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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 03.07.2003
Aktenzeichen: A 1 B 115/00
Rechtsgebiete: GG, AsylVfG


Vorschriften:

GG Art. 16a
AsylVfG § 51
Tamilen sind in Sri Lanka vor politischer Gruppenverfolgung wegen ihrer Volkszugehörigkeit hinreichend sicher.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Anerkennung als Asylberechtigter und Abschiebungsschutz

hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Sattler, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Franke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 3. Juli 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten, die dieser selbst trägt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist srilankischer Staatsangehöriger tamilischer Volkszugehörigkeit. Nach seinen Angaben wurde er am in geboren. Er ist nach seinen Angaben am 28.4.1993 mit dem Flugzeug von Colombo aus nach Bangkok ausgereist Er habe ein Visum für die Tschechische Republik gehabt und sei nach Prag gereist, von wo aus er am 3.5.1993 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Seine Personalpapiere seien ihm in der Tschechischen Republik abgenommen worden, eine Kopie der Papiere habe er in Dortmund, wo er sich nach seiner Einreise gemeldet hatte, abgegeben. Am 14.5.1993 stellte der Kläger einen Asylantrag Bei seiner Anhörung am 24.5.1993 vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gab er im Wesentlichen an, er sei am "5.1." von der PLOTE festgenommen worden. Er habe eine Genehmigung von der LTTE besessen, einen Pass von der LTTE bekommen und nach Colombo reisen wollen. Auf dem Weg sei er in Vavuniya von der Armee festgenommen worden. Man habe den Pass von der LTTE gefunden. Er sei deshalb von den Leuten der PLOTE, die mit der Armee in enger Verbindung gestanden hätten, befragt worden, wie er den Pass von der LTTE bekommen habe. Er habe erklärt, dass er und seine Eltern mit der LTTE gesprochen und den Pass bekommen hätten, aber die PLOTE habe ihm nicht geglaubt und vermutet, er habe den Pass bekommen, weil er mit der LTTE Verbindung gehabt und jemanden von der LTTE gekannt habe Sein Bruder sei drei Monate bei der LTTE gewesen Dann sei er aus der LTTE geworfen worden. Das sei schon 1989 gewesen. Sie hätten zusammen nach Indien flüchten wollen, dabei sei sein Bruder erschossen worden. Dies habe er den Leuten von der PLOTE erzählt, die vermutet hätten, dass er auch Verbindung zur LTTE gehabt hätte. Sie hätten ihn viel geschlagen. Er sei danach mit Hilfe eines Freundes seines Vaters freigekommen. Zwei Monate habe er in der bei dem Vater gelebt. In dieser Zeit sei die LTTE gekommen und habe verlangt, dass er mitkomme und mitkämpfe oder für die LTTE Bunker ausschachte. Seine Mutter sei zur LTTE gegangen, um für ihn einen Pass zu bekommen. Nach einem Monat hätten sie ihr die Genehmigung gegeben, wofür seine Eltern 10.000,- Rupien bezahlt hätten. Danach sei er nach Colombo gereist, wo er am 13. oder 15.4. für zwei Tage festgehalten worden sei. Dann sei ihm von der Roten-Kreuz-Organisation und dem Manager des Hotels, in dem er gewohnt habe, geholfen worden. Die LTTE habe verlangt, dass er unterschreibe, nie wiederzukommen. Wenn er dennoch zurückkomme, werde er von diesen festgenommen werden. Der Kläger legte bei seiner Anhörung ein Schriftstück der vor. Außerdem gab er an, ein Schriftstück mit der Bestätigung seiner Verhaftung durch die Polizei zu besitzen, und verpflichtete sich, dieses bis zum 24.6.1993 vorzulegen.

Mit Bescheid vom 19.11.1993, der dem Kläger am 24.11.1993 zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen, forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. einen Monat nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, und drohte ihm im Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist die Abschiebung nach Sri Lanka an.

Der Kläger hat am 7.12.1993 Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Er sei individuell und gruppenverfolgt aus Sri Lanka ausgereist und habe im Falle seiner Rückkehr politische Verfolgung erneut zu befürchten. Als jungem männlichen Tamilen aus der Region Jaffa werde ihm unterstellt, Unterstützer bzw. Mitglied der LTTE zu sein. Er sei bereits mehrfach Opfer politischer Verfolgung durch die Sicherheitsbehörden geworden. Er sei erstmals am 23.11.1989, dem Tag, an dem sein Bruder erschossen worden sei, von srilankischen Soldaten mitgenommen und zwei Wochen in deren Camp festgehalten und misshandelt worden. Am "5.1.1992" sei er erneut von srilankischen Sicherheitsbehörden festgenommen worden unter dem pauschalen und unzutreffenden Verdacht, die LTTE zu unterstützen. Er sei vier Tage festgehalten und während dieser Zeit wiederholt geschlagen worden. In der Folgezeit habe er teilweise als Flüchtling in einer Kirche bei Jaffna leben müssen. Anfang April 1993 habe er sich nach Colombo begeben, um seine Ausreise vorzubereiten, da er erneut mit Übergriffen durch die Sicherheitsbehörden habe rechnen müssen. Er sei dort gegen Mitte April zwei Tage lang festgehalten und von der Polizei befragt und misshandelt worden. Der Rechtsanwalt habe ihn vertreten und seine Freilassung erreicht. Diese Verhaftung sei der letzte Anlass für seine Ausreise gewesen. Eine inländische Fluchtalternative stehe ihm in Sri Lanka nicht zur Verfügung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 18.8.1997 führte der Kläger aus, er habe sich zum ersten Mal 1989 zur Ausreise entschlossen. Dann sei die Situation immer schlimmer geworden. 1993 habe er unbedingt ausreisen wollen. Der Vorfall habe sich am 5.1.1993 ereignet. Er sei auf dem Weg nach Colombo gewesen. In Vavuniya sei er durch die PLOTE, die auf Seiten der Armee gestanden habe, festgenommen und geschlagen worden. Er sei gar nicht erst befragt, sondern gleich geschlagen und gefoltert worden. Danach hätten sie gefragt, wie er zu seiner LTTE-Genehmigung gekommen sei. Ihm sei nicht geglaubt worden Sie hätten ihn kopfüber gehängt, geschlagen und gedrückt. Er habe sich eine Verletzung im linken Gesäßbereich zugezogen. Ein Bekannter seines Vaters habe ihn rausgeholt. Später habe er gehört, dass dieser erschossen worden sei. Der Bekannte habe ihn illegal herausgeholt und sei verdächtigt worden, seine - des Klägers - Ausreise zu organisieren. Ob Bestechungsgeld gezahlt worden sei, wisse er nicht. Sein Bekannter habe ihm mitgeteilt, dass er nicht in Sri Lanka bleiben solle, weil ihm bei einer erneuten Festnahme niemand helfen könne. Dann habe ihm ein Priester geholfen, bei dem er zwei Monate in einer Kirche gewohnt habe. Dann habe der Priester erklärt, ihm nicht mehr helfen zu können. Früher habe er - der Kläger - der LTTE geholfen, dann hätten sie ihn zum Mitkämpfen aufgefordert. In Colombo sei er durch die Polizei festgenommen worden. In der Haft sei er viel gestört, geschlagen und gefoltert worden. Er sei bewusstlos geworden. Dann habe ihm das Rote Kreuz medizinisch geholfen. Der Hotelmanager habe ihn über einen Anwalt freibekommen. Der Anwalt habe ihm geraten, das Land zu verlassen. Später habe er erfahren, dass sein Name in der Zeitung gestanden habe, weil er angeblich von der LTTE nach Colombo geschickt worden sei, um Anschläge auf Politiker zu verüben. Bei der Verletzung, die ihm die PLOTE zugefügt habe, sei ihm eine nicht sterile Spritze gegeben worden. Hierdurch habe sich an der Einstichstelle eine Entzündung gebildet, die dann angeschwollen sei. Er könne den Arm nicht ganz einsetzen. Damit man nicht glaube, er habe sich die Verletzung bei einer Tätigkeit für die LTTE zugezogen, habe er sich nicht weiter medizinisch behandeln lassen. In der mündlichen Verhandlung vom 15.12.1997 ergänzte der Kläger, dass er am 15.4.1993 freigekommen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 10.12.1999 legte der Kläger einen angeblich aus der Zeitung "Virakesari" vom 22.4.1993 stammenden Artikel sowie eine Übersetzung hierzu vor. Außerdem legte der Kläger die Kopie einer Erklärung eines Rechtsanwaltes vor, wonach dieser den Kläger im April 1993 vertreten haben will. Dazu erklärte der Kläger, er habe den Rechtsanwalt selbst beauftragt, der Rechtsanwalt sei vom Roten Kreuz beauftragt gewesen.

