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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 5 D 46/00
Rechtsgebiete: SächsKAG


Vorschriften:

SächsKAG § 18 Abs. 1
SächsKAG § 33
1. Unzulässigkeit der Kombination eines vorteilsbezogenen Abwasserbeitragsmaßstabes mit einem sich degressiv zur Nutzungsfläche verhaltenden Beitragsteils für die Kosten der Herstellung von Grundstücksanschlussleitungen

2. Maßgeblich für die beitragsrechtliche Unbeachtlichkeit der Nichtberücksichtigung einer unterschiedlichen Vorteilsvermittlung i.S.v. § 18 Abs. 1 SächsKAG ist die Auswirkung auf den Beitrag.

3. Zur Bestimmung des In-Kraft-Tretens einer Abwassersatzung auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Auflösung eines bisher zuständigen Abwasserzweckverbandes


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 5 D 46/00

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Nichtigkeit der Abwassersatzung der Stadt Dahlen

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Franke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Munzinger

am 12. November 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

§ 1 der Satzung zur 4. Änderung der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung) der Stadt Dahlen vom 8. Juni 2000 wird für nichtig erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich gegen die am 8.6.2000 vom Stadtrat der Antragsgegnerin beschlossene Satzung zur 4. Änderung der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung), durch welche die bis dahin unbesetzt gelassenen Regelungen des 4. Teils der Abwassersatzung in der Gestalt der §§ 20 bis 38 ergänzt wurden.

Der Antragsteller wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22.9.2000 zu einer ihm gegenüber beabsichtigten Veranlagung zu einem Abwasserbeitrag in Höhe von 5.225,- DM angehört.

Die 4. Änderungssatzung vom 8.6.2000 enthält u.a. folgende Regelungen:

" § 1

Die Abwassersatzung vom 10.12.1998 einschließlich ihrer Änderungen vom 25.02.1999, vom 25.03.1999 und 02.12.1999 wird wie folgt ergänzt:

4. Teil - Abwasserbeitrag

§ 20

Erhebungsgrundsatz

(1) Die Stadt erhebt zur angemessenen Ausstattung der öffentlichen Abwasserbeseitigung mit Betriebskapital einen Abwasserbeitrag.

(2) Die Höhe des Betriebskapitals wird auf 7.420.923,00 DM = 3.794.257,68 EURO festgesetzt.

(3) ...

§ 21

Gegenstand der Beitragspflicht

(1) Der erstmaligen Beitragspflicht im Sinne von § 20 Abs. 1 unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, wenn sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen.

(2) Wird ein Grundstück an die öffentliche Abwasseranlagen tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es den Beitragspflichten auch dann, wenn die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind.

(3) Grundstücke im Sinne der Absätze 1 und 2, die bei Inkrafttreten dieser Satzung bereits an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind, unterliegen der erstmaligen Beitragspflicht gemäß § 20 Abs. 1. Voraussetzung ist, dass das Abwasser behandelt wird und die Abwasseranlagen den rechtlichen Anforderungen genügen.

(4) Grundstücke im Sinne der Absätze 1 bis 3, für die schon ein erstmaliger Beitrag nach den Vorschriften des SächsKAG oder des Vorschaltgesetzes Kommunalfinanzen entstanden ist, unterliegen einer weiteren Beitragspflicht, wenn dies durch Satzung (§ 20 Abs. 3) bestimmt wird.

...

§ 23

Beitragsmaßstab

Maßstab für die Bemessung des Abwasserbeitrags unter § 33 Abs. 1 Nr. 1 ist die Nutzungsfläche. Diese ergibt sich durch Vervielfachen der Grundstücksfläche (§ 24) mit dem Nutzungsfaktor (§ 25).

§ 24

Grundstücksfläche

(1) Als Grundstücksfläche gilt:

1. Bei Grundstücken im Bereich eines Bebauungsplans die Fläche, die unter Berücksichtigung des § 19 Abs. 1 SächsKAG der Ermittlung der zulässigen Nutzung zugrunde zu legen ist;

2. bei Grundstücken, die mit ihrer gesamten Fläche im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) oder im Bereich eines Bebauungsplanes, der die erforderlichen Festsetzungen nicht enthält, liegen, die Fläche, die unter Berücksichtigung des § 19 Abs. 1 SächsKAG der Ermittlung der zulässigen Nutzung zugrunde zu legen ist;

3. bei Grundstücken, die teilweise in den unter Buchstaben 1. und 2. beschriebenen Bereichen und teilweise im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die nach § 19 Abs. 1 SächsKAG maßgebende Fläche;

4. bei Grundstücken, die mit ihrer gesamten Fläche im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die nach § 19 Abs. 1 SächsKAG maßgebende Fläche.

(2) ...

§ 25

Nutzungsfaktor

(1) Der Nutzungsfaktor bemisst sich nach den Vorteilen, die den Grundstücken nach Maßgabe ihrer zulässigen baulichen Nutzung durch die Einrichtung vermittelt werden. Die Vorteile orientieren sich an der Zahl der zulässigen Geschosse. Als Geschosse gelten Vollgeschosse im Sinne der Sächsischen Bauordnung.

(2) Der Nutzungsfaktor beträgt im Einzelnen:

1. in den Fällen des § 29 Abs. 2 0,2

2. in den Fällen des § 29 Abs. 3 und § 30 Abs. 4 0,5

3. bei eingeschossiger Bebaubarkeit 1,0

4. bei zweigeschossiger Bebaubarkeit 1,5

5. bei dreigeschossiger Bebaubarkeit 2,0

6. bei viergeschossiger Bebaubarkeit 2,5

7. bei fünfgeschossiger Bebaubarkeit 3,0

8. bei sechsgeschossiger Bebaubarkeit 3,5

9. für jedes weitere, über das sechste Geschoss hinausgehende Geschoss eine Erhöhung um 0,5

...

