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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 23.07.2009
Aktenzeichen: 5 E 79/09
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 3
GKG § 68
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: 5 E 79/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Schmutzwasserbeitrags

hier: Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts

hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Düvelshaupt und die Richterin am Verwaltungsgericht von Wedel

am 23. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerden der Kläger wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. März 2009 - 2 K 1340/08 - geändert. Der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden wird auf 1.055,43 € festgesetzt.

Die Anschlussbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24. März 2009 - 2 K 1340/08 - wird verworfen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Über die Beschwerden entscheidet gem. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG der Senat, dem das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen wurde.

1. Die Streitwertbeschwerden der Kläger sind zulässig und begründet.

Die Beschwerden sind statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands, den in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmten Wert von 200,00 € übersteigt. Der Beschwerdewert errechnet sich aus dem Unterschied der Gebühren, die sich für die Kläger unter Zugrundelegung des angefochtenen Streitwerts - hier 2.323,97 € - und des erstrebten Streitwerts - hier 1.055,43 € - ergeben (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 68 Rn. 10; s. auch BayVGH, Beschl. v. 27.8.2007, - 25 C 07.1887 - juris). Die Differenz der Anwaltsvergütung und der Gerichtsgebühren liegt bei den genannten Streitwerten insgesamt über 200,00 €. Dies gilt auch für die Klägerin zu 2), obwohl wegen des gerichtlichen Kostenanspruchs hier bei der Vergleichsberechnung die Anwaltsvergütung der Beklagten nicht zu berücksichtigen ist.

Die Kläger sind auch beschwerdebefugt. Der Klägerin zu 2) fehlt nicht deshalb die Beschwerdebefugnis, weil sie ausweislich der Kostenentscheidung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 24.3.2009 keine Kosten des Verfahrens trägt, sondern diese allein dem Kläger auferlegt wurden. Beschwerdebefugt ist ein Beteiligter, soweit er von der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung betroffen ist. Die Klägerin zu 2) ist durch die Festsetzung des Streitwerts betroffen. Sie hat hinsichtlich der eigenen Kosten für ihre anwaltliche Vertretung lediglich einen Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu 1). Fällt sie mit diesem Anspruch aus, zum Beispiel im Fall der Vermögenslosigkeit des Klägers zu 1), muss sie ihre vom Streitwert abhängigen Rechtsanwaltskosten selbst tragen. Zusätzlich haftet die Klägerin zu 2) gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG subsidiär für die Gerichtskosten, deren Höhe sich ebenfalls nach der Höhe des Streitwerts richtet.

Die Beschwerden sind begründet. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist zu ändern, denn das Verwaltungsgericht Dresden hat den Streitwert zu hoch festgesetzt.

Der Streitwert ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).

Die Kläger wandten sich im Wege der Anfechtungsklage gegen den Veranlagungsbescheid "zum Schmutzwasserbeitrag nach der zulässigen Bebauungsmöglichkeit Az.: VG/324/2007" vom 2.8.2007. Ein früherer Bescheid über die Erhebung eines Abwasserbeitrags über 4160,00 DM (Nr. SN/100/97) war bestandskräftig geworden und der festgesetzte Betrag bezahlt worden. In dem hier streitgegenständliche Bescheid vom 2.8.2007 wird u. a. ausgeführt, dass wegen der geänderten Satzungsvorschriften eine Beitragserhebung für all jene Grundstücke nachgeholt werden müsse, die "bisher nur zum Beitrag für ein Vollgeschoss (Nutzungsfaktor NF 1,0) veranlagt wurden", obwohl sie mit mehr als nur einem Vollgeschoss bebaubar sind. Weiter heißt es:

"folgender Schmutzwasserbeitrag gesamt:

1.040 m² x Nutzungsfaktor 1,5 x 2,04 €/m² Nutzungsfläche = 3.182,40 €

davon bereits entrichtet (Bescheid-Nr. SN/100/97): 4.160,00 DM/1,95583 = 2.126,97 €

noch zu entrichten: 1.055,43 €"