Am 20.8.1997 und 26.1.1998 hat das Verwaltungsgericht beschlossen, darüber, ob der Name des Klägers in den tamilischen Zeitungen "Virakesari" und "Thinakaran" am 15., 16. oder 17.4.1993 oder in der Zeit vom 19.4. bis 28.4.1993 im Zusammenhang mit der Mitteilung veröffentlicht wurde, dass dieser von der LTTE nach Colombo geschickt worden sei, um Anschläge auf Politiker auszuüben, durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes Beweis zu erheben. Nach Mitteilungen des Auswärtigen Amtes vom 21.10.1997 und 18.11.1999 wurde der Name des Klägers in diesen Zeitungen in den genannten Zeiträumen nicht erwähnt. Nach Auskunft des Sachverständigen vom 7.10.1999 sind weder in der Zeitung "Thinakaran" noch in der Zeitung "Virakesari" Mitteilungen oder Artikel erschienen, dass der Kläger von der LTTE nach Colombo geschickt worden sei, um dort Anschläge zu verüben.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 19. November 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Sri Lanka vorliegen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 53 hinsichtlich Sri Lankas vorliegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Der Beteiligte hat sich nicht geäußert.

Mit Urteil vom 10. Dezember 1999 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob die Tamilen in Sri Lanka wegen ihrer Volkszugehörigkeit verfolgt gewesen seien oder noch seien. Ebenso könne die Frage der individuellen Vorverfolgung des Klägers dahingestellt bleiben. Die Gefahr einer längerfristigen Inhaftierung und damit verbundener Misshandlungen und möglicherweise Folter, die asylrechtlich relevant seien, bestehe nur, soweit besondere und konkrete Umstände vorlägen, insbesondere das Vorhandensein eines noch weiter bestehenden Verdachts der LTTE-Unterstützung. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Kläger habe bei seiner Rückkehr nach Sri Lanka mit keinen Nachteilen zu rechnen, die als politische Verfolgung zu werten seien. Jedenfalls könne er innerhalb des Landes ausweichen. Zurückkehrende Tamilen seien nunmehr unabhängig von Alter, Geschlecht und Familienzugehörigkeit jedenfalls regelmäßig in Colombo und Umgebung vor politischer Verfolgung hinreichend sicher. Für tamilische Rückkehrer bestehe im Großraum Colombo nur, soweit besondere und konkrete Umstände vorlägen, insbesondere Anhaltspunkte für das Vorhandensein eines noch weiter bestehenden Verdachts der LTTE-Unterstützung, die Gefahr einer längerfristigen Inhaftierung und damit verbundenen Mißhandlungen und möglicherweise Folter, die asylrechtlich relevant seien. Eine bloß kurze Festnahme zur Identitätsprüfung stelle keine politische Verfolgung dar. Die Fahndungs- und Sicherheitsmaßnahmen der Sicherheitskräfte dienten nicht der Bekämpfung der Tamilen, sondern des Bürgerkriegsgegners. Soweit Erpressungen von Lösegeldern vorkämen, handle es sich um Exzesse von Amtsträgern. Derartige Motive seien häufig, jedoch nicht überwiegend, Anlass für Verhaftungen. Verhaftungen zu solchen Zwecken hätten keine asylrechtliche Relevanz. Zurückkehrende Tamilen könnten den Ort der inländischen Fluchtalternative ohne Gefahr einer politischen Verfolgung erreichen. Es bestehe für Rückkehrer regelmäßig keine Gefahr, allein wegen ungeklärter Identität am Flughafen Colombo oder im Großraum Colombo längerfristig inhaftiert zu werden, diese bestehe nur, wenn sich bei der Einreise der Verdacht auf Unterstützung der LTTE verdichte. Angehörigen tamilischer Volkszugehörigkeit werde nicht untersagt, ihren Wohnsitz in Colombo zu nehmen. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnsitznahme dort faktisch unmöglich sei. Ein menschenwürdiges Existenzminimum sei in Colombo regelmäßig gewährleistet. Nicht hinreichend sicher seien solche Personen, bei denen aus besonderen Gründen die Gefahr einer längerfristigen Inhaftierung bestehe, denn eine solche könne politische Verfolgung bedeuten. Die Gefahr einer längerfristigen Inhaftierung sei vor allem bei Personen gegeben, bei denen ein individualisierter LTTE-Verdacht bestanden habe, der auch nach der Rückkehr weiter bestehe. Es müsse als wahrscheinlich gelten, dass nach der Person auch nach ihrer Rückkehr gesucht werde. Der Kläger falle nicht unter die Personengruppe, für die keine hinreichende Sicherheit bestehe. Ihm gegenüber habe kein individualisierter, auch bei seiner Rückkehr noch fortbestehender Verdacht der Sicherheitskräfte hinsichtlich einer Unterstützung der LTTE bestanden. Hiergegen spreche insbesondere, dass er offenbar unter Verwendung seines eigenen Reisepasses ausgereist sei. Gegen eine solchen Verdacht spreche auch, dass der Kläger nach seiner Festnahme durch die Polizei freigekommen sei. Dies könne jedoch dahin stehen. Es könne jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass nach dem Kläger in Colombo gefahndet werde. Eine landesweite Fahndung sei in Sri Lanka schon aufgrund technischer und personeller Mängel kaum durchführbar. Auf der zentralen Fahndungsliste seien nur Straftäter aufgeführt, die wegen schwerer Delikte gesucht würden. Hierzu gehöre der Kläger seinem Vorbringen zufolge nicht. Das Vorbringen des Klägers, sein Name sei in einem Zeitungsartikel in Zusammenhang mit Personen erwähnt worden, die von der LTTE nach Colombo geschickt worden seien, um Attentate auf Politiker zu verüben, sei durch das Ergebnis der Beweisaufnahme, nämlich die Ermittlungen des Auswärtigen Amtes und des Gutachters Keller-Kirchhof, widerlegt. Soweit der Kläger hilfsweise beantragt habe, für den Fall, dass das Gericht nicht von der Authentizität des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zeitungsausschnittes ausgehen sollte, eine Auskunft des Auswärtigen Amtes einzuholen, werde von einer weiteren Beweisaufnahme abgesehen, weil diese die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Auch die weiter geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht.

Mit Beschluss vom 15.2.2000 (A 4 B 58/00), der dem Kläger am 6.3.2000 zugestellt wurde, hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zugelassen. Mit am 3.4.2000 beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz führt der Kläger unter Bezugnahme auf den Inhalt seines Antrages auf Zulassung der Berufung aus, entscheidungserheblich sei insbesondere die Veröffentlichung seines Namens in der Zeitung "Virakesari" vom 22.4.1993. Aus dieser Veröffentlichung ergebe sich, dass er in Sri Lanka asylrechtlich relevante Maßnahmen zu befürchten habe. Mit Schriftsatz vom 18.3.2003 hat der Kläger den angeblich am 22.4.1993 in der Zeitung "Thinakaran" erschienenen Artikel, dazu erstellte Übersetzungen sowie eine Erklärung eines vom 6.2.2003 vorgelegt, in der dieser als "Chief Editor and Librarian" bestätigt, dass die Photokopien der "Thinakaran" Zeitung vom 22.4.1993 aus den Mikrofilmen entnommene Drucke der an diesem Tag erschienenen Zeitung seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Dezember 1999 - A 5 K 50536/93- zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 19. November 1993 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 Abs. 1 und 4, höchst hilfsweise des Abs. 6 Satz 1 AuslG, hinsichtlich Sri Lankas vorliegen.

Die Beklagte und der Beigeladene haben keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Der Senat hat eine amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes zu der Frage eingeholt, ob der vom Kläger überreichte Zeitungsartikel (Bl. 933 und 935 VGAS) am 22.4.1993 in der Zeitung "Virakesari" oder "Thinankaran" erschienen ist und ob der in dem Artikel erwähnte mit dem Kläger mit Namen oder identisch ist oder sein könnte. Das Auswärtige Amt hat mit Schreiben vom 24.9.2002 geantwortet, dass nach den dort vorliegenden Erkenntnissen der Artikel nicht in der Zeitung "Virakesari" erschienen ist. Zur Zeitschrift "Thinakaran" lägen zum fraglichen Zeitraum keine Unterlagen mehr vor. Ob der in dem Artikel genannte mit dem Kläger identisch sei, sei nicht feststellbar. Eine Person mit den Personlien des Klägers sei nach den dort vorliegenden Informationen nicht auf Fahndungslisten der srilankischen Sicherheitsbehörden verzeichnet, noch lägen den srilankischen Sicherheitsbehörden sonstige inkriminierende Informationen zu einer Person mit den Personalien des Klägers vor. Der Senat hat weiter den Sachverständigen. um nochmalige Prüfung des angeblich am 22.4.1993 erschienen Zeitungsartikels und der Erklärung des gebeten.

Nach dem Gutachten des Sachverständigen vom 19.4.2003 handelt es sich in beiden Fällen um Fälschungen.

Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung zu seinen Asylgründen befragt; insofern wird auf den Inhalt der Niederschrift vom 3.7.2003 Bezug genommen.