§ 32

Zusätzlicher Abwasserbeitrag von Großverbrauchern

Für Grundstücke, die die Einrichtung nachhaltig nicht nur unerheblich über das normale Maß hinaus in Anspruch nehmen, kann die Gemeinde durch besondere Satzungsregelung zusätzliche Beiträge gem. § 20 SächsKAG erheben.

§ 33

Beitragssatz

(1) Der Abwasserbeitrag errechnet sich aus:

1. einem Beitragsteil bemessen nach § 23 in Höhe von 3,00 DM/qm = 1,53 Euro/qm Nutzungsfläche zur Abgeltung der Kosten für die Abwasseranlagen ohne Grundstücksanschlussleitungen

2. einen Beitragsteil pro Grundstück zur Abgeltung der Kosten für die Grundstücksanschlussleitung nach § 11 Abs. 3 - 6 entsprechend der nachfolgenden Tabelle:

       
Nutzungsfläche bisBeitragsteil für Grundstücksanschlussleitungen Nutzungsfläche bisBeitragsteil für Grundstücksanschlussleitungen 
in m2in DMin Euroin m2in DMin Euro
5002.2001.124,84220006.5003.323,40
10002.3001.175,97225006.6003.374,53
15002.4001.227,10230006.7003.425,66
20002.5001.278,23235006.8003.476,78
25002.6001.329,36240006.9003.527,91
30002.7001.380,49245007.0003.579,04
35002.8001.431,62250007.1003.630,17
40002.9001.482,75255007.2003.681,30
45003.0001.533,88260007.3003.732,43
50003.1001.585,00265007.4003.783,56
55003.2001.636,13270007.5003.834,69
60003.3001.687,26275007.6003.885,82
65003.4001.738,39280007.7003.936,95
70003.5001.789,52285007.8003.988,08
75003.6001.840,65290007.9004.039,21
80003.7001.891,78295008.0004.090,34
85003.8001.942,91300008.1004.141,46
90003.9001.994,04305008.2004.192,59
95004.0002.045,17310008.3004.243,72
100004.1002.096,30315008.4004.294,85
105004.2002.147,43320008.5004.345,98
110004.3002.198,56325008.6004397,11
115004.4002.249,68330008.7004.448,24
120004.5002.300,81335008.8004.499,37
125004.6002.351,94340008.9004.550,50
130004.7002.403,07345009.0004.601,63
135004.8002.454,20350009.1004.652,76
140004.9002.505,33355009.2004.703,89
145005.0002.556,46360009.3004.755,01
150005.1002.607,59365009.4004.806,14
155005.2002.658,72370009.5004.857,27
160005.3002.709,85375009.6004.908,40
165005.4002.760,98380009.7004.959,53
170005.5002.812,11385009.8005.010,66
175005.6002.863,23390009.9005.061,79
180005.7002.914,363950010.0005.112,92
185005.8002.965,494000010.1005.164,05
190005.9003.016,624050010.2005.215,18
195006.0003.067,754100010.3005.266,31
200006.1003.118,884150010.4005.317,44
205006.2003.170,014200010.5005.368,56
210006.3003.221,144250010.6005.419,69
215006.4003.272,274300010.7005.470,82

(2) Der Abwasserbeitrag wird in 4 gleich großen Jahresraten erhoben.

..."

Nach § 1 Abs. 1 der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung betreibt die Antragsgegnerin die Beseitigung des im Satzungsgebiet anfallenden Abwassers als eine öffentliche Einrichtung. Zum In-Kraft-Treten der Ausgangssatzung vom 10.12.1998 sieht deren § 54 Abs. 2 Satz 1 vor, dass diese Satzung unmittelbar nach Rechtskraft der Auflösung des Abwasserzweckverbandes "Untere Dahle" in Kraft tritt.

Auf die Beschlussfassung des Stadtrates über die 4. Änderungssatzung am 8.6.2000 hat die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin noch in jener Sitzung zu Protokoll erklärt, die Beschlüsse über den Verteilungsmaßstab des § 33 Abs. 1 (Beschluss 13.6.), das Betriebskapital (Beschluss 13.8.) sowie den Beschluss über die 4. Änderungssatzung (Beschluss 13.11.) wegen Rechtswidrigkeit der Beschlüsse zu beanstanden. Zur Begründung gab sie an, im Gegensatz zur Fassung vom 18.5.2000 sei der jetzt beschlossene Verteilungsmaßstab rechtswidrig, da er bei Grundstücken bis zu 300 qm zu einem Beitragssatz von 10,33 DM/qm Nutzungsfläche führe.

Zur Begründung ihres Widerspruchs nach § 52 Abs. 2 Sächsische Gemeindeordnung - SächsGemO - führte sie unter dem 9.6.2000 aus, bei Grundstücken bis 500 qm Nutzungsfläche überschreite der sich aus den Kosten für die Abwasseranlagen ohne Grundstücksanschlussleitungen von 3,00 DM/qm Nutzungsfläche und den Kosten für die Grundstücksanschlussleitungen beginnend mit 2.200,- DM für Grundstücke zusammensetzende Beitrag den angemessenen Beitragssatz nach der Globalberechnung in Höhe von 6,84 DM/qm Nutzungsfläche um 0,56 DM/qm Nutzungsfläche. Diese Differenz werde bei Grundstücken mit einer geringeren Größe als 500 qm noch größer. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Vorteilsprinzip aus § 18 Abs. 1 SächsKAG.

