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Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.08.2003
Aktenzeichen: A 5 B 815/01
Rechtsgebiete: AuslG
Vorschriften:
AuslG § 51 Abs. 1 | |
AuslG § 53 |
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Im Namen des Volkes Urteil
Az.: A 5 B 815/01
In der Verwaltungsrechtssache
wegen Abschiebungsschutz nach §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG
hat der 5. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Kober und der Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schaffarzik
am 20. August 2003
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 16. Juni 2000 - A 1 K 31879/96 - wird geändert. Die Klage wird im Umfang der Berufungszulassung abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten im Berufungsverfahren
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der nach seinen Angaben am 1970 in K, Libyen, geborene Kläger, macht eine libysche Staatsangehörigkeit geltend Er beruft sich darauf, auf dem Luftwege in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein und beantragte am 21.9.1996 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Zur Begründung seines Antrages führte er am 21.9.1996 bei seiner Anhörung vor dem Grenzschutzamt Frankfurt/Main aus, am 20.1.1994 Libyen verlassen zu haben. Sein 1990 mit einem Freund eröffnetes Lebensmittelgeschäft habe die Regierung 1992 enteignet. Auf seinen dagegen gerichteten Protest sei er im Juni 1992 für einen Monat unter Anwendung von Schlägen und Folter inhaftiert worden. Für seine Freilassung habe er erklären müssen, nie mehr gegenüber der Regierung aufsässig zu sein. Im Januar 1994 habe er sich einer überwiegend aus in der Nachbarschaft lebenden Freunden bestehenden Studentenorganisation angeschlossen Diese Organisation habe sich gegen menschenrechtliche und soziale Missstände gewandt. Im gleichen Monat noch seien einige ihrer Mitglieder verhaftet worden. Er selbst habe flüchten können, so dass sein Vater an seiner Stelle für eine Woche inhaftiert worden sei. Am 20.1.1994 sei er mit falschen Personalien und mit der Hilfe seines Bruders und eines Freundes mit einem Schiff von Tripolis nach Malta ausgereist. Dort habe er illegal bei ihn unterstützenden libyschen Landsleuten gelebt In Malta habe er wegen der Zusammenarbeit dieses Landes mit Libyen keinen Asylantrag stellen können So habe er dann aus eigenen Mitteln seine Ausreise finanziert und sei am 18.9.1996 mit einem Direktflug der Lufthansa nach Frankfurt/Main gelangt.
Bei seiner Anhörung am 25.9.1996 vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - Bundesamt - führte er aus, zwei Flugtickets besessen zu haben. Ein Flugticket habe er von einem Freund erhalten, der ohne sein Einverständnis mit seinem Pass nach Saudi-Arabien ausgereist sei. Dieser habe ihm das in Damaskus ausgestellte Flugticket mitgebracht. Ein anderer Freund, der Händler sei, habe ihm ein in Tripolis ausgestelltes Flugticket beschafft. Der aus Syrien kommende Freund habe ihm am 24.6. seinen Pass und ein Ticket gegeben. Er selbst habe dann noch ein paar Monate gearbeitet, sodann eine Passkopie gemacht und mit dieser Passkopie und dem Geld das Ticket durch den anderen Freund beschafft.
Zuletzt habe er in Malta bei einer Firma T gearbeitet. Dort habe ein Mann vom libyschen Geheimdienst namens C T einmal etwa anderthalb Monate vor seiner Ausreise nach ihm gefragt. Dies habe ihm ein Landsmann namens S; erzählt, der mit jenem gesprochen habe. Der Geheimdienstler habe S seine Telefonnummer gegeben, seinen Namen mitgeteilt und ihm Hilfe angeboten, falls er etwas in Malta brauche. Im Übrigen hat der Kläger vor dem Bundesamt sein Vorbringen vor dem Grenzschutzamt bekräftigt und die Vorkommnisse näher geschildert.
Mit Bescheid vom 11.11.1996 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Ziffer 1) und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (Ziffer 2) noch des § 53 AuslG (Ziffer 3) vorliegen. Zugleich forderte sie ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland binnen 1 Monats zu verlassen und drohte ihm widrigenfalls seine Abschiebung - vorzugsweise nach Libyen - an (Ziffer 4). Zur Begründung führte sie aus, das klägerische Vorbringen sei unglaubhaft. So habe er beim Bundesgrenzschutz erklärt, Mitglied einer Studentenorganisation geworden zu sein. Demgegenüber habe er bei seiner Anhörung angegeben, er sei Mitglied einer Partei geworden. Es stehe im Widerspruch zu dem aufgefundenen Flugticket (Ausstellungsdatum. 10.9 1996, ausstellendes Büro. Lufthansa Tripoli 1, Flugroute Tripoli, Malta, Frankfurt, Kuala Lumpur, Frankfurt), dass er sich 2 1/2 Jahre in Malta aufgehalten haben wolle Unsubstanziiert und vage sei sein Sachvortrag insbesondere auch bezüglich der Passbeschaffung in Libyen, der Eintragungen im Reisepass, der Benutzung des Reisepasses durch einen Freund, der Einreise mit der ID-Karte nach Malta, der Mitgliedschaft in einer unbekannten Partei, der Information, dass er gesucht werde, der Beschlagnahme seines Ladens, der Tätigkeit bei einer Fluggesellschaft in Libyen und des Aufenthalts nebst der Berufstätigkeit in Malta. Selbst wenn seine Angaben zu seiner Inhaftierung als wahr angesehen würden, rechtfertige dies nicht seine Anerkennung als politisch Verfolgter. Liege der Inhaftierung eine falsche Beschuldigung zugrunde, sei es ihm zumutbar, diesen Verdacht auszuräumen. Die Entlassung aus der Haft und die Ausstellung eines Reisepasses belege, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt und kein weiterer Verdacht mehr ihm gegenüber bestand. Die Verfälschung des Passes (Seitenentfernung der Seiten 3 bis 6; Zerreißen des Reisepasses) sowie dessen Zurücklassen im Flugzeug legten den Schluss nahe, dass hierdurch die Fluchtumstände verschleiert und aufenthaltsbeendende Maßnahmen erschwert werden sollten.
So wie es an Vorfluchtgründen fehle, stünden dem Kläger auch keine Nachfluchtgründe zur Seite. Im Fall einer Rückkehr könne es zu Überprüfungen kommen, die sich aber in möglichen Verhören und kurzzeitigen Inhaftierungen erschöpften, wodurch die Schwelle zur Asylerheblichkeit noch nicht erreicht werde. Abschiebungshindernisse nach § 51 und § 53 AuslG bestünden nicht.
