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Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.09.2009
Aktenzeichen: NC 2 B 129/09
Rechtsgebiete: SächsHG, DAVOHS, KapVO


Vorschriften:

SächsHG § 48 Abs. 1 S. 3
DAVOHS § 7 Abs. 1 Nr. 8
KapVO § 5
KapVO § 11 Abs. 2
1. Eine Lehrverpflichtung von wissenschaftlichen Mitarbeitern in befristeten Arbeitsverhältnissen von 4 Lehrveranstaltungsstunden ist nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für bereits promovierte wissenschaftliche Mitarbeiter.

2. Eine Reduzierung der Lehrverpflichtung nach dem Personalvertretungsrecht ist auch kapazitätsrechtlich anzuerkennen.

3. Zur Berücksichtigung von Änderungen (hier: Neuwahl des Studiendekans).

4. Bei der Berechnung des Dienstleistungsexportes ist keine Schwundkorrektur durchzuführen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss

Az.: NC 2 B 129/09

In der Verwaltungsrechtssache

wegen Zulassung zum Studium Humanmedizin, 1. FS, WS 2008/09; Antrag nach § 123 VwGO

hier: Beschwerde

hat der 2. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dehoust und den Richter am Verwaltungsgericht Jenkis

am 9. September 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 1. Dezember 2008 - NC 2 L 1116/08 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:

Der Senat hat das Rubrum dahingehend berichtigt, dass Antragsgegnerin die Universität Leipzig ist. Die Universität ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst Antragsgegnerin (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entsprechend) und nicht Vertreterin des Freistaates Sachsen. Auch soweit die Hochschule staatliche Aufgaben wahrnimmt, erfüllt sie ihre Aufgaben nach sächsischem Landesrecht "durch eine Einheitsverwaltung" (so explizit § 61 Abs. 4 SächsHG [a. F.]) im "Auftrag" des Freistaates Sachsen (vgl. § 62 Abs. 1 SächsHG [a. F.] sowie das Wort "Auftragsverwaltung" in der Überschrift von § 6 SächsHSG [n. F.]). Sie bleibt dabei selbstständige Rechtsperson und ist nicht in den allgemeinen staatlichen Behördenaufbau eingegliedert. Die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Zulassung zum Studium kann sich deshalb nur gegen die Hochschule selbst richten, da nur sie über die Studienplätze verfügt.

Die Antragstellerin begehrt einen Studienplatz im Fach Medizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 an der Universität Leipzig. Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, ein Losverfahren durchzuführen und über die zugelassene Zahl von Studienanfängern von 316 hinaus weitere 19 vorläufig zum Studium der Medizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2008/2009 im ersten Fachsemester auf einen Teilstudienplatz zuzulassen. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses ist der Beschluss vom 1.12.2008 den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 19.12.2008 zugestellt worden. Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin, die keinen der ausgelosten Studienplätze erhalten hat, am 23.12.2008 Beschwerde erhoben.