In der Stadtratssitzung vom 3.7.2000 erklärte die Bürgermeisterin, sie habe ihre Widersprüche nach eingehenden Gesprächen mit "höheren Behörden" zur Vermeidung eines langjährigen Rechtsstreits und in Ansehung dringend notwendiger Investitionen zurückgenommen. Gleichwohl bleibe sie bei ihrer Auffassung eines mit dieser Satzung verbundenen hohen Risikos.

Die Antragsgegnerin hat das von ihr gewählte Beitragsmodell in einer "Bürgerinformation des Stadtrates und der Bürgermeisterin zu den Abwasserbeiträgen" (Dahlener Nachrichten Nr. 11 vom 10.11.2000) im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Warum eine Dahlener Lösung ?

1. Grundstücksanschlüsse

Das Stadtgebiet von Dahlen ist von unterschiedlicher Größenstruktur der Grundstücke gekennzeichnet. Es umfasst insbesondere im Stadtkern viele kleinere Grundstücke und im äußeren Bereich sowie in den Ortsteilen größere Grundstücksflächen mit einer offeneren Bebauung mit großen Baulücken und einer Häufung von Grundstücken über 1000 qm, u.a. Dreiseithöfe mit über 2000 qm Grundstücksfläche. Jedes Grundstück, egal welche Größe, benötigt einen Grundstücksanschluss. Der Durchschnittswert dieses Anschlusses im Zuge des Kanalbaues ist in der Globalberechnung mit durchschnittlich 3.219,- DM ermittelt.

Bereits seit 1991 wurden in Dahlen neue Straßen und Abwasserleitungen verlegt (August-Bebel-Straße, Belgernsche Straße, Scheffelstraße und Kirchstraße, Brühl). Jedes dieser Grundstücke hat im Zuge der Baumaßnahmen einen neuen Anschluss erhalten.

Die Möglichkeit der Veranlagung der Grundstücksanschlüsse als Aufwandsersatz ist im Falle der Stadt Dahlen ungeeignet, da für ca. 340 von 1990 bis 1996 errichtete Anschlüsse wegen Überschreitung der Verjährungsfrist eine Kostenerstattung nicht mehr möglich ist. Das würde zu hohen Einnahmeausfällen führen.

2. KAG-Lösung

Die Anwendung des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) hätte einen angemessenen Beitragssatz unter Einbeziehung der Grundstücksanschlusskosten von 6,84 DM je qm Nutzungsfläche ergeben.

Für Grundstücke mit einer Nutzungsfläche von 400 qm wäre dementsprechend ein Beitrag von 2.736 DM fällig geworden. Dieser Beitrag würde nicht einmal die durchschnittlichen Grundstücksanschlusskosten in Höhe von 3.219 DM (siehe unter 1) decken. Für einen Dreiseithof mit 2000 qm Nutzungsfläche würde der Beitrag 13.680 DM betragen. Für beide Grundstücke werden jedoch jeweils durchschnittlich 3.219 DM Grundstücksanschlusskosten benötigt. Das hätte zur Folge, dass für kleinere Grundstücke die tatsächlichen Kosten mit dieser Lösung nicht gedeckt wären.

Im Zuge der Diskussion der Beitragssatzung wurde nun ermittelt, bei welcher Nutzungsfläche ein Kostenausgleich erfolgen würde:

Diese Ermittlung erfolgte ohne Einbeziehung der Kosten für Grundstücksanschlüsse mit der Annahme eines angemessenen Beitragssatzes von 4,48 DM je qm Nutzungsfläche.

Die Kosten für den Grundstücksanschluss wurden als Festbetrag hinzugerechnet.

Beitrag: 400 qm NF x 6,84 DM = 2.736 DM 400 am NF x 4,48 DM = 1.792 DM + 3.219 DM durchschnittliche Kosten für den Grundstücksanschluss nach Aufwandsersatz Gesamt 5.011 DM

1300 qm NF x 6,84 DM = 8.892 DM 1300 qm NF x 4,48 D = 5.824 DM + 3.219 DM durchschnittliche Kosten für den Grundstücksanschluss Gesamt 9.043 DM

2000 qm NF x 6,84 DM = 13.860 DM 2000 qm NF x 4,48 DM = 8.960 DM + 3219 DM durchschnittliche Kosten für den Grundstücksanschluss Gesamt 12.179 DM

Ein Kostenausgleich findet demnach erst bei Grundstücken mit einer Nutzungsfläche von 1.300 qm statt. Das bedeutet, dass alle Grundstücke mit einer Größe von über 1.300 qm Nutzungsfläche die Kosten der kleineren Grundstücke mittragen würden.

Die Erfassung aller beitragspflichtigen Grundstücke der Globalberechnung hat ergeben, dass ca. 40% aller erfassten Grundstücke eine Nutzungsfläche von mehr als 1.300 qm haben.

60% aller Grundstücke liegen darunter, sind also kleiner.

3. Die Dahlener Lösung

Die beschlossene Dahlener Lösung soll bewirken, dass gerechterweise zumindest annähernd die durchschnittlichen Grundstücksanschlusskosten in Höhe von 3.219 DM von den kleineren Grundstücken mitgetragen werden.

Um den Vorschriften des § 18 Abs. 1 SächsKAG gerecht zu werden, wurden die Beiträge für die Grundstücksanschlüsse ebenfalls gestaffelt.

