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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.11.2001
Aktenzeichen: 1 U 479/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 648a
1. Der Werkunternehmer kann nach Abnahme des Werkes oder Beendigung des Werkvertrages von dem Besteller gemäß § 648a BGB auch für bereits erbrachte Leistungen Sicherheit in Höhe des noch nicht bezahlten Werklohnes verlangen, selbst wenn der Besteller die Restzahlung wegen streitiger, unstreitiger oder nachgewiesener Mängel verweigert.

2. Leistet der Besteller die geforderte Sicherheit nicht, steht dem Werkunternehmer der volle Vergütungsanspruch unbedingt zu, ohne dass der Besteller wegen Gegenansprüchen, die sich auf das Vorliegen von Mängeln stützen, aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 479/01

Verkündet am: 01.11.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pfalzer, den Richter am Landgericht Steinmaier und die Richterin am Landgericht Lichius

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Erfurt vom 23.01.2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung haben die Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistungen in Höhe von 77.800,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können jeweils durch schriftliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der EU als Zoll - und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstitutes erbracht werden.

Der Wert der Beschwer beträgt 60.000,00 DM.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Restwerklohnanspruch.

Die Beklagten waren Gesellschafter einer Bauherrengemeinschaft, die in Form einer GbR als ...GbR auftrat. Die Gesellschaft ist inzwischen aufgelöst.

Mit schriftlichem Werkvertrag vom 29.05.1997 (Bl. 107, Band I. d. A.) verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der GbR zur Herstellung des Neubaus eines Doppelhauses mit 6 Wohneinheiten in Erfurt, W.straße. Die Parteien vereinbarten die Geltung der VOB.

Das Gebäude ist fertiggestellt. Im Frühjahr 1998 wurde es abgenommen.

Daraufhin legte die Klägerin am 20.05.1998 die Schlussrechnung über einen Gesamtbetrag von 1.313.449,71 DM (netto) . Hiervon erkannten die Beklagten zunächst einen Teilbetrag von 1.297108,71 DM (netto, brutto 1.491.675,02 DM) an.

Danach vereinbarten die Parteien weitere Zusatzleistungen, die ein Auftragsvolumen von 35.000,00 DM (brutto) umfassen sollten.

Auch diese Zusatzleistungen wurden von den Beklagten erbracht und abgenommen.

Nach dieser Abnahme übersandte die Klägerin den Beklagten am 08.05.1999 eine überarbeitete Rechnung, der zufolge die nunmehrige Bruttoschlussrechnungssumme 1.526.631,11 DM betrug.

In der Folgezeit rügten die Beklagten einige zusätzliche nach der Abnahme aufgetretene Mängel der klägerischen Werkleistung, die sie in einer "Aufstellung der Bauherrengemeinschaft vom 12.04.1999" festhielten. Zwischen den Parteien bestand und besteht diesbezüglich Uneinigkeit.

Zur gütlichen Beilegung der Meinungsverschiedenheiten und Vermeidung eines Rechtstreites übersandte die Klägerin den Beklagten am 20.10.1999 den Entwurf eines Vergleichstextes. Hierauf ließen die Beklagten mit Schreiben vom 28.10.1999 der Klägerin eine textlich leicht modifizierte Vereinbarung zukommen. Diese trägt das Datum 27.10.1999 und enthält die Unterschrift des Bevollmächtigten Rechtsanwaltes der Beklagten mit dem Zusatz "i. V." . Die textliche Änderung bezog sich lediglich auf das Fälligkeitsdatum der Ziffer 1. der Vereinbarung, welches von den Beklagten vom "12.11.1999" auf "30.11.1999" abgeändert wurde. Mit Schreiben vom 09.11.1999 akzeptierte die Klägerin diese Änderung durch Unterschrift und Rücksendung an die Beklagten.

Die Vereinbarung lautet wir folgt (Bl.10, Band I d.A.):

I. "Zur Beilegung des Streites über das Vorliegen einzelner Mängel, und damit verbunden über die Höhe des noch offenen Schlussrechnungsbetrages aus dem Bauvorhaben W.straße in Erfurt, schließen die Firmen ...GmbH und Co., Niederlassung Erfurt und die Bauherrengemeinschaft A. und B. nachfolgenden Vergleich:

II. 1. Der noch offene und fällige Betrag aus der Schlussrechnung vom 20.05.1998 wird zwischen den Parteien einvernehmlich auf DM 60.000,00 brutto festgesetzt. Die Bauherrengemeinschaft A. und B. zahlt diesen Betrag bis spätestens 30.11.1999 auf ein Konto der Firma...

2. Mit Festsetzung der unter 1. genannten offenen Schlussrechnungssumme von DM 60.000,00 brutto sind die in der Aufstellung der Bauherrengemeinschaft vom 12.04.19999 benannten Mängel am Objekt W.straße abgegolten. Hinsichtlich der Mängel hat die Bauherrengemeinschaft bereits Ersatzvornahmemaßnahmen durchgeführt bzw. wird diese noch durchführen.

Die Bauherrengemeinschaft verpflichtet sich, Rechnungskopien für diese Ersatzvornahmemaßnahmen an die Firma .... zur eventuellen Geltendmachung bei deren Subunternehmen bis spätestens 31.12.1999 zu übersenden. Zu den in der Aufstellung vom 12.04.1999 genannten Mängeln/Gewerken ist die Firma ... weiterhin für die Zukunft von jeglicher Gewährleistung befreit.

3. Mit dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Bauvorhaben W.straße - mit Ausnahme der sonstigen Gewährleistungsansprüche - abgegolten".

Es bestand und besteht zwischen den Parteien Einigkeit, dass mit der Vereinbarung vom 09.11.1999 nur die bis zu diesem Zeitpunkt offenkundig gewordenen Mängel (aus der Aufstellung der Bauherrengemeinschaft vom 12.04.1999) abgegolten sein sollen.

Der Beklagte zu 1. ist im Besitz einer Gewährleistungsbürgschaft der Klägerin zu einem Nennbetrag von 65.000,00 DM in den Händen.

Den Vergleichsbetrag von 60.000,00 DM zahlten die Beklagten nicht.

Es entstanden nämlich Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien betreffend angeblich neuer und nachträglich aufgetretener schwerwiegender Mängel an der klägerischen Werkleistung.

Unter Hinweis auf die Vereinbarung vom 09.11.1999 verlangte die Klägerin gleichwohl die Zahlung der 60.000,00 DM von den Beklagten.

Mit Schreiben vom 18.08.2000 (Bl. 178 Band I. d. A.), auf das inhaltlich verwiesen wird, erklärte die Klägerin die Bereitschaft zur Beseitigung berechtigter Mängel. Ferner heißt es dort:

"Ferner haben wir ihre Mandanten aufzufordern, unserer Mandantin eine Sicherheit gem. § 648 a BGB in Höhe des noch ausstehenden Restwerklohnes von 60.000,00 DM zukommen zu lassen. Ihre Mandantin möge bitte zur Verfügungstellung der Sicherheit bis zum 28.08.2000 Sorge tragen. Widrigenfalls macht unsere Mandantin von ihrem Zurückbehaltungsrecht ihrer Werkleistung Gebrauch".

Die geforderte Sicherheitsleistung erbrachten die Beklagten nicht. Die Klägerin verweigerte im Hinblick hierauf die Mängelbeseitigung.

Sie hat die von den Beklagten vorgetragenen Mängel, ihre diesbezügliche Verantwortlichkeit und die angeblichen Mängelbeseitigungskosten bestritten.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Beklagten seien, obwohl das Werk fertiggestellt und abgenommen sei und obwohl nachträglich neue streitige Mängel dargetan seien, den sich aus der außergerichtlichen Vereinbarung vom 09.11.1999 ergebenden Restwerklohnanspruch in Höhe von 60.000,00 DM nebst Verzugszinsen schuldig, weil die Beklagten die nach § 648 a BGB geforderte Sicherheit nicht erbracht hätten. Diese Vorschrift sei vorliegend auch anwendbar.

Außerdem sei es den Beklagten wegen des außergerichtlichen Vergleichs verwehrt, sonstige Gewährleistungsrechte oder Gegenrechte geltend zu machen.

Die Klägerin hat im Wege des Urkundenprozesses ihre Rechte geltend gemacht. Das Landgericht hat mit "Teil- und Vorbehaltsurteil" vom 13.06.2000 (Bl. 72, Band I. d. A.) zunächst den Beklagten zu 1. unter Vorbehalt der Geltendmachung seiner Rechte im Nachverfahren verurteilt, an die Klägerin 60.000,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.12.1999 zu zahlen.

Mit "Vorbehaltsurteil- und Vorbehaltsschlussurteil" vom 05.12.2000 (Bl. 190 Band I. d. A.) hat das Landgericht dann den Beklagten zu 2. unter Vorbehalt der Geltendmachung seiner Rechte im Nachverfahren ebenfalls verurteilt in gleicher Weise wie der Beklagte zu 1., jedoch als Gesamtschuldner, zu zahlen.

Beide Beklagten haben ihre Rechte im Nachverfahren weiterverfolgt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Vorbehaltsurteile vom 13.08.2000 und vom 05.12.2000 für vorbehaltlos zu erklären.

Die Beklagten haben beantragt,

die Vorbehaltsurteile vom 13.08.2000 und vom 05.12.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, § 648 a BGB sei für den Zeitraum nach Abnahme des Werkes nicht anwendbar.

Sie haben sich deswegen auch auf ihr angebliches Zurückbehaltungsrecht berufen, welches sie auf § 273 BGB gestützt haben.

Hierzu haben sie unter Beweisantritt zahlreiche angebliche Mängel behauptet, die zwar von der Klägerin im einzelnen bestritten worden sind, hinsichtlich derer jedoch Einigkeit zwischen den Parteien besteht, dass sie nicht von der Vereinbarung vom 09.11.1999 erfasst seien.

Diese sind gewesen:

- fehlerhafte Trittschalldämmung in Wohnung Nr. 3 und 5.

Insoweit verweisen die Beklagten auf einen Prüfbericht der ITA, Ingenieurgesellschaft für technische Akustik, Weimar, vom 30.03.2000 (Bl. 45 Band I. d. A.).

- schadhafte Balkonfliesen Wohnung Nr. 4-5,

- Rost an einem Balkongeländer.

Mit Schriftsatz vom 19.07.2000 (Bl. 82 Band I. d. A.) und vom 09.10.2000 (Bl. 150 Band I. d. A.) haben die Beklagten ebenfalls unter Beweisantritt zahlreiche weitere Mängel behauptet. Wegen des Sachvortrages wird insoweit inhaltlich auf die Schriftsätze vom 19.07.2000, Bl. 2-7 des Schriftsatzes (Bl. 83.88 Band I. d. A.) und vom 09.10.2000, Bl. 4-8 des Schriftsatzes (Bl. 153-157 Band I. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagten haben behauptet, der Mängelbeseitigungsaufwand betrage 60.000,00 DM ( Schriftsatz vom 09.10.2000, Bl. 158 Band I. d. A.).

Neben dem diesbezüglich geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht (gem. § 273 BGB) haben die Beklagten die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Kostenvorschuss erklärt (Schriftsatz vom 09.10.2000, Bl. 152, 158 Band I. d. A.). Hilfsweise haben sie sich auf einen Minderungsanspruch in Höhe der Mängelbeseitigungskosten berufen (Schriftsatz vom 10.01.2001, Bl 202 Band I. d. A.).

Die Beklagten haben wegen der geltend gemachten Gegenrechte auf die zahlreichen (als solche unstreitigen) Mängelbeseitigungsschreiben verwiesen:

- das Schreiben Rechtsanwalt Roling vom 12.11.1999 (Bl. 21, 25 Band I. d. A.),

- Schreiben Rechtsanwalt Roling vom 10.01.2000 (Bl. 22,29 Band I. d. A.), mit Beseitigungsaufforderung zum 31.01.2000, bezogen auf die Wohnungen G. und P.,

- Schreiben Rechtsanwälte Rohling vom 31.01.2000 (Bl. 22, 31 Band I. d. A.) mit Beseitigungsaufforderung zum 29.02.2000; für den fruchtlosen Fristablauf wurde die endgültige Ablehnung der Mängelbeseitigung und Ersatzvornahme durch einen dritten Werkunternehmer angekündigt, mit Verwertung der Gewährleistungsbürgschaft.

- mit Schriftsatz vom 19.07.2000 haben sich die Beklagten schließlich die Mängelrügen der Eigentümergemeinschaft vom 12.05.2000, aus dem Schreiben D. vom 12.05.2000 (Bl. 101, Band I. d. A.), Schreiben S. vom 21.05.2000 (Bl. 102, Band I. d. A.), und Schreiben V. vom 12.05.2000 ( Bl. 103, Band I. d. A.) zu eigen gemacht und Mängelbeseitigung bis zum 31.08.2000 verlangt. Für den Fall des fruchtlosen Fristablaufes haben die Beklagten die Mängelbeseitigung insgesamt abgelehnt und Ersatzvornahme angekündigt.

Mit Schlussurteil vom 23.01.2001 hat das Landgericht das Teil- und Vorbehaltsurteil vom 13.06.2000 und das Vorbehaltsurteil- und Vorbehaltsschlussurteil vom 05.12.2000 für vorbehaltslos erklärt. Den Beklagten wurden auch die weiteren Kosten auferlegt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Die Klage sei gem. § 631 BGB i. V. m. § 779 BGB begründet.

Die bis dahin streitige Restwerklohnforderung sei im Wege eines Vergleiches modifiziert worden, derart, dass die Beklagten nunmehr zur Zahlung von 60.000,00 DM verpflichtet seien.

Darüber hinaus verfügten die Beklagten über kein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB wegen der von ihnen geltend gemachten Mängel.

Die Klägerin sei wegen des Sicherheitsbegehrens aus dem Schreiben vom 18.08.2000 mit Fristsetzung bis zum 28.08.2000 berechtigt, gem. § 648 a BGB ihre Mängelbeseitigung zurückzuhalten.

Die Sicherheitsleistung sei der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die gesetzte Frist sei jedenfalls zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung angemessen.

Der Forderung der Bestellersicherheit gem. § 648 a BGB stehe nicht entgegen, dass das Bauwerk und die Nachtragsaufträge bereits abgenommen gewesen seien und sich die Parteien nur um die Beseitigung von Baumängel streiten würden.

Das Gericht schließe sich insoweit der Auffassung an, wonach § 648 a BGB auch für die Zeit nach Abnahme anwendbar sei.

Der Werklohnanspruch der Klägerin sei vorliegend auch nicht - wie von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur vertreten - lediglich in Höhe des einfachen Betrages der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten einredebehaftet.

Die hilfsweise geltend gemachte Aufrechnung (eines Anspruches gem. § 13 Nr. 7. VOB/B) habe gleichfalls keinen Erfolg, weil die Beklagten trotz richterlichen Hinweises zu den ebenfalls erforderlichen Voraussetzungen des § 13 Nr. 5, Abs. 2 VOB nicht ausreichend vorgetragen hätten.

Außerdem sei die Aufrechnung auch deswegen ausgeschlossen, weil die angebliche Schadensersatzforderung, mit der aufgerechnet werden soll, wegen der Nichtleistung der Bestellersicherheit nicht fällig sei, eine Aufrechnung aber nur mit fälligen Gegenforderungen in Betracht komme.

Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 22.03.2001 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem am 23.04.2001 (einem Montag) eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese mit einem am 21.05.2001 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzlichen Vorbringen.

Mit Schriftsatz vom 21.05.2001 (Berufungsbegründung) fordern sie die Klägerin erneut zur Mängelbeseitigung bis zum 15.06.2001 auf, widrigenfalls die Mängelbeseitigung abgelehnt würde (Bl. 266, Band II. d. A.).

Nachdem sie zunächst mit Schriftsatz vom 05.10.2001 (Bl. 288, Band II. d. A.) hinsichtlich des Mängelbeseitigungsaufwandes erklärt haben, nur noch hilfsweise aufrechnen zu wollen, sind sie hiervon in der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2001 vor dem Senat wieder abgerückt (Bl. 291, Band II. d. A.). Die hilfsweise Aufrechnung wird nunmehr als unbedingte Aufrechnung geltend gemacht. Außerdem nehmen sie von den erstinstanzlich erklärten Gegenrechten, wie Zurückbehaltungsrecht bzw. Einrede des nicht erfüllten Vertrages Abstand.

Sie vertreten insbesondere die Auffassung, wegen der Nichtanwendbarkeit des § 648 a BGB hätte es einer Beweiserhebung zum Mängelbeseitigungsumfang bedurft.

Jedenfalls habe die Klägerin ihr Leistungsverweigerungsrecht deswegen verloren, weil sie ihrerseits dem Mängelbeseitigungsbegehren der Beklagten nicht nachgekommen sei.

Überdies sei die Klägerin zur Mängelbeseitigung nicht mehr in der Lage, weil die Beklagten nunmehr berechtigterweise die Mängelbeseitigung ablehnen könnten.

Die Beklagten beantragen,

unter Aufhebung des Urteiles des Landgerichtes Erfurt, AZ.: 10 O 804/00, vom 23.01.2001, mit dem das Teil- und Vorbehaltsurteil vom 13.06.2000, sowie das Vorbehaltsurteil- und Vorbehaltsschlussurteil vom 05.12.2000 für vorbehaltlos erklärt wurde, die Klage insgesamt abzuweisen.

Außerdem beantragen sie hilfsweise die Zulassung der Revision.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls das erstinstanzliche Vorbringen und macht sich die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zu eigen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil die Vorbehaltsurteile vom 13.06.2000 und vom 05.12.2000 zu Recht für vorbehaltlos erklärt.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung von 60.000,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.12.1999 aus § 631 BGB i. V. m. § 779 BGB hinsichtlich der Hauptforderung und aus § 284 Abs. 2, 288 BGB hinsichtlich des Zinsanspruches. Der Anspruch beruht auf dem schriftlichen Bauvertrag vom 29.05.1997 nebst (unstreitiger) Auftragserweiterung sowie der Vereinbarung vom 27.10.1999/09.11.1999.

In dieser Vereinbarung, die als Vergleich im Sinne des § 779 BGB zu werten ist, haben sich die Beklagten verpflichtet, zur gegenseitigen Abgeltung der Restwerklohnforderung hinsichtlich des streitbefangenen Werkvertrages und der bis dahin bekannten Mängel 60.00,00 DM zu zahlen, Fälligkeitstermin 30.11.1999. Bei verständiger Würdigung dieser Vereinbarung (§§ 133,157 BGB) sollten die Beklagten als Gesamtschuldner haften. Zugleich wurde die Leistungszeit kalendermäßig bestimmt (§ 284 Abs. 2, Satz 1 BGB).

Mit Ablauf des 30.11.1999 hatten die Beklagten daher 60.000,00 DM nebst 4% Zinsen (§288 BGB) seit dem 01.12.1999 zu zahlen, ohne dass es hierzu einer erneuten Mahnung bedurfte.

Das Forderungsrecht der Klägerin ist weder einredebehaftet, noch können sich die Beklagten auf ein mögliches auch nur teilweises Erlöschen der Forderung auf Grund der Aufrechnung (§ 389 BGB) berufen. Der Anspruch ist fällig.

Dies folgt jedoch nicht schon aus der von der Klägerin vertretenen Auffassung, die Beklagten könnten sich schon wegen des konkreten Inhaltes und dem Sinn der Vereinbarung vom 27.10.1999/09.11.1999 nicht auf Gegenrechte wegen etwaiger nicht von der Vereinbarung erfasster Mängel berufen. Ein solch weitgehender Ausschluss von Gegenrechten ist zum einen nicht ausdrücklich vereinbart und zum anderen nicht bei verständiger Würdigung des beiderseitigen Parteiwillens (§§ 133,157 BGB) im Wege der Auslegung dem Vertragswerk zu entnehmen. Indem die Parteien bewusst Gewährleistungsrechte wegen anderer als bei Abschluss der Vereinbarung bekannter Mängel von der Abgeltungsregelung ausgeschlossen haben, haben sie im Gegenteil deutlich gemacht, dass hinsichtlich solcher Mängel die daraus folgenden Rechte erhalten bleiben sollten. Die dieser Vereinbarung vorausgegangene Motivation der Klägerin zum Abschluss der Vereinbarung, dass der eventuelle Vergleichsbetrag in jeden Falle sofort ohne Einrede behaftet zu sein auch durchgesetzt werden können soll, ist nicht feststellbar als beiderseitiger Parteiwille in den Vertrag eingeflossen. Diese Motivationslage der Klägerin hätte, als von der grundlegenden gesetzlichen Folge (dass nämlich der Inhaberschaft eines Rechtes auch dessen Durchsetzbarkeit folgt) abweichend und sich damit als äußert untypisch darstellend, in der Urkunde oder durch außerhalb der Urkunde stehende Umstände angedeutet sein müssen. Diese ist jedoch nicht der Fall.

Das Zurückbehaltungsrecht (gem. § 273 BGB wegen eines fälligen Gegenanspruches), welches ursprünglich ausdrücklich von den Beklagten geltend gemacht worden ist und die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, welche von den Beklagten allerdings nicht erhoben worden ist, steht dem Werklohnanspruch allerdings deswegen schon nicht entgegen, weil die Beklagten ausweichlich ihrer Prozesserklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von der Geltendmachung dieser Rechte abgerückt sind. Ohne dass dies von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt worden ist, rücken die Beklagten aber offensichtlich auch von ihrem erstinstanzlich noch hilfsweise erhobenen Minderungseinwand ab.

Auch die nunmehr ausdrücklich als unbedingt bezeichnete Aufrechnung mit einem angeblichen Schadensersatzanspruch wegen der behaupteten Mängel steht der Fälligkeit des Restwerklohnanspruches nicht entgegen. In diesem Zusammenhang kann es dahinstehen, ob die Werkleistung in dem von den Beklagten behaupteten Umfang tatsächlich mangelhaft ist oder nicht. Insofern bedürfte es und bedarf es deshalb auch nicht einer Klärung der Mängel durch Anordnung der Beweiserhebung. Nach Lage der Dinge kommt nämlich als aufrechenbarer Gegenanspruch lediglich ein Anspruch der Beklagten auf Schadensersatz gem. § 13 Nr. 7, Abs. 1 oder Abs. 2 VOB in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen unbeschadet etwaiger anderer Tatbestandsvoraussetzungen, zu denen bislang nur ungenügend vorgetragen worden ist (z.B. Wesentlichkeit des Mangels, Verschulden der Klägerin) - was in dem angefochtenen Urteil nur lediglich angedeutet ist - nicht vor, solange und soweit die Beklagten dem Sicherungsbegehren der Klägerin gem. § 648 a BGB nicht nachgekommen sind und zwar aus den folgenden Gründen:

Der von den Beklagten geltend gemachte Schaden besteht gerade in dem Mangelschaden, der sich betragsmäßig auf den mutmaßlichen Mängelbeseitigungsaufwand beziffert. Da die mangelfreie Herstellung des Werkes aber primäre Werkunternehmerpflicht ist und der Werkunternehmer nur unter bestimmten Voraussetzungen (nämlich der § 13 Nr. 5,6 VOB/B) für denjenigen Aufwand einstehen muss, der dadurch entsteht, dass ein Dritter das Werk mangelfrei herstellt, vertritt die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 13 Nr. 5 od. 6 VOB/B erfüllt sein müssen, falls gem. § 13 Nr. 7 VOB/B gerade der Mängelbeseitigungsaufwand als Schaden geltend gemacht wird. Zurecht wird dies aus dem Sinnzusammenhang der Vorschrift und dem Wortlaut ("außerdem") gefordert (siehe z. B. Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Auflage, § 13, Randziffer 663; Werner/Pastor, der Bauprozess, 9. Auflage, Randziffer 1721; BGH Baurecht 82, 277). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Voraussetzung ist also, dass der Besteller die Mängelbeseitigung unter Fristsetzung erfolglos angemahnt hat, d.h. der Auftragnehmer muss mit der geschuldeten Mängelbeseitigung in "Verzug" sein.

Vorliegend haben die Beklagten zwar mehrfach, auch unter Fristsetzung, Mängel angezeigt und deren Beseitigung angemahnt. Nach mehreren vorausgegangenen Mängelbeseitigungsaufforderungen mit Fristsetzungen aus den Schreiben vom 12.11.1999, 10.01.2000 und 31.01.2000 haben die Beklagten die Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 19.07.2000 zur Mängelbeseitigung bis zum 31.08.2000 aufgefordert (die erneute Aufforderung aus der Berufungsbegründung vom 21.05.2001 mit Frist zum 15.06.2001 erfolgte dagegen lediglich vorsorglich). Die Klägerin konnte also zunächst bis zum Ablauf des 31.08.2000 nach eigener Darstellung der Beklagten Mängel beseitigen. Zwar hat sie auch bei Ablauf des 31.08.2000 keine Mängel beseitigt, gleichwohl kam sie mit Ablauf dieser Frist nicht mit der Mängelbeseitigung in "Verzug" .

In Verzug kommt nämlich derjenige nicht, der seinerseits ein Leistungsverweigerungsrecht hat. Vorliegend resultiert ein solches Leistungsverweigerungsrecht der Klägerin aus § 648 a BGB (wird unten ausgeführt). Unabhängig davon kann sich der Gläubiger eines Leistungsrechtes, der sich selbst nicht vertragsgerecht verhält, nicht auf das nicht vertragsgerechte Verhalten des Vertragspartners berufen (§ 242 BGB). Der Schuldner hat dann nämlich seine Nichtleistung nicht zu vertreten (siehe hierzu Palandt, BGB, 60. Auflage, § 284, Randnummer 13). Vorliegend stellt das Nichterbringen der geforderten Sicherheit ein solches vertrags- bzw. gesetzeswidriges Verhalten dar.

Nichts anderes gilt nach Auffassung des Senates für den Fall des § 13 Nr. 7 VOB/B, falls der Besteller den Mängelbeseitigungsschaden geltend macht und noch vor dem Ablauf der gehörigen Mängelbeseitigungsfrist ein Leistungsverweigerungsrecht zu Gunsten des Auftragnehmers gem. §§ 648 a, Abs. 1, Satz 1; Abs. 5, Satz 1; 643,645 Abs. 1, BGB entsteht.

So verhält es sich aber vorliegend. Die zur Beseitigung der Mängel bereite Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 18.08.2000 zur Vorlage der Sicherheitsleistung bis zum Ablauf des 28.08.2000 aufgefordert.

Mit fruchtlosen Verstreichen dieser Frist konnte die Klägerin ihrerseits die Mängelbeseitigung zurückhalten und kam damit nicht in Verzug.

Die Klägerin konnte ihr Sicherheitsbegehren zurecht auf § 648 a BGB stützen. § 648 a BGB ist auch auf den Zeitraum nach Abnahme des Werkes anzuwenden. Diese Frage wird in Rechtsprechung und Lehre kontrovers diskutiert.

Die Anwendung des § 648 a BGB auf den Zeitpunkt nach Abnahme des Werkes bzw. Beendigung des Vertrages z. B. durch Kündigung bejaht die wohl derzeit herrschende und im Vordringen befindliche Meinung (siehe hierzu OLG Naumburg, 6 U 54/00, NJW - RR 2001, 1165; OLG Dresden, 2 U 801/99, Baurecht 98, 1314; OLG Rostock, 7 U 105/97, IBR 2000, 327; LG Erfurt, 3 O 1902/98, NJW 99, 3786; LG Göttingen, 6 S 389/00, Baurecht 2001, 1114; Palandt, BGB, 60. Auflage, § 648 a, Randziffer 9; Schulze - Hagen, Baurecht 99, 201; Tierrau, NZ Bau 2000, 14; Warner, Baurecht, 2000, 1261).

Die gegenteilige Ansicht vertreten unter anderem:

KG Berlin, 4 U 5313/98, Baurecht 2000, 738; OLG Hamm, 25 W 48/00 NJW - RR 2001, 806; LG Dortmund, 10 O 123/97, IBR 99,319.

Die gegenteilige Auffassung vertritt wohl auch Kniffka (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechtes, Seite 375 in Fußnote 21). Allerdings bejaht Kniffka die Anwendung des § 648 a BGB nach Abnahme für den Fall, dass man die Auffassung vertrete, dass die Sicherheit auch für erbrachte Werkleistungen verlangt werden könne. Letzteres ist aber nunmehr höchstrichterlich entschieden. Die