Dem Senat liegen zwei Akten des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vor; auf deren Inhalt sowie den Inhalt der Gerichtsakten wird hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist unbegründet (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch darauf, als Asylberechtigter anerkannt zu werden (im Folgenden unter Nr. 1), noch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (2.) oder der des § 53 AuslG hinsichtlich Sri Lankas (3.). Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind rechtlich nicht zu beanstanden (4.).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 Satz 1 GG. Der Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG setzt grundsätzlich den Kausalzusammenhang Verfolgung - Flucht - Asyl voraus (BVerwG, Urt. v. 25.7.2000, BVerwGE 111, 334, 337). Eine politische Verfolgung liegt vor, wenn sie als staatliche Verfolgungsmaßnahme (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 22.3.1994, NVwZ 1994, 1112) dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzt (st. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 334 f.). Geht es dabei um Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit, so stellt generell jede derartige nicht ganz unerhebliche Maßnahme staatlicher Stellen, die an asylerhebliche Merkmale, insbesondere die politische Überzeugung oder Betätigung eines Betroffenen anknüpft, politische Verfolgung dar, ohne dass es insoweit noch auf eine besondere Intensität oder Schwere des Eingriffs ankommt (BVerwG, Urt. v. 25.7.2000, BVerwGE, 111, 334, 338).

Auch unmenschliche Behandlung - wie beispielsweise Folter - ist asylerheblich nur dann, wenn sie wegen asylrelevanter Merkmale eingesetzt oder im Blick auf diese Merkmale in verschärfter Form angewendet wird (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 20.12.1989, BVerfGE 81, 142,151; BVerwG, Urt. v. 27.5.1986, BVerwGE 74, 226, 229). Folter begründet aber ein Indiz für den politischen Charakter der Verfolgung. Die Asylerheblichkeit von Folter kann deshalb nur dann verneint werden, wenn verlässliche Feststellungen dahingehend getroffen werden können, dass vergleichbar massive Folterungen auch bei der Ahndung anderer "normaler" Taten angewendet werden (BVerfG, Beschl v. 9.1.1991, InfAuslR 1992, 59, 62; Beschl. v. 3.7.1996, InfAuslR 1996, 318, 321).

Maßnahmen können trotz der Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale aus dem Bereich politischer Verfolgung herausfallen, wenn sie der staatlichen Selbstverteidigung oder dem Schutz von Rechtsgütern dienen. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die der Staat im Bereich der Terrorismusabwehr ergreift, wenn und soweit er sich dabei auf die Abwehr des Terrorismus beschränkt und nicht unter dem Deckmantel behaupteter Terrorismusbekämpfung politische Verfolgung betreibt. Derartige Maßnahmen müssen sich, um asylunerheblich zu sein, nicht notwendig gegen konkrete Tatverdächtige richten, sondern können auch Unbeteiligte treffen, soweit sie terroristischen Aktivitäten vorbeugen oder diese aufklären sollen. Dies kann auch die Möglichkeit einschließen, Unbeteiligte kurzfristig in Haft zu nehmen, um z.B. ihre Identität zu überprüfen (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 336 ff.; BVerfG, K-Beschl. v. 15.2.2000, InfAuslR 2000, 254, 257; BVerwGE 87, 141, 146; BVerwG, Urt. v. 25.7.2000, BVerwGE 111, 334, 339 f.). Welche Abwehrmaßnahmen im Einzelnen bei objektiver, wertender Betrachtung noch als "legitim" und dem Rechtsgüterschutz dienend anzuerkennen sind mit der Folge, dass sie nach ihrem äußeren Erscheinungsbild aus dem Bereich politischer Verfolgung herausfallen, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles, vor allem unter Berücksichtigung der jeweiligen Sicherheitslage und der allgemeinen Verhältnisse in dem betreffenden Staat zu beurteilen. So können bei prekärer Sicherheitslage auch an asylerhebliche Merkmale anknüpfende "Rasterfahndungen" nach Terroristen und Unterstützern ohne konkrete individuelle Verdachtsmomente legitime staatliche Aufklärungsmaßnahmen zur Terrorismusabwehr sein. Zusätzliche Umstände wie z.B. eine gesteigerte Verfolgungsintensität in Form einer unüblichen oder vergleichsweise härteren Bestrafung oder Behandlung lassen allerdings darauf schließen, dass der Betroffene jedenfalls auch wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt wird. Ein derartiges Umschlagen in eine asylerhebliche Verfolgung liegt deshalb dann nahe, wenn die staatlichen Maßnahmen das der reinen Terrorismusbekämpfung angemessene Maß überschreiten, insbesondere wenn sie mit erheblichen körperlichen Misshandlungen einhergehen; auch bei einer übermäßig langen Freiheitsentziehung kann dies anzunehmen sein. In diesen Fällen spricht eine Vermutung dafür, dass sie den Einzelnen zumindest auch wegen seiner asylerheblichen Merkmale treffen und deshalb politische Verfolgung darstellen. Wird Folter angewandt, gilt diese Vermutung in erhöhtem Maße (BVerwG, Urt. v. 25.7.2000, BVerwGE 111, 334, 341).

Im Falle eines offenen Bürgerkrieges, in dem ein Staat im umkämpften Gebiet faktisch nunmehr die Rolle einer militärisch kämpfenden Bürgerkriegspartei einnimmt, kann politische Verfolgung gegeben sein, wenn die staatlichen Kräfte ihre militärischen Aktionen über die mit einer Bürgerkriegssituation zwangsläufig einhergehenden Beeinträchtigungen der Zivilbevölkerung hinaus auf die physische Vernichtung oder weitergehende schwerwiegende Beeinträchtigung von auf der Gegenseite stehenden oder ihr zugerechneten Personen richten (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 240).

Wer regional von politischer Verfolgung betroffen ist, ist politisch Verfolger nur, wenn er dadurch landesweit in eine ausweglose Lage gerät, d.h. wenn er in anderen Teilen seines Heimatstaates keine zumutbare Zuflucht finden kann. Eine inländische Fluchtalternative besteht, wenn der Betroffene in anderen Landesteilen vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existentielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 343 f.; BVerwG, Urt. v. 20.11.1990, BVerwGE 87, 141, 148 m.w.N.).

Die begründete Verfolgungsfurcht kann sich dabei nicht nur aus Maßnahmen ergeben, die sich gegen die Person des Flüchtlings selbst richten. Dessen eigene politische Verfolgung kann sich auch aus Maßnahmen gegen Dritte ableiten, wenn diese wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das der Flüchtling mit ihnen teilt, sofern er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991, BVerfGE 83, 216, 232; BVerwG, Urt. v. 30.4.1996, BVerwGE 101, 123, 124 f. m.w.N.). Die Annahme einer alle Mitglieder einer Gruppe erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit besteht (BVerwG, Urt. v. 5.7.1994, BVerwGE 96, 200, 203 m.w.N.).

Politische Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG ist grundsätzlich staatliche Verfolgung. Soweit es sich bei den ergriffenen Maßnahmen um vereinzelte Exzesstaten von Amtswaltern handelt, kann in Betracht kommen, dass diese dem Staat möglicherweise nicht zugerechnet werden können (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 352). Der bloße Umstand, dass bestimmte Maßnahmen der Rechtsordnung des Herkunftsstaates widersprechen, berechtigt aber noch nicht dazu, sie als Amtswalterexzesse einzustufen. Vielmehr bedarf es verlässlicher tatsächlicher Feststellungen, die auf bloße Einzelexzesse hindeuten (BVerfG, K-Besctil. v. 20.5.1992, NVwZ 1992, 1081, 1083). Asylerhebliche Bedeutung haben neben unmittelbaren Verfolgungsmaßnahmen des Staates auch Verfolgungsmaßnahmen Dritter, sofern sie dem Staat zuzurechnen sind. Verfolgungen durch Dritte - seien sie gruppengerichtet oder als Einzelverfolgungen anzusehen - sind dem Staat zuzurechnen, wenn er nicht mit den ihm an sich zur Verfügung stehenden Kräften Schutz gewährt, wobei die Intensität dieses Schutzes dem Grad der Bedrängnis und der Schwere der Übergriffe entsprechen muss (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE, 80, 315, 335 f.).

Ist der Betroffene bereits vorverfolgt ausgereist, ist für die Prognose, ob ihm im Falle seiner Rückkehr politische Verfolgung droht, der sog. herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab anzuwenden, wonach Abschiebungsschutz nur dann versagt werden kann, wenn bei Rückkehr in den Verfolgerstaat eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Die Rückkehr in den Heimatstaat ist in diesen Fällen nur dann zumutbar, wenn mehr als nur überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Ausländer im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist. Lassen sich dagegen ernsthafte Bedenken nicht ausräumen, so wirken sie sich zugunsten des Flüchtlings aus (BVerwG, Urt. v. 18.2.1997, BVerwGE 104, 97, 99). Dabei genügt für die Annahme einer Verfolgungsgefahr nach diesem herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht jede noch so geringe Möglichkeit eines Verfolgungseintritts, jeder - auch entfernt liegende - Zweifel an der Sicherheit, sondern es müssen hieran mindestens ernsthafte Zweifel bestehen; erst recht setzt die Verneinung einer Verfolgungsgefahr nicht voraus, dass die Gefahr von Übergriffen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Über eine "theoretische" Möglichkeit, Opfer eines Übergriffs zu werden, hinaus ist erforderlich, dass objektive Anhaltspunkte einen Übergriff als nicht ganz entfernt und damit als durchaus "reale" Möglichkeit erscheinen lassen (BVerwG, Urt. v. 30.4.1996, BVerwGE 101, 123, 131).