Der Kläger hat am 19.11.1996 gegen die Ablehnung seines Asylgesuchs Klage erhoben. Zu ihrer Begründung führte er ergänzend zu seiner Anhörung aus, nicht in dem ihm zusammen mit einem Freund gehörenden Laden, sondern bei einer zivilen Fluggesellschaft mit dem Namen S E E gearbeitet zu haben. Deren Präsident trage den Namen M K Bei dieser Gesellschaft sei er von Januar bis Juni 1992 als Gepäckträger bzw. Gepäckfahrer beschäftigt gewesen. Seiner Inhaftierung liege ein Streit mit einem führenden Mitglied des revolutionären Komitees Libyens zugrunde, der sich unter dem Vorwand eines staatlichen Bedarfs seines Ladens bemächtigt habe. Als er diesem die Übergabe des Ladens verweigert habe, sei es am 1.6.1992 in dessen Büro zu einem Streit gekommen, an dessen Ende er noch dort festgenommen wurde. Während seiner nachfolgenden einmonatigen Inhaftierung sei er dreimal unter von ihm im Einzelnen geschilderter körperlicher Misshandlung verhört worden.
Nach Ablauf des Monats sei er gegen schriftliche Verschwiegenheitserklärung freigelassen worden. Am folgenden Tag habe er seinen Pass und Passbilder auf der Polizeiwache seines Stadtbezirks abgeben müssen. Sodann habe er bei seinen Eltern gelebt Nachbarn hatte erfahren, dass er im Gefängnis gewesen sei und in ihm einen Regimegegner vermutet Sie hatten ihm von ihrer Zugehörigkeit zu einer Studentenorganisation berichtet, die er auch als politische Partei bezeichnet habe Er habe in eine Mitarbeit eingewilligt, da er etwas gegen die Regierung tun wollte Sieben Mitglieder, deren Namen er im Einzelnen benennt, habe er kennengelernt und sich vom 11. bis 9.1.1994 vier- oder fünfmal mit ihnen getroffen. Am 9.1.1994 seien die ihm bekannten Mitglieder der Gruppe verhaftet worden. Ein untergetauchter Freund habe ihn hiervon benachrichtigt, woraufhin er zu seiner Großmutter in einen anderen Stadtteil von Tripolis gezogen sei. Da er bei sich zu Hause nicht aufgefunden werden konnte, sei sein Vater für die Dauer von einer Woche inhaftiert worden. Am 20.1. sei sein Bruder erschienen und habe ihm berichtet, dass er schnellstens das Land verlassen müsse, da die Familie von der Polizei bedroht werde Sein Bruder habe ihm über einen im Hafen beschäftigten Bekannten einen Platz auf dem Schiff Tulai Tula beschafft Mit der ID-Karte seines Bruders sei er sodann über Nacht nach Malta gereist.
Anfangs habe er in einem Hotel gewohnt, seine Eltern hatten ihm Geld gegeben. Dann sei er auf den Fußballspieler M aus Tripolis getroffen, welcher ihn dann über zweieinhalb Jahre in Malta versorgt habe. Er habe bei ihm gewohnt, gemeinsam seien sie mehrere Male umgezogen. Die ID-Karte seines Bruders habe er in Malta zerrissen, da er Schwierigkeiten für diesen im Fall der Entdeckung fürchtete. Ungeachtet seiner legalen Einreise habe er sich später illegal in Malta aufgehalten und ohne Papiere sei er daran gehindert gewesen, in ein sicheres Land auszureisen. Zu Beginn des Jahres 1993 habe er in Tripolis über einen Freund einen neuen Pass beantragt, was ihm einfacher zu sein schien, als seinen alten Pass wiederzuerlangen. Dieser Freund heiße M M und gehöre dem in Libyen sehr mächtigen Stamm der Sebha an. Er habe über Kontakte zu staatlichen Stellen verfugt und auch seinen Pass abholen können, ohne dass dazu seine eigene Unterschrift erforderlich gewesen sei Beziehungen dieser Art zu nutzen sei in Libyen üblich. Den Pass habe sein Freund erst nach seiner Ausreise erhalten und ihn einem weiteren Freund namens M M A gegeben, der sich nach den Verhaftungen der anderen Gruppenmitglieder versteckt gehalten habe und ebenfalls das Land habe verlassen müssen. Dies habe jener dann ohne seine Einwilligung mit diesem Pass gemacht, sei nach Saudi-Arabien geflohen und von dort aus nach Syrien abgeschoben worden. Von dort wollte jener nach Libyen zurückkehren, da Syrien für ihn nicht sicher gewesen sei. Diesen Freund habe er im Juni 1996 in Malta getroffen, wo er ihm sein Schicksal berichtet und auch den Pass übergeben habe. Sein Freund habe sich bei der libyschen Botschaft erkundigt, die diesem versichert habe, dass ihm bei einer Rückkehr nichts passiere. Gleichwohl sei er nach der Einreise verhaftet worden.
Ungeachtet des nunmehr vorhandenen Passes habe ihm Geld für eine Ausreise gefehlt. Dieses habe er sich durch eine anderthalbmonatige illegale Beschäftigung bei einer großen Baufirma verdient. Ein Kollege habe ihm dann berichtet, dass sich ein Geheimdienstmitarbeiter namens C T dort bei diesem über ihn erkundigt habe.
Zunächst habe er nur das Flugticket von M M A besessen, welches ihm jener mit seinem Pass übergeben habe. Es sei auf die Route Syrien-Malta-Marokko gebucht gewesen. Da Marokko aber unsicher sei, habe er sein bei der Baufirma verdientes Geld einem zwischen Malta und Libyen pendelnden Händler mit dem Auftrag gegeben, ihm ein Flugticket zu kaufen. Etwa fünf Tage vor seiner Ausreise habe ihm dieser ein Flugticket für den Flug Tripolis-Malta-Frankfurt-Malaysia gebucht. Am 18.6.1996 sei er ausgereist.
Ergänzend führte er aus, seit seiner Ausreise werde seine Familie in unregelmäßigen, zwischen vier und acht Wochen schwankenden, Abständen vom libyschen Geheimdienst aufgesucht und nach seinem Verbleib befragt. Ergänzend benannte er einen Zeugen für die Vorgänge vor seiner Ausreise.
Mit Beschluss vom 10.5.2000 hat das Verwaltungsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten hinsichtlich der Feststellung nach §§ 51 und 53 AuslG nebst Aufhebung der Abschiebungsandrohung bewilligt. In der mündlichen Verhandlung hat es den vom Kläger benannten Zeugen vernommen.
Mit Urteil vom 16.6.2000 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides des Bundesamtes zur Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und des § 53 AuslG in der Person des Klägers vorliegen. Im Übrigen wies es die Klage ab.