Eine ausdrückliche Aufhebung des bestandskräftigen Bescheides Nr. SN/100/97 erfolgte nicht. Nach dem objektiven Empfängerhorizont ersetzt deshalb der streitbefangene Bescheid vom 2.8.2007 (Nr. VG/324/2007) nicht den früheren Bescheid Nr. SN/100/97, sondern ergänzt diesen. Der Regelungsgehalt des Bescheides vom 2.8.2007 beschränkt sich damit auf die Verpflichtung zur Entrichtung eines weiteren Schmutzwasserbeitrags von 1.055,43 €, was durch den Fettdruck der entsprechenden Abschnitte des Bescheides zusätzlich hervorgehoben wird. Dieser Betrag ist folglich gemäß § 52 Abs. 3 GKG als Streitwert festzusetzen. Die Gegenüberlegung verdeutlicht dies: Hätten die Kläger mit ihrer Klage obsiegt, wäre der frühere bestandskräftige Bescheid Nr. SN/100/97 ungeachtet einer eventuellen Rechtswidrigkeit bestehen geblieben und hätte für die Beklagte weiterhin einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen des bereits gezahlten Betrags von 2.126,97 € vermittelt.

2. Die Anschlussbeschwerde der Beklagten vom 24.6.2009 ist unzulässig

Das Gerichtskostengesetz enthält keine ausdrückliche Regelung über die Anwendung des § 127 VwGO (Anschlussberufung) auf das Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG. Für eine entsprechende Anwendung besteht bei der Streitwertbeschwerde kein Bedürfnis. Bei der Streitwertbeschwerde gibt es, abgesehen von der Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG, auf die § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG verweist, keine Beschwerdefrist. Nur wenn die Festsetzung später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist erfolgt, ist eine Monatsfrist zu beachten. Die Beteiligten haben demzufolge ausreichend Zeit für die Entscheidung, ob sie eine Streitwertbeschwerde einlegen wollen, oder nicht. Für eine Anschließung an die Streitwertbeschwerde eines anderen Beteiligten gibt es aber auch deshalb kein eine entsprechende Anwendung des § 127 VwGO erforderlich machendes Bedürfnis, weil der Streitwert im Hinblick auf die Beschwerde der Kläger von Amts wegen und sogar zu deren Nachteil abgeändert werden kann. Es besteht kein Verschlechterungsverbot (vgl. für das arbeitsgerichtliche Verfahren: LAG BW, Beschl. v. 24.10.2005 - 3 Ts 159/05 -, juris; allgemein: Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage, § 68 GKG Rn. 19 m. w. N.). Das Rechtsmittelgericht ist selbst bei einer unzulässigen Beschwerde nicht gehindert, den Streitwert gemäß § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen abzuändern (SächsOVG, Beschl. v. 5.10.2007 - 5 E 191/07 -, juris). Dadurch, dass dem Gegner im Streitwertbeschwerdeverfahren Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird, kann er seine Rechtsauffassung zur Höhe des Streitwertes vortragen, die das Gericht, ohne dass er selbst Rechtsmittelführer wird, gleichwohl zu berücksichtigen hat. Eine unselbständige Anschlussbeschwerde ist deswegen nicht erforderlich. Das Gericht behandelt demzufolge die unzulässige Anschlussbeschwerde als Anregung, im Rahmen der Beschwerde der übrigen Beteiligten den Streitwert von Amts wegen höher festzusetzen. Wie bereits oben dargestellt wurde, ist der Streitwert vom Verwaltungsgericht Dresden aber nicht zu niedrig, sondern zu hoch festgesetzt worden.

Die Entscheidung über die Gebührenfreiheit folgt aus § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG. Die Kosten der Beteiligten sind nach § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattungsfähig.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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