Ist der Schutzssuchende unverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist, gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BVerwG, Urt. v. 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 163 m.w.N.). Beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ist dann anzunehmen, wenn bei der vorzunehmenden "zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes" die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Betroffenen nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint (BVerwG, Urt. v. 5.11.1991, BVerwGE 89, 162, 169).

Es obliegt dem Flüchtling, seine guten Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung schlüssig und mit genauen Einzelheiten vorzutragen. Hierzu gehört auch, dass er zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG lückenlos zu tragen (BVerwG, Beschl. v. 22.11.1983, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 Nr. 152; Beschl. v. 26.10.1989, NVwZ-RR 1990, 379, 380). Enthält das Vorbringen erhebliche, nicht überzeugend aufgelöste Widersprüche oder Steigerungen, so fehlt es in der Regel an der Glaubhaftmachung (BVerwG, Urt. v. 8.2.1989, Buchholz 310 § 108 Nr. 214 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben hat der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG.

Bis zu seiner Ausreise stellte sich die Situation in Sri Lanka wie folgt dar:

Der zum Zeitpunkt seiner Ausreise am 28.4.1993 19jährige Kläger gehört zur Volksgruppe der Tamilen und damit zur stärksten Minderheit in Sri Lanka. Die sog. Ceylon-Tamilen, zu denen der Kläger vermutlich gehört, bewohnen den Norden und Osten der Insel. Die deutlich kleinere Gruppe der sog. Indien-Tamilen bewohnt das zentrale Hochland um Kandy (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 23.6.1992). Seit der Unabhängigkeit Ceylons, das sich 1972 zur Republik Sri Lanka erklärte, gab es immer wieder Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen Singhalesen und Tamilen. Mit dem Ziel der Schaffung eines unabhängigen Staates der Tamilen bildeten sich verschiedene Organisationen: u.a. die Tamil United Liberation Front (TULF), die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), die das Ziel mit Terroranschlägen zu erreichen versuchte, die Eelam Peoples Revolutionary Liberation Front (EPRLF), die Eelam Revolutionary Organisation (EROS), die Tamil Eelam Liberation Organisation (TELO), die Peoples Liberation Organisation of Tamileelam (PLOT[E]) und die Eelam Democratic Liberation Front (ENDLF). Im Juli/August 1983 eskalierten die Spannungen und Unruhen zum bislang größten Tamilen-Pogrom seit Erlangung der Unabhängigkeit, bei denen hunderte Menschen umkamen und Tausende obdachlos wurden. 1984 beruhigte sich die Lage, in den tamilischen Gebieten des Nordens und Ostens weiteten sich die Anschläge militanter Separatistenorganisationen jedoch aus. Die Sicherheitskräfte antworteten regelmäßig mit Vergeltungsschlägen und unterzogen im Übrigen im Zuge von Razzien die aus ihrer Sicht aufgrund von Alter und Geschlecht des Terrorismus besonders Verdächtigen (junge männliche Tamilen im Alter etwa zwischen 16 und 35 Jahren) ständigen Überprüfungen mit Inhaftnahmen. Spätestens 1986 lag jedenfalls die militärische Macht in weiten Teilen der Halbinsel Jaffna in der Hand der LTTE, die zunehmend versuchte, zivile Verwaltungsaufgaben an sich zu ziehen. Ab 1987 kam es im Jaffna-Distrikt und der Ostprovinz zu verstärkten Auseinandersetzungen zwischen der LTTE und indischen Truppen, die aufgrund eines Abkommens in diesen Gebieten faktisch die Gebietsgewalt statt des srilankischen Staates ausübten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 317 ff.).

Nach dem vollständigen Abzug der indischen Truppen im März 1990 rückte die LTTE in die geräumten Gebiete ein, übte dort die militärische Kontrolle ungehindert von der srilankischen Regierung aus und übernahm im Frühjahr 1990 im Norden und Nordosten die "Defacto-Herrschaft" (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28.5.1990). Nach einer kurzen, auch von Friedensgesprächen begleiteten Beruhigung brach im Juni 1990 nach LTTE-Überfällen der Bürgerkrieg zwischen LTTE und Regierung erneut aus (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 29.8.1990). Dabei bombadierte die srilankische Luftwaffe über längere Zeiträume sowohl militärische als auch zivile Ziele; der Befehl, die Zivilbevölkerung soweit wie möglich zu schonen, wurde "nicht immer" eingehalten (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 29.8.1990) Keller (Situationsbericht Stand Oktober 1992) spricht von "willkürlichen, mutwilligen, flächendeckenden und massiven Luftangriffen und gezielten Vergeltungsschlägen auf unbeteiligte Zivilisten". Jedenfalls bis zur Ausreise des Klägers blieb der Norden des Landes überwiegend in der Hand der LTTE; im Osten hatte die srilankische Armee die Städte und großen Verbindungsstraßen tagsüber unter Kontrolle. Die Kämpfe dauerten ohne Aussicht auf ein Ende fort (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 23.6.1992, 14.10.1992 und 21.7.1993; Keller, Situationsbericht Stand Oktober 1992). Teilweise hatte die LTTE im Osten die Herrschaft übernommen und verübte weiterhin guerillaartige Überfälle auf die Sicherheitskräfte und die singhalesischen und moslemischen Einwohner. Im Gegenzug kam es zu Vergeltungsaktionen der Sicherheitskräfte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 31.7.1991), außerdem von sog. "Homeguards" und LTTE-feindlichen Tamilenorganisationen gegen tamilische Zivilisten (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 23.6.1992 und vom 14.10.1992).

In den nicht unmittelbar vom Bürgerkrieg betroffenen Teilen des Landes, insbesondere im Großraum Colombo, kam es immer wieder zu Terroranschlägen der LTTE, denen die Sicherheitskräfte mit Maßnahmen der Terrorbekämpfung begegneten. So fanden häufig sog. "screening actions" (Überprüfungsaktionen) statt, die unter erkennungsdienstlicher Behandlung von verdächtigen Personen der Feststellung der Identität, des Wohnortes, des Arbeitsplatzes und Ähnlichem dienten. Die im Rahmen solcher Fahndungsaktionen vorläufig festgenommenen Personen wurden zum größten Teil nach kurzer Zeit wieder freigelassen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21.7.1993). Dies galt auch für die diesen Aktionen häufig vorausgehenden Razzien, bei denen die nach bestimmten Kriterien besonders verdächtigen Personen, die einer Überprüfung oder einem Verhör unterzogen werden sollen, "aussortiert" wurden. Verhaftungsaktionen gegen Tamilen, sogenannte "round-ups", fanden häufig aufgrund von Gerüchten statt. Tamilen waren oft bereits verdächtig, nur weil sie Tamilen sind; längere Inhaftierungen erfolgten aber in der Regel nur, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Unterstützung von Gewalttaten bestanden (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 31.7.1991, 15.11.1991, 23.6.1992 und 14.10.1992). Bei solchen "verdächtigen Personen" konnten Verhaftungen mit mehr oder weniger schweren Folterungen nicht ausgeschlossen werden, wobei die Verdachtsmomente zunehmend weiter und willkürlicher gefasst wurden. Das höchste Verfolgungsrisiko bestand für männliche Tamilen im Alter von 11 bis 36 Jahren (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 6.5.1991, 15.11.1991 und 23.6.1992). Ihnen drohte im Fall einer Verhaftung Gefahr für Leib und Leben (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 16.1.1991). Ferner kam es zu Entführungen, zum "Verschwinden" und zur Ermordung von Personen unter Umständen, die keinen Zweifel an der Urheberschaft von Sicherheitskräften ließen (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 16.1.1991 und 15.11.1991). Wer über keinen sog. "valid reason" für den Aufenthalt in den singhalesischen Gebieten verfügte, lief Gefahr, wegen bestimmter persönlicher Merkmale und Umstände (jugendliches Alter, Fehlen singhalesischer Sprachkenntnisse sowie einer Dauerwohn- und Arbeitsstätte) das Misstrauen srilankischer Sicherheitskräfte zu wecken und im Zuge von Razzien und "screening actions" festgenommen, verhaftet und misshandelt zu werden (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 15.11.1991 und 23.6.1992; Keller, Situationsbericht Stand Oktober 1992). In Colombo und Umgebung eine wirtschaftliche Exestenz aufzubauen, war schwierig (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 23.6.1992). Allenfalls waren schlecht bezahlte Gelegenheitsarbeiten zu finden (Keller, Situationsbericht Stand Oktober 1992).