400 qm x 3 DM = 1200 DM + 2200 DM Beitragsteil für Grundstücksanschlussleitungen; Gesamtbeitrag: 3.400 DM

1.300 qm x 3 DM = 3.900 DM + 2400 DM Beitragsteil für Grundstücksanschlussleitungen; Gesamtbeitrag: 6.300 DM

2000 qm x 3 DM = 6.000 DM + 3.300 DM Beitragsteil für Grundstücksanschlussleitungen; Gesamtbeitrag: 9.300 DM

Gesamtvergleich:

     
Nutzungsfläche Fläche des GrundstücksAngemessener Beitrag 6,84 DMAngemessener Beitrag 4,48 DM + durchschnittlicher Festbetrag nach Aufwandsersatz von 3.219 DMAngemessener Beitrag 3,00 DM + gestaffelter Beitragsteil für Grundstücksanschlussleitungen
 Nach Auffassung der Stadträte ungerecht, da Kosten für die durchschnittlichen Grundstücksanschlüsse in Höhe von 3.219 DM nicht von allen beitragspflichtigen Grundstücken gedeckt werdenFestbetrag für Aufwandsersatz nicht möglich, führt zu Einnahmeverlusten für die Stadt, da für Grundstücke, die bis 1996 einen Grund-stücksanschluss erhielten, kein Aufwandsersatz mehr verlangt werden kannNach Auffassung der Mehrheit der Stadträte gerechteste Lösung für alle beitragspflichtigen Grundstücke, da unter Anwendung des § 18 Abs. 1 SächsKAG, entsprechend dem Vorteilsprinzip ein annähernder Kostenausgleich für die Grundstücksanschlussleitungen erzielt wird
400 qm NF (Nutzungsfläche)2.736 DM5.011 DM3.400 DM
1300 qm NF8.892 DM9.043 DM6.300 DM
2000 qm NF13.680 DM12.179 DM 9.300 DM"

Zur Begründung seines Antrages führt der Antragsteller im Wesentlichen aus:

Die Satzung sei schon formell rechtswidrig. Gemäß § 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zur Sächsischen Gemeindeordnung müssten Satzungen in ihrem vollen Wortlaut bekannt gemacht werden. Daran fehle es hier. Zwar sei der ursprüngliche Satzungsinhalt vollständig bekannt gemacht worden. Nachfolgend seien hingegen nur die mit den Änderungssatzungen geänderten Regelungen bekannt gemacht worden, so dass es an einer vollständigen Bekanntmachung der geänderten Satzung gefehlt habe. Ein Laie sei nicht mehr in der Lage gewesen, ohne juristische Beratung festzustellen, welcher Satzungstext denn jetzt gegolten habe. Hierin liege ein wesentlicher Verfahrensfehler i.S.v. § 4 Abs. 4 Satz 2 SächsGemO.

Die durch die 4. Änderungssatzung neu eingefügten §§ 20 bis 38 AbwS seien im Wesentlichen nicht durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Beiträge seien nicht nach dem Maßstab der gebotenen Vorteile und ihrer wahrscheinlichen Inanspruchnahme verteilt worden. Die von der Antragsgegnerin als "Dahlener Lösung" bezeichnete Beitragsbemessung führe dazu, dass der Antragsteller statt eines Beitrages von 4.446,- DM einen Beitrag von 5.225,- DM zahlen müsse. Dieser Beitragsmaßstab, der auf eine Heranziehung auch der kleineren Grundstücke in Höhe von mindestens der durchschnittlichen Anschlusskosten in Höhe von 3.219,- DM abziele, sei unzulässig. Er führe zu einer übermäßigen Belastung von Grundstücken im Stadtkern. Unter diesen Umständen erfolge die Beitragsbemessung gerade nicht unter Berücksichtigung der Nutzungsmöglichkeiten. Die im Außenbereich liegenden Grundstücke müssten mit den bei ihnen anfallenden höheren Anschlusskosten belastet werden. Schließlich erführen sie auch einen höheren Vorteil, da sie nicht dem räumlich engen Stadtkern ausgesetzt seien. Gleichwohl würden die großen Grundstücke durch die kleinen und mittleren Grundstücke subventioniert, ohne dass es hierfür eine Ermächtigungsgrundlage gebe. Der nach oben offene Nutzungsfaktor in § 25 Abs. 2 AbwS verstoße gegen § 17 Baunutzungsverordnung - BauNVO - .

Letztlich sei es fehlerhaft, für die Gewerbegebiete keinen Zuschlag vorzusehen, obwohl diese deutlich intensiver genutzt würden als Wohngrundstücke. § 32 der Satzung sei insoweit nicht hinreichend bestimmt und ungeeignet.

Der Antragsteller beantragt,

§ 1 der Satzung zur 4. Änderung der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung) der Stadt Dahlen vom 8. Juni 2000 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, die "Dahlener Lösung" sei mit dem Sächsischen Kommunalabgabengesetz vereinbar. So wie eine Veränderung des Maßstabes etwa bei der Steigerung pro Geschoss von 0,25 auf 1,0 oder die Einführung des Nutzungsflächenmaßstabes zulässig sei und zu anderen Gewichtungen führe, stelle auch das hier gewählte Modell einen zulässigen Verteilungsmaßstab dar. Auch dieses führe zu einer anderen Gewichtung. Es liege in der Natur von unterschiedlichen Maßstäben, dass bei dem einen Maßstab die eine Art von Grundstücken "privilegiert" werde und bei einem anderen Maßstab eine andere Gruppe "privilegiert" werde.

