Anträge ist die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe - FVAS - vom 7.6.2000 für nichtig zu erklären. Soweit formelle Fehler im Satzungsverfahren vorliegen, sind diese infolge rügelosen Zeitablaufs unbeachtlich geworden (Ziff. I.). Hingegen verstößt die Festsetzung des fremdenverkehrsbedingten Vorteilssatzes in der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS gegen materielles Recht (Ziff. II), was zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führt.

I. Die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 7.6.2000 ist wegen eines Verstoßes gegen § 36 Abs. 3 Satz 1 Sächsische Gemeindeordnung - SächsGemO - formell rechtswidrig zustande gekommen, was jedoch unbeachtlich geworden ist.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin kann nur in einer ordnungsgemäß einberufenen und geleiteten Sitzung beraten und beschließen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO). Der Bürgermeister beruft den Gemeinderat schriftlich mit angemessener Frist ein und teilt rechtzeitig die Verhandlungsgegenstände (Tagesordnung) mit. Hierbei sind die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegen stehen (§ 36 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO).

Dem Gemeinderat lagen die für seine Beschlussfassung notwendigen Unterlagen nicht vor. Der Mitteilung der Tagesordnung sind diejenigen Unterlagen über die Gegenstände der Tagesordnung beizufügen, die für die Verhandlung, d.h. als Anhaltspunkt für die Vorbereitung und Beratung selbst, erforderlich sind (§ 36 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO). Die Beratungsunterlagen müssen es den Gemeinderäten ermöglichen, sich über die zur Beratung und Entscheidung anstehenden Verhandlungsgegenstände näher 201 informieren, die Bildung einer - vorläufigen - Meinung zu ermöglichen und ggfs. eine Vorbesprechung zu erleichtern. Welche Unterlagen zu diesem Zweck erforderlich sind, lässt sich nicht allgemein, sondern nur nach der Art des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und nach Inhalt und Aufgabe des Beschlusses, für dessen Vorbereitung die Unterlagen gedacht sind, bestimmen (SächsOVG, Urt. v. 7.8.2002 - 5 D 47/01). Festzuhalten ist aber in diesem Zusammenhang, dass auch bei der nunmehr vom Senat geteilten (Urt. v. 7.8.2002, aaO) Annahme eines dem Satzungsgeber bei der Entscheidung über die Festsetzung einer Gebühr oder eines Beitrages zustehenden normgeberischen Ermessens (BVerwG, Urt v. 17.4.2002, SächsVBl 2002, 213) infolge der Regelungen der Sächsischen Gemeindeordnung den Gemeinderäten diejenigen Unterlagen vorliegen müssen, die es ihnen ermöglichen, ihr normgeberisches Ermessen ordnungsgemäß auszuüben.

Hierzu bedurfte es vorliegend der - unterbliebenen - Vorlage eines Rechenwerkes, aufgrund dessen die Gemeinderäte hätten erkennen können, ob die beabsichtigte Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe den Anforderungen des § 35 SächsKAG entspricht und insbesondere nicht gegen das Verbot der Kostenüberdeckung verstößt.

Mit der Ladung zur Sitzung am 24.5.2000 wurde den Gemeinderäten der Antragsgegnerin lediglich ein Satzungsmuster und eine Abschrift der Erläuterungen zum Satzungsmuster "Fremdenverkehrsabgabesatzung" aus dem Sachsenlandkurier 1998, 5 ff. übersandt. Eine Kalkulation des fremdenverkehrsbedingten Aufwandes der Antragsgegnerin, der hierzu von ihr angestrebten Deckungsquote und den durch die Erhebung der Abgabe erwarteten Einnahmen, ist nicht erstellt worden und lag dementsprechend auch der Einladung nicht bei. Zu der folgenden und der Beschlussfassung zugrunde liegenden Sitzung am 7.6.2000 erhielten die Gemeinderäte eine überarbeitete Fassung der Vorteilssätze i.S.v. § 4 Abs. 2 der FVAS. Eine Kalkulation fehlte auch hier In der Sitzung erklärte der Bürgermeister der Antragsgegnerin laut Sitzungsprotokoll auf Nachfrage, dass zu den durch die Abgabe erwarteten Einnahmen für den Gemeindehaushalt keine Zahlen genannt werden könnten. Lediglich dem Beschlussvorschlag vom 15.5.2000 lässt sich entnehmen, dass mit der Abgabe die der Antragsgegnerin insbesondere durch die Tourist-Information entstehenden Kosten auf diejenigen umgelegt werden sollen, die besondere wirtschaftliche Vorteile durch den Tourismus genießen. Unter "Finanzielle Auswirkungen." findet sich dort sodann ein klares, aber auch abschließendes Ja".

