Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Sächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.09.2008
Aktenzeichen: PL 9 B 264/05
Rechtsgebiete: SächsPersVG


Vorschriften:

SächsPersVG § 87 Abs. 3
SächsPersVG § 56
SächsPersVG § 76 Abs. 1
1. Zur Zuständigkeit eines Personalrats.

2. Zur Mitbestimmungspflicht bei Sachverhalten, die der Entscheidungskompetenz des Gemeinderats unterliegen.


SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Beschluss

Az.: PL 9 B 264/05

In der Personalvertretungssache

des Gesamtpersonalrats der

vertreten durch die Vorsitzende

wegen Mitwirkung bei Privatisierungsmaßnahmen

hat der 9. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vizepräsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Grünberg, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Drehwald und die ehrenamtlichen Richter Lober und Dr. Muster aufgrund der mündlichen Anhörung vom 18. September 2008 beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. Mai 2003 - PL 9 K 1559/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob der Antragsteller vor Einbringung der Beschlussvorlage Nr. 1892 (Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen zur Umsetzung des Haushaltssicherungskonzepts) im Rahmen seiner Mitwirkungsrechte zu beteiligen war.

Unter dem 3.4.2002 erstellte der Beteiligte eine "Vorlage Nr. 1892", die über verschiedene Ausschüsse schließlich dem Stadtrat der zur Beschlussfassung vorgelegt werden sollte. Der Gegenstand der Vorlage ist die "Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen zur Umsetzung des Haushaltssicherungskonzeptes". Als Beschlussvorschlag enthält die Vorlage insgesamt 14 Gliederungspunkte, in denen zum Teil der Beteiligte beauftragt wird, Konzepte zur Überleitung von Aufgaben oder zur Ausgliederung von Aufgaben aus dem städtischen Bereich an Dritte zu erstellen und vorzulegen (Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5 der Vorlage Nr. 1892). Darüber hinaus wird der Beteiligte beauftragt, die Bildung eines Betriebes für die "zentralen Hausmeisterdienste" vorzubereiten (Nr. 6 der Vorlage Nr. 1892). Des Weiteren soll die Überleitung von Verwaltungsaufgaben in eine gesamtstädtische Immobilien- und Wohnungswirtschaftsgesellschaft vorbereitet werden (Nr. 7 der Vorlage Nr. 1892). Außerdem wird der Beteiligte beauftragt, das Marktamt zum 31.12.2002 aufzulösen (Nr. 11). Die städtischen Senioren- und Altenheime sollen in private Rechtsform (GmbH) überführt werden und der Beteiligte wird beauftragt, die notwendigen Schritte zur Gründung dieser Gesellschaften einzuleiten (Nr. 12). Schließlich ist Inhalt der Beschlussvorlage, dass bislang vom Jugendamt betriebene Einrichtungen (Heime, Jugendherbergen, Sportinternat) an Dritte abgeben werden (Nr. 13). Mit gleichem Datum (3.4.2002) wurde dem Antragsteller die Beschlussvorlage Nr. 1892 "zur Information" zugeleitet.

Am 13. Juni 2002 wurde die Beschlussvorlage im Stadtrat behandelt.

Unter dem 8.7.2007 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angerufen und geltend gemacht, dass der Beteiligte die nach § 76 Abs. 1, § 77 Nr. 3 SächsPersVG erforderliche Mitwirkung des Gesamtpersonalrats nicht herbeigeführt habe. Die Beschlussvorlage enthalte verschiedene vorgesehene Privatisierungsmaßnahmen, die unter den Mitwirkungstatbestand des § 77 Abs. 3 SächsPersVG fielen, da es sich um die Übertragung von Dienststellenaufgaben handele. Bereits bei der Erarbeitung der Vorlage durch den Beteiligten habe der Antragsteller beteiligt werden müssen. Zwar sei zum Teil die Erarbeitung von Konzepten zur Privatisierung von Dienststellenaufgaben vorgesehen; es sei jedoch klar, dass die Privatisierung aus Sicht der Dienststelle gewollt sei. Offen sei insoweit lediglich, auf welche Art und Weise die Privatisierung von statten gehen solle. Eine effektive Beteiligung des Personalrats sei indes nur dann möglich, wenn vor Einbringung in den Stadtrat das Mitwirkungsverfahren durchgeführt werde. Der Antragsteller sei als Gesamtpersonalrat auch für die Durchführung des Mitwirkungsverfahrens zuständig, da die jeweiligen Leiter der Eigenbetriebe, bei denen ein örtlicher Personalrat gebildet sei, in dem vorliegenden Fall nicht zur Entscheidung befugt seien. Der Beteiligte habe mit dem Stadtrat über anstehende Privatisierungen zu entscheiden und nicht der jeweilige Dienststellenleiter.