In ihrer am 19.1.2009 beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht eingegangenen Beschwerdeschrift macht die Antragstellerin geltend, auch die vom Verwaltungsgericht ermittelte Studienplatzzahl sei nicht kapazitätserschöpfend. Ihrer Auffassung nach sei das vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Lehrdeputat für promovierte, befristet beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiter von 4 Lehrveranstaltungsstunden zu gering. Vielmehr seien nach der Promotion 6 oder 8 Lehrveranstaltungsstunden in Ansatz zu bringen. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SächsHG (a. F.) könnte künstlerischen und wissenschaftlichen Mitarbeitern in begründeten Fällen auch die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre übertragen werden. Hiervon müsse die Hochschule Gebrauch machen. Habe ein wissenschaftlicher Mitarbeiter die Promotion erfolgreich abgeschlossen, könne dieser in stärkerem Maße als vorher in der Lehre eingesetzt werden. Eine Verpflichtung, das Lehrdeputat der promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiter auszuschöpfen, ergebe sich auch aus dem Hochschulpakt 2020. Die Reduzierung der Lehrverpflichtung des Privatdozenten .......... um 4 Lehrveranstaltungsstunden sei nicht gerechtfertigt. Der entsprechende personalvertretungsrechtliche Freistellungsbeschluss liege nicht vor. Auch aus einem Beschluss des Personalrats über die teilweise Freistellung würde aber nicht zwingend folgen, dass damit auch dessen Lehrdeputat zu reduzieren sei. Nach § 8 Abs. 5 DAVOHS könne für die Wahrnehmung jeder sonstigen dienstlichen Aufgabe und Funktion, die für die Lehrperson zu einer unzumutbaren Belastung führe, auf Antrag unter Berücksichtigung des Lehrbedarfs im jeweiligen Fach eine entsprechende Ermäßigung gewährt werden. Über die Ermäßigung entscheide das Rektoratskollegium. Hier fehle es an einer entsprechenden Ermessensentscheidung. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht darüber hinaus beim Dienstleistungsbedarf für den Studiengang Zahnmedizin einen Schwund nicht berücksichtigt. Es widerspreche den Denkgesetzen, wenn für die Berechnung des Dienstleistungsbedarfs nicht auf die durchschnittliche Kapazität der Zahl der Semester, in denen eine Nachfrage nach Dienstleistungen stattfinde, abgestellt werde, sondern auf die nicht schwundbereinigte Studienanfängerzahl. Da gerade in der Zahnmedizin ein hoher Schwund in den vorklinischen Semestern zu verzeichnen sei, müsse der Dienstleistungsbedarf schwundbereinigt werden. Der Wortlaut von § 11 Abs. 2 KapVO stehe dem nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien auch Zweit- und Doppelstudenten beim Dienstleistungsexport zu berücksichtigen. Es werde zudem bestritten, dass 316 Studierende eingeschrieben gewesen seien.

In einem im Februar nachgereichten Schriftsatz macht die Antragstellerin darüber hinaus geltend, das Verwaltungsgericht Leipzig habe zu Unrecht die Absenkung des Stellenbestandes in den früheren Semestern keiner Überprüfung unterzogen. Es hätte die Daten des Wintersemesters 2005/2006 zugrunde legen müssen. In weiteren Schriftsätzen vertieft sie ihren Vortrag.

Die Antragsgegnerin hat Anschlussbeschwerde erhoben und wendet sich gegen die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Kostenaufhebung stehe im Widerspruch zu Entscheidungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, wonach die Kosten des Verfahrens nach der Loschance des Antragstellers zu quoteln seien.

1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

a) Die von der Antragstellerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz vom 19.1.2009 fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auch in Hochschulzulassungsverfahren grundsätzlich beschränkt ist (vgl. Beschl. v. 17.8.2009 - NC 2 B 421/08 - juris), führen nicht zu einer Änderung des angegriffenen Beschlusses.

aa) Für die befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter hat das Verwaltungsgericht zu Recht ein Lehrdeputat von 4 Lehrveranstaltungsstunden in die Berechnung eingestellt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über Art und Umfang der Aufgaben an staatlichen Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsische Dienstaufgabenverordnung an Hochschulen - DAVOHS) vom 25.2.2003 (GVBl. S. 31, berichtigt S. 103) betrifft die Lehrverpflichtung von wissenschaftlichen Mitarbeitern in befristeten Arbeitsverhältnissen, soweit sie Lehraufgaben wahrnehmen und ihre Beschäftigung auf ihrer Weiterbildung als wissenschaftlicher oder künstlicher Nachwuchs oder der beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildung dient, höchstens 4 Lehrveranstaltungsstunden. Eine solche Bestimmung ist mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.7.1987 - 7 C 10.86 - juris; SächsOVG, Beschl. v. 26.7.1999, SächsVBl. 2000, 158, 160).