Zur Begründung führte es aus. Eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter komme nicht in Betracht, da er Libyen unverfolgt verlassen habe und eine Verfolgung durch den libyschen Staat nicht glaubhaft sei. Sein Verfolgungsschicksal habe er nicht glaubhaft dargelegt. Es sei in wesentlichen Teilen vage und unsubstanziiert geblieben Seine Aussagen hätte im Laufe des Verfahrens gewechselt und wären in erheblichem Maße widersprüchlich geblieben. Bereits ein Engagement bei einer oppositionellen Organisation und der vermeintliche Inhaftierungsversuch im Januar 1994 sei unglaubhaft. Dies gelte für seine Schilderung der dezentralen Organisation dieser Gruppierung, welche aus Nachbarn und Bekannten bestanden haben solle, was gegen die Führung einer Mitgliederkartei wie von ihm beschrieben spreche. Es sei auch zu erwarten gewesen, dass sich eine solche Gruppe zur Identitätsstiftung einen Namen gebe. Im Widerspruch zu seinen sonstigen Angaben stehe seine Darstellung bei der Anhörung vor dem Bundesamt, dass er Mitglied einer Partei geworden sei. Seine damalige Ausführung, es habe sich um eine verbotene Partei gehandelt, stehe im unlösbaren Widerspruch zu der Bezeichnung der Gruppe als Untergrundorganisation, welche von vornherein illegal sei. Eine konturierte Zielsetzung und eine entsprechende Arbeit der Organisation habe er nicht darstellen können. Die Angaben zu den Aktivitäten der Organisation variierten deutlich und erschöpften sich in abstrakten wechselnden Angaben. Aus welchem Personenkreis deren Mitglieder stammten, habe er nicht deutlich machen können. Aus der Aussage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen ergebe sich nichts anderes, da diesem jedenfalls ein Grund für eine etwaige Suche nach dem Kläger nicht bekannt gewesen sei.
Unglaubhaft sei seine Darstellung, nicht selbst mit seinem Reisepass ausgereist zu sein. Sie sei teilweise unglaubhaft und teilweise widersprüchlich. Auch die Art und Weise seiner Ausreise aus Libyen habe er nicht eindeutig bewiesen. Er habe auch nicht erklären können, warum sich in dem Reisepass ein Einreisestempel für Malta vom 12.10.1994 befinde. Nach seiner Darstellung sei sein mit diesem Pass nach Saudi-Arabien geflohener Freund erst im Juni 1996 nach Malta gelangt. Da dieser Pass ein sehr genaues Foto des Klägers enthalte, sei zudem auch eine Benutzung des Passes durch Dritte wenig wahrscheinlich.
Seine Klage sei jedoch insoweit begründet, als ihm wegen der Asylantragstellung und seinem zwischenzeitlich rund vierjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik bei einer Rückkehr nach Libyen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung im Sinne von §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG drohe. Dies ergebe sich aus den Auskünften des Deutschen Orient-Instituts und des Auswärtigen Amtes. Hiernach werde bereits die Asylantragstellung als Ausdruck oppositionellen Verhaltens angesehen. In diesem Fall werde eine regimefeindliche Haltung unterstellt. Sei die Asylantragstellung bekannt geworden, müsse der Rückkehrer mit Befragungen rechnen. Mit staatlichen Maßnahmen sei auch zu rechnen, wenn ein Rückkehrer nach Auffassung der libyschen Behörden im Ausland oppositionelle Aktivitäten unternommen habe. Der Grad der staatlichen Maßnahmen sei von der Ausrichtung des oppositionellen Engagements abhängig und könne von Meldeauflagen bis zu jahrelanger Haft ohne Gerichtsverfahren reichen. Ein längerer Auslandsaufenthalt müsse nicht zwingend zum Verdacht oppositionellen Engagements führen, vor allem dann nicht, wenn der Betreffende regelmäßig Kontakt zu libyschen Behörden gehabt habe und seinen Pass - falls erforderlich - verlängert habe. Bei seiner Rückkehr werde er aber nach dem Grund seiner Abwesenheit befragt. Könnten dazu keine plausiblen Angaben gemacht werden, sei mit "entsprechender Befragung" zu rechnen.
Hiervon ausgehend bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass bereits die Asylantragstellung des Klägers den libyschen Behörden bekannt werde und als oppositionelle Tätigkeit von diesen verfolgt werde. Die bei einem längeren Auslandsaufenthalts von den libyschen Behörden angenommene Asylantragstellung werde regelmäßig die Vermutung beinhalten, dass dieser Antrag mit regimefeindlichen oder für das Regime nachteiligen Behauptungen begründet wurde. Demgegenüber sei bei dem Kläger nicht davon auszugehen, dass er seinen mehrjährigen Auslandsaufenthalt durch "politisch neutrale" Umstände begründen könne, weshalb er mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als oppositionell und regimefeindlich angesehen werde. Dies ziehe mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dementsprechende Maßnahmen der libyschen Behörden nach sich.
Auf Antrag des Beteiligten ist die Berufung mit Beschluss vom 5.12.2001 - A 4 B 477/00 - zugelassen worden. Die Zulassung erfolgte zur Klärung der Frage, ob allein die Asylantragstellung bzw. der Asylantrag in Verbindung mit einem längeren Auslandsaufenthalt nicht vorverfolgt ausgereister libyscher Staatsangehöriger in Deutschland einen Abschiebungsschutz im Sinne der §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG begründe.
Zur Begründung seiner Berufung hat der Beteiligte zunächst auf seine Ausführungen in der Antragsschrift und im Zulassungsbeschluss verwiesen. Mit Schriftsatz vom 28.7 und 6.8.2003 führt er aus, der Entscheidungsausspruch zu § 53 AuslG genüge dem Konkretisierungsgebot nicht. Zudem komme dieser Ausspruch in der Regel nicht in Betracht, wenn gleichzeitig ein Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bejaht werde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stünden die Ansprüche auf Asyl, auf Flüchtlingsanerkennung nach § 51 Abs. 1 AuslG und auf Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 1 bis 4 oder Abs. 6 Satz 1 AuslG in einem Stufen- und Rangverhältnis. Im Übrigen stelle § 31 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG einen Ausspruch zu § 53 AuslG bei Bejahung der Flüchtlingsstellung ins Ermessen der Behörde. Eine "Doppelverpflichtung" komme nur im Fall einer hier nicht ersichtlichen Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
Für die Prognose einer hinreichenden Gefährdung lasse sich der Auskunftslage weiterhin nichts Hinreichendes für die Befürchtung entnehmen, dass erkennbar unverfolgt aus ihrem Heimatland ausgereiste Libyer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von politischer Verfolgung bedroht sein sollten, wenn sie im Anschluss an einen langjährigem Auslandsaufenthalt und Asylantragstellung nach Libyen zurückkehrten. Sowohl nach den Auskünften des Deutschen Orientinstitutes wie des Auswärtigen Amtes werde eine Asylantragstellung in Deutschland libyschen Behörden grundsätzlich nicht bekannt. Nach beider Ansicht zöge das Bekanntwerden der Asylantragstellung eine Befragung nach den Umständen des Auslandsaufenthaltes nach sich. Ob es hierbei zu Verfolgungsmaßnahmen komme, hänge nach beider Ansicht davon ab, in welchem Maße sich der jeweilige Antragsteller oppositionell engagiert habe. Die Mehrzahl der Verwaltungsgerichte komme zu der Folgerung, dass ein Rückkehrer üblicherweise bei fehlendem tatsächlich oppositionellem Einsatz wegen seiner Asylantragstellung und dem Auslandsaufenthalt lediglich mit im Ergebnis asylunerheblichen Befragungen durch die Sicherheitsdienste zu rechnen habe.