Der Antragsteller hat beim Verwaltungsgericht beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass bezüglich der Zusammenführung der IT-Basis-Dienstleistungen der mit denen der Dresden IT GmbH das Beteiligungsverfahren gemäß § 77 Nr. 3 SächsPersVG bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

2. Es wird festgestellt, dass bezüglich der Privatisierung von Aufgaben der Straßen-instandhaltung und -unterhaltung an den bzw. an Dritte das Beteiligungsverfahren gemäß § 77 Nr. 3 SächsPersVG bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

3. Es wird festgestellt, dass bezüglich der Ausgliederung von Aufgaben der Abteilung Stadtbeleuchtung des Straßen- und Tiefbauamtes an den bzw. an Dritte das Beteiligungsverfahren gemäß § 77 Nr. 3 SächsPersVG bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

4. Es wird festgestellt, dass das Beteiligungsverfahren gemäß § 77 Nr. 3 SächsPersVG bezüglich der Überleitung der in der Stadtverwaltung wahrgenommenen Bewirtschaftungs- und Verwaltungsaufgaben zur Grundstücks- und Gebäudewirtschaft in eine gesamtstädtische Immobilien- und Wohnungswirtschaftsgesellschaft bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

5. Es wird festgestellt, dass das Beteiligungsverfahren nach § 77 Nr. 3 SächsPersVG zur Überführung der Aufgabe der Planung, Vorbereitung und Durchführung der Jahr- und Spezialmärkte des Marktamtes an die bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

6. Es wird festgestellt, dass das Beteiligungsverfahren nach § 77 Nr. 3 SächsPersVG zur Überführung der Städtischen Senioren- und Altenheime in private Rechtsformen (GmbH) bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

7. Es wird festgestellt, dass das Beteiligungsverfahren nach § 77 Nr. 3 SächsPersVG zur Einbeziehung der Städtischen Eigenbetriebe "Sportstätten- und Bäderbetrieb", "Kindertageseinrichtungen Dresden", "Städtisches Klinikum " und "Städtisches Krankenhaus " sowie Einbeziehung der Städtischen Senioren- und Altenheime unter Hinzunahme der städtischen Tochtergesellschaft in einen Verbund in privater Rechtsform bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

8. Es wird festgestellt, dass das Beteiligungsverfahren nach § 77 Nr. 3 SächsPersVG zur Abgabe der vom Jugendamt betriebenen Einrichtungen (Heime, Jugendherberge, Sportinternat) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2003 an Dritte bereits ab Erarbeitung der Vorlage 1892 einzuleiten war.

Der Beteiligte hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trägt er vor, dass schon keine "beabsichtigte Maßnahme" i. S. d. § 76 Abs. 1 SächsPersVG Inhalt der Beschlussvorlage sei. Außerdem sei nicht der Antragsteller, sondern allenfalls der Personalrat der einzelnen Eigenbetriebe oder des örtlichen Personalrats Stadtverwaltung für die Durchführung eines Mitwirkungsverfahrens berufen. Darüber hinaus sei mit der Beschlussvorlage noch keine Entscheidung über die Privatisierung erfolgt, sondern es bedürfe im Einzelnen noch der Erarbeitung von detaillierten Konzepten.

Mit Beschluss vom 16.5.2003 hat das Verwaltungsgericht die vom Antragsteller begehrten Verletzungen seines Mitwirkungsrechtes festgestellt. Die Beschlussvorlage umfasse nicht lediglich vorbereitete Maßnahmen, sondern in ihr würden dem Beteiligten konkrete Aufträge erteilt. Damit sei ein Mitwirkungstatbestand erfüllt; es käme insoweit nicht darauf an, ob der Antragsteller bereits vor der Behandlung der Beschlussvorlage im Stadtrat zu beteiligen sei oder erst im Anschluss daran, da der Beteiligte die Mitwirkungspflicht generell verneine. Schließlich sei auch der Antragsteller als Gesamtpersonalrat zu beteiligen. Es gehe nicht um die Umsetzung der konkreten Einzelmaßnahmen, die nach Maßgabe der §§ 80, 81, 78 SächsPersVG Beteiligungsrechte der Personalräte für die jeweiligen Einzelmaßnahmen auslösen würden. Vielmehr gehe es um die Entscheidung des Stadtrats über die Beauftragung des Beteiligten, im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts tätig zu werden.