Eine gesonderte Regelung muss der Verordnungsgeber auch nicht für diejenigen Mitarbeiter vorsehen, die ihre Promotion bereits abgeschlossen haben. Zwischen promovierten und nicht promovierten Mitarbeitern bestehen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Lehrverpflichtungen verlangen. Auch nach der Promotion steht dem wissenschaftlichen Mitarbeiter nicht zwingend mehr Zeit für die Lehre zur Verfügung. Vielmehr ist auch nach Abschluss des Promotionsverfahrens die Zeit für die Lehre wegen der Fort- und Weiterbildung zum Facharzt, einer Habilitation oder einer Mitarbeit an Forschungsprojekten häufig begrenzt. Der Mitarbeiter ist weiter auf den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen und auf die Erbringung eigenständiger wissenschaftlicher Leistungen angewiesen, um sich die Chance einer Anschluss- oder gar Dauerbeschäftigung zu eröffnen (vgl. OVG Saarland, Beschl. v. 17.7.2006 - 3 X 3/06 - juris Rn. 61). Der Verordnungsgeber konnte deshalb promovierten und nicht promovierten befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern einheitlich eine Lehrverpflichtung von bis zu 4 Lehrveranstaltungsstunden zuordnen. Der Wert von 4 Lehrveranstaltungsstunden stellt dabei einen Durchschnittswert dar, der sowohl die zu Beginn typischerweise gegebene geringere Lehrkompetenz sowie den typischerweise umfangreichen Weiterbildungsbedarf als auch die zum Ende höhere Lehrkompetenz und geringere Weiterbildungszeit berücksichtigt.

Die Universität ist auch nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, promovierten wissenschaftlichen Mitarbeitern gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SächsHG (a. F.)/§ 71 Abs. 1 Satz 3 SächsHSG (n. F.) Aufgaben in Forschung und Lehre zur selbständigen Wahrnehmung mit der Konsequenz einer höheren Lehrverpflichtung (§ 7 Abs. 1 Nr. 7, 9 DAVOHS) zu übertragen. Studienbewerbern erweckt über das aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG sowie Art. 28, 29 SächsVerf ableitbare Kapazitätserschöpfungsgebot kein Anspruch darauf, dass die Hochschulen von den gesetzlichen Möglichkeiten immer in kapazitätsfreundlicher Weise Gebrauch machen. Vielmehr belassen das Grundgesetz und die Sächsische Verfassung dem Hochschulgesetzgeber und der Hochschule im von der Wissenschaftsfreiheit (vgl. Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 21 SächsVerf) gezogenen Rahmen ein Stellendispositionsermessen (BVerwG, Urt. v. 23.7.1987 - 7 C 10.86 - juris Rn. 35). Innerhalb dieses Ermessens liegt es, wissenschaftlichen Mitarbeitern in begründeten Fällen nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und Leistungen die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre (ausnahmsweise) zu übertragen oder aber von einer solchen Übertragung generell abzusehen. Sehen die Universitäten für eine Übertragung - wie hier - kein Bedürfnis, liegt dies innerhalb des ihnen zustehenden Gestaltungsermessens. Das Nichtgebrauchmachen von der Ausnahmeregelung in § 48 Abs. 1 Satz 3 SächsHG (a. F.) /§ 71 Abs. 1 Satz 3 SächsHSG (n. F.) bedarf deshalb keiner besonderen Begründung.

Aus dem Hochschulpakt 2020 vom 5.9.2007 (Text verfügbar unter: http://www.bmbf.de/pub/verwaltungsvereinbarung_hochschulpakt_zweite_programmphase.pdf sowie im Bundesanzeiger Nr. 171 vom 12.9.2007 S. 7480) folgt nichts anderes. Es handelt sich um eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern, aus der sich Rechte und Pflichten nur im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander, nicht aber im Verhältnis zu Dritten ergeben können (vgl. BayVGH, Beschl. v. 15.7.2008 - 7 CE 08.10025 u. a. - juris Rn. 16). Auch für die Anwendung des Landesrechts lässt sich aus dem Hochschulpakt 2020 nichts ableiten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.3.2009 - 5 NC 89.08 - juris Rn. 11).

bb) Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend die Reduzierung der Lehrverpflichtung des Privatdozenten .......... wegen Personalratstätigkeit berücksichtigt.