Dieser Rechtsverstoß ist gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 SächsGemO unbeachtlich geworden. Hiernach schadet die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften ein Jahr nach der vorliegend am 7.7.2000 erfolgten Bekanntmachung der Satzung ihrer Gültigkeit nicht mehr, sofern nicht - wie hier - keine Ausnahme i. S.v. § 4 Abs. 4 Satz 2 SächsGemO vorliegt. Weder ist der Mangel unvollständiger Sitzungsunterlagen gerügt worden, noch zählt dieser Mangel zu den rügelos beachtlichen Mängeln. Da zudem auch bei der öffentlichen Bekanntmachung der Satzung im Anschluss an die Inkrafttretensregelung in § 10 FVAS ordnungsgemäß auf die Regelung des § 4 Abs. 4 SächsGemO hingewiesen wurde, ist gemäß § 4 Abs. 4 Satz 4 SächsGemO die in Rede stehende Unbeachtlichkeitsregel maßgeblich.

II. Die Nichtigerklärung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin beruht auf folgenden Erwägungen.

Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe ist § 35 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG. Hiernach können Kurorte, Erholungsorte und sonstige Fremdenverkehrsgemeinden zur Deckung des gemeindlichen Aufwands für die Fremdenverkehrsforderung von selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen, eine Fremdenverkehrsabgabe erheben. Für nicht am Ort ansässige Personen oder Unternehmen besteht die Abgabepflicht, soweit eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 der Abgabenordnung gegeben ist (Abs. 1 Satz 2). Die Einnahmen aus der Fremdenverkehrsabgabe sind für die in Satz 1 genannten Aufgaben zweckgebunden (Abs. 1 Satz 3).

Die Höhe der Abgabe bestimmt sich nach den besonderen wirtschaftlichen Vorteilen, die dem einzelnen Abgabepflichtigen aus dem Fremdenverkehr erwachsen (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG). Das Nähere hierzu ist durch Satzung zu bestimmen (§ 35 Abs. 2 Satz 2 SächsKAG).

1. Mit diesen gesetzlichen Vorgaben steht es in Einklang, wenn die Antragsgegnerin in § 1 Abs. 1 FVAS die jährliche Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vorsieht. Entsprechend § 35 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG hat sie diese Abgabe ausdrücklich auf die Deckung (nur) des gemeindlichen Aufwands für die Fremdenverkehrsförderung beschränkt und in § 1 Abs. 2 FVAS entsprechend § 35 Abs. 1 Satz 3 SächsKAG als für diese Aufgaben zweckgebundene Einnahmen bezeichnet.

Die Antragsgegnerin ist auch zur Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe befugt Ihren Gemeindeteilen und ist unter dem 6.10.1997 die Fortführung der Anerkennung als staatlich anerkannter Erholungsort bestätigt worden. Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin in § 1 Abs. 3 FVAS ihr gesamtes Gemeindegebiet als Erholungsgebiet bezeichnet; folgt - mangels hierdurch bewirkter staatlicher Anerkennung des gesamten Gemeindegebiets - keine räumliche Erweiterung. Ungeachtet dieser räumlichen Beschränkung der Anerkennung der Antragsgegnerin als Erholungsort ist es zulässig, dass sie ihr gesamtes Gemeindegebiet zum Erhebungsgebiet erklärt (vgl. § 1 Abs. 3 und § 2 FVAS). Den in räumlicher Hinsicht in ihrer Gemeinde gegebenenfalls in unterschiedlichem Umfang eintretenden Vorteilen aus dem Fremdenverkehr kann - und muss - durch die Festlegung differenzierter Vorteilssätze hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2002, § 11 RdNr. 69).

2. Die Festsetzung der Vorteilssätze in § 4 Abs. 2 FVAS i.V.m. der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS einschließlich des Hebesatzes in § 4 Abs. 3 FVAS ohne zugrunde liegende Kalkulation begegnet rechtlichen Bedenken (a)). Ob schon dieser Mangel zur Nichtigkeit der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der Antragsgegnerin führt, bleibt offen. Die Festsetzung der Vorteilssätze in § 4 Abs. 2 FVAS i.V.m. der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS stellt in ihren Nr. 4 (Ärzte) und Nr. 88 (Zahnärzte) eine außerhalb des Schätzungsspielraumes des Satzungsgebers liegende Festsetzung dar und verstößt gegen das Willkürverbot (c)). Dies führt zur Gresamtnichtigkeit der Beitragssatzung (d)).