Hierfür sprächen insbesondere neuere Quellen, wie etwa die Auskunft des Deutschen Orient-Institutes vom 21.10.2002 an den erkennenden Senat. Hiernach bestünde für einen nach Jahren in seine Heimat zurückkehrenden Libyer die Möglichkeit, seinen Auslandsaufenthalt politisch neutral zu begründen, wenn er auch zur Vermeidung von über eine Befragung hinausgehenden Konsequenzen bestimmte Bedingungen erfüllen müsse. Es sei dem Schutzsuchenden aber zumutbar, etwa an der Beschaffung von gültigen Papieren zur Ermöglichung einer gefahrlosen Rückkehr mitzuwirken.
Es könne nach wie vor nicht angenommen werden, dass libysche Stellen generell und unabhängig von einem etwaigen im Rahmen der Einreise entstehenden Anlass aus sonstigen Gründen Anlass zu Nachforschungen sehen, insbesondere, dass sie regelmäßig eine Asylantragstellung im Ausland unterstellten. Aber auch für den Fall einer bekannt gewordenen Asylantragstellung komme es oftmals zu nur asylunerheblichen Konsequenzen. Zwar werde die Asylantragstellung mit einer Ablehnung des bestehenden Regimes gleichgesetzt. Die Schärfe der von den Sicherheitskräften ergriffenen Maßnahmen hinge von verschiedenen Faktoren ab, wie der Herkunft des Befragten oder etwa von der Frage, ob die Ablehnung des Regimes säkulare oder religiöse Gründe habe. Eine noch geringere Gefährdung müsse angenommen werden, wenn bei den libyschen Behörden die Annahme nahe liege, ein Asylantrag sei allein zur Ermöglichung eines anderweitig nicht erreichbaren Aufenthalts gestellt worden. Ergebnisse oder Konsequenzen der Befragung von Rückkehrern habe das Auswärtige Amt mangels Kenntnis nicht mitteilen können, aber auf einen Referenzfall eines aus Schweden mit einer Reisepasskopie rückkehrenden Libyers verwiesen, welchem nach seiner Befragung nachweislich keine weiteren Verfolgungsmaßnahmen zugestoßen seien. Nach Auffassung des Auswärtigen Amtes ließe sich diese Erfahrung auf ähnlich gelagerte Fälle übertragen.
Der Auskunft von amnesty international vom 4.8.2003 lasse sich nichts anderes entnehmen. Ungeachtet der bedenklichen Menschenrechtslage in Libyen, könne nicht übersehen werden, dass sich seit etwa vier Jahren eine erkennbare und anhaltende Liberalisierung zeige. Einschlägige Referenzfälle für eine Gefährdung ließen sich auch dieser Auskunft nicht entnehmen. Alle dort genannten Fälle stünden maßgeblich entweder im Kontext mit dem konkreten Verdacht oppositioneller Aktivitäten in der Regel zugunsten islamistischer Gruppierungen oder der nahen Verwandtschaft mit einem exponierten Oppositionellen. Ungeachtet der schwierigen Informationsgewinnung über den weiteren Fortgang nach einer Rückkehr nach Libyen müsse beachtet werden, dass es in den letzten Jahren mehrfach zu Rückführungen gekommen sei. Hiervon ausgehend könne eine Gefährdung zwar nicht ausgeschlossen werden. Ein beachtliches Rückkehrrisiko allein in Anknüpfung an einen längeren Auslandsaufenthalt und eine Asylantragstellung lasse sich hingegen nicht feststellen.
Der Beteiligte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 16. Juni 2000 - A 1 K 31879/96 - zu ändern und die Klage im Umfang der Berufungszulassung abzuweisen.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach der Auskunftslage sei er von politischer Verfolgung bedroht. Nach der Auskunft von amnesty international vom 4.8.2003 müsse er als zwangsweise zurückgeführter Libyer mit einer Festnahme auf dem Flughafen rechnen. Sein Reisepass sei abgelaufen, so dass er wegen seines mehrjährigen Auslandsaufenthaltes mit "intensiven Befragungen" zu rechnen habe. In deren Rahmen müsse er seine Asylantragstellung mitteilen, was einer Intensivierung der Befragung zur Folge haben werde. Gebe er sodann unter dem Druck von Folter an, sich für sein Asylverfahren auf die Mitgliedschaft in einer oppositionellen Gruppe berufen zu haben, werde die Befragung weiter verschärft und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich enden.
Möglichkeiten für eine politische neutrale Begründung seines Auslandsaufenthaltes bestünden für ihn nicht. Weder könne er einen Studienaufenthalt oder etwa eine Erwerbstätigkeit plausibel machen.
Die Schwierigkeiten der Informationsbeschaffung bestätigten ein Verschleierungsinteresse des libyschen Staates an den bestehenden Zuständen. Es wären keine Tatsachen dafür ersichtlich, dass der libysche Staat von der Praxis der Verhaftung und Befragung zwangsweise zurückgeführter Libyer Abstand genommen habe, so dass Leben und Freiheit des Klägers im Fall seiner Rückkehr unverändert bedroht seien.
Der Kläger erhielt mit Beschluss vom 30.7.2002 - A 5 B 815/01 - Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bewilligt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Bundesamtes sowie auf die Gerichtsakten verwiesen. Diese Unterlagen sowie die den Beteiligten bekannt gegebenen Erkenntnismittel waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beklagten mündlich verhandeln und entscheiden, da sie auf diese Möglichkeit in der auch im Übrigen ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen wurde (vgl. § 125 Abs. 1, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Die zulässige Berufung des Beteiligten ist begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung, dass in seiner Person die Voraussetzungen der § 51 Abs. 1 und § 53 Ausländergesetz - AuslG - vorliegen. Der Bescheid des Bundesamtes vom 11.11.1996 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG.