Ein wirksamer Personalratsbeschluss über die Freistellung liegt vor (vgl. die Niederschrift der Sitzung vom 23.5.2007).

Zur Berücksichtigung der Freistellung hat der Senat bereits im Beschluss vom 18.6.2001 - NC 2 C 32/00 - juris sowie zuletzt im Beschluss vom 31.8.2009 - NC 2 B 407/08 - ausgeführt:

"Im Ergebnis zu Recht hat die Universität Leipzig bei der Kapazitätsberechnung auch eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung der unbefristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterin ............... von 6,4 LVS berücksichtigt.

Die Ermäßigung folgt nicht aus § 9 Abs. 2 KapVO i.V.m. § 7 DAVOHS. Denn hiervon werden nur Verminderungen der Regellehrverpflichtung dienstrechtlicher Art umfasst (vgl. Bahro/Berlin/Hübenthal, Das Hochschulzulassungsrecht, RdNr. 9 zu § 9 KapVO). Hier ergibt sich die Ermäßigung der Lehrverpflichtung jedoch nicht aus dem Dienst-, sondern aus dem Personalvertretungsrecht. Frau ............... wurde mit Wirkung vom 17.3.1999 zur Vorsitzenden des Personalrates im Hochschulbereich gewählt. Mit Schreiben des Rektors der Universität Leipzig vom 6.9.1999 wurde Frau ..............., dem Beschluss des Personalrates vom 7.4.1999 folgend, zur Ausübung der laufenden Geschäftsaufgaben des Personalrates im Umfang von 80 vom Hundert eines entsprechenden Vollbeschäftigten von ihren dienstlichen Verpflichtungen entbunden. Diese Entscheidung stellt keine Ermessensentscheidung des Rektoratskollegiums nach § 7 Abs. 5 DAVOHS dar; Rechtsgrundlage für die Freistellung ist vielmehr § 46 Abs. 3 SächsPersVG. Die vom Personalrat beschlossene Freistellung von Personalratsmitgliedern bedarf lediglich einer Umsetzung durch den Dienststellenleiter. Die Verantwortung hinsichtlich der Auswahl freizustellender Personalratsmitglieder obliegt allein der Personalvertretung. Der Dienstherr darf hiervon nur im Falle des Vorliegens unabweisbarer Gründe abweichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.5.1984 - 6 P 33.83 -, PersR 1986, 15). Das Fehlen einer Ermessensentscheidung des Rektoratskollegiums steht deshalb entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Rechtmäßigkeit der Freistellung nicht entgegen.