Nachdem die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11.7.2001 ihre Absicht bekundet hatte, ihre Satzung an die Rechtsprechung des Senats zur Bildung mehrerer Einrichtungen im Fall von unterschiedlicher Vorteilsvermittlung anpassen zu wollen, erklärte sie auf gerichtliche Nachfrage am 19.6.2003, ihre Satzung nun doch nicht ändern zu wollen, da der Anteil der teilentsorgten Nutzungsflächen unter einem Prozent liege.

Mit Schreiben vom 29.10.2003 hat der Senat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass es nach seiner Entscheidung vom 24.2.2003 - 5 B 614/02 - darauf ankomme, ausgehend von den Kostenanteilen von Schmutz- und Niederschlagsentwässerung eine Quote zu bilden und mit dieser - ausgehend vom festgesetzten Betriebskapital - den jeweiligen Beitrag für Voll- und Teilentsorgung zu bilden. Erst dann komme die 10 % - Quote zur Anwendung.

Die Antragsgegnerin hat hierauf am 10.11.2003 ausgeführt, der Umfang der teilentsorgten Grundstücke in ihrem Satzungsgebiet betrage 1,02 % der Beitragsmaßstabsfläche. Nach ihrer Berechnung ergibt sich gegenüber dem nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 AbwS auf 1,53 € qm/Nutzungsfläche festgesetzten Beitrag bei einer Alternativberechnung für teilentsorgte Grundstücke ein Beitrag von 0,94 € qm/Nutzfläche und von 1,54 € qm/Nutzfläche für vollentsorgte Grundstücke.

Dem Senat liegen die Akte des Verwaltungsgerichts sowie zehn Heftungen zum Verwaltungsvorgang vor, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Auf diese und die gewechselten Schriftsätze wird wegen der näheren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstückes im Satzungsgebiet der Antragsgegnerin. Mit Schreiben vom 22.9.2000 hat diese ihm gegenüber die Festsetzung eines Abwasserbeitrages angekündigt.

Der am 30.10.2000 erhobene Antrag wahrt gegenüber der Satzung zur 4. Änderung der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung (Abwassersatzung) - AbwS - der Antragsgegnerin vom 8.6.2000 die Zweijahresfrist aus § 47 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Der Antrag ist begründet.

I. In formeller Hinsicht begegnet die Abwassersatzung keinen Bedenken. Die in diesem Zusammenhang vom Antragsteller erhobene Rüge einer fehlerhaften Bekanntmachung der Änderungssatzung greift nicht durch. Es ist nicht zu beanstanden, dass diese - wie auch die vorhergehenden Änderungssatzungen - lediglich mit ihrem Wortlaut - ohne Bekanntmachung des vollständigen Wortlautes der geänderten Satzung - bekannt gemacht wurde. Nach § 7 der hier maßgeblichen Verordnung des Sächsischen Staatsministerium des Innern über die Formen kommunaler Bekanntmachung (Kommunalbekanntmachungsverordnung - KomBekVO) vom 19.12.1997 haben öffentliche Bekanntmachungen mit dem vollen Wortlaut zu erfolgen. Bekannt zu machen ist die Satzung (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KomBekVO). Im Fall der hier in Rede stehenden Änderungssatzung, welche aus sich selbst heraus verständlich ist, ist diese zu veröffentlichen. Einer Veröffentlichung des vollständigen Textes der geänderten Satzung bedarf es nicht. Eine unzumutbare Erschwernis, den ab der Änderung maßgeblichen Satzungstext festzustellen, folgt hieraus nicht. Dieser ergibt sich ohne weiteres aus der Zusammenschau mit den bisher veröffentlichten Fassungen der maßgeblichen Satzung.

II. Die Satzung zur 4. Änderung der Abwassersatzung ist materiell fehlerhaft und deshalb nichtig.

1. Die Bemessung des Beitrages in § 33 Abs. 1 AbwS in der Kombination eines vorteilsbezogenen Maßstabes (Nr. 1) und eines sich degressiv zur Nutzungsfläche verhaltenden Beitragsteils für die Herstellung der Grundstücksanschlussleitungen (Nr. 2) verstößt gegen den Vorteilsgrundsatz aus § 18 Abs. 1 Sächsisches Kommunalabgabengesetz - SächsKAG - und führt zur Nichtigkeit der Satzung zur 4. Änderung der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung.

Dieser Verteilungsmaßstab vernachlässigt das Maß der baulichen Nutzungsmöglichkeit eines Grundstückes und weist den kleineren Grundstücken einen überproportional hohen Kostenanteil zu. Das hiermit verfolgte Ziel, jeden Beitragspflichtigen möglichst zumindest in Höhe der durchschnittlichen Kosten für die Grundstücksanschlussleitungen heranzuziehen, verstößt jedenfalls in der vorliegenden Ausgestaltung gegen den Vorteilsgrundsatz. Beispielhaft hat § 33 Abs. 1 Nr. 2 AbwS zur Folge, dass pro Quadratmeter Nutzungsfläche bei einem Grundstück von 300 qm ein Betrag von 3,75 € für die Herstellungskosten der Grundstücksanschlussleitungen entsteht, bei 500 qm von 2,25 €, bei 800 qm von 1,47 €, bei 1000 qm von 1,18 € und bei 2000 qm von 0,64 €.