Vor diesem Hintergrund ist der Kläger jedenfalls nicht individuell politisch vorverfolgt ausgereist (dazu im Folgenden unter 1.1). Ob er vor seiner Ausreise politischer Gruppenverfolgung ausgesetzt war, lässt der Senat offen. Denn dem Kläger droht im Falle seiner Rückkehr nach Sri Lanka selbst nach dem sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab keine politische Verfolgung in Sri Lanka, weil eine solche mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist (dazu unter 1.2).

1.1. Der Kläger war vor seiner Ausreise nicht individuell politisch verfolgt. Für eine individuelle politische Verfolgung in seinem Heimatort im Nordosten Sri Lankas hat er schon nichts vorgetragen. Sein Vorbringen zur während der Inhaftierungen in Vavunija und Colombo erlittenen Folter ist unglaubhaft, weil es widersprüchlich und gesteigert ist. So hat er hinsichtlich der angeblich erlittenen Behandlung während seiner Inhaftierung im Januar 1993 in Vavunija vor dem Bundesamt (nur) angegeben, geschlagen worden zu sein, vor dem Verwaltungsgericht Dresden zunächst, kopfüber gehängt, geschlagen und am Gesäß verletzt worden zu sein, später jedoch, mit einer nicht sterilen Spritze derart verletzt worden zu sein, dass der Arm nicht mehr einsetzbar sei. Vor dem Senat erwähnte der Kläger demgegenüber weder die Verletzung durch die Spritze, noch, dass er aufgehängt worden sei, sondern berichtete erstmals von angeblichen sexuellen Folterpraktiken, die er zuvor mit keinem Wort erwähnt hatte. Diese Steigerungen und Widersprüchlichkeiten vermochte er nicht überzeugend zu erklären. Insbesondere reicht es hierfür nicht aus, darauf zu verweisen, dass er generell Geschehnisse schlecht berichten und bezeugen könne und gemeint habe, schon alles an anderer Stelle berichtet zu haben. Denn er war jedenfalls vor dem Bundesamt und von dem Senat jeweils ausdrücklich gehalten worden, alle Geschehnisse lückenlos zu berichten und war auch stets in der Lage gewesen, einzelne Situationen genau zu beschreiben. Auch die vom Kläger vorgezeigte Narbe an seinem Arm ist nicht geeignet, seine Behauptungen zu belegen, denn sie kann aus anderem als dem behaupteten Anlass entstanden sein. Für die Unglaubwürdigkeit des Klägers spricht im Übrigen auch sein widersprüchliches Vorbringen zu dem Gegenstand seiner Befragung während der Inhaftierung in Vavunija. So war erstmals vor dem Senat davon die Rede, dass er nach einem bestimmten Führer der LTTE befragt worden sei. Auch seine Angaben zu dem Rechtsanwalt, der die Entlassung des Klägers im April 1993 erreicht haben soll, sind widersprüchlich.

Nach allem ist der Kläger vor seiner Ausreise jedenfalls nicht Folterungen ausgesetzt gewesen. Ob er wie angegeben inhaftiert war, kann dahin stehen. Denn diese wären angesichts der damaligen extrem angespannten Sicherheitslage an sich nicht asylrelevant. Dem Kläger standen über das Zulässige hinausgehende Inhaftierungen oder Folter auch nicht etwa deswegen bevor, weil er in Zeitungsartikeln namentlich als jemand benannt worden war, der beabsichtige, Terroranschläge zu verüben. Denn solche Zeitungsartikel sind - wie die Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 21.10.1997, 18.11.1999 und 24.9.2002 und die Gutachten des Sachverständigen vom 7.10.1999 und 19.4.2003 ergeben - nicht erschienen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Erklärung vom 25.6.2003. Es ist weder ersichtlich, weshalb die eingeholten Auskünfte unzutreffend sein sollten, noch, ob und ggf. aufgrund welcher Beziehung der Unterzeichnende dieser Erklärung oder die auf dem Briefbogen angegebene Firma Erklärungen in Bezug auf die Zeitschrift "Thinakaran" abgeben können. Dies gilt um so mehr, als nach der Übersetzung des Dolmetschers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die in der Erklärung angegebene Firma auf dem Titelblatt des vom Gutachter übersandten Exemplares der Zeitung Thinakaran nicht erwähnt wird, und der Kläger zuvor eine Erklärung eines anderen vorgelegt hatte, nach der Unternehmen mit völlig anderen Firmen die Zeitschrift angeblich herausgeben sollten. Aus diesem Grunde besteht für den Senat auch keine Veranlassung, der Anregung des Klägers zu folgen und der Authentizität der Erklärung vom 25.6.2003 oder der Frage, ob die behaupteten Zeitungsartikel erschienen sind, weiter nachzugehen. Durch die Rekrutierungsversuche der LTTE war der Kläger ebenfalls nicht politisch verfolgt. Dagegen spricht schon, dass der Kläger mit Genehmigung der LTTE aus den von dieser kontrollierten Gebieten ausreisen und sich damit der Rekrutierung entziehen konnte. Auf die Fragen, ob diese Rekrutierungsversuche dem srilankischen Staat zuzurechnen waren oder die LTTE insoweit quasi-hoheitliche Macht ausübte und ob im letzteren Fall der LTTE das Recht zur Rekrutierung wie einem freiheitlich regierten Staat zustand, kommt es deshalb nicht an.

1.2. Ob der Kläger vor seiner Ausreise regionaler oder landesweiter politischer Gruppenverfolgung ausgesetzt war, lässt der Senat offen. Dem Kläger droht bei seiner Rückkehr nämlich jedenfalls deshalb keine politische Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG, weil ihm solche Verfolgungsmaßnahmen nicht nur nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, sondern solche Maßnahmen hinreichend sicher ausgeschlossen werden können.

1.2.1. Eine landesweite oder regionale, unmittelbare oder mittelbare staatliche Gruppenverfolgung von Tamilen findet in Sri Lanka nicht statt. Allerdings ist der 1983 begonnene Bürgerkrieg zwischen den srilankischen Regierungstruppen und der LTTE nach wie vor nicht offiziell beendet. Die Regierung kämpfte zunächst weiterhin um die Rückeroberung der von der LTTE kontrollierten Gebiete im Norden und Osten des Landes, wobei sie betonte, dass sich ihr Kampf nicht gegen die tamilische Bevölkerung, sondern gegen die LTTE richte (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 28.4.2000 und 11.3.2001). Die LTTE konnte im November 1999 und im April 2000 erhebliche Geländegewinne für sich verbuchen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 24.10.2001). In den von ihr kontrollierten Gebieten betreibt die LTTE eine staatsähnliche Verwaltung (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Im Dezember 2000 rief die LTTE einen einseitigen Waffenstillstand aus und sagte die Aussetzung der Anschläge in Colombo zu. Dieser Waffenstillstand wurde am 24.4.2001 jedoch wieder aufgekündigt. Danach kam es vom 25. bis 28.4.2001 zu einer militärischen Offensive der Regierungstruppen, die in deren Niederlage endete. In Colombo wurden zunächst keine schweren Attentate verübt, bis es am 24.7.2001 zu einem verheerenden Anschlag der LTTE auf den Luftwaffenstützpunkt bei Colombo und den angrenzenden (einzigen) internationalen Flughafen Sri Lankas kam, bei dem acht Militärmaschinen und vier zivile Flugzeuge zerstört wurden (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 24.10.2001). Am 29.10.2001 wurden bei einem Selbstmordanschlag der LTTE in Colombo am Rande einer Wahlkampfveranstaltung des damaligen Premierministers zwei Menschen getötet und 13 weitere verletzt. Die im Februar 2000 begonnene norwegische Friedensinitiative kam daraufhin und wegen innenpolitischer Probleme in Sri Lanka praktisch zum Stillstand. Nach den Neuwahlen am 5.12.2001, bei denen die bisherige Oppositionspartei UNP, zu Wahlkampfzwecken zur United National Front (UNF) erweitert, den Sieg errang, und dem Amtsantritt der neuen Regierung unter Premierminister Ranil Wickremesinghe am 12.12.2001 wurden die Friedensbemühungen wieder aufgenommen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002; Keller-Kirchhoff, Gutachten vom 17.4.2002). Diese Regierung betrachtet den Dialog mit den Tamilen als ihr wichtigstes Projekt (FAZ vom 5.9.2002). Die Friedensbemühungen werden befördert durch den starken Druck v.a. der USA auf die LTTE, die im Zusammenhang mit dem von den USA angeführten Kampf gegen den internationalen Terrorismus zum Einlenken aufgefordert werden (Keller-Kirchhoff, Gutachten vom 17.4.2002). Am 24.12.2001 trat eine von der LTTE erklärte Waffenruhe in Kraft, der sich die Regierung anschloss. Am 15.1.2002 wurde das Wirtschaftsembargo gegen die von der LTTE kontrollierten Gebiete weitgehend aufgehoben. In der Nacht vom 22. auf den 23.2.2002 trat ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung und der LTTE in Kraft, das unter anderem einen beidseitigen unbefristeten Waffenstillstand, eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen auf beiden Seiten und Erleichterungen für die Bevölkerung in den Gebieten unter der Kontrolle der LTTE vorsieht (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Im September 2002 wurde das seit vier Jahren bestehende Verbot der LTTE aufgehoben (FAZ vom 5.9.2002). Am 16.9.2002 begannen die Friedensgespräche zwischen der srilankischen Regierung und der LTTE, zu deren Beginn die LTTE den Verzicht auf die Forderung nach einem eigenen tamilischen Staat bekanntgab (NZZ vom 19.9.2002). Mit Ausnahme einiger Zwischenfälle hält der vereinbarte Waffenstillstand an (NZZ vom 23.11.2002; NZZ vom 6.12.2002; FAZ vom 9.12.2002). In der dritten Runde der Verhandlungen einigten sich die Parteien Anfang Dezember 2002 auf eine gemeinsame Deklaration, nach der nach Möglichkeiten einer auf interner Selbstbestimmung beruhenden föderalen Struktur des Staates gesucht werden soll (NZZ vom 6.12.2002). Nach erfolgreichem Abschluss der vierten Verhandlungsrunde im Januar 2003, in dem auch eine Einigung über die Rücksiedlung von Flüchtlingen getroffen wurde, wurden die Verhandlungen in weiteren Runden fortgesetzt; Mitte März 2003 fand die sechste Runde statt, obwohl es zuvor zu Zwischenfallen gekommen war (NZZ vom 10.1.2003, 22.2.2003 und 18.3.2003). Allerdings hat die LTTE ihre Teilnahme an der 7. Gesprächsrunde, die Ende April 2003 stattfinden sollte, abgesagt. Anlass war neben mehreren gewaltsamen Zwischenfällen zwischen den Regierungstruppen und der LTTE deren Ausschluss von einem internationalen Sri Lanka-Treffen, das in den USA stattfand. Die USA und Indien hatten darauf bestanden, dass Vertreter der LTTE nicht teilnahmen, weil Washington keinen offiziellen Kontakt zu terroristischen Organisationen haben dürfe. Dies empfand die LTTE als einen Schlag ins Gesicht, hält aber an ihrer Zusage für eine politische Lösung fest (NZZ vom 23.4.2003).