Allerdings steht die kapazitätsrechtliche Anerkennung der sich aus dem Personalvertretungsrecht ergebenden Freistellung im Widerspruch zu dem sog. Stellen- oder Sollprinzip (vgl. § 8 KapVO). Dieses Prinzip besagt, dass bei der Ermittlung des Lehrangebots nicht von der tatsächlichen Zahl der Lehrpersonen und ihren jeweiligen individuellen Lehrverpflichtungen auszugehen ist, sondern von der Zahl der der Lehreinheit zugewiesenen Stellen und den auf diese Stellen entfallenden Regellehrverpflichtungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.4.1990 - 7 C 51.87 -, DVBl. 1990, 940 [941]). Die Durchbrechung des Stellenprinzips ist hier jedoch vor dem Kapazitätserschöpfungsgebot hinreichend gerechtfertigt. Das Stellenprinzip beruht auf der Vorstellung des Normgebers, dass die personelle Aufnahmekapazität einer Lehreinheit weniger durch die tatsächlich erbrachten oder zu erbringenden Lehrleistungen der Lehrpersonen als durch die Zahl der ihr zugewiesenen Stellen des Lehrpersonals bestimmt wird. Denn die Stellen werden der Lehreinheit gerade zu dem Zweck zugewiesen, dass eine dem jeweiligen Stellenbestand entsprechende Aufnahmekapazität der Lehreinheit entsteht. Die Hochschule ist deshalb im Interesse der Studienbewerber gehalten, jede der Lehreinheit zugewiesene und damit besetzbare Stelle auch tatsächlich zu besetzen. Die nachteiligen Folgen einer Stellenvakanz sind deshalb nicht den Studienbewerbern, sondern der Hochschule aufzubürden, weil diese - jedenfalls im allgemeinen - solche Folgen durch die zügige Neubesetzung freiwerdender Stellen vermeiden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.4.1990, aaO). Diese Erwägungen treffen jedoch auf eine personalvertretungsrechtliche Freistellung nicht zu. Aufgrund des mit dem Kapazitätsrecht gleichrangigen Personalvertretungsrechts, das ebenso wie das Kapazitätserschöpfungsgebot verfassungsrechtlich verankert ist (Art. 26 SächsVerf; vgl. hierzu SächsVerfGH, Urt. v. 15.12.2000 - Vf. 51-II-99 -), kann die der Lehreinheit zugewiesene Stelle nicht zur Erbringung von Lehrleistungen und damit zur Schaffung von Aufnahmekapazitäten genutzt werden. Angesichts des Umstandes, dass die Entscheidung über die Freistellung dem Dienstherrn entzogen ist - die Personalräte werden von den Beschäftigten gewählt; die Auswahl freizustellender Personalratsmitglieder obliegt der Personalvertretung -, kann die Hochschule die Verminderung der personellen Kapazität auch nicht vermeiden."

Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Antragstellerin fest.

cc) Auch die Minderung der Lehrverpflichtung von .............. als Studiendekan ist nicht rechtswidrig.

Gemäß § 5 Abs. 1 KapVO sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt eines Stichtages maßgeblich, der nicht mehr als 9 Monate vor Beginn des Berechnungszeitraumes liegt. Hier hat die Antragsgegnerin den Stichtag 1.4.2008 gewählt. Zu diesem Zeitpunkt war .............. noch Studiendekan. Zwar sollen nach § 5 Abs. 2 KapVO wesentliche Änderungen, die vor Beginn des Berechnungszeitraumes erkennbar sind, berücksichtigt werden. Hier war aber vor Beginn des Semesters allenfalls absehbar, dass ein neuer Studiendekan gewählt wird. Nicht sicher war, wer gewählt wird. Somit war auch unklar, ob die Neuwahl sich kapazitätserhöhend auswirken wird oder nicht. Die Neuwahl selbst fand am 13.10.2008, also nach Beginn des Berechnungszeitraumes statt, so dass auch keine Pflicht zur nachträglichen Anpassung (vgl. § 5 Abs. 3 KapVO) bestand (vgl. auch BayVGH, Urt. v. 11.10.1994 - 7 CE 93.10288 - juris Rn. 25).

dd) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend bei der Berechnung des Dienstleistungsabzuges den Schwund in dem nachfragenden, der jeweiligen Lehreinheit nicht zugeordneten Studiengang nicht berücksichtigt. Gegen die Berücksichtigung eines Schwundes im nachfragenden Studiengang sprechen Wortlaut und Regelungszweck des § 11 Abs. 2 KapVO.