a) Der Senat hat im Hinblick auf den zulässigen Verteilungsmaßstab die Rechtsprechung des zuvor zuständigen 2. Senats (zuletzt grundsätzlich: Urt. v. 21.10.1999, SächsVBl 2000, 65 - Heidenau II) uneingeschränkt fortgeführt, der zufolge die Beiträge gemäß § 18 Abs. 1 SächsKAG nach einem Maßstab zu bemessen sind, der die den Grundstücken gemäß ihrer baulichen oder sonstigen Nutzbarkeit durch die Einrichtung vermittelten unterschiedlichen Vorteile berücksichtigt. Der Vorteil nach § 18 Abs. 1 SächsKAG besteht in der mit der Möglichkeit des Anschlusses des Grundstückes an die öffentliche Einrichtung vermittelten baulichen oder sonstigen Nutzungsmöglichkeit (SächsOVG, aaO, 67). Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und der Durchschaubarkeit ist es hiernach nicht erforderlich, hinsichtlich des Maßes der Nutzung nach Gebietsarten zu differenzieren, wie auch eine Berücksichtigung der zulässigen Geschossflächen nicht erforderlich ist. Es genügt, den vermittelten Vorteil durch einen Beitragsmaßstab zu erfassen, welcher die Grundstücksfläche mit der Zahl der zulässigen Vollgeschosse vervielfacht und die sich hieraus ergebende Nutzungsfläche für die Verteilung des Betriebskapitals zugrunde legt.

Dieser Beitragsmaßstab ist auch dann zur sachgerechten Ermittlung der Beiträge geeignet, wenn das Gebiet, das von der Abwasserbeseitigung erfasst wird, eine unterschiedliche Bebauung aufweist und auch die Grundstücke in ihrer Größe stark voneinander abweichen (SächsOVG, aaO.).

Der Verteilungsmaßstab des § 33 Abs. 1 Nr. 2 AbwS widerspricht dem so verstandenen Vorteilsprinzip. Er weist den Grundstücken, beginnend bei einer Nutzungsfläche von bis zu 500 qm, einen Grundbetrag von 1.124,84 € zu und staffelt diesen in leicht degressiver Ausgestaltung in Schritten von je 500 qm/Nutzungsfläche. Ihm fehlt es an einer hinreichenden Beziehung zu dem abzugeltenden Vorteil in Gestalt des durch die Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Einrichtung der Abwasserbeseitigung vermittelten Vorteils der baulichen und sonstigen Nutzungsmöglichkeit. Er führt zu einer Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte.

b) Diese Betrachtungsweise steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hat bereits in seiner Entscheidung vom 25.8.1982 (Buchholz 301.9 Nr. 20) ausgeführt: "Die Bemessung eines Entwässerungsbeitrages nach einem für alle Grundstücke gleichen Grundbetrag ist mit dem Gleichheitssatz nur in Ausnahmefällen vereinbar. Das gilt auch dann, wenn die Verteilungsregelung neben dem Grundbetrag eine Berücksichtigung der Geschossflächen vorsieht (kombinierter Verteilungsmaßstab). ... Denn im Umfang des Grundbetrages werden die durch die Anschlussmöglichkeit bewirkten unterschiedlichen Vorteile gleich bewertet, nämlich größeren Vorteilen und kleineren Vorteilen dieselbe beitragsrechtliche Wertigkeit zugeordnet. Der Maßstab bevorteilt (entlastet) größere oder baulich intensiver ausnutzbare Grundstücke und benachteiligt (überbelastet) kleinere oder baulich weniger intensiv ausnutzbare Grundstücke".

Eine Rechtfertigung des Maßstabes in § 33 Abs. 1 Nr. 2 AbwS lässt sich auch nicht aus der Annahme ableiten, dass durch die Verschaffung einer Anschlussmöglichkeit jedes Grundstück einen "Mindestvorteil" erfährt, welcher in Gestalt eines Grund- oder Sockelbetrages berücksichtigt werden könnte. Auch insoweit ist höchstrichterlich geklärt, dass der Beitrag für einen Vorteil erhoben wird, der nicht in unterschiedliche Bemessungskriterien wie etwa nach "Grund" und "Höhe" aufgespalten werden kann. Es stellt eine unzutreffende Annahme dar, dass den beitragspflichtigen Grundstücken durch die Möglichkeit ihres Anschlusses an die öffentliche Einrichtung der Abwasserbeseitigung zunächst einmal ein Vorteil in gleicher Höhe und darüber hinaus ein weiterer Vorteil erwächst, der den jeweiligen Grundstücksmerkmalen entspricht (BVerwG, Beschl. v. 19.9.1983, Buchholz 401.9 Nr. 22). Wegen seiner mangelnden Vorteilsbezogenheit ist auch hiernach ein Grundbetrag nicht dazu geeignet, etwaige Ungerechtigkeiten einer anderen Verteilungsweise abzumildern oder zu beseitigen (BVerwG, aaO).

Auch vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist eine beitragsrechtliche Rechtfertigung für den in der Art eines Grundbetrages mit leichter degressiver Erhöhung ab einer Nutzungsfläche von mehr als 500 qm ausgestalteten Beitragsteil in § 33 Abs. 1 Nr. 2 AbwS und für den auf seiner Grundlage gebildeten Beitrag aus § 33 AbwS ausgeschlossen.

c) Eine Rechtfertigung des in § 33 Abs. 1 Nr. 2 AbwS gewählten Beitragsmaßstabes durch § 33 SächsKAG ist nicht möglich.