Das Abschiebungsverbot des § 51 Abs. 1 AuslG dient dem Schutz vor politischer Verfolgung. Seine Voraussetzungen sind mit den Voraussetzungen des Asylanspruches gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz - GG - deckungsgleich, was die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung angeht (BVerwG, Urt. v. 18.2.1992, NVwZ 1992, 892; Urt. v. 10.5.1994, NVwZ 1994, 1115). Demnach hat eine Person einen Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG, wenn sie bei einer Einreise in einen bestimmten Staat, in aller Regel in den Herkunftsstaat, dort aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung davon bedroht ist, Leben, Gesundheit oder persönliche Freiheit zu verlieren oder anderen Beeinträchtigungen von die Menschenwürde verletzender Schwere und Intensität ausgesetzt zu werden. Eine solche Gefährdung muss von der jeweiligen Staatsmacht gezielt ausgehen oder - im Falle von Übergriffen Dritter - ihr zuzurechnen sein, weil sie die Schutzbereitschaft vermissen lässt. Nicht von der Staatsmacht ausgehende oder ihr zuzurechnende Gefahren sind nicht geeignet, eine politische Verfolgung und damit Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG zu begründen (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, NVwZ 1990, 151 = BVerfGE 80, 315 [336]; BVerwG, Urt. v. 20.11.1990, NVwZ 1991, 382; st. Rspr.).
Wer seine Asylanerkennung erstrebt oder Abschiebungsschutz gemäß § 51 Abs. 1 AuslG in Anspruch nimmt, ist gehalten, seine individuellen Gründe für seine Verfolgungsfurcht, d h. die in seine Lebenssphäre fallenden Erlebnisse und Ereignisse, von sich aus unter Angabe von Einzelheiten stimmig und nachvollziehbar zu schildern, so dass sie den geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen vermögen. Bleibt der Schutzsuchende hinsichtlich seiner individuellen Gründe konkrete Angaben schuldig, so ist das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen anzustellen. Die gerichtliche Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO wird insoweit durch die Mitwirkungsobliegenheit des Schutzsuchenden überlagert (BVerwG, Urt. v 8 7.1982, DÖV 1983, 207; st. Rspr.).
a) Der Senat teilt die Überzeugung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger eine Vorverfolgung nicht glaubhaft gemacht hat. Auch unter Berücksichtigung seiner Einlassungen bei der informatorischen Befragung durch den Senat bestehen durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Darstellung.
Für das vorherige Vorbringen des Klägers verweist der Senat zunächst auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, welche er sich zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen macht.
Auch bei seiner Anhörung vor dem Senat konnte der Kläger die Vorgänge zu der von ihm mal als Partei, mal als Untergrundorganisation, dann als Studentenorganisation, bezeichneten Gruppierung, die maßgeblich für seine Ausreise gewesen sein sollen, nicht überzeugend darlegen. Die Ziele dieser Gruppierung hat er nur vage und substanzlos bezeichnen können Mehr als den Eindruck eines zum Gespräch zusammenkommenden Kreises, in dem auch einmal die Regierung kritisiert wird, hat der Kläger nicht vermitteln können. In Abweichung zu seinem bisherigen Vorbringen hat er bei seiner Befragung durch den Senat erklärt, sein Geschäftspartner, mit dem er bis zum Jahre 1992 ein Geschäft betrieben haben will, habe ihn zu dieser Organisation mitgenommen. Zur Begründung seiner Klage hatte er dagegen noch ausgeführt, seine Nachbarn wären auf ihn wegen einer Mitarbeit in dieser Organisation zugekommen. Da er schon seinerzeit zwischen seinem Geschäftspartner und seinen Nachbarn differenzierte, überzeugt sein vor dem Senat abgegebener Erklärungsversuch, auch sein Geschäftspartner sei sein Nachbar gewesen, nicht, zumal er den Begriff der "Nachbarn", also den Plural, verwandte.
Dass er dann bei dem ersten Kontakt zu dieser Organisation deren Mitglieder zu sich nach Hause eingeladen haben will, hat den Senat nicht überzeugen können. Für einen ersten Kontakt unter notwendig konspirativen Umständen ist dies höchst unwahrscheinlich. Ebensowenig überzeugend ist es in diesem Zusammenhang, dass die Gruppe lediglich aus sieben Personen bestand, hingegen direkt beim ersten Treffen seine Personalien notiert worden sein sollen, obwohl ihm die Mitglieder der Gruppe nach seiner Darstellung aufgrund von Nachbarschaft oder Freundschaft persönlich bekannt waren. Ein Grund zur Aufnahme der Personalien ist nicht ersichtlich, vielmehr zumindest unverständlich angesichts der durch die Schaffung einer "Mitgliederliste" drohenden Handreichung an die Sicherheitskräfte für den Fall einer Durchsuchung. Ausgehend von der Existenz einer solchen Liste ist es wiederum schwerlich erklärbar, wieso die benachbart zum Kläger wohnenden Mitglieder dieser Gruppe festgenommen worden sein sollen, hingegen der ebenfalls auf der Liste ausgewiesene Kläger von einer Festnahme verschont blieb. In Ansehung der bestehenden Nachbarschaft wäre diese ohne weiteres im Zusammenhang mit der Festnahme der Anderen möglich und naheliegend gewesen.
Ein gegenüber dem Kläger fehlendes Verfolgungsinteresse des libyschen Staates ergibt sich auch aus dem Umstand, dass dem Kläger noch nach seiner Ausreise ein von ihm zuvor beantragter Reisepass ausgestellt wurde.
Die Glaubwürdigkeitszweifel betreffen auch die - als abgeschlossen anzusehenden - Vorgänge im Jahre 1992. So hat der Kläger in seiner Klageschrift ausgeführt, im Anschluss an eine verbale Auseinandersetzung unmittelbar in dem Büro des seinen Laden beschlagnahmenden Mannes festgenommen worden zu sein. Vor dem Senat gab er hingegen an, im Anschluss an den Streit im Büro dieses Herrn zu sich nach Hause gefahren zu sein. Dort hätten ihn dann Mitarbeiter der Sicherheitskräfte festgenommen. Widersprüche in so zentralen Punkten lassen das Verfolgungsvorbringen insgesamt als unglaubhaft erscheinen.
Über die bereits erfolgte Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Gründen für die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers und der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen sind keine weiteren Ausführungen veranlasst. Der Kläger ist im Übrigen im Berufungsverfahren der Würdigung seiner Vorfluchtgründe durch das Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten.
b) Der Senat konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (zu diesem Maßstab bei unververfolgt Ausgereisten: BVerwG, Urt. v. 3.11.1992, BVerwGE 91, 150 [154]) die Gefahr einer politischen Verfolgung i.S.v. § 51 Abs. 1 AuslG aufgrund des hier noch allein in Rede stehenden Umstandes droht, dass er in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt hat und inzwischen knapp sieben Jahre außerhalb Libyens lebt.