Nach § 11 Abs. 2 KapVO sind die "Studienanfängerzahlen für die nicht zugeordneten Studiengänge anzusetzen, wobei die voraussichtlichen Zulassungszahlen für diese Studiengänge und/oder die bisherige Entwicklung der Studienanfängerzahlen zu berücksichtigen sind". Der Verordnungsgeber bringt damit zum Ausdruck, dass es nicht auf die (schwundbereinigten) "Studentenzahlen" oder "Studierendenzahlen" ankommt, sondern vereinfachend die Zulassungszahlen der Studienanfänger zugrunde gelegt werden sollen. Der Sinn der Vorschrift liegt in einer Pauschalierung bei der Berechnung des Dienstleistungsexports und einer Vereinfachung der Kapazitätsberechnung. Dass diese Pauschalierung gerade in Richtung auf die Studienanfängerzahlen vorgenommen wird und nicht etwa in Richtung auf deren Bereinigung durch die Schwundquote des jeweiligen Studienganges, lässt sich dadurch rechtfertigen, dass Gegenstand des Exports zumeist Grundlagenfächer des fremden Studienganges sind, so dass die Dienstleistungen vorwiegend von Studenten der unteren Fachsemester des fremden Studiengangs in Anspruch genommen werden (vgl. BayVGH, Urt. v. 11.10.1994 - 7 CE 93.10288 - juris Rn. 31 m. w. N.).

Eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des § 11 Abs. 2 KapVO ist auch im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Kapazitätserschöpfungsgebot nicht angezeigt. Diesem Gebot ist ein bestimmtes Modell zur rechnerischen Erfassung des Schwundverhaltens der Studenten im Verlauf des Studiums nicht zu entnehmen (vgl. z. B. BVerwG, Urt. v. 13.12.1984 - 7 C 66.83 - juris; Urt. v. 20.11.1987 - 7 C 103.86 u. a. - juris; SächsOVG, Beschl. v. 17.8.2009 - NC 2 B 421/08 - juris). Auch ansonsten ist das Kapazitätsrecht durch typisierende und pauschalierende Regelungen geprägt (BVerwG, Beschl. v. 18.9.1981 - 7 N 1.79 - juris; SächsOVG v. 17.8.2009 a. a. O.). Der Verordnungsgeber hat mit der Kapazitätsverordnung und dem ihr zugrunde liegenden "Hamburger Modell" statt eines Wirklichkeits- ein Wahrscheinlichkeitsmodell gewählt, dem ganz überwiegend kapazitätsfreundliche Annahmen zugrunde liegen. So wird entgegen der in Wirklichkeit bestehenden Spezialisierung der Lehrstühle und der Unterschiede der Lehrinhalte zugunsten einer höheren Kapazität von der beliebigen Austauschbarkeit der Lehre ausgegangen. Auch die Zugrundelegung der Regelstudienzeit vernachlässigt die tatsächlich vorhandenen Studenten, die nach der Regelstudienzeit noch Lehre nachfragen und wirkt somit kapazitätserhöhend. Bei im Übrigen derart kapazitätsfreundlichen Annahmen kann der Verordnungsgeber auf der anderen Seite vernachlässigen, dass der Dienstleistungsexport nicht nur in das Anfangssemester erfolgt und in den Folgesemestern regelmäßig ein gewisser Schwund eintritt. Auch mit dieser in geringem Maße "kapazitätsunfreundlichen" Regelung bleibt das Modell insgesamt überwiegend kapazitätsfreundlich. Die für die Ermittlung des Dienstleistungsabzuges maßgebliche Studienanfängerzahl muss deshalb nicht um einen Schwund reduziert werden (so auch: BayVGH, Urt. v. 11.10.1994 a. a. O. Rn. 29 ff.; VGH BW, Beschl. v. 13.6.2008 - NC 9 S 241/08 - juris Rn. 53; a. A. NdsOVG, Beschl. v. 24.9.2007 - 2 NB 1048/06 - juris Rn. 23; HessVGH, Beschl. v. 10.8.1992 - Fa 11 G 117/91 P - juris).

ee) Soweit die Antragstellerin bestreitet, dass 316 Studenten tatsächlich immatrikuliert sind, ist die Antragsgegnerin dem mit Vorlage der aktuellen Belegungsliste mit Stand vom 24.10.2008 substantiiert entgegen getreten. Danach waren zu diesem Zeitpunkt 316 Studenten im Studiengang Medizin immatrikuliert.