Hiernach können die Gemeinden bestimmen, dass ihnen der Aufwand für die Herstellung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Haus- oder Grundstücksanschlüsse an Versorgungsleitungen und Abwasserbeseitigungsanschlüsse anstelle über Gebühren (§§ 9 bis 16) oder Beiträge (§§ 17 bis 25) gesondert zu ersetzen ist, soweit die Maßnahmen vom Anschlussnehmer zu vertreten sind oder ihm dadurch Vorteile zuwachsen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG). Der Aufwand kann in der tatsächlich entstandenen Höhe oder nach Einheitssätzen ermittelt werden (§ 33 Abs. 1 Satz 3 1. Hs SächsKAG). Der Ersatzanspruch entsteht unter der Voraussetzung, dass die Maßnahmen nach In-Kraft-Treten der Satzung abgeschlossen worden sind, mit der betriebsfertigen Herstellung der Anschlussleitung, im Übrigen mit der Beendigung der Maßnahme (§ 33 Abs. 2 Satz 1 SächsKAG).

In formeller Hinsicht fehlt es hier an einer Satzung i.S.v. § 33 SächsKAG. Sie stellt nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG die notwendige Voraussetzung für eine gegenüber Gebühren oder Beiträgen anderweitigen Refinanzierung des Aufwandes von u.a. Grundstücksanschlussleitungen dar. Insoweit ist es konsequent, im Fall einer Nichtausübung dieser Regelungsmöglichkeit und Refinanzierung des Aufwandes über Beiträge uneingeschränkt an den vorgenannten beitragsrechtlichen Maßgaben für einen zulässigen Verteilungsschlüssel festzuhalten. Der in der Sphäre der Antragsgegnerin liegende Umstand einer in der Vergangenheit unterbliebenen Erhebung eines Aufwandsersatzes und infolgedessen insoweit eingetretener Festsetzungsverjährung rechtfertigt es nicht, im hier vorliegenden Fall einer Refinanzierung über Beiträge die beitragsrechtlichen Grundsätze aus § 18 Abs. 1 SächsKAG unangewendet zu lassen. Eine Umdeutung des § 33 Abs. 1 Nr. 2 AbwS in eine Aufwandssatzung ist ausgeschlossen, da mit ihr schon nicht der auf die einzelnen Grundstücke entfallende Aufwand abgerechnet wird.

2. Die 4. Änderungssatzung ist zudem fehlerhaft, da in ihrem § 33 Abs. 1 AbwS ein Beitragssatz vorgesehen ist, der es unberücksichtigt lässt, dass die Antragsgegnerin die ihr obliegende Aufgabe der Abwasserbeseitigung in unterschiedlichem Umfang wahrnimmt und infolgedessen den Grundstücken unterschiedliche Vorteile vermittelt.

Die Nichtberücksichtigung einer unterschiedlichen Vorteilsvermittlung im Umfang von 1,02 % lediglich schmutzwasserentsorgter Nutzungsfläche lässt sich auch in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. vom 16.9.1981, NVwZ 1982, 622 = DVBl 1982, 76 = DÖV 1982, 154) nicht rechtfertigen. Maßgeblich ist nicht der Umfang der betroffenen Nutzungsfläche, sondern die Auswirkung des Fehlers auf die Beitragshöhe (vgl. Sächs- OVG, Urt. v. 4.2.2003 - 5 B 640/02; Urt. v. 26.3.2003 - 5 B 638/02; Beschl. v. 2.9.2003 - 5 B 116/03).

Der vorgenannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lag die Situation zugrunde, dass der Satzungsgeber von einer Beitragserhebung für eine Abwasseranlage abgesehen hatte und eine Refinanzierung allein über Gebühren vollzog. Dies hatte zur Folge, dass beitragspflichtige - weil bebaubare - Grundstücke gebührenfrei blieben, da sie mangels vorhandener Bebauung keiner Gebührenpflicht unterlagen, obwohl auch sie von der Herstellung der Abwasseranlage Vorteile erfuhren. Eine derartige Ungleichbehandlung sah das Bundesverwaltungsgericht nach den Grundsätzen der Verwaltungspraktikabilität und der Typengerechtigkeit solange als sachlich gerechtfertigt an, wie der Anteil der nicht angeschlossenen unbebauten, aber bebaubaren Grundstücke an den Grundstücken, die einen abgabenrechtlichen Vorteil von der Abwasseranlage erführen, nicht mehr als 20 % betrage. Dies begründete es mit dem Umstand, dass in dem entschiedenen Fall der Grenzwert von 20 % zu einer im Rahmen des Grundsatzes der Typengerechtigkeit zu tragenden Gebührenmehrbelastung von 10 % geführt hätte. Eine Überschreitung der als Richtwert aufzufassenden 20 %-Grenze sah das Bundesverwaltungsgericht als unschädlich an, wenn dies zu keiner den Wert von 10 % übersteigenden Gebührenmehrbelastung führe.

Hiervon ausgehend kommt die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und der Typengerechtigkeit in Betracht, sofern die durch sie bewirkte Mehrbelastung sich im Bereich von bis zu 10 % bewegt. Liegt hingegen die festzustellende Mehrbelastung oberhalb dieser Grenzwerte, ist auch nach Maßgabe der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.9.1981 (aaO) ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG - festzustellen, da insoweit eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch die Gesichtspunkte der Verwaltungspraktikabilität und Typengerechtigkeit nicht mehr möglich ist. Hier findet auch der dem Beklagten zustehende normgeberische Ermessensspielraum seine Grenze (vgl. SächsOVG, aaO).

Hier kann nicht festgestellt werden, dass die mangelnde Beachtung des Gleichheitssatzes in Gestalt seines Verbots zur Gleichbehandlung von im Wesentlichen Ungleichem zu einer nur unerheblichen und im Bereich von bis zu 10 % liegenden Mehrbelastung der lediglich teilentsorgten Beitragsschuldner führt. Die Angaben der Antragsgegnerin in Verbindung mit der Globalberechnung 2000 führen vielmehr zu dem Schluss, dass die Beiträge der lediglich teilentsorgten Grundstücke in Höhe von einem deutlich über dem Richtwert von 10 % liegenden Umfang überhöht sind, da sie für die ihnen nicht zur Verfügung stehende Niederschlagswasserentsorgung mitzahlen müssen.