Am 29.8.2003 hat der Beteiligte gegen den ihm am 1.8.2003 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Antrag auf Zulassung der Beschwerde gestellt. Mit Beschluss vom 24. Februar 2005 - PL 9 B 639/03 - hat der Senat die Beschwerde wegen des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts zugelassen.

Im Beschwerdeverfahren hat der Beteiligte seinen Vortrag aus der ersten Instanz vertieft und ergänzt. Eine Zuständigkeit des antragstellenden Gesamtpersonalrats sei nicht gegeben, da alle streitgegenständlichen Prüfaufträge der Vorlage Nr. 1892 in den Zuständigkeitsbereich des Personalrats Stadtverwaltung als Personalrat der Hauptdienststelle fielen. Die Tätigkeit des Beteiligten im Rahmen der Vorlage des Haushaltssicherungskonzeptes sei darüber hinaus nicht mitwirkungspflichtig. Die Beauftragung des Beteiligten im Rahmen dieses Haushaltsicherungskonzeptes tätig zu werden, enthalte keine Übertragung von Dienststellenaufgaben an Privatpersonen oder wirtschaftliche Einrichtungen. In keinem der streitgegenständlichen Beschlusspunkte der Vorlage Nr. 1892 sei die Dienststelle im Übrigen entschlossen gewesen, ob eine der in der Vorlage aufgezeigten Varianten überhaupt verwirklicht werden solle. Dies folge bereits aus dem Wortlaut der Vorlage. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass Beteiligungsrechte des Antragstellers nach § 77 Nr. 3 SächsPersVG bereits ab Erarbeitung der Vorlage Nr. 1892 verletzt worden seien. Dieser Zeitpunkt "der Erarbeitung einer Vorlage" sei unbestimmt. § 76 SächsPersVG enthalte im Gegensatz zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Festlegung, dass eine "beabsichtigte Maßnahme" rechtzeitig und eingehend zu erörtern sei.

Der Beteiligte beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. Mai 2003, PL 9 K 1559/02 - abzuändern und den Antrag des Antragstellers aus dem Schriftsatz vom 8. Juli 2002 in vollem Umfang abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt, zusätzlich zu den erstinstanzlichen Anträgen hilfsweise:

es wird festgestellt, dass durch das Einbringen der Vorlage Nr. 1892 durch den Oberbürgermeister in seiner Funktion als Leiter des gesamten Geschäftsbereichs der Kommune in den Stadtrat ohne vorherige Beteiligung des Antragstellers dessen Mitwirkungsrechte nach § 77 Nr. 2 und 3 des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes verletzt wurden.

Der Antragsteller vertieft und ergänzt seinen Vortrag aus der ersten Instanz. Der Antragsteller sei als Gesamtpersonalrat für alle Angelegenheiten zuständig, die vom Leiter der Dienststelle für die Dienststelle als Gesamtheit entschieden werde. Der Bürgermeister einer Kommune sei personalvertetungsrechtlich in einer "Doppelfunktion" zu sehen. Er stehe für den örtlichen Bereich seinem örtlichen Personalrat als Dienststellenleiter und des bei ihm gebildeten Gesamtpersonalrates als Leiter des gesamten Geschäftsbereichs der Kommune gegenüber. Bei den beabsichtigten Privatisierungen sei nicht der jeweilige Leiter einer verselbstständigten Dienststelle entscheidungsbefugt, sondern nur der Oberbürgermeister in seiner Funktion als Leiter des gesamten Geschäftsbereichs der . Damit sei der Antragsteller die zuständige Personalvertretung. Darüber hinaus sei der Beschluss Gegenstand der Haushaltssicherung und nur in der Gesamtheit zu bewerten und nicht für einzelne Ämter. Auch daraus ergebe sich die Zuständigkeit des Antragstellers. Für die im Streit sich befindenden Fälle sei ein Mitwirkungsrecht des Antragstellers nach § 77 Nr. 3 SächsPersVG gegeben. Sobald die zur Entscheidung befugte Dienststelle entschlossen sei, eine bestimmte Maßnahme vorzunehmen, sei der Entscheidungsfindungsprozess insoweit abgeschlossen. Damit liege eine Mitwirkungspflicht der Maßnahme vor.

Im Termin zur Anhörung hat der Vertreter des Beteiligten der Antragsänderung zugestimmt. Die Beteiligten haben darüber hinaus angegeben, dass mit weiteren Privatisierungsmaßnahmen oder Änderungen der Rechtsform, insbesondere im Bereich des Theaters zu rechnen sei.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der Antrag des Antragstellers ist in der Fassung des Hilfsantrags zulässig und begründet.