b) Soweit die Antragstellerin in ihrem nachgereichten Schriftsatz vom 5.2.2009 erstmals rügt, das Verwaltungsgericht habe in seinem Beschluss zu Unrecht Stellenverminderungen zwischen dem Wintersemester 2006/2007 und dem Wintersemester 2007/2008 nicht berücksichtigt, ist dieser nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erfolgte Vortrag nicht berücksichtigungsfähig. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung nach § 146 Abs. 4 Satz 1, 3 und 6 VwGO auf die Prüfung der vom Beschwerdeführer fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt. Eine Ausnahme besteht nur bei offenkundigen Umständen, deren Berücksichtigung zu keiner Verfahrensverzögerung und zu keinem neuen Streitstand führt (SächsOVG, Beschl. v. 29.3.2007, SächsVBl. 2007, 167, st. Rspr.). Hier ist es weder unstrittig noch offenkundig, in welchem Umfang in der Vergangenheit Stellenreduzierungen erfolgten und ob diese sich sachlich begründen lassen.

2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die - nicht fristgebundene (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 30.6.2008 - NC 2 B 35/08 -; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 147 Rn. 46) - Anschlussbeschwerde ist zwar zulässigerweise erhoben worden.

Sie ist aber unbegründet, da die Kostenaufhebung durch das Verwaltungsgericht rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Zuzugeben ist der Antragsgegnerin, dass der Senat bislang in seinen Entscheidungen bei Anordnung eines Losverfahrens die Kosten anhand der Loschance verteilt hat. Diese Kostenverteilung wird nicht mehr aufrechterhalten. Gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt. Ob bei Vorliegen dieser Voraussetzungen das Gericht die Kosten verhältnismäßig verteilt oder gegeneinander aufhebt, steht in seinem Ermessen. Die Entscheidung ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalles zu treffen (Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 155 Rn. 3). Wenn beide Beteiligte anwaltlich vertreten sind, erscheint dem Senat in zulassungsrechtlichen Verfahren, in denen ein Losverfahren angeordnet wird, eine Kostenaufhebung sachgerecht (so nunmehr auch VGH BW, Beschl. v. 12.5.2009 - NC 9 S 289/09 -). Sie trägt einerseits dem Umstand Rechnung, dass die Kapazitätsberechung der Hochschule fehlerhaft war und weitere Studienplätze (vorläufig) vergeben werden können, berücksichtigt andererseits aber auch, dass dies bei Anordnung eines Losverfahrens nicht jedem Antragsteller zum Erfolg verhilft. Dagegen weist die Kostenverteilung anhand der Loschance den Nachteil auf, dass der damit ausschlaggebende Faktor, wie viele andere Studienplatzbewerber ebenfalls einen Antrag beim Verwaltungsgericht stellen, vom Antragsteller weder beeinflusst noch vorhergesehen werden kann. Die Kostenverteilung wird damit von Zufälligkeiten abhängig, die nicht sachgerecht erscheinen. Eine Kostenentscheidung, die dichter an den tatsächlichen Erfolgsaussichten der jeweiligen Studienbewerber liegt, würde dann ermöglicht, wenn die Antragsgegnerin eine "Reserveliste" erstellen würde, auf der die im Rahmen der kapazitären Vergabe nichtberücksichtigten Bewerber anhand der Vergabekriterien der Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen in eine Reihefolge eingeteilt werden (vgl. VGH BW, Beschl. v. 12.5.2009 a. a. O.).

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO. Das Unterliegen der Antragsgegnerin hinsichtlich der Anschlussbeschwerde ist so geringfügig, dass sie bei der Kostenentscheidung keine Berücksichtigung finden muss.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1 und § 52 Abs. 1, 2 GKG (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 13.7.2005, NVwZ-RR 2006, 219). An dieser Streitwertbemessung hält das Gericht wegen der Besonderheiten des Hochschulzulassungsrechts ausdrücklich fest.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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