Der Kläger muss damit rechnen, im Fall seiner Rückkehr nach Libyen bei der Einreise von den dortigen Sicherheitskräften befragt zu werden. Es lässt sich aber nicht feststellen, dass ihm deshalb mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahren i. S.v. § 51 Abs. 1 AuslG drohen.
aa) Nach den vorliegenden Stellungnahmen werden Libyer, die sich länger als sechs Monate im Ausland aufgehalten haben, bei der Wiedereinreise einer ausführlichen Befragung durch libysche Sicherheitskräfte unterzogen (Auswärtiges Amt, ad-hoc Bericht v. 2.8.2001 und Auskunft v. 29.11.2002 an SächsOVG; amnesty international, Auskunft v. 4.8.2003 an SächsOVG).
(1) Für den Fall, dass es einem Rückkehrer gelingt, seinen Auslandsaufenthalt substanziiert mit politisch neutralen Gründen zu erklären, geht der Senat auf der Grundlage der Stellungnahme des Deutschen Orient-Institutes (DOI) (v. 21.10.2002 an SächsOVG) davon aus, dass es zu keinen über eine bloße Befragung hinausgehenden Konsequenzen kommt. Voraussetzung hierfür ist der Besitz von gültigen Passdokumenten, nicht ausgeübte oder nicht bekanntgewordene exilpolitische Aktivitäten und eine schlüssige - wie politisch neutrale - Begründung für den Auslandsaufenthalt. Von der Fähigkeit zu einer substanziierten Begründung in diesem Sinne kann ausgegangen werden, wenn ein Beschäftigungs- oder Studienverhältnis oder etwa auch eine medizinische Behandlung für die Dauer des Auslandsaufenthalts durch Dokumente oder vergleichbar glaubhafte Tatsachen nachgewiesen werden kann.
(2) Verfügt der rückkehrende Asylbewerber nicht über diese Möglichkeit, insbesondere durch die Vorlage von Dokumenten einen politisch neutralen Auslandsaufenthalt zu belegen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass er sich im Rahmen seiner Befragung veranlasst sieht, zur schlüssigen Begründung des Auslandsaufenthaltes seine Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland zu offenbaren. Ohne eine Offenbarung durch den rückkehrenden Asylbewerber selbst ist in aller Regel nicht davon auszugehen, dass die libyschen Behörden Kenntnis von einer hiesigen Asylantragstellung haben.
Nach den vorliegenden Auskünften des DOI ist nicht davon auszugehen, dass den libyschen Behörden die Asylantragstellung eines libyschen Staatsangehörigen bekannt wird (v. 2.5.1998 und v. 21.5.1998 an VG Leipzig; v. 26.7.1999). Eine Kenntniserlangung ist hiernach nur wahrscheinlich, wenn der Asylantragsteller entsprechende Schritte direkt oder indirekt unternimmt oder wenn deutsche Behörden durch die Einholung von Auskünften einen Hinweis auf die Antragstellung geben, was wenig wahrscheinlich sei. Von sich aus hätten die libyschen Stellen keinen Informationszugriff auf die Beantragung von Asyl durch ihre Staatsbürger in der Bundesrepublik. Etwas anderes könne nur für den Fall eines prominenten libyschen Oppositionellen gelten. Bei diesen seien die libyschen Sicherheitsbehörden in der Regel über den Aufenthaltsort informiert und damit wohl auch über eine mögliche Asylantragstellung dieser Person (DOI, aaO).
Hiervon ausgehend besteht kein Grund für die Annahme, die libyschen Behörden könnten von der Asylantragstellung des Klägers Kenntnis erlangt haben. Weder handelt es sich bei ihm um einen prominenten libyschen Oppositionellen, noch bestehen Gründe für eine Kenntniserlangung der libyschen Behörden auf sonstige Weise.
bb) Offenbart ein Rückkehrer bei seiner für die Wiedereinreise zu erwartenden Befragung seine Asylantragstellung, muss davon ausgegangen werden, dass dieser Umstand das Interesse der Sicherheitsbehörden weckt und Anlass für eine nähere Aufklärung des Sachverhaltes gibt.
Nach den Auskünften des (aaO), des Auswärtigen Amtes (ad-hoc Bericht v. 2.8.2001), wie auch von amnesty international (v 4.8.2003 an SächsOVG), unterstellen die libyschen Behörden dem bekanntermaßen im Ausland Asyl beantragenden Rückkehrer eine regimefeindliche und oppositionelle Haltung.
cc) Die für diesen Fall zu erwartenden weiteren Maßnahmen und Konsequenzen können nach Maßgabe der aktuellen Auskunftslage nur dann einen Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG begründen, wenn über die bloße Asylantragstellung und den langjährigen Auslandsaufenthalt hinaus weitere Gefährdungsmomente in der Person des Rückkehrers vorliegen. Diese Überzeugung des Senats beruht auf folgenden Umständen:
Die in der Vergangenheit von einem Teil der Rechtsprechung vertretene Annahme, dass im Fall bloßer Asylantragstellung ohne im Weiteren den libyschen Behörden bekannt gewordenes oppositionelles Engagement mit keinen oder in Bezug auf ein Abschiebungshindernis irrelevanten Maßnahmen, insbesondere in Gestalt der angesprochenen Meldeauflagen, gerechnet werden müsse (VG Frankfurt/Main, Urt. v. 8.11.2000 - 15 E 50190/98.A; VG Düsseldorf, Urt. v. 12.1.2000 - 16 K 4297/99.A; VG Karlsruhe, Urt. v. 25.9.1997 - A 9 K 12328/97), ist nach Maßgabe der neueren Erkenntniss und Entwicklungen in Libyen im Ergebnis zutreffend.
(1) Nach dem ad-hoc Bericht des Auswärtigen Amtes vom 2.8.2001 kann nicht ausgeschlossen werden, dass zurückkehrende Libyer, deren Asylantragstellung bekannt wurde, aus diesem Grunde als politische Gefangene inhaftiert werden. Besonders hoch sei diese Gefahr für Angehörige islamistischer Gruppen sowie Mitglieder exillibyscher Parteien. Es sei zudem davon auszugehen, dass politische Gefangene in Libyen harschen Haftbedingungen und möglicherweise auch Folterungen ausgesetzt seien. Details oder Einzelfälle hierzu lägen dem Auswärtigen Amt nicht vor.
Im Hinblick auf Referenzfälle verweist das Auswärtige Amt in seinem ad-hoc Bericht darauf, dass Libyen erst seit der Aussetzung des VN-Flugembargos im April 1999 wieder an den internationalen Flugverkehr angebunden ist und erst seitdem wieder Rückführungen durchgeführt würden. Unter den wenigen seither von Deutschland aus durchgeführten Rückführungen seien dem Auswärtigen Amt bislang zwei Fälle bekannt geworden, in denen die zurückgeführte Person unmittelbar nach der Ankunft von Vertretern der libyschen Sicherheitskräfte in Empfang genommen und abgeführt worden sei. Nicht bekannt sei, ob dies nur der Durchführung einer
Befragung diente und die betroffene Person anschließend unbehelligt den Flughafen verlassen konnte, wie auch das nachfolgende Schicksal anderer rückgeführter Personen nicht bekannt sei. Zu Rückführungen aus Großbritannien, Jordanien und Saudi-Arabien lägen dem Auswärtigen Amt vergleichbare Meldungen über Verhaftungen am Flughafen unmittelbar nach der Rückkehr z.T. mit nachfolgender Inhaftierung vor.
