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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 10.03.2003
Aktenzeichen: 1 UF 264/02
Rechtsgebiete: StPO, BGB


Vorschriften:

StPO § 170 Abs. 2
BGB § 1631 Abs. 2
BGB § 1666
BGB § 1666a
BGB § 1666 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

1 UF 264/02

In dem Sorgerechtsverfahren

betreffend das Kind S. R., geb. am 09.04.1997,

hat der 1. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena auf die Beschwerde der Kindeseltern vom 25.06.2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eisenach vom 03.06.2002 nach Anhörung der Beteiligten am 16.01.2003 durch

Richterin am Oberlandesgericht Martin, Richter am Oberlandesgericht Mummert und Richter am Landgericht Jahn

am 10.03.2003

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Amtsgerichts Eisenach vom 03.06.2002 - Az. 5 F 518/01 - wird aufgehoben.

Es verbleibt bei der gemeinsamen elterlichen Sorge.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des Kindes S. R., geboren am 09.04.1997.

Das Kreisgericht Eisenach hatte den Beteiligten zu 2. am 03.11.1992 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes - zur Tatzeit, im Januar 1991, war dieses Kind 3 Jahre alt - zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt (Az. 7 Js 11450/91). Die Berufung des Beteiligten zu 2. hatte das Landgericht Mühlhausen am 14.02.1995 mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Beteiligte zu 2. des sexuellen Missbrauchs eines Kindes tateinheitlich mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen schuldig ist (Az. 440 Js 11450/91-5Ns).

Der Beteiligte zu 2. ist auch der Vater des nichtehelichen Kindes M. R., geboren am 07.08.1994. Betreffend M. hat das Amtsgericht Eisenach durch Beschluss vom 06.05.2002 die elterliche Sorge der Kindesmutter S. K. übertragen (Az. 5 F 467/01; Az. des Beschwerdeverfahrens: 1 UF 203/02)

Im Sorgerechtsverfahren betreffend M. R. hatte der Sachverständige R. am 11.01.2002 ein "Fachpsychologisches Gutachten unter dem Gesichtspunkt der Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts" erstellt (wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf Bd. II Bl. 10-176 d. A. und auf den Gutachten-Band), das in dem vorliegenden Sorgerechtsverfahren betreffend S. R. verwertet worden ist.

Auch im Sorgerechtsverfahren betreffend S. R. hat das Amtsgericht Eisenach Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf das schriftliche "Psychologische Sachverständigengutachten zur Frage des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Gesundheitsfürsorge" des Sachverständigen W. vom 27.01.2002 (Bd. I Bl. 42-73 d. A. und Gutachten-Band), das er im Termin am 28.03.2002 mündlich erläutert hat (hierzu das Sitzungsprotokoll, Bd. II Bl. 7-9 d. A.).

Die Kindeseltern haben die "Psychologisch-Erziehungswissenschaftliche Stellungnahme zum Fachpsychologischen Gutachten des Dipl.-Psych. R." vom 12.04.2002, erstellt von Dr. W. L. (Bd. II Bl. 204-220 d. A. und Bd. III Bl. 49-65 d. A.), vorgelegt.

Das Amtsgericht Eisenach hat durch Beschluss vom 03.06.2002 den Kindeseltern die Sorge für das Kind S. R. entzogen, für das Kind Vormundschaft angeordnet und die Vormundschaft dem Jugendamt der Stadt Eisenach übertragen (wegen der Gründe wird Bezug genommen auf Bd. III Bl. 1-21 d. A.).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die "sofortige Beschwerde" der Kindeseltern vom 25.06.2002, bei Gericht eingegangen am 25.06.2002.

Sie beantragen,

den Beschluss des Amtsgerichts Eisenach vom 03.06.2002 aufzuheben und es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge zu belassen.

Wegen der Begründung wird Bezug genommen auf die Beschwerdeschrift (Bd. III Bl. 39 ff. d. A.) und die Schriftsätze vom 02.07.2002 (Bd. III Bl. 77 ff. d. A.), vom 14.10.2002 (Bd. III Bl. 119 ff. d. A.), vom 20.11.2002 (Bl. 161 f. d. A.) und vom 24.02.2003 (Bd. III Bl. 182 ff. d. A.).

Ihren weiteren Antrag, den Vollzug des Beschlusses des Amtsgerichts Eisenach vom 03.06.2002 bis zur endgültigen Entscheidung in dem Beschwerdeverfahren auszusetzen, hat der Senat durch Beschluss vom 18.07.2002 zurückgewiesen mit der Begründung, dass nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Ermittlungen durchaus Verdachtsgründe für einen sexuellen Missbrauch vorliegen (Bd. MI Bl. 91-93 d. A.).

In dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kindesvater wegen Körperverletzung an M. R. bzw. wegen sexuellen Missbrauchs an M. R. und S. R. (Az. 200 Js 51572/01) hat - auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft Mühlhausen - die Sachverständige H. am 19.08.2002 ein "Aussagepsychologisches Gutachten zur Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugen M. und S. R." erstattet (wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf den Akten-Sonderband). Das Ermittlungsverfahren gegen den Kindesvater ist hinsichtlich des Vorwurfs, M. und S. sexuell missbraucht zu haben, am 06.11.2002 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

Der Senat hat die Akten der Staatsanwaltschaft Mühlhausen durchgesehen.

Die Verfahrensbevollmächtigte der Kindeseltern hat im Termin vor dem Senat am 16.01.2003 erklärt, dass den Kindeseltern des Gutachten der Sachverständigen H. bekannt ist.

Der Senat hat das Kind S. R. persönlich angehört (wegen des Ergebnisses wird Bezug genommen auf das Protokoll der Anhörung vom 16.01.2003, Bd. III Bl. 180f. d. A.).

II.

Das Rechtsmittel der Eltern ist als befristete Beschwerde aufzufassen und als solche statthaft (§ 621 e Abs. 1, Abs. 3 ZPO). Sie ist auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb eines Monats eingelegt (§ 621 e Abs. 3 Satz 2 i. V. mit § 517 ZPO).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Voraussetzungen des § 1666 BGB liegen nicht vor bzw. sind nicht bewiesen.

Eine Entziehung der elterlichen Sorge nach §§ 1666, 1666a BGB setzt voraus, dass das geistige oder leibliche Wohl des Kindes dadurch gefährdet wird, dass der Inhaber der elterlichen Gewalt das Recht der Sorge für die Person des Kindes missbraucht, das Kind vernachlässigt oder sich eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schuldig macht. Die Entziehung des Sorgerechts setzt eine gegenwärtige und zwar in einem solchen Maße vorhandene Gefahr voraus, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit vorhersehen lässt (BGH, Beschluss vom 14.07.1956 = FamRZ 1956, 350, 351; BayObLG, Beschluss vom 03.12.1976 = FamRZ 1977, 473, 474; Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Auflage 2003, § 1666 Rdn. 16). Ein so massiver Eingriff in die Elternrechte wie die mit der Entziehung des gesamten Sorgerechts verbundene Trennung eines Kindes aus dem Familienverband wird im allgemeinen nur und erst dann zu rechtfertigen sein, wenn ihm massiv belastende Ermittlungsergebnisse und ein entsprechend hohes Gefährdungspotential für das Kind gegenüberstehen.

Verdachtsgründe, die bei ihrem erstmaligen Bekanntwerden ein familiengerichtliches Eingreifen noch rechtfertigen mögen, können im weiteren Verlauf des Verfahrens an Überzeugungskraft und Gewicht verlieren, wenn sie durch weitere Ermittlungen zwar nicht widerlegt werden, aber keine zusätzliche Bestätigung finden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.1994 = NJW 1995, 1970).

1. Die erstinstanzlichen, den Kindesvater massiv belastenden Ermittlungsergebnisse hinsichtlich eines sexuellen Missbrauchs haben im Beschwerdeverfahren keine zusätzliche Bestätigung gefunden und damit an Gewicht verloren.

Zweifelsfrei ein Sorgerechtsmissbrauch ist der sexuelle Missbrauch eines Kindes durch den Vater. Als sexueller Missbrauch werden sexuelle Handlungen Erwachsener bzw. bedeutend älterer Personen an, vor oder mit einem Kind bezeichnet, bei denen der Erwachsene seine Bedürfnisse nach Intimität, Nähe oder sexueller Lustbefriedigung auf Kosten eines Kindes auszuleben versucht. Das Kind wird in sexuelle Aktivitäten einbezogen, deren Tragweite und Funktion von ihm nicht überschaut werden können. Als Missbrauch sind sexuelle Übergriffe auch dann zu kennzeichnen, wenn sie ohne Gewaltanwendung erfolgen. Ein Missbrauch zeichnet sich dadurch aus, dass vom Erwachsenen Situationen bewusst mit dem Ziel der sexuellen Erregung arrangiert werden (vgl. Salzgeber/ Scholz/ Wittenhagen/ Aymans, Die psychologische Begutachtung sexuellen Missbrauchs in Familienrechtsverfahren, FamRZ 1992, 1249, 1253 m. w. N.; zum Begriff der sexuellen Handlung i. S. der §§ 184c, 176 Abs. 1 StGB vgl. Tröndle/Fischer, 51. Aufl. 2003, § 184 c Rdn. 2 ff.). Der Kindesmissbrauch muss aber für § 1666 BGB bewiesen sein (LG Köln, Beschluss vom 19.12.1991 = FamRZ 1992, 712; Palandt/ Diederichsen, a.a.O., Rdn. 28); der bloße Verdacht reicht nicht (BayObLG, Beschluss vom 04.03.1996 = FamRZ 1996, 1031).

