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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.09.2009
Aktenzeichen: D 6 A 343/09
Rechtsgebiete: SächsDO, VwGO


Vorschriften:

SächsDO § 23
SächsDO § 55
VwGO § 75
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: D 6 A 343/09

In der Disziplinarrechtssache

wegen Disziplinarrecht

hier: Beschwerde

hat der 6. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Raden, den Richter am Oberverwaltungsgericht Meng und die Richterin am Verwaltungsgericht Berger

am 21. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beamten gegen den Beschluss der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts Dresden vom 3. Juni 2009 - 10 K 352/09 - wird zurückgewiesen.

Der Beamte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

Die Beschwerde des Beamten, über die der Disziplinarsenat gemäß der Überleitungsvorschrift des § 89 Abs. 1 SächsDG nach Maßgabe der Sächsischen Disziplinarordnung zu entscheiden hat, weil das Disziplinarverfahren bereits vor dem In-Kraft-Treten des Sächsischen Disziplinargesetzes am 28.4.2007 eingeleitet wurde, bleibt ohne Erfolg.

1. Durch den angegriffenen Beschluss hat die Disziplinarkammer das Verfahren auf übereinstimmende Erledigungserklärungen des Beamten und der Einleitungsbehörde eingestellt und die Kosten des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 161 Abs. 2 VwGO und § 138 Abs. 1 FGO dem Beamten auferlegt. Diese Kostenverteilung entspreche billigem Ermessen, weil die ausdrücklich als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene Klage nicht statthaft gewesen sei. § 55 SächsDO sehe einen Antrag auf Entscheidung der Disziplinarkammer im Falle der Untätigkeit der Einleitungsbehörde im förmlichen Disziplinarverfahren vor. Dabei handle es sich um eine abschließende Ausnahmeregelung. Im Falle einer Untätigkeit der Einleitungsbehörde nach der Anordnung von Vorermittlungen sehe die Sächsische Disziplinarordnung kein Rechtsmittel vor. Da § 23 SächsDO auf die Strafprozessordnung - nicht auf die Verwaltungsgerichtsordnung - verweise, sei § 75 VwGO nicht anwendbar.

2. Mit seiner gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde (§ 71 Abs. 1 SächsDO) macht der Beamte geltend, die von ihm erhobene Untätigkeitsklage sei statthaft gewesen. Bei der Durchführung disziplinarischer Vorermittlungen handle es sich um ein Verwaltungsverfahren; auf § 23 SächsDO komme es deshalb nicht an.

Die Einleitungsbehörde verteidigt den angegriffenen Beschluss unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 18.8.1978, BVerwGE 63, 114) zur Bundesdisziplinarordnung.

3. Die Beschwerde des Beamten bleibt ohne Erfolg. Die Disziplinarkammer hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jedenfalls im Ergebnis zu Recht dem Beamten auferlegt.

Dabei mag offen bleiben, ob für die Sächsische Disziplinarordnung ein allgemeiner, aus § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 161 Abs. 2 VwGO und § 138 Abs. 1 FGO zu entnehmender Rechtsgedanke zu bejahen ist, nach der auf Erledigungserklärungen des Beamten und der Einleitungsbehörde eine Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu treffen ist, wie es der Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für die Bundesdisziplinarordnung entschieden hat (u. a. im Beschl. v. 18.8.1978 a. a. O.). Die Annahme eines solchen allgemeinen Rechtsgedankens ist nicht frei von Bedenken, weil § 23 Satz 1 SächsDO zur Ergänzung der Sächsischen Disziplinarordnung auf die Strafprozessordnung verweist, nicht jedoch auf die Zivilprozessordnung, die Verwaltungsgerichtsordnung oder gar die Finanzgerichtsordnung. Anders als die letztgenannten Verfahrensordnungen sieht die Strafprozessordnung eine unstreitige Verfahrensbeendigung durch übereinstimmende Erledigungserklärungen nicht vor. Die Rechtsmittel der Strafprozessordnung dienen der Beseitigung einer gegenwärtigen und fortdauernden Beschwer. Der Fortfall der Beschwer führt auch in Fällen der sog. prozessualen Überholung zur Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., Vor § 296 Rn. 17 ff. m. w. N.), wobei über die Kostentragung grundsätzlich nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips zu entscheiden ist (vgl. Meyer-Goßner a. a. O. Vor § 464 Rn. 3).

Bei Anwendung dieser strafprozessualen Maßstäbe waren die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens dem Beamten aufzuerlegen, weil das gegen ihn gerichtete Vorermittlungsverfahren wegen des Verdachts einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung durch fehlerhafte Abrechnungen von Verwarngeldern im Jahr 2006 bereits mit Schreiben der Einleitungsbehörde vom 8.4.2009 - also vor der Entscheidung der Disziplinarkammer - eingestellt worden war.

Geht man mit der - von der Disziplinarkammer herangezogenen - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 18.8.1978 a. a. O.; Beschl. v. 23.4.2001 - 1 DB 14.01 -, juris Rn. 4) zur Bundesdisziplinarordnung davon aus, dass auf übereinstimmende Erledigungserklärung eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung von § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 161 Abs. 2 VwGO und § 138 Abs. 1 FGO zu erfolgen habe, rechtfertigt auch dies keine abweichende Verteilung der Verfahrenskosten. Eine Kostentragung des Beamten entspricht billigem Ermessen, weil die Klage des Beamten von vornherein unzulässig war. Die ausdrücklich als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene Klage war nicht statthaft. Einen solchen Rechtsbehelf sieht die Sächsische Disziplinarordnung nicht vor. § 55 SächsDO, der einen Antrag auf Entscheidung der Disziplinarkammer im Falle der Untätigkeit der Einleitungsbehörde im förmlichen Disziplinarverfahren zulässt, ist auf die Einleitung von Vorermittlungen weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Da die Sächsische Disziplinarordnung in § 23 Satz 1 ergänzend auf die Strafprozessordnung, nicht auf die Verwaltungsgerichtsordnung verweist, ist für eine Anwendung von § 75 VwGO kein Raum.

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 106 Abs. 1 Satz 1 SächsDO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 71 Abs. 3 Satz 2 SächsDO).

Ende der Entscheidung

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