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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.09.2009
Aktenzeichen: A 1 A 3/09
Rechtsgebiete: AsylVfG
Vorschriften:
AsylVfG § 78 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss
Az.: A 1 A 3/09
In der Verwaltungsrechtssache
wegen weiteren Asylverfahrens und Abschiebungsschutz
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger
am 18. September 2009
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 21. Oktober 2008 - A 4 K 109/08 - zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Antragsverfahrens.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen. Der Kläger hat nicht gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG - dargelegt, dass die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder des Verfahrensfehlers vorliegen.
Das Darlegungsgebot des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG verlangt, dass der Antragsteller zum einen zumindest einen Zulassungsgrund gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 AsylVfG bezeichnet und zum anderen herausarbeitet, warum die Voraussetzungen des bezeichneten Zulassungsgrundes vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung darauf beschränkt, die vom Antragsteller bezeichneten Zulassungsgründe aufgrund der von ihm vorgetragenen Gesichtspunkte zu prüfen.
Diesen Anforderungen genügt die Antragsschrift des Klägers nicht.
1. Die Berufung kann nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG zugelassen werden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Asylsache nur, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich und obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die Darlegung dieser Voraussetzungen erfordert wenigstens die Bezeichnung einer konkreten Frage, die sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für das Berufungsverfahren erheblich sein würde. Darüber hinaus muss die Antragsschrift zumindest einen Hinweis auf den Grund enthalten, der die Anerkennung der grundsätzlichen, d. h. über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Sache rechtfertigen soll. Eine verallgemeinerungsfähige Frage tatsächlicher Natur ist als grundsätzlich bedeutsam anzusehen, wenn sich nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel klärungsbedürftige Gesichtspunkte ergeben, weil diese Erkenntnismittel in ihrer Gesamtheit keine klare und eindeutige Aussage zu der Tatsachenfrage zulassen. Insoweit verlangt das Darlegungserfordernis gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG, dass die tatsächliche Frage nicht nur aufgeworfen wird, sondern im Wege der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil und mit den wichtigsten Erkenntnismitteln, etwa aktuellen Lageberichten des Auswärtigen Amtes, herausgearbeitet wird, warum ein allgemeiner Klärungsbedarf bestehen soll.
Der vom Kläger formulierten Frage, "ob politisch aktiven Mitgliedern der Internationalen Sikh Youth Federation in herausgehobener Funktion (Vorstandsmitglieder einer Regionalorganisation) im Falle einer Rückkehr nach Indien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung und schwere Menschenrechtsverletzungen drohen?" ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, ohne dass mit dem Zulassungsvorbringen einer erneuter Klärungsbedarf aufgezeigt wird. Mit Urteil vom 2.11.2005 - A 1 B 492/03 - hat der Senat festgestellt, dass "Sikhs aus dem Punjab,, die mit friedlichen Mitteln für einen von Indien unabhängigen Staat Khalistan eintreten, ... auch nach Auslandsaktivitäten für die Internationale Sikh Youth Federation - ISYF - seit spätestens Mitte 2001 eine erreichbare und zumutbare inländische Fluchtalternative offen" steht. Zugleich hat er ausgeführt, dass ein friedliches Auslandsengagement für die ISYF keine Verfolgungsgefahr begründet (UA S. 19). Dies gelte auch für den Fall einer Vorstandsstellung in einer deutschen Sektion der ISYF Deutschland auf Landesebene mit ihren weniger als 50 Mitgliedern. Zur näheren Begründung hat sich der Senat in dieser Entscheidung auch mit dem Kläger angeführten Bericht des Südasieninstituts, Abteilung Rechtswissenschaft vom 26.4.2004 auseinander gesetzt. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht auf.
Soweit seine als von grundsätzlicher Bedeutung gekennzeichnete Frage auch ein militantes Engagement mit umfasst, ist eine Zulassung der Berufung ebenfalls nicht gerechtfertigt, da sie sich im Fall des sich allein auf ein gewaltfreies Engagement berufenden Klägers nicht stellt.
2. Die Berufung kann nicht wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) zugelassen werden.
Durch die Gewährung rechtlichen Gehörs soll gewährleistet werden, dass jeder Verfahrensbeteiligte sachgerecht und effektiv auf die gerichtliche Entscheidung Einfluss nehmen kann (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 2.3.1993, NVwZ 1993, 769). Demnach beinhaltet der Gehörsanspruch ein Recht auf umfassende Äußerung. Jedem Beteiligten muss deshalb die Möglichkeit eröffnet werden, vor Erlass der gerichtlichen Entscheidung zum gesamten Sach- und Streitstoff des gerichtlichen Verfahrens Stellung zu nehmen. Das vom Gehörsanspruch weiter umfasste Recht auf Berücksichtigung erfordert, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten vollständig zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidungsfindung in Erwägung zieht. Da sich der Gehörsanspruch auf das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten bezieht, vermittelt er regelmäßig keinen Anspruch darauf, dass das Gericht auf eine Erweiterung oder Ergänzung des Beteiligtenvorbringens hinwirkt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es auf einen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt abzustellen gedenkt, mit dem auch ein gewissenhafter Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen braucht (BVerfG, Beschl. v. 19.5.1992, BVerfGE 86, 133 [144], st. Rspr.).
Die Rüge, der Anspruch auf umfassende Äußerung sei verletzt, ist nur dann entsprechend den Anforderungen gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG erhoben, wenn dargelegt wird, welche Gesichtspunkte bei ausreichender Gehörsgewährung vorgetragen worden wären und inwiefern der weitere Vortrag von Bedeutung für den Verfahrensausgang gewesen wäre. Hinsichtlich der Rüge der Verletzung des Anspruchs auf Berücksichtigung von Vorbringen erfordert § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG, dass die angeblich nicht berücksichtigten Gesichtspunkte konkret bezeichnet werden (vgl. zur Substanziierung der Gehörsrüge: BVerwG, Beschl. v. 19.8.1997, NJW 1997, 3328).
Eine Verletzung des Rechts auf umfassende Äußerung macht der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht geltend. Vielmehr ist er der Auffassung, dass seine Ausführungen zu seinen Aktivitäten als Generalsekretär der ISYF für den Bereich Deutschland Ost vom Verwaltungsgericht trotz ihrer Entscheidungserheblichkeit nicht berücksichtigt worden seien. Für die Berücksichtigung dieses Vortrags spricht hingegen schon seine ausdrückliche Erwähnung auf S. 4 der Entscheidung bei der Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts. Soweit das Verwaltungsgericht dann in seinen Entscheidungsgründen auf S. 8 die konkrete Stellung des Klägers bei der ISYF nicht noch einmal ausdrücklich erwähnt hat, lässt sich hieraus eine fehlende Berücksichtigung des Umstandes hieraus nicht ableiten. Nach dem dort vom Verwaltungsgericht ausdrücklich in Bezug genommenen Urteil des Senats vom 2.11.2005 (a. a. O.) führt eine Vorstandsstellung in einer deutschen Sektion der ISYF Deutschland auf Landesebene noch nicht zu einer möglicherweise gefährdungsauslösenden herausgehobenen Funktion. Im Weiteren war es dann für das Verwaltungsgericht nur noch von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob es sich um ein friedliches Engagement gehandelt hat, worauf es dann auch ausdrücklich Bezug genommen hat. Insoweit lassen die sehr knappen Entscheidungsgründe eine Gehörsverletzung nicht erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Ende der Entscheidung
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