Die Menschenrechtslage hat sich verbessert, gleichwohl kommt es nach wie vor zu schweren Menschenrechtsverletzungen wie Folter, extralegalen Tötungen, "Verschwindenlassen" und überlange Untersuchungshaft (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002).

Vor diesem Hintergrund findet eine eine staatliche Verfolgung von Tamilen allein aus ethnischen Gründen in Sri Lanka weder landesweit noch regional begrenzt statt. Bereits nach der Rechtsprechung des vormals zuständigen 4. Senates des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. nur Beschl. v. 5.7.2001 - A 4 B 736/00 -, v. 29.6.2001 - A 4 B 409/00 - jeweils m.w.N.) hatten weder Angehörige der tamilischen Minderheit allgemein, noch die Angehörigen der Teilgruppe jüngerer tamilischer Männer wegen ihrer Volksszugehörigkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung in Sri Lanka zu befürchten. Die Auffassung trifft angesichts der seit über einem Jahr andauernden Waffenruhe und den Friedensgesprächen zwischen der srilankischen Regierung und der LTTE gegenwärtig um so mehr und nunmehr auch nach dem herabgesetzten Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu.

Kampfhandlungen der srilankischen Regierungstruppen in dauerhaft oder zeitweilig von der LTTE gehaltenen Gebieten finden seit mehr als einem Jahr nicht mehr statt. Schon zuvor waren die Gewaltakte der Regierungstruppen nicht als politische Verfolgungsmaßnahmen gegen die tamilische Bevölkerung zu werten (vgl. z.B. nur VGH Bad.-Württ - A 6 S 1888/00 - ). Anhaltspunkte dafür, dass die srilankischen Truppen im Falle eines Scheiterns der Friedensverhandlungen und eines Wiederauflebens der gewaltsamen Auseinandersetzungen dazu übergehen könnten, ihre militärischen Aktionen über die mit einer Bürgerkriegssituation zwangsläufig einhergehenden Beeinträchtigungen der Zivilbevölkerung hinaus auf eine physische Vernichtung oder weitergehende schwerwiegende Beeinträchtigung der tamilischen Bevölkerung in den Kampfgebieten zu richten (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 340), bestehen nicht. Anders als bei dem kurzlebigen Friedensprozess nach der (ersten) Wahl der Präsidentin Kumaratunga beruht der derzeitige Prozess auf der Erkenntnis der im Dezember 2001 gewählten Regierung, dass der Frieden nur mit der LTTE zu erreichen ist und eine Fortsetzung der Kampfhandlungen die wirtschaftliche Kraft des Landes übersteigen würde (vgl. nur Keller-Kirchhoff, Anlage zum Gutachten vom 18.11.2002) sowie darauf, dass nach den Anschlägen vom 11.9.2001 die LTTE im Ausland an Unterstützung verlor und sich dem Druck der USA zu Friedensverhandlungen ausgesetzt sieht (Keller-Kirchhoff, Gutachten vom 17.4.2002). Darüber hinaus steht bei allen Problemen im Einzelnen Umfragen zu Folge die Mehrheit der Bevölkerung - Tamilen, Singhalesen, Muslime - hinter dem Friedensprozess (Keller-Kirchhoff, Anlage zum Gutachten vom 18.11.2002). Mit einem Verzicht auf einen souveränen tamilischen Staat haben die Friedensverhandlungen darüber hinaus einen fast nicht mehr umkehrbaren Stand erreicht. Wie stabil der Friedensprozess ist, zeigt sich auch daran, dass er weder durch die Verurteilung des LTTE-Führers Prabhakaran durch ein srilankisches Gericht zu 200 Jahren Haft (NZZ vom 23.11.2002), noch durch vorschnelle Forderungen nach Selbstentwaffnung von Truppenteilen der LTTE (NZZ vom 10.1.2003), noch durch einen Zwischenfall, bei dem sich tamilische Separatisten selbst in die Luft sprengten (Die Welt vom 8.2.2003; NZZ vom 22.2.2003), noch durch die Versenkung eines Schiffes der LTTE durch die srilankische Regierung in internationalen Gewässern (NZZ vom 18.3.2003) ernsthaft gestört wurde. Die meisten auftretenden Probleme im Friedensprozess sind bislang erfolgreich von der Sri Lanka Monitoring Mission (SLMM) gelöst worden (Keller-Kirchhoff, Anlage zum Gutachten vom 18.11.2002). Im April diesen Jahres hat die LTTE zwar ihre Teilnahme an der nächsten Friedensgesprächsrunde abgesagt, nachdem sie zu einer internationalen Sri Lanka-Tagung nicht eingeladen worden war, die srilankische Präsidentin hat jedoch versichert, dass der Friedensprozess fortgesetzt werde (NZZ vom 23.4.2003). Etwas anderes ergibt sich zugunsten des Klägers auch nicht nach dem Zwischenfall im Juni 2003, bei dem sich "Rebellenboote" mit der srilankischen Armee ein Feuergefecht lieferten. Denn auch dies hat nicht zur Beendigung des vereinbarten Waffenstillstandes geführt (Süddeutsche Zeitung vom 16.6.2003).