a) Bei der Fremdenverkehrsabgabe handelt es sich um einen Beitrag besonderer Art. Er ist keine Steuer, sondern eine Gegenleistung des Pflichtigen für Aufwendungen der Gemeinde. Er dient dem Ausgleich der kommunalen Aufwendungen für die Förderung des Fremdenverkehrs durch Inanspruchnahme fremdenverkehrsbedingt erhöhter Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten Gegenstand der Abgabe ist der konkrete wirtschaftliche Nutzen, den der Abgabepflichtige aus dem Fremdenverkehr ziehen kann (OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990, NVwZ-RR 1992, 40 [40]; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.12.1997, VBlBW 1998, 190 [191] = NVwZ-RR 1999, 266 und Urt v 30.11.2000 - 2 S 2061/98 - juris; OVG Schleswig, Urt. v. 23.8.2000, NordÖR 2001, 221 [222]; Lichtenfeld, in: Driehaus, aaO., § 11 RdNr. 66f; allg. M.).

Dies führt zu folgenden Konsequenzen

(1) Dem Satzungsgeber obliegt es in einem ersten Schritt, seinen beitragsfähigen Aufwand zu ermitteln Beitragsfähig sind seine Aufwendungen für den Fremdenverkehr, etwa in Gestalt von Werbungskosten, Investitions- und Betriebskosten für von ihm unterhaltene Fremdenverkehrseinrichtungen, etwa ein "Haus des Gastes", Wanderwege, Langlaufloipen u.ä.. Hinzutreten können Aufwendungen für dem Fremdenverkehr dienende Informationsveranstaltungen oder die Teilnahme an Touristikmessen. Beitragsfähig sind auch die unmittelbar mit der Fremdenverkehrsförderung zusammenhängenden Personalkosten. Auf diese Aufwendungen entfallende Einnahmen sind abzuziehen (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Urt. v. 5.11.1997, aaO. [192]; Lichtenfeld, in. Driehaus, aaO., § 11 RdNr. 72 ff.).

(2) In einem zweiten Schritt ist von dem ermittelten Betrag ein kommunaler Eigenanteil abzuziehen. Hierdurch ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Fremdenverkehrseinrichtungen regelmäßig auch der Allgemeinheit zu Gute kommen. Der Umfang des Eigenanteils kann nach den örtlichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich sein Dem Satzungsgeber steht bei dessen Festsetzung ein weiter Ermessensspielraum zu.

(3) Zur Vermeidung einer aufwandsüberschreitenden Beitragserhebung ist gegenüber den so ermittelten beitragsfähigen Kosten das erwartete Aufkommen festzustellen. In Gestalt einer Prognose hat der Satzungsgeber festzustellen, mit welchen Einnahmen er aufgrund des von ihm gewählten Beitragsmaßstabes glaubt rechnen zu können. Hierzu bedarf es der - auch im Wege der Schätzung möglichen - Ermittlung der potentiellen Beitragsschuldner und des durch ihre Inanspruchnahme erwartbaren Beitragsaufkommens. Hierdurch stellt der Satzungsgeber sicher, dass er mit dem von ihm gewählten Maßstäben nicht gegen das Verbot der Kostenüberschreitung verstößt (VGH Bad.-Württ., aaO; OVG Schleswig, aaO.).

Aufgrund dieses aus den allgemeinen beitragsrechtlichen Grundsätzen abgeleiteten Procedere wird die Erstellung einer Beitragskalkulation für erforderlich gehalten (s. Erläuterungen zum Satzungsmuster, SLK 1998, 7). Nur auf ihrer Grundlage ist für den Satzungsgeber erkennbar, ob er mit seiner Satzung der Zweckbindung der Fremdenverkehrsabgabe und dem abgabenrechtlichen Verbot der Aufwandsüberschreitung bzw. Doppelfinanzierung genügt (VG Dresden, Urt. v. 21. 12.2000, SächsVBl 2001, 152 [152]; VGH Bad.-Württ., aaO; OVG Schleswig, aaO, OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990, NVwZ-RR 1992, 40 [44]).

Entgegen der vorgenannten Rechtsprechung hält es allerdings das OVG NW und der BayVGH nicht für unabdingbar, dass die in Rede stehende Kalkulation dem Satzungsgeber zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung vorliegt (OVG NW, Urt. v. 18.5.1992, NVwZ-RR 1993, 48 [48f]., BayVGH, Urt v 10.12 1982, BayVBl 1983, 755 [758]). Ihrer Auffassung nach genügt es, dass sich die gewählten Beitragssätze als im Ergebnis richtig, sprich den vorgenannten Anforderungen genügend, erweisen. Die Festsetzung von Beitragssätzen aufgrund einer fehlerhaften oder einer gänzlich fehlenden Kalkulation ist nach dieser Auffassung unschädlich, sofern nur im Nachhinein festgestellt werden kann, dass die festgesetzten Sätze nicht gegen das Verbot der Aufwandsüberschreitung verstoßen. Für diese Auffassung lässt sich geltend machen, dass die Kalkulation lediglich das Motiv für die festgesetzten Sätze sein kann, nicht hingegen selbst Bestandteil der Satzung ist. Hiervon ausgehend ist die Vorlage einer Kalkulation bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als notwendige Grundlage für die Überprüfung angefochtener Beitragssätze ausreichend.