1. Für die noch in der ersten Instanz gestellten acht Anträge fehlt es am notwendigen Rechtsschutzinteresse. Wenn die Feststellung begehrt wird, dass an einer bestimmten, bereits abgeschlossenen Maßnahme ein Beteiligungsrecht bestanden habe und die Maßnahme im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Rechtswirkung mehr entfaltet, liegt kein Rechtsschutzbedürfnis für einen entsprechenden Feststellungsantrag vor (BVerwG, Beschl. v. 7.7.2008, PersR 2008, 381). Sämtliche Inhalte der Beschlussvorlage, für die der Antragsteller eine Mitwirkungsbefugnis geltend macht, sind faktisch überholt.

2. Jedoch ist das Begehren der Antragstellerin in der Fassung des Hilfsantrags, der in der mündlichen Anhörung im Beschwerdeverfahren gestellt wurde, zulässig. Ein solcher Feststellungsantrag kann auch noch in der letzten Tatsacheninstanz wirksam gestellt werden (BVerwG, Beschl. v. 7.7.2008, a. a. O.); der Antragsgegner hat der Antragsänderung ausdrücklich zugestimmt (§ 88 Abs. 2 Satz 1 SächPersVG, § 87 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz, § 81 Abs. 3 Satz 1 ArbGG).

Zwar enthält der Hilfsantrag - weiterhin - mit der Inbezugnahme des konkreten Einbringens der Vorlage Nr. 1892 eine Anknüpfung an bereits abgeschlossene Vorgänge. Jedoch kann im Hinblick auf das gesamte Vorbringen des Antragstellers eine andere Auslegung geboten sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.7.2008 a. a. O., BVerwG, Beschl. v. 15.7.2004, PersR 2004, 396). Insbesondere und wenn das Feststellungsbegehren des Antragstellers inhaltlich von konkreten Anlassfällen geprägt wird, jedoch Fälle ähnlicher Art, also die Einbringung von Privatisierungsmaßnahmen durch den Beteiligten in den Stadtrat jederzeit wieder auftreten können, kann eine solche Situation Anknüpfungspunkt für eine abstrakte Feststellung sein. Der Senat hat vor diesem Hintergrund keine Bedenken, den Feststellungsantrag als abstrakten Feststellungsantrag in der Hinsicht zu deuten, als damit eine Klärung der Frage angestrebt wird, dass bei der Übertragung von Dienststellenaufgaben an Privatpersonen i. S. d. § 77 Nr. 3 SächsPersVG, die vom Beteiligten in den Stadtrat zur Beschlussfassung eingebracht werden, der Antragsteller zu beteiligen ist. In dieser Auslegung ist der Hilfsantrag zulässig.

3. Der Antrag ist mit dem oben dargestellten Inhalt auch begründet. Der Antragsteller ist als Gesamtpersonalrat die für die Beteiligung zuständige Personalvertretung (dazu a.). Nach Erstellung einer konkreten Beschlussvorlage für den Stadtrat liegt auch eine "beabsichtigte Maßnahme" i. S. d. § 76 Abs. 1 SächsPersVG vor, die Gegenstand eines Mitwirkungsrechtes nach § 77 Nr. 3 SächsPersVG sein kann (dazu b.)

a. Der Antragsteller ist als Gesamtpersonalrat für die Mitwirkung an Privatisierungsmaßnahmen zuständig.