Politische Gruppenverfolgung haben Tamilen allein wegen ihrer Volkszugehörigkeit auch in den von der srilankischen Regierung gehaltenen Gebieten nicht zu befürchten. Das Auswärtige Amt berichtet in seinem Lagebericht vom 6.9.2002, dass in Sri Lanka keine Personengruppe staatlichen Repressionen allein aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe unterliegt. Allerdings gab es zur Aufklärung und Verhinderung von LTTE-Anschlägen weiterhin Ermittlungsmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen der staatlichen Behörden, von denen neben aktiven LTTE-Mitgliedern auch ihre Helfer bzw. Verdächtige - oft aus der tamilischen Bevölkerung - betroffen waren. So kam es in Colombo - insbesondere nach größeren Bombenanschlägen - nach wie vor zu zahlreichen Personenkontrollen und kurzfristigen Festnahmen zum Zwecke der Identitätsüberprüfung, von denen hauptsächlich Tamilen betroffen waren. Diese Maßnahmen werden auch gegenwärtig noch durchgeführt, allerdings seit Abschluss des Waffenstillstandsabkommens am 23.2.2002 deutlich weniger (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Razzien zur Bekämpfung des von der LTTE ausgehenden Terrorismus, von denen insbesondere Tamilen betroffen waren, gibt es nicht mehr (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Schon in Folge des Anschlags der LTTE auf den Flughafen von Colombo war es zu einer weit geringeren Zahl von Festnahmen als bei vergleichbar schweren früheren Anschlägen auf Einrichtungen bzw. Personen in Colombo gekommen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 24.10.2001). So wurden nach diesem Anschlag 115 Personen kurzfristig festgenommen, von denen bis März 2002 70 freigelassen wurden. Gegen vier Personen wurde Anklage erhoben, sechs waren im Mai 2002 noch in Untersuchungshaft (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Die Zahl der Verhaftungen durch die Armee ist deutlich zurückgegangen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Die Regierung hatte wiederholt betont, dass sich ihr Kampf nicht gegen die tamilische Bevölkerungsgruppe richtet, sondern ausschließlich gegen die LTTE (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Personen, die aus den von der LTTE kontrollierten Gebieten des Nordens kommen, bedürfen seit Mitte Januar 2002 keiner Reisegenehmigung mehr, die zuvor erforderlich und mit einer sorgfältigen Sicherheitsüberprüfung verbunden war. Neuankömmlinge in Colombo müssen sich auch nicht mehr bei der zuständigen Polizeistation registrieren lassen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Routinemäßige Identitätsüberprüfungen finden nach wie vor und insbesondere in Colombo statt. Dies betrifft vor allem männliche junge Tamilen, da man in diesem Personenkreis potentielle LTTE-Attentäter vermutet. Wenn sich die überprüfte Person nicht ausweisen kann, wird sie zur Feststellung der Identität in Polizeigewahrsam genommen. In der Regel werden etwa 90 % der Verhafteten innerhalb von 48 Stunden und weitere 9 % innerhalb einer Woche entlassen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002) In den - wenigen - Fällen, in denen die Sicherheitsorgane konkrete Anhaltspunkte für eine Beteiligung an einem Terrorakt hatten, mussten die Betroffenen unter Geltung der Emergency Regulations (ER) damit rechnen, mittels einer "Detention Order" einer hohen Polizeidienststelle, in seltenen Fällen mittels einer "Detention Order" des Verteidigungsministeriums festgehalten zu werden. Unter den jetzt allein geltenden Sondergesetzen zur Terrorismusbekämpfung (Prevention of Terrorism Act, PTA) besteht nur noch letztere Möglichkeit. Die "Detention Order" des Verteidigungsministeriums ist in der Praxis schwer zu erreichen. Diejenigen Verhafteten, bei denen eine "Detention Order" vorliegt, werden in aller Regel rasch einer Spezialeinheit zur Terrorismusbekämpfung überstellt und dort zu Verhörzwecken in Polizeihaft gehalten. Dabei ist in der Vergangenheit immer wieder über Folter und Misshandlungen von Inhaftierten berichtet worden (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). In Strafverfahren mit terroristischem Hintergrund kommt es zu langandauernder Untersuchungshaft (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002).

Eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung existiert in Sri Lanka ebenfalls nicht. Zwei von 52 Mitgliedern der Regierung gehören der tamilischen Volksgruppe an. Tamilen sind auch in anderen staatlichen Bereichen häufig vertreten. 28 von 225 Parlamentssitzen sind von tamilischen Parteien besetzt, die sich zur "Tamil National Alliance" zusammengeschlossen haben und die Regierung unterstützen. Hinweise auf eine diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die nach ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Nationalität o.a. unterscheidet, liegen dem Auswärtigen Amts nicht vor (Lagebericht vom 6.9.2002). Die Anwendung von Folter ist nach srilankischem Recht unzulässig und mit Strafe bewehrt, kommt in der Verhörpraxis aber - unabhängig von der Abstammung der betroffenen Person und der Art des Vergehens - vor. Seit 1994 hat die Regierung verschiedene Maßnahmen zur Verhinderung von Polizeigewalt bei Verhören ergriffen, die zu einem deutlich zurückhaltenderen Vorgehen der Sicherheitskräfte, aber nicht zur völligen Einstellung von Foltermethoden geführt haben. Der Oberste Gerichtshof hat in Menschenrechtsverfahren seit 1994 in etwa 100 Fällen die Anwendung von Folter festgestellt. In einer Reihe von Fällen hat er den Opfern Entschädigung zugesprochen, die in der Vergangenheit vom Staat bezahlt wurde. Nunmehr werden auch die Amtsträger selbst zu Entschädigungszahlungen verurteilt und disziplinarischen Maßnahmen unterworfen Strafverfahren wurden eingeleitet, die Verhängung von Freiheitsstrafen gegen die Täter ist nicht bekannt (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Bei der Einreise von abgeschobenen Asylbewerbern mit gültigem srilankischen Reisepass verlaufen die Einreiseformalien meist zügig, in Einzelfällen kommt es zu weiterer Befragung. Wenn die Rückkehrer keinen srilankischen Reisepass vorlegen konnten, sondern mit einem Reisedokument zur einmaligen Rückkehr (sog. Emergency-Pass) ausgestattet waren, kam es in der Vergangenheit regelmäßig zu Personenüberprüfungen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 19.1.1999). Diese Befragungen und Überprüfungen wurden kurzzeitig nicht mehr durchgeführt. Die in der Vergangenheit übliche Vorführung vor dem Magistrate Court erfolgt nicht mehr. Bei der Einreise wird lediglich von Seiten der Immigrationsbehörde ein Formular ausgefüllt, das den Rückkehrern ausgehändigt wird. Auch die Reisedokumente werden den Rückkehrern belassen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Eine Überprüfung bei der Einreise auf eine mögliche frühere Tätigkeit für die LTTE findet derzeit nicht mehr statt. Die noch stattfindenden Kontrollen stehen im Zusammenhang mit den normalen Einreisebestimmungen eines Landes und betreffen nicht per se Tamilen. Verhaftungen wegen einer LTTE-Mitgliedschaft oder einer früheren Tätigkeit für die LTTE bei der Einreise von Rückkehrern sind in letzter Zeit nicht bekannt geworden (Gutachten des Sachverständigen an das VG Arnsberg vom 27.1.2003). Allein der Umstand, einen Asylantrag in einem anderen Land gestellt zu haben, hat keine negativen Konsequenzen bei der Rückkehr. Ein Asylantrag wird in Sri Lanka nicht als Indiz politischer Opposition zum Staat verstanden (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Auch insoweit bestehen schließlich keine Anhaltspunkte dafür, dass im Falle eines Scheiterns der gegenwärtigen Friedensbemühungen die staatlichen Maßnahmen der Einreise- und Personenkontrolle eine asylrelevante Richtung einschlagen könnten.

Nach allem sind die Maßnahmen, denen die Tamilen in den staatlich kontrollierten Gebieten nach wie vor ausgesetzt sind, nicht als politische Verfolgung zu werten, sondern angesichts der schweren terroristischen Anschläge in der Vergangenheit legitime Maßnahmen staatlicher Kriminalitätsverfolgung und -prävention. Anhaltspunkte dafür, dass die Gruppe der Tamilen insgesamt oder eine Untergruppe, der der Kläger zugehört, im Zuge solcher Maßnahmen asylrelevante Maßnahmen zu befürchten hat, bestehen nicht. Soweit es nach wie vor zum "Verschwindenlassen" von Personen und zu Folterungen und Misshandlungen durch staatliche Stellen kommt (vgl. ai, Jahresbericht 2002, S 515 f.), kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Gefahrenlage für alle oder für jüngere Tamilen besteht oder sich abzeichnet (SächsOVG, Beschl. v. 5.7.2001 - A 4 B 736/00 - und Beschl. v. 29.6.2001 - A 4 B 409/00 -). Zwar mögen wegen des Terrorismus verdächtige Personen im Falle ihrer Verhaftung nach wie vor menschenrechtswidrige Behandlung befürchten müssen, doch abgesehen von der Frage, ob solche Behandlungen dem srilankischen Staat zuzurechnen sind (dagegen z.B. SächsOVG, Urt. v. 25.1.2000, SächsVBl. 2000, 164, 167 f.), hat der Kläger eine solche Verhaftung nicht zu befürchten. Dies gilt selbst dann, wenn er - wie von ihm behauptet - vor seiner Ausreise aus Sri Lanka wegen des Verdachts der Unterstützung von LTTE-Aktivitäten inhaftiert worden wäre. Denn auch Tamilen, die bereits früher wegen eines solchen Verdacht verhaftet waren, haben inzwischen weder in verstärktem Maße eine erneute Verhaftung, noch eine verstärkte polizeiliche Beobachtung oder Überprüfung zu befürchten (Gutachten des Sachverständigen an das VG Arnsberg vom 27.1.2003).