Ob es vorliegend genügt, dass die Antragsgegnerin im Termin der mündlichen Verhandlung ein mehrseitiges Rechenwerk vorgelegt hat, aufgrund dessen sich die Wahrung des Kostenüberdeckungsverbotes durch die vorliegende Beitragssatzung annehmen lässt, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da die Satzung aus anderen Gründen nichtig ist. Allerdings hat sich der Senat mit Urteil vom 7.8.2002 - 5 D 47/01 - (UA S. 11) unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.4.2002, SächsVBl 2002, 213) angeschlossen, wonach es sich bei dem dem Satzungsgeber eingeräumten Ermessen bei der Entscheidung über die Festsetzung einer Gebühr bzw. eines Beitrages um ein normgeberisches Ermessen handelt. Er hat sich hierbei die Auffassung zu Eigen gemacht, dass dieses Ermessen des Satzungsgebers im Wesentlichen kommunalpolitischer Natur ist und insoweit keiner verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Dessen ungeachtet hat er es aber als erforderlich angesehen, dass dem Satzungsgeber bei seiner Beschlussfassung die Unterlagen vorliegen müssen, die es ihm ermöglichen, sein normgeberisches Ermessen ordnungsgemäß auszuüben. Diese Ausführungen beziehen sich allerdings auf die bereits oben angesprochene Frage, ob die erforderlichen Unterlagen i.S.v. § 36 Abs. 3 Satz 1 SächsGemO der Ladung beigefügt waren. Ob aus der Annahme eines normgeberischen Ermessens das Vorliegen einer Kalkulation bei der Beschlussfassung in materieller Hinsicht als unerheblich anzusehen ist, ist eine davon zu unterscheidende Frage Ihre Klärung bleibt mangels vorliegender Entscheidungserheblichkeit den zu ihrer Beantwortung zugelassenen Berufungsverfahren (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 19.6.2002 - 5 B 272/01) vorbehalten.

b) Die in der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS gegenüber den Antragstellern in Ansatz gebrachten fremdenverkehrsbedingten Vorteilssätze sind nicht schon deshalb fehlerhaft, weil die Antragsteller - nach ihrer in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ansicht - schon nicht in den Kreis der Abgabepflichtigen hätten einbezogen werden dürfen.

(1) § 2 Abs. 1 FVAS bestimmt den Kreis der Abgabepflichtigen in Übereinstimmung mit § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SächsKAG. Den Kreis der selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen i.S.v. § 2 Abs. 1 FVAS ein unmittelbarer oder mittelbarer Vorteil aus dem Fremdenverkehr zufließt, regelt § 2 Abs. 2 FVAS. Soweit dieser Personenkreis mit den Gästen entgeltliche Rechtsgeschäfte abschließt, werden diese als unmittelbarer Vorteil angesehen. Denjenigen Personen, die mit den Nutznießern unmittelbarer Vorteile im Rahmen der für den Fremdenverkehr stattfindenden Bedarfsdeckung entgeltliche Geschäfte tätigen, erwachsen gemäß § 2 Abs. 2 FVAS mittelbare Vorteile.

Diese Satzungsregelung ist mit § 35 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG vereinbar, welcher diejenigen als abgabepflichtig kennzeichnet, denen durch den Fremdenverkehr unmittelbar oder mittelbar besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen. Insoweit ist in der Rechtsprechung unstreitig, dass bereits eine fremdenverkehrsbedingte Erhöhung der Verdienst- und Gewinnmöglichkeit einen Vorteil darstellen kann, unabhängig davon, ob dieser Vorteil im Einzelfall auch tatsächlich realisiert wird (etwa OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990, NVwZ-RR 1992, 40 [41] m.w.N.). Es sind deshalb grundsätzlich weder tatsächlich abgeschlossene Geschäfte erforderlich, noch müssen diese mit den Fremden bzw. Gästen abgeschlossen werden. Es genügt, dass der - abstrakte - wirtschaftliche Vorteil aus dem Fremdenverkehr herrührt. Es bedarf deshalb auch keines spezifischen Näheverhältnisses des Abgabepflichtigen zum Fremdenverkehr. Lediglich die in Bezug genommenen Rechtsgeschäfte müssen durch den Fremdenverkehr geprägt sein, um auf ihrer Grundlage einen fremdenverkehrsbedingten Vorteil, der zunächst einem unmittelbar Bevorteilten zugute kommen kann und erst sodann auf einen - mittelbar - Bevorteilten durchschlägt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.8.1998 - 2 S 2753/97 - juris).