In seiner Stellungnahme vom 29.11.2002 an den erkennenden Senat hat das Auswärtige Amt auf der Grundlage des einzigen ihm bekannten Referenzfalles aus der jüngeren Vergangenheit eine andere Bewertung abgegeben. Angeführt hat es die Abschiebung eines Libyers aus Schweden im Jahre 2002. Der lediglich mit der Kopie eines Reisepasses Rückkehrende sei bei der Einreise und ein weiteres Mal zu einem späteren Zeitpunkt befragt worden. Die Fragen hätten den näheren Umständen des Passverlustes und der unterbliebenen Beantragung eines neuen Passes gegolten. Zu weiteren Maßnahmen sei es in diesem Fall nachweislich nicht gekommen. Hiervon ausgehend hat das Auswärtige Amt die Einschätzung abgegeben, dass bei der heutigen politischen Lage in Libyen in ähnlich gelagerten Fällen auch von einer ähnlichen Behandlung des Rückkehrers ausgegangen werden könne, sofern keine exilpolitische Aktivität festzustellen sei und es sich um Libyer handele, die nach der Öffnung des Landes die neuen Reisemöglichkeiten nach Aufhebung des VN-Embargos zu einem längeren Auslandsaufenthalt nutzten.
(2) Nach den Auskünften des DOI (aaO) hängen die zu erwartenden Verfolgungsmaßnahmen von der Ausrichtung des oppositionellen Engagements ab. Zu unterscheiden sei zwischen der islamischen Opposition zuzurechnenden Personen und denjenigen, die sich durch ein Engagement in Menschenrechtsorganisationen auszeichneten. Weiterhin sei zu unterscheiden, ob der Betreffende ein einfaches Mitglied oder Sympathisant oder etwa ein aktives Mitglied einer entsprechenden Organisation war oder noch ist. Islamistisches Engagement werde derzeit aufs Schärfste bestraft. Die Verfolgungsmaßnahmen reichten je nach Einzelfall von Meldeauflagen im einfachsten Fall bis zu jahrelanger Haft ohne Gerichtsverfahren.
Als Referenzfall kann das DOI in seiner Stellungnahme an den Senat (v. 21.10.2002) lediglich einen Fall der unbehelligten Rückkehr in der Mitte der 90'er Jahre anführen, bei dem die oben dargestellten Voraussetzungen für eine ungefährdete Rückkehr erfüllt waren.
(3) Amnesty international berichtet in seinem Jahresbericht 2001 in diesem Zusammenhang, dass Betroffene von Rückführungen nach ihrer Rückkehr festgenommen wurden und einige von ihnen Opfer gravierender Menschenrechtsverletzungen - wie Folter - geworden sein sollen. Die Jahresberichte 2002 und 2003 befassen sich mit dem Thema der Rückführungen nicht mehr. Nach seiner Stellungnahme vom 4.8.2003 liegen amnesty international keine eigenen Erkenntnisse über die Zahl abgeschobener libyscher Staatsangehöriger vor. Unter Bezugnahme auf die "Libyen Informationen" des Bundesamtes ist es ebenfalls der Auffassung, dass libysche Asylbewerber nach Beendigung des VN-Luftembargos im Jahr 1999 nur in sehr geringer Zahl von deutschen Behörden abgeschoben wurden. So spreche das Bundesamt für 1999 von fünf Abschiebungen und für das Jahr 2000 von einer ähnlich niedrigen Zahl. Auch andere europäische Staaten zeichneten sich durch eine sehr zurückhaltende Abschiebungspraxis abgelehnter libyscher Asylbewerber aus. So habe etwa Großbritannien Abschiebungen libyscher Asylbewerber ausgesetzt, nachdem im Jahre 2000 ein von Großbritannien abgeschobener libyscher Asylbewerber bei seiner Ankunft in Tripolis festgenommen worden sei.
Nach Einschätzung von amnesty international (v. 4.8.2003 an SächsOVG) kann der durch eine bekannt gewordene Asylantragstellung begründete Anfangsverdacht zu einer intensiveren Befragung führen, in deren Verlauf je nach Umständen im Einzelfall Misshandlungen drohten. Dabei hebt es hervor, dass die mutmaßliche Zugehörigkeit zu islamistischen Gruppierungen ein verfolgungsauslösender Umstand zu sein scheint, da die Mehrzahl der bekannt gewordenen Fälle von Rückkehrerverfolgung dem Anschein nach dem islamistischen Spektrum zuzuordnen sei. Im Übrigen zählen nach seiner Einschätzung zu den. die Gefahr einer über eine eingehende Befragung hinausgehenden menschenrechtswidrige Behandlung bei Rückkehr verstärkenden Umständen: Vor ihrer Flucht wegen oppositioneller Aktivitäten Inhaftierte, Libyer, die sich im Ausland oppositionellen Gruppierungen oder libyschen Menschenrechtsorganisationen angeschlossen haben oder solche, deren Familienangehörige in Libyen wegen oppositioneller Aktivitäten in Haft sind, gesucht würden oder ins Ausland geflohen sind und dort gegebenenfalls ihre Aktivitäten fortsetzten. Letztlich komme es auch in Betracht, dass im Fall der Kenntniserlangung von einer Asylantragstellung ein Anfangsverdacht begründet und zu einer intensiveren Befragung führen könne, in deren Verlauf je nach den Umständen im Einzelfall Misshandlungen drohten.