Im Ergebnis der familiengerichtlichen Ermittlungen konnte nicht festgestellt werden, dass der Kindesvater seine Kinder S. und M. sexuell missbraucht hat. Der Senat stützt sich bei der Beurteilung insbesondere auf die Einlassungen des Kindesvaters bei seiner Anhörung am 28.03.2002 durch das Familiengericht. Darüber hinaus hat der Senat auch das Ergebnis der Sachverständigen H. zu den Aussagen des Kindes S. und ihres Bruders M. - also die Aussagen der Kinder, soweit sie von der Gutachterin als glaubhaft bewertet worden sind - verwertet.

Laut der Sachverständigen H. (Seite 6 und 7 des Gutachtens) hat M. glaubhaft angegeben, wenn er böse gewesen sei, habe ihn der Vater in den Po gebissen. Der Vater habe es häufig gemacht und es habe ihm weh getan, er habe auch geweint. Nur der Vater habe als Bestrafung in den Po gebissen. Als er und sein Freund etwas angestellt hätten, habe der Vater beiden in den Po gebissen. Er habe häufig Pobisse bekommen. Manchmal habe der Vater dabei die Unterhose runtergezogen, manchmal nicht.

Der Kindesvater hat bei seiner Anhörung vor dem Amtsgericht Eisenach erklärt (Seite 4 des Protokolls vom 28.03.2002), er, M. und S. hätten miteinander gebadet und S. habe aus kindlicher Neugier ihm und M. an das Geschlechtsteil gefasst. Er habe sie gewähren lassen, weil dies seiner pädagogischen Auffassung nach in Ordnung sei.

Laut der Sachverständigen H. (Seite 8 des Gutachtens) hat S. glaubhaft angegeben, mehrmals hätten der Vater und sie einander mit dem Mund geküsst Sie "haben schon Zungenkuss gemacht. Das war nicht so schön. Es war nur einmal. Das war ganz früher". Dazu hat der Kindesvater erklärt (Seite 4 des Protokolls vom 28.03.2002), er habe S. "in den Mund hineinmusiziert".

Es steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kindesvater durch die Pobisse seine Bedürfnisse nach Intimität, Nähe oder sexueller Lustbefriedigung auf Kosten seiner Kinder auszuleben versucht und er Situationen bewusst mit dem Ziel der sexuellen Erregung arrangiert hat. Seine durchaus zweifelhafte Einlassung, der Pobiss sei für ihn eine "Erziehungsmethode" gewesen, konnte nicht widerlegt werden. Zwar hat die Sachverständige H. ausgeführt (Seite 41 des Gutachtens), die Erziehungsmaßnahmen des Kindesvaters würden einen deutlich sexualisierten Charakter aufweisen und seien als Grenzverletzungen den Kindern gegenüber zu werten. Im Beschwerdeverfahren hat sich diese Einschätzung der Sachverständigen aber durch weitere Ermittlungen nicht bestätigt. Es bestehen keine Anhaltspunkte etwa dafür, dass der Kindesvater, unmittelbar vor, bei oder nach einem Pobiss sexuell erregt gewesen ist. Vielmehr hat der Kindesvater in seiner Anhörung vor dem Senat am 16.01.2003 erklärt und glaubhaft versichert, es sei bei ihm zu einem Umdenken gekommen. Nach einer pädagogischen Diskussion habe er von der "Erziehungsmethode", Kindern zur Bestrafung in den Po zu beißen, Abstand genommen (Seite 3 des Protokolls vom 16.01.2003).

Auch hinsichtlich des gemeinsamen Badens konnte eine Sexualbezogenheit des Verhaltens des Kindesvaters nicht bewiesen werden. Zwar hat er es unterlassen, seine Tochter davon abzuhalten, sein Geschlechtsteil anzufassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Kindesvater diese Situation mit dem Ziel der sexuellen Erregung arrangiert hat, liegen aber nicht vor. Dies gilt auch für die Küsse auf den Mund seiner Tochter S. bzw. für den von S. beschriebenen Zungenkuss.

2. Die vom Kindesvater vorgenommenen Pobisse können zwar nicht als sexueller Missbrauch qualifiziert werden, begründen aber dennoch einen Sorgerechtsmissbrauch i. S. des § 1666 BGB.

Als Sorgerechtsmissbrauch kommt eine körperliche Misshandlung des Kindes in Betracht (Palandt/ Diederichsen, a.a.O., § 1666 Rdn. 26). Unzulässige Erziehungsmittel sind körperliche Misshandlungen und andere entwürdigende Maßnahmen (§ 1631 Abs. 2 BGB). Die Entwürdigung kann unter anderem in der Art der Maßnahme begründet sein - nackt ausziehen, fesseln - oder in dem Ausmaß und ihrer Dauer bzw. in den Begleitumständen (Palandt/ Diederichsen, a.a.O., § 1631 Rdn. 13). Verstöße gegen § 1631 Abs. 2 BGB können Maßnahmen nach den §§ 1666, 1666a BGB veranlassen. Dabei ist allerdings durch das Erfordernis der Kindeswohlgefährdung sichergestellt, dass vereinzelt bleibende Verstöße gegen § 1631 Abs. 2 BGB familiengerichtliche Maßnahmen nicht auslösen müssen (Palandt/ Diederichsen, a.a.O., § 1631 Rdn. 10).

Im Ergebnis der familiengerichtlichen Ermittlungen steht fest, dass der Kindesvater sowohl M. als auch S. durch Pobisse körperlich misshandelt hat. Die Sachverständige H. hat zudem überzeugend ausgeführt (Seite 41 des Gutachtens) und der Senat teilt diese Auffassung der Sachverständigen, dass es sich bei den "Pobissen" um eine ausgesprochen entwürdigende Erziehungsmaßnahme handelt.

Nach Auffassung des Senats muss dieser Sorgerechtsmissbrauch des Kindesvaters aber keine familiengerichtliche Maßnahme auslösen. Dabei handelt es sich um einen Grenzfall. Für den Senat war ausschlaggebend, dass der Kindesvater bei den Pobissen irrig von einem geeigneten Erziehungsmittel ausging, er dann aber erkannt hat, dass ein Umdenken erforderlich ist, und er davon Abstand genommen hat, Kindern zur Bestrafung in den Po zu beißen. Diese Einlassung des Kindesvaters wird, wenn nicht bestätigt, so doch nicht in Zweifel gezogen durch die Erklärung der Vertreterin des Jugendamtes im Termin am 16.01.2003, bei P., dem weiteren Kind des Kindesvaters, habe das Jugendamt keine Auffälligkeiten festgestellt (Seite 5 des Protokolls vom 16.01.2003).

Es wird im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse der Kinder P., S. und M. sowie der Kindeseltern Aufgabe des Jugendamtes sein, die weitere Entwicklung sorgfältig zu beobachten (vgl. §§ 16, 27, 28 SGB VIII) und nötigenfalls beim Familiengericht entsprechende Anträge zu stellen.

3. Das Erziehungsunvermögen der Kindesmutter hat sich zwar nicht in einem Verhalten ausgedrückt, das als Sorgerechtsmissbrauch i. S. des § 1666 Abs. 1 BGB zu qualifizieren ist, da sie selbst den Kindern nicht in den Po gebissen haben soll. Erziehungsunvermögen kann sich gem. § 1666 Abs. 1 BGB aber auch in der Form des unverschuldeten Versagens zeigen, z. B. durch die Duldung der missbräuchlichen Ausübung des Sorgerechts durch den anderen Elternteil (vgl. Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1666, Rdn. 32 m.w.N.). Dies war hier der Fall, führt aber nicht zu einer Maßnahme nach §§ 1666, 1666 a BGB, da der Kindesvater von dem unzulässigen Erziehungsmittel, seinen Kindern in den Po zu beißen, Abstand genommen hat.

Nach alledem war der Beschluss des Amtsgerichts Eisenach vom 03.06.2002 aufzuheben. Es bedurfte keiner Zurückweisung des - das Verfahren einleitenden - Antrags des Jugendamts vom 16.08.2001 auf Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Gesundheitsfürsorge, da dieser Antrag mit Schriftsatz vom 11.02.2002 zurückgenommen wurde.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a FGG.

Der Beschwerdewert bestimmt sich nach §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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