(2) Hiervon ausgehend ist es - auch nach Auffassung des Senats zu Recht - in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch Ärzte bzw. Zahnärzte zur Fremdenverkehrsabgabe herangezogen werden können. Auch ihnen gegenüber besteht ein besonderer wirtschaftlicher Vorteil in Gestalt erhöhter Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten durch die Möglichkeit zur Behandlung von ortsfremden Personen (OVG Schleswig, Beschl. v. 29.7.1997 - 2 M 8/97 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.8.1998 - 2 S 2753/97 - juris; Lichtenfeld, in: Driehaus, aaO., § 11 RdNr. 89 m.w.N.). Es entspricht der Lebenserfahrung, dass auch im Fall einer Erkrankung oder Verletzung während eines (Kurz-) Urlaubes ein Arzt vor Ort aufgesucht wird. Dies gilt sowohl im Hinblick auf Allgemein- wie Fachärzte und bezieht auch eine zahnärztliche Inanspruchnahme mit ein. Soweit die Antragsteller auf eine tatsächlich sehr geringe und innerhalb der einzelnen Fachrichtungen differierende Inanspruchnahme ihrer ärztlichen Dienste verweisen und geltend machen, im Fall von Behandlungen regelmäßig nur für eine Notversorgung beansprucht zu werden, stellt dies ihre Beitragspflicht dem Grunde nach nicht in Frage. Die Berücksichtigung dieser Umstände hat bei der Bestimmung des Beitragssatzes zu erfolgen.

c) Nichtig ist Fremdenverkehrsbeitragssatzung, da die konkrete Festsetzung des durch § 4 Abs. 2 FVAS ordnungsgemäß definierten Vorteils in Gestalt der Vorteilssätze in Nr. 4 und Nr. 88 der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS willkürlich ist und die Gesamtnichtigkeit der Satzung zur Folge hat.

(1) § 4 Abs. 2 Satz 1 FVAS bestimmt den Vorteilssatz auf den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Gewinn, welcher multipliziert mit den in § 4 Abs. 3 FVAS auf 3 v.H. bestimmten Hebesatz die konkrete Abgabe ergibt (§ 4 Abs. 1 FVAS). Dieser Maßstab begegnet dem Grunde nach keinen Bedenken. Er entspricht dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit und der Praktikabilität. Es ist praktisch ausgeschlossen, zwischen den auf den Aufwendungen der Kommune beruhenden und den hiervon unabhängig eintretenden Vorteilen aus dem Fremdenverkehr zu differenzieren Es ist deshalb zulässig, in pauschalierender Weise auf die insgesamt durch den Fremdenverkehr gebotenen Vorteile abzustellen (OVG Lüneburg, Urt. v. 13.11.1990, NVwZ-RR 1992, 45 [47]).

Diese Vorteile lassen sich nicht konkret messen, sodass für ihre Bestimmung auf einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab zurückgegriffen werden kann. Eine tragfähige Wahrscheinlichkeitsbeziehung für die Bestimmung der Vorteile liegt in der Wahl eines gewinnorientierten Maßstabes (OVG Schleswig, Urt. v. 22.12.1999, ZKF 2000, 89 und Urt. v. 23.8.2000, NordÖR 2001, 221 [224]; Lichtenfeld, in: Driehaus, aaO, § 11 RdNr. 113 m.w.N.). Diesen Vorgaben hat die Antragsgegnerin entsprochen. In § 4 Abs. 2 Satz 1 FVAS bestimmt sie den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Teil des Gewinns als maßgebend für den Vorteilssatz. Die Ermittlung dieses Satzes soll durch Schätzung erfolgen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 FVAS).

(2) Fehlerhaft ist die Festsetzung der konkreten Vorteilssätze in Nr. 4 (Ärzte) und Nr. 88 (Zahnärzte) der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS. Für den angenommenen fremdenverkehrsbedingten Vorteil i.H.v. 30% des Gewinns dieser beiden Berufsgruppen fehlt es auch in Ansehung seiner im Wege der Schätzung zu bestimmenden Höhe an hinreichenden Anhaltspunkten.