Wie sich aus der nachfolgenden Darstellung ergibt, müssten die lediglich teilentsorgten Grundstücke bei einer Verteilung des Betriebskapitals allein nach einem Nutzungsflächenmaßstab auf Grundlage der Berechnungen der Antragsgegnerin anstatt 3,49 €/qm Nutzungsfläche lediglich einen Beitrag im Bereich von 2,16 €/qm Nutzungsfläche zahlen. Dieser Betrag entspricht einem Anteil des Betriebskapitals Schmutzwasser von 61,98 %. Auf die Niederschlagsentwässerung entfällt ein Anteil von 38,02 %. Dies ergibt einen Betrag von 1,38 €/qm Nutzungsfläche.

Nach dem "Dahlener Modell" verringert sich das nach der Globalberechnung in Höhe von 5.550.918,02 € ermittelte angemessene Betriebskapital für Schmutz- und Niederschlagswasserentwässerung auf den in § 20 Abs. 2 AbwS festgesetzten Betrag von 3.794.257,68 €. In diesem Betrag ist der Aufwand für die Herstellung der Grundstücksanschlussleitungen in Höhe von 1.377.113,55 € eingestellt. Das Betriebskapital für Schmutz- und Niederschlagswasser beträgt 2.417.144,13 €. Vom Betriebskapital SW und NW in Höhe von 2.417.144,13 € = 100 %

entfallen auf SW 1.498.145,93 € = 61,98 %

entfallen auf NW 918.998,19 € = 38,02 %

Dies ergibt bei einer Nutzungsfläche von 1.587.880 qm

für SW 0,94 € qm/Nutzfläche

für NW 0,58 € qm/Nutzfläche

Der Beitrag wird für diesen Fall aus einem Betrag von 0,94 € qm/Nutzfläche für die Schmutzwasserentwässerung und von 0,58 € qm/Nutzfläche für die Niederschlagswasserentwässerung sowie im Übrigen durch die nicht nach dem Nutzungsflächenmaßstab verteilten Kosten für die Grundstücksanschlussleitungen gebildet. Dies entspricht einem Anteil der Niederschlagswasserentwässerungskosten an dem gedachten Durchschnittsbeitrag von 3,49 € in Höhe von 16,7 %.

Die Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte überschreitet damit die maßgebliche Quantitätsgrenze deutlich. Eine Rechtfertigung dieses Mangels aus den Grundsätzen der Verwaltungspraktikabilität wie auch der Typengerechtigkeit ist ausgeschlossen.

3. Dem Antragsteller kann nicht in der Auffassung eines fehlerhaften Nutzungsfaktors in § 25 Abs. 2 AbwS gefolgt werden. Der "nach oben offene" Nutzungsfaktor entspricht der Rechtsprechung des Senats und ist erforderlich, um sicherzustellen, dass der mit zunehmender Geschossigkeit steigende Vorteil der baulichen Nutzbarkeit bei der Beitragsbemessung berücksichtigt wird.

4. Es kann kein Mangel darin erkannt werden, dass die Satzung keinen Zuschlag für Gewerbegebiete vorsieht, wie auch § 32 AbwS entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu unbestimmt ist. Gemäß § 20 SächsKAG können zusätzliche Beiträge von Großverbrauchern erhoben werden. Dass hier insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegen könnte, ist nicht ersichtlich. Allein der Umstand vorhandener Gewerbegebiete ist hierfür kein hinreichender Gesichtspunkt. Oftmals ist in ihnen die Inanspruchnahme der Abwassereinrichtungen sogar geringer als in Wohngebieten. § 32 AbwS verweist - nachrichtlich - auf die Regelung des § 20 SächsKAG, was unbedenklich ist. Hierbei handelt es sich um eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer - hinreichend bestimmten - Satzung.

5. Das vorliegende Verfahren gibt aufgrund der vorstehend festgestellten Mängel der Satzung zur 4. Änderung der Satzung über die Abwasserbeseitigung keinen Anlass zur Klärung der Frage, ob schon die Ausgangsfassung der Abwassersatzung vom 10.12.1998 wegen ihrer Inkrafttretensregelung in § 54 Abs. 2 AbwS fehlerhaft ist. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage, ob im Zeitpunkt noch nicht - wieder - zustehender Satzungskompetenz ein Satzungsbeschluss mit Wirkung für die Zukunft möglich ist. Eine Rechtfertigung dieser Verfahrensweise mit dem Argument der Ermöglichung eines "nahtlosen" Übergangs des Satzungsrechts vom bisherigen auf den - potentiell - zukünftigen Satzungsgeber ist nicht bedenkenfrei. Sie sieht sich dem Einwand ausgesetzt, dass auch insoweit eine "Satzungslücke" zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des Auflösungsbeschlusses und dem Eintritt der "Rechtskraft" dieses Beschlusses besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.671,49 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 25 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz - GKG -. Der Senat legt dabei in ständiger Rechtsprechung in Normenkontrollverfahren, die sich auf den beitragsrechtlichen Teil einer Abwassersatzung beschränken, den nach der Satzung anfallenden Beitrag zugrunde. Seine Festsetzung ist in Höhe von 5.225,- DM von der Antragsgegnerin beabsichtigt, was dem hier festgesetzten Betrag in Euro entspricht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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