Schließlich hat es seit den Ausschreitungen von 1983 (s.o.) und einem Überfall auf das damals noch existierende Rehabilitationszentrum in Bindunuwewa am 25.10.2000 auch vergleichbare Anschläge Dritter gegen die tamilische Bevölkerung nicht mehr gegeben. Selbst nach dem Attentat auf die - heute noch im Amt befindliche - Präsidentin Kumaratunga am 18.12.1999 blieben Übergriffe auf Tamilen aus, nachdem die Präsidentin nach dem Anschlag noch vom Krankenbett aus zur Besonnenheit aufgerufen hatte (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28.4.2000). Auch in Situationen, in denen in den letzten Jahren die konkrete Gefahr von Ausschreitungen gegen Tamilen drohte, sind Übergriffe aktiv durch verstärkte Militär- und Polizeipräsenz wie auch Ausgangssperren verhindert worden (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Soweit zum Vorfall vom 25.10.2000, bei dem die singhalesische Bevölkerung der Umgebung ein Massaker unter den tamilischen Bewohnern des Rehabilitationszentrums anrichtete, Vorwürfe erhoben wurden, die Polizei hätte die Menge zerstreuen können, hat die singhalesische Regierung darauf reagiert und eine Untersuchungskommission eingesetzt und eine Sonderermittlungstruppe zusammengestellt, die mit der Generalstaatsanwaltschaft und der Untersuchungskommission zusammenarbeitet, um den Überfall aufzuklären. 60 Polizeibeamte wurden vom Dienst suspendiert. Die betroffenen Familien erhielten eine Entschädigung (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). In letzter Zeit vorgekommene Tötungen tamilischer Oppositionspolitiker sind auf Machtkämpfe der LTTE mit konkurrierenden Tamilenvertretungen zurückzuführen (Süddeutsche Zeitung vom 16.6.2003).

Nach allem ist gegenwärtig und auf absehbare Zeit (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 31.3.1981, Buchholz 402.24 § 28 Nr. 27) mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, dass Tamilen wegen ihrer Volkszugehörigkeit landesweit oder regional durch den srilankischen Staat von politischer Verfolgung bedroht sind (vgl. auch OVG Bremen, Urt. v. 31.5.2002 - 2 A 42.01 A).

Dem Kläger droht auch keine (Gruppen-)Verfolgung durch die LTTE. Allerdings wurden von der LTTE gegen politisch anders Denkende Folterungen, Hinrichtungen, Tötung von "Kriegsgefangenen" und Zivilisten sowie andere schwere Gewalttaten, Entführungen zu Lösegelderpressungen, Festnahmen, Zwangsrekrutierungen und Tötungen tamilischer Politiker konkurrierender Gruppen begangen (Süddeutsche Zeitung vom 16.6.2003). Der Trend zu Zwangsrekrutierungen hat sich auch nach Abschluss des Waffenstillstandsabkommens vom 23.2.2002 fortgesetzt (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 6.9.2002). Dabei soll es nach wie vor auch zur Zwangsrekrutierung von Kindern kommen (FR vom 21.1.2003). Zwangsmaßnahmen der LTTE sind jedoch dem srilankischen Staat nicht zuzurechnen (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 20.3.1998 - A 16 S 60/97 u a. - m.w.N.). Soweit die LTTE in den von ihr kontrollierten Gebieten quasistaatliche Macht ausüben sollte (vgl. NZZ vom 23.4.2003; zu den Voraussetzungen vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.8.2000, NVwZ 2000, 1165, 1166f.), mögen ihr zurechenbare menschenrechtswidrige Maßnahmen zwar politische Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG darstellen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr von ihnen betroffen sein könnte. Anhaltspunkte dafür, dass er in Gegenerschaft zur LTTE steht oder von ihr als ein Gegner angesehen werden könnte, liegen nicht vor. Dagegen spricht auch schon, dass er mit Genehmigung der LTTE ausgereist ist und von ihr einen Pass ausgestellt erhielt. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass der Kläger als Rückkehrer Zwangsrekrutierungsmaßnahmen ausgesetzt wäre. Hinweise darauf, dass die Gruppe der rückkehrenden Flüchtlinge aus anderen Teilen Sri Lankas oder aus dem Ausland solchen Maßnahmen ausgesetzt wären, finden sich weder in Lageberichten des Auswärtigen Amtes, noch in anderen Erkenntnisquellen. Fänden solche Rekrutierungen statt, wäre mit ihrer Erwähnung aber zu rechnen gewesen, zumal in den letzten Monaten zahlreiche Flüchtlinge in die von der LTTE kontrollierten Gebiete zurückgekehrt sind (vgl. FR vom 20.7.2002 und vom 3.2.2003; Die Welt vom 27.11.2002, Keller-Kirchhoff, Gutachten vom 18.11.2002). Da mithin davon auszugehen ist, dass zurückkehrenden Tamilen solche Maßnahmen nicht drohen, kann auch hier offen bleiben, ob und ggf. mit welchen Sanktionen die LTTE - vorausgesetzt es handle sich bei ihr um eine quasi-staatliche Macht - wie ein freiheitlich regierter Staat das Recht hat, ihre "Bürger" zum Waffendienst zu verpflichten.

Darüber hinaus drohte dem Kläger - selbst bei Verfolgung durch die LTTE - im Falle seiner Rückkehr nach Sri Lanka keine politische Verfolgung, weil ihm in den von dem srilankischen Staat kontrollierten Gebieten, insbesondere im Großraum Colombo, eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht. Eine inländische Fluchtalternative setzt neben der - hier wie aufgezeigt vorhandenen - hinreichenden Sicherheit vor politischer Verfolgung voraus, dass der Flüchtling in den in Betracht kommenden Gebieten auch keine anderen Gefahren und Nachteile befürchten muss, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existentielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde. Dabei liegt eine solche Gefährdung auch dann vor, wenn das wirtschaftliche Existenzminimum in Frage steht (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, BVerfGE 80, 315, 343 f.; Urt. v. 20.11.1990, BVerfGE 87, 141, 148 f.; BVerwG, Urt. v. 15.5.1990, BVerwGE 85, 139, 147 f.). Für die Annahme einer existentiellen Gefährdung reicht deren bloße Möglichkeit allerdings nicht aus; vielmehr ist erforderlich, dass das Gericht nach seiner Überzeugung die Gefahr nicht sicher ausschließen kann, dass der Zurückkehrende eine Leben führen muss, das zu einer verfolgungsunabhängigen Verelendung führt (BVerwG, Urt. v. 6.10.1987, EZAR 203 Nr. 4). Dies ist jedoch hier auszuschließen. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6.9.2002 besitzen Rückkehrer, die nicht aus Colombo stammen, zwar keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung für ein Leben in Colombo, sondern werden auf eine Wohnsitznahme in ihren Heimatgebieten hingewiesen. Häufig gelingt es den zahlreichen aus westlichen Staaten zurückkehrenden Asylbewerbern jedoch, in Colombo Arbeit zu finden, alternativ steht ihnen (einfache) Unterkunft und Verpflegung in einem Flüchtlingslager zur Verfügung.

1.2.2. Der Kläger ist auch vor politischer Verfolgung aus individuellen Gründen hinreichend sicher. Von der Gefahr einer länger andauernden Inhaftierung wegen der Mitgliedschaft seines Bruders in der LTTE ist nicht auszugehen. Eine Festnahme mit dem Ziel, dass sich verwandte LTTE-Kämpfer den staatlichen Sicherheitskräften ergeben - eine in der Vergangenheit praktizierte Taktik - ist nicht zu befürchten, weil der Bruder des Klägers bereits verstorben ist. Der Umstand, dass der Kläger in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt hat, führt ebenfalls nicht zu einer Verfolgungsgefahr (OVG Bremen, Urt. v. 31.5.2002 - 2 A 42/01.A -). Politische Verfolgung durch die LTTE hat der Kläger aus den oben angeführten Gründen ebenfalls nicht zu befürchten.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Sri Lanka. Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG sind mit denen für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG deckungsgleich, soweit es die Verfolgungshandlungen, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft (BVerwG, Urt. v. 18.2.1992, NVwZ 1992, 892). Für das Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1, 4 oder 6 Satz 1 AuslG. Ihm droht in Sri Lanka weder die konkrete Gefahr, der Folter unterworfen zu werden (§ 53 Abs. 1 AuslG), noch drohen ihm Menschenrechtsverletzungen i.S.v. § 53 Abs. 4 AuslG. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

Ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG besteht ebenfalls nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Abschiebungshindernis i.S.v. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG für Angehörige einer Bevölkerungsgruppe i.S.v. § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG vor, wenn für alle Gruppenangehörigen oder einen abgrenzbaren Teil davon in einem Abschiebezielstaat landesweit eine sog. extreme allgemeine Gefahrenlage besteht. Eine solche Gefahrenlage hat zur Voraussetzung, dass die Angehörigen der Bevölkerungsgruppe in dem Zielstaat der konkreten Gefahr ausgesetzt sind, umgebracht zu werden oder schlechthin keine Existenzgrundlage zu finden (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.3.1996, DVBl. 1996, 1257; Urt. v. 17.10.1995, BVerwGE 99, 324, 328). Eine solche Gefahrenlage besteht für zurückkehrende Tamilen nicht (vgl. schon 4. Senat, Beschl. v. 5.7.2001 - A 4 B 736/00 -; Beschl. v. 29.6.2001 -A 4 B 409/00 -).

4. Schließlich entsprechen Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in dem angegriffenen Bescheid des Beklagten den Maßgaben der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylVfG.

Für die nach allem erfolglose Berufung folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten entsprechend § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.

Ende der Entscheidung

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