Die Festsetzung der Vorteilssätze steht in weitem Ermessen des Satzungsgebers. Grenzen werden ihm aus dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gezogen. Diesem zufolge dürfen nur solche Betriebe und Personen zu einer einheitlich bemessenen Gruppe zusammengezogen werden, die annähernd gleiche Gewinnmöglichkeiten aus dem Fremdenverkehr haben. Auch ist der Beitragsmaßstab so zu gestalten, dass die Belastung im Verhältnis der Gruppen untereinander den jeweils unterschiedlichen Vorteilen in etwa gerecht wird (OVG Schleswig, Urt. v. 22.12.1999, aaO; OVG Rh.-Pfalz, Urt. v. 29.3.2000, ZKF 2000, 256; Lichtenfeld, in: Driehaus, aaO., § 11 RdNr. 115 mwN.). Im Übrigen muss die Schätzung der einzelnen Vorteilssätze von einer plausiblen Tatsachengrundlage getragen sein Ausreichend - aber auch notwendig - ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Gewinnen i.H. der festgesetzten Vorteilssätze (vgl. Lichtenfeld, in Driehaus, aaO, § 11 RdNr 80).

Hiervon geht dem Grunde nach auch die Antragsgegnerin aus, wenn sie in § 4 Abs. 2 Satz 3 FVAS vorsieht, dass die Schätzung des fremdenverkehrsbedingten Gewinnanteils insbesondere unter Berücksichtigung von Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, der Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, der Betriebsweise und der Zusammensetzung des Kundenkreises zu erfolgen hat. Allerdings ist es insoweit schon zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Vorteilssätze dem von ihr selbst in § 4 Abs. 2 Satz 3 FVAS gesetzten Satzungsrecht Genüge getan hat. Nach ihrer eigenen Darstellung hat sie sich im Wesentlichen damit begnügt, ausgehend von den in der Erläuterung zum Fremdenverkehrsabgabensatzungsmuster aufgeführten Erfahrungswerten aus den alten Bundesländern (s. SLK 1998, 10), jeweils einen im mittleren Bereich dieser Erfahrungswerte liegenden Vorteilssatz festzusetzen. Ausgehend von den dort genannten Gewinnanteilsspannen von 20-50% für Ärzte und 20-40% für Zahnärzte, hat sie in Nr. 4 (Ärzte) und Nr. 88 (Zahnärzte) einen fremdenverkehrsbedingten Gewinnanteil von jeweils 30% festgesetzt.

Diesen Zweifeln muss nicht weiter nach gegangen werden, da die gegenüber den Antragstellern festgesetzten Vorteilssätze auch unter Berücksichtigung eines weiten Ermessensspielraumes nicht gerechtfertigt sind. Es lässt sich nicht nachvollziehen, dass im Beitragsgebiet der Antragsgegnerin für Ärzte und Zahnärzte die objektive Möglichkeit zur Erzielung eines fremdenverkehrsbedingten Gewinnanteiles i.H.v. 30% besteht. Die Antragsteller haben substanziiert dargelegt, dass sie nur einen Bruchteil des prognostizierten Gewinnanteils von 30% infolge des Fremdenverkehrs haben. So hat der Antragsteller zu 1. dargelegt, im Jahre 2000 von 1.819 Patienten lediglich 29 Patienten behandelt zu haben, welche nicht aus dem Postleitzahlgebiet der Antragsgegnerin stammten. Hiervon soll es sich bei 19 Patienten um Verwandte von Ortsansässigen bzw. ehemals Ortsansässige handeln, welche nach einem Umzug weiterhin ihren gewohnten Arzt aufsuchten. Bei 9 weiteren Patienten handele es sich um ortsansässige Heimbewohner, die noch nicht umgemeldet wurden. Lediglich bei 3 Patienten habe es sich möglicherweise um Urlauber gehandelt. Im Ergebnis stehe bei ihm eine rechnerische Fremdenverkehrsabgabeschuld i.H.v. 1.485,47 DM einem fremdenverkehrsbedingten Gewinn i.H.v. 209,- DM gegenüber. Für die Antragsteller zu 2,3,4, 6 und 7 wurden vergleichbare Größenordnungen dargelegt.

Der Antragsgegnerin ist in diesem Zusammenhang darin beizupflichten, dass es nach den vorstehenden Grundsätzen grundsätzlich nicht auf den tatsächlich auf Grund des Fremdenverkehrs erzielten Gewinn ankommt, da regelmäßig eine Vielzahl von Ursachen - insbesondere auch persönliche Umstände - hierfür relevant sind. Erreicht hingegen bei der hier anzunehmenden Mehrzahl der Gruppenangehörigen keiner den angenommenen Vorteilssatz auch nur annähernd, so stellt dies ein Indiz für einen fehlerhaft bestimmten Vorteilssatz dar. Der tatsächliche Umfang der Behandlung von Ortsfremden stellt einen wesentlichen Anhaltspunkt für die tatsächlich möglichen Vorteile durch den Fremdenverkehr dar. Fehlt es an ersichtlichen Sonderfaktoren - wie mangelnde Geschäftstüchtigkeit oder schlechte Leistungserbringung - erlaubt die durchgängig geringfügige Zahl von behandelten ortsfremden Personen nur den Schluss, dass sich der fremdenverkehrsbedingte Anteil der Patienten tatsächlich auf den geltend gemachten Umfang beschränkt.