Die gesetzlichen Regelungen der § 87 Abs. 3, Abs. 1, § 56 SächsPersVG enthalten keine konkrete Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den örtlichen Personalräten einerseits und dem Gesamtpersonalrat andererseits. Jedoch ist zunächst die Zuständigkeit der Personalvertretung spiegelbildlich auf die Zuständigkeit des jeweiligen Dienststellenleiters zugeschnitten (vgl. etwa § 2 Abs. 1 und Abs. 2 SächsPersVG). Wenn ein Dienststellenleiter mit mehreren Personalvertretungen zusammenwirkt, ist der Gesamtpersonalrat das Beteiligungsgremium in allen Angelegenheiten, in denen der Leiter der Hauptdienststelle für alle Beschäftigten der Gesamtdienststelle auftritt (BVerwG, Beschl. v. 15.8.1983, BVerwGE 76, 353; Vogelgesang ex. al., Landespersonalvertretungsgesetz für den Freistaat Sachsen, § 56 Rn. 12 und § 87 Rn. 44). Für die Abgrenzung ist somit relevant, in welcher Funktion der Dienststellenleiter auftritt und auf welchen Beschäftigtenkreis sich die Maßnahme auswirken wird. Bei der Einbringung einer Beschlussvorlage in den Stadtrat handelt der Oberbürgermeister einer Gemeinde regelmäßig für die Gemeinde insgesamt und nicht für einzelne in der Gemeinde vorhandenen Dienststellen oder Eigenbetriebe. Er wird hier tätig im Rahmen seiner kommunalverfassungsrechtlichen Stellung. Schon dies spricht dafür, dass - sofern die Beschlussvorlage personalvertretungsrechtlich relevante Tatbestände enthält - eine etwaige Beteiligung durch den Gesamtpersonalrat und nicht die einzelnen örtlichen Personalräte durchzuführen ist. Darüber hinaus ist bei einem Haushaltskonsolidierungskonzept, das mehrere Bereiche der Kommune und ihrer Dienststellen/Eigenbetriebe betrifft, eine Bezugnahme auf einzelne Behörden/Dienststellen nicht mehr gegeben. Das Konzept kann letztlich sinnvoll nur insgesamt personalvertretungsrechtlich beurteilt werden; die einzelnen, von Privatisierungsmaßnahmen betroffenen Dienststellen/Eigenbetriebe können allenfalls zu Einzelaspekten eine Stellungnahme abgeben. Gerade vor diesem Hintergrund ist die Bildung und damit auch die Beteiligung eines Gesamtpersonalrates sinnvoll.

b. Die Beteiligung des Antragstellers an einer Beschlussvorlage des Beteiligten ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich nicht um eine beabsichtigte Maßnahme i. S. d. § 76 Abs. 1 SächsPersVG handeln würde.

Eine Maßnahme ist jede Handlung und Entscheidung des Dienststellenleiters, die sich rechtserheblich auf die Beschäftigten insgesamt oder einen einzelnen Beschäftigten auswirkt (BVerwG, Beschl. v. 12.10.1989, PersR 1990, 45). Mit der Erarbeitung der Beschlussvorlage hat der Dienststellenleiter sich entschieden, die vorgeschlagenen Regelungen in die Wirklichkeit umzusetzen. Dass es im kommunalen Bereich der Entscheidung des Stadtrates bedarf, um die vom Oberbürgermeister vorgeschlagenen Regelungen umzusetzen, bedeutet nicht, dass der Personalrat erst dann einzuschalten ist, wenn der Stadtrat seine Entscheidung getroffen hat. Dies folgt bereits daraus, dass der Dienststellenleiter der alleinige Partner der Personalvertretung ist und dieser die Mitwirkungsrechte des Personalrates zu wahren hat. Dies bedeutet, dass in dem Zeitpunkt, in dem der Dienststellenleiter sich entschlossen hat, eine beteiligungspflichtige Maßnahme durchzuführen, er verpflichtet ist, das personalvertretungsrechtliche Beteiligungsverfahren einzuleiten, ohne den entsprechenden Beschluss des Rates abzuwarten. Dieser Zeitpunkt ist auch deshalb maßgeblich, weil der Dienststellenleiter verpflichtet ist, die gegen eine Entscheidung vorgebrachten Einwände des Personalrates dem für diese Entscheidung zuständigen Organ zur Kenntnis zu bringen (SächsOVG, Beschl. v. 23.5.2000 - PL 9 B 5005/98; im Ergebnis ebenso: BVerwG, Beschl. v. 14.1.1983, BVerfGE 66, 347, 351).

Unter Anwendung dieser Grundsätze war deshalb der Beteiligte verpflichtet, das personalvertretungsrechtliche Mitwirkungsverfahren bereits vor einem Beschluss des Stadtrates über die vorgesehenen Maßnahmen einzuleiten.

Der Rechtsstreit umfasst wegen des abstrakten Feststellungsbegehrens nicht (mehr) die Prüfung, inwieweit die einzelnen in der Beschlussvorlage enthaltenen Ziffern Mitwirkungsrechte des Antragstellers auslösen. Indes sind jedenfalls die Ziffern 8, 9, 12 und 13 bereits so konkretisiert, dass damit über die Privatisierung einer städtischen Einrichtung entschieden wird. Insofern handelt es sich nicht um bloße Prüfaufträge, sondern bereits um konkrete beabsichtigte Maßnahmen.

Eine Kostenentscheidung erübrigt sich (§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. § 80 Abs. 1, § 2 a Abs. 1 und § 12 Abs. 5 ArbGG).

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür nicht vorliegt (§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. § 92 Abs. 1 und § 72 Abs. 2 ArbGG).

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden (§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i. V. m. §§ 92 a, 72 a Abs. 2 bis 5 ArbGG).



Ende der Entscheidung

Zurück