(4) Eine umfassende aktuelle Tatsachenermittlung der Verhältnisse in Libyen vermittelt der von der Europäischen Kommission veröffentliche Bericht des Swedish Migration Board vom 10.7.2002. Ihm liegt eine Vorortermittlung in Libyen vom 31.5. bis 11.6.2002 zugrunde. Hiernach ist die libysche Regierung bemüht, ihr Verhältnis zur Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zu verbessern. Alle Quellen hätten übereinstimmend berichtet, dass es in jüngster Zeit auch für junge Leute wesentlich einfacher geworden sei, Reisepässe zu erhalten. Viele Libyer reisten häufig von und nach Libyen und verlängerten ihre Reisepässe aus Anlass ihrer Reisen. Im Fall einer Rückkehr ohne Ausweispapiere wollten libysche Behörden die zugrundeliegende Ursache feststellen, insbesondere um zu klären, ob es sich bei dem Betreffenden tatsächlich um einen Libyer handele. Vor allem Tunesier gäben sich oft als Libyer aus, um sich dadurch Vorteile in einem Asylverfahren zu verschaffen. Es sei sehr schwer, die tatsächliche Zahl von politischen Prozessen in Libyen festzustellen. Gut informierte Experten meinten aber, dass diese Verfahren selten seien, wahrscheinlich nur ein paar im Jahr. Kollektive Bestrafungen, wie der Zugriff auf Familienangehörige im Zusammenhang mit politischen Straftaten, würden nicht mehr praktiziert. Heutzutage stehe mehr der Einzelne als seine Umgebung im Blickfeld. Libyer, welche sich im Ausland oppositionell betätigt hätten, liefen bei einer Rückkehr Gefahr, verhaftet und vor Gericht gestellt zu werden. Von staatlich zu verantwortender Misshandlung bei Verhafteten und Inhaftierten werde nur noch selten berichtet. Viele Libyer reisten jedes Jahr nach Malta. Ihre Zahl sei in den letzten Jahren auf etwas über 30.000 im Jahr 2001 gesunken. Während des Luftembargos sei die Fährverbindung zwischen Tripolis und Valetta die wichtigste Transportverbindung gewesen. Malta sei ein Sprungbrett für weiterführende Reisen gewesen. Diese Fährverbindung sei seit April/Mai 2001 eingestellt worden. Libyer benötigten Malta nicht mehr als Transitland. Sie könnten nunmehr direkt von Libyen in den Westen fliegen. Neben dem Bemühen um außenpolitische Verbesserung der Verhältnisse könne auch eine innenpolitische Lockerung festgestellt werden. Dies gelte für die Verbesserung der Ausreisemöglichkeiten, wie auch ein Trend zur Privatisierung und zur Ermöglichung von Unternehmertum feststellbar sei. Die Angebotsvielfalt in den Geschäften habe sich deutlich erhöht. Auch Satellitenempfangsschüsseln seien nunmehr auf fast jedem Haus zu sehen. In verschiedenen Orten seien Internetcafes entstanden, wie auch englischsprachige Zeitungen angeboten würden. Zusammenfassend sei festzustellen, dass in den letzten vier Jahren eine deutliche Liberalisierung der libyschen Gesellschaft feststellbar sei und diese Entwicklung noch weiter fortschreite. Ein Asylgesuch als solches stelle noch keine Rückkehrgefahr für einen Libyer dar. Gegenüber Oppositionellen und insbesondere gegenüber moslemischen Fundamentalisten sei die Regierung wachsam.
(5) Auf der Grundlage der vorstehenden Auskünfte und Stellungnahmen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass gerade auch in Ansehung der aktuellen Entwicklung in Libyen nicht festgestellt werden kann, dass eine beachtliche Gefahr im Sinne von § 51 Abs. 1 AuslG für rückkehrende Libyer besteht, die lediglich einen Asylantrag gestellt haben und längere Zeit im Ausland waren. Eine solche Gefährdung begründende Referenzfälle liegen nicht vor. Vielmehr spricht ganz Überwiegendes für die Annahme, dass es weiterer Faktoren bedarf, um eine über die Befragung hinausgehende Gefährdung zu begründen. Dies ist in erster Linie oppositionelles Engagement, das den libyschen Behörden aus der Zeit vor oder nach der Ausreise bekannt geworden ist. Hierzu zählt nach allen Quellen insbesondere das Engagement für islamisch-fundamentalistische Auffassungen. Nicht ausgeschlossen erscheint es auch, dass im Fall von aus politischen Gründen gesuchten oder inhaftierten Familienangehörigen eine konkrete Rückkehrgefährdung angenommen werden kann. Liegen diese Gefährdungsmomente hingegen nicht vor, mag es zwar nicht ausgeschlossen sein, dass es im Einzelfall dennoch zu einem Übergriff kommt. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung lässt sich hingegen nicht begründen, da sich die insoweit relevanten Fälle soweit ersichtlich stets durch das Vorliegen der vorgenannten Sonderfaktoren auszeichneten. Über sie ist berichtet worden und etwa in der Auskunft von amnesty international vom 4.8.2003 auch eine konkrete Beschreibung möglich. Dies lässt die begründete Erwartung zu, dass ungeachtet der schwierig zu dokumentierenden Situation in Libyen auch Erkenntnisse vorliegen müssten, falls rückkehrende Personen ohne diese Merkmale in vergleichbarer Weise behandelt würden. Daran fehlt es hingegen.
2. Die Berufung des Beteiligten ist auch begründet, soweit das Verwaltungsgericht Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG festgestellt hat. Zwar lässt der Tenor der Entscheidung nicht erkennen, welches der Abschiebungshindernisse des sechs Absätze umfassenden § 53 AuslG das Verwaltungsgericht für den Kläger als erfüllt ansah. Die Entscheidungsgründe unter Ziffer III. lassen allerdings den Schluss zu, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 1 und Abs. 4 AuslG festgestellt werden sollte. Das Verwaltungsgericht sieht ausweislich seiner Entscheidungsgründe für den Kläger die Gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden. Jedenfalls kann dieses nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht mit einer zu seiner Überzeugungsgewissheit führenden Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Die unterbliebene Beachtung des regelmäßig - und so auch hier - anzunehmenden Stufenverhältnisses der Regelungen des § 53 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Satz 1 und eine gänzlich unterbliebene Differenzierung zwischen den einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der Absätze 1, 2, 3 und 4 des § 53 (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 26.6.2002, NVwZ 2003, 356 = InfAuslR 2003, 74; SächsOVG, Beschl. 25.2.2003 - A 5 B 47/03 m.w.N.) führt dazu, dass die Entscheidung schon aus diesem Grunde teilweise rechtswidrig und aufzuheben ist.
Die Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1, Abs. 4 i.V.m. Art. 3 EMRK bieten Schutz vor einer im Zielstaat der Abschiebung drohenden menschenrechtswidrigen Behandlung. Hierunter ist ein geplanter vorsätzlicher Zugriff auf eine bestimmte Person zu verstehen, der von der dortigen Staatsmacht begangen wird oer doch zu verantworten ist. Eine solche Behandlung muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, NVwZ 1996, 476; Urt. v. 2.9.1997, DVBl 1998, 271). Hier verfehlt das Verwaltungsgericht schon den Prüfungsmaßstab, indem es anstelle der Feststellung einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Gefahr den Maßstab gleichsam umdreht und lediglich feststellt, dass eine Gefahr i.S.v. § 53 AuslG nicht mit zur Uberzeugungsgewissheit führender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Die notwendige positive Gefahrenfeststellung ist damit unterblieben.
Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit von abschiebungshindernden Umständen kann nicht festgestellt werden. Dies folgt im Wesentlichen bereits aus den vorstehenden Ausführungen. Für das Vorliegen sonstiger Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG, insbesondere nach § 53 Abs. 6 AuslG, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.
Die Kostenentscheidung für das gemäß § 87b Abs. 1 AsylVfG gerichtskostenfreie Verfahren folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
Ende der Entscheidung
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