Dies zugrunde gelegt, ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass im Beitragsgebiet der Antragsgegnerin keine Rechtfertigung für die Annahme eines fremdenverkehrsbedingten Gewinnanteils bei Ärzten und Zahnärzten i.H.v. 30% besteht. Die Darlegungen der Antragsteller sind einerseits glaubhaft und andererseits als repräsentativ für die ortsansässigen (Zahn-)Ärzte anzusehen. Für einen tatsächlich wesentlich niedrigen Vorteilssatz spricht zudem die in Relation zur Einwohnerschaft geringe Zahl von fremdenverkehrsbedingten Übernachtungen im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Vereinfachend betrachtet kann bei 4.537 Einwohnern im Jahr von 1.656.005 Übernachtungen von Einheimischen ausgegangen werden. Dem stehen 26.783 Übernachtungen in 1998 und 24.618 Übernachtungen in 1999 von Ortsfremden gegenüber. Dies entspricht einem Übernachtungsanteil durch den Fremdenverkehr von rund 1,5 %. Selbst wenn man hier noch unerfasste Tagestouristen hinzuzieht und den Übernachtungsanteil verdoppelt, ergibt sich nur ein Betrag von 3%.

Legt man die Zahl der jährlichen Übernachtungen durch Ortsfremde auf die Kalendertage um, so ergibt sich für 1998 eine Steigerung von im Gemeindegebiet anwesenden Personen i.H.v. 73,37 Personen/Tag bzw. für 1999 von 67,44 Personen und Tag. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb dieser Umstand im Verhältnis zu den 365 Tage im Jahr anwesenden 4.537 Gemeindeeinwohnern zu einer Gewinnsteigerung der Ärzteschaft i.H.v. 30% führen könnte. Dabei ist den Antragstellern zudem in der Auffassung zuzustimmen, dass Arztbesuche während eines Urlaubs regelmäßig auf das Unumgängliche beschränkt werden, wenn nicht sogar der (Kurz-) Urlaub abgebrochen wird, um den bekannten und bewährten Arzt am Heimatort aufzusuchen.

Der fehlerhaften Festsetzung dieser Beitragssätze kann die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg entgegen setzen, dass im Rahmen der Beitragsfestsetzung eine Unterschreitung des angenommen Gewinns aus Fremdenverkehr Berücksichtigung finde und nur der tatsächlich fremdenverkehrsbedingte Gewinn zugrunde gelegt werde. Durch die Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS hat die Antragsgegnerin die fremdenverkehrsbedingten Gewinnanteile fiktiv festgesetzt. Aufgegliedert auf die einzelnen Branchen wird hierdurch der auf dem Fremdenverkehr beruhende Teil des Gewinns i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 FVAS abstrakt und ohne Möglichkeit des Gegenbeweises festgesetzt. Die Vorteilssätze der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS stellen i. S.v. § 4 Abs. 2 Satz 2 FVAS die durch Schätzung - vorab - ermittelten Gewinnanteile aus Fremdenverkehr dar.

d) Die fehlerhafte Festsetzung der Vorteilssätze führt zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.

Die Nichtigkeit von Teilen einer Beitragssatzung führt nur für den Fall nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung, wenn diese auch ohne die nichtigen Teile noch ein sinnvolles Ganzes darstellt und die verbleibenden Satzungsteile auch subjektiv noch vom Willen des Satzungsgebers getragen werden (vgl. für das Bauplanungsrecht SächsOVG, NK-Urt. v. 26.11.2002 - 1 D 36/01 und NK-Urt v 6.6.2001, SachsVBl 2001, 220 [225] m.w.N.). Bei den Vorteilssätzen der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS handelt es sich gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 FVAS um unmittelbare Satzungsbestandteile. Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass der verbleibende Satzungsrest ungeachtet der für nichtig erkannten Teile noch vom subjektiven Willen des Satzungsgebers getragen wäre.

Dem Gemeinderat der Antragsgegnerin kam es ausweislich der Sitzungsprotokolle beim Erlass der Fremdenverkehrsbeitragssatzung maßgeblich darauf an, angemessene Vorteilssätze festzusetzen. Aus diesem Grunde verschob er in seiner Sitzung vom 24.5.2000 den beabsichtigten Satzungsbeschluss. Jeder Gemeinderat sollte hierdurch die Möglichkeit erhalten die beabsichtigte Höhe der Vorteilssätze "noch einmal anzusehen". In seiner folgenden Sitzung beschloss er die Satzung mit überarbeiteten Vorteilssätzen. Hierbei war sich "der Gemeinderat einig, dass diese Zahlen auf der Liste sicher nicht die Letzten sein werden ... Wenn sich später herausstellt, dass die Vorteilssätze doch ungünstig sind, kann die Satzung geändert werden." Mit diesem normgeberischen Willen steht es dann in Einklang, dass die Antragsgegnerin auf die Normenkontrollanträge der Antragsteller einen Vollzug der Fremdenverkehrsbeitragssatzung insgesamt unterlassen hat. Eine Beitragserhebung unterblieb nicht lediglich nur gegenüber den Antragstellern, sondern insgesamt gegenüber sämtlichen Beitragspflichtigen Dies verdeutlicht den normgeberischen Willen, die vorliegende Satzung als Gesamtkonzept verstanden zu wissen, durch welches sämtliche Bevorteilten in angemessener Weise herangezogen werden sollen. Hiermit ist es nicht vereinbar, einzelne Berufsgruppen - wie hier die Antragsteller - infolge ihnen gegenüber unangemessener Vorteilssätze im Wege der Teilnichtigerklärung der Satzung aus dem Kreis der Beitragspflichtigen herauszunehmen. Dies wäre hingegen der Fall, wenn lediglich der auf die Berufsgruppen der Antragsteller bezogenen Vorteilssatz für nichtig erklärt würde. Ohne ihn könnte ihnen gegenüber keine Beitragsfestsetzung erfolgen, was im Verhältnis zu den übrigen Beitragspflichtigen von der Antragsgegnerin nicht gewollt ist.

Dem mutmaßlichen normgeberischen Willen entspricht es vielmehr, die Vorteilssätze nach den vorstehenden Maßstäben neu zu fassen bzw. zu überprüfen und die Sätze auch im Verhältnis der einzelnen Berufsgruppen zueinander in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Insoweit verlangt der Vorteilsgrundsatz aus § 35 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SächsKAG, dass die Abgabesätze so bestimmt werden, dass in etwa gleicher Höhe zu erwartende Vorteile auch zu vergleichbaren Beiträgen führen. In diesem Sinne hat die Antragsgegnerin etwa in Nr. 46 der Anlage zu § 4 Abs. 2 FVAS die Masseure mit lediglich 10% Gewinnanteil angesetzt, obwohl die von ihr herangezogenen Rahmensätze in Nr. 67 für Masseure/Bademeister/Fußpfleger eine fremdenverkehrsbedingten Gewinnanteil von 70 - 90% ansetzen. Wenn nunmehr auch die Ärzte und Zahnärzte aufgrund ihrer geringen Inanspruchnahme gegenüber den Erfahrungswerten anderer Gemeinden nur deutlich niedriger als nach den vorgenannten Rahmensätzen angesetzt werden dürften, müsste sodann auch die Angemessenheit im Verhältnis der Vorteilssätzen der übrigen Berufsgruppen überprüft werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 16.537,50 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 25 Abs. 2, 13 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG - i.V.m. § 5 Zivilprozessordnung - ZPO - analog. Der Senat legt in ständiger Rechtsprechung in Normenkontrollverfahren die sich gegen gebührenrechtliche Regelungen richten, den dreieinhalbfachen Betrag der nach der angefochtenen Satzung im Jahr der Antragstellung anfallenden Jahresgebühr zugrunde So ist auch vorliegend zu verfahren, da der Fremdenverkehrsbeitrag in der Art einer Gebühr für das jeweilige Jahr periodisch anfällt. Für die Streitwertfestsetzung wäre es deshalb unangemessen, diesen Beitrag nur als Einmalbetrag zugrunde zu legen.

Der Senat schätzt den beitragsfähigen Jahresgewinn der Antragsteller auf jeweils rund 75.000,- €. Dies ergibt bei dem satzungsbedingt geschätzten fremdenverkehrsbedingten Umfang von 30% einen Betrag von 22.500,- €, der mit einem Hebesatz von 3% herangezogen wird. Die jährliche Gebühr jedes Antragstellers beliefe sich auf 675,- €. Hieraus folgt ein dreieinhalbfacher Jahresbetrag i.H.v. 2.362,50 € pro Antragsteller, der letztlich mit der Anzahl der Antragsteller zu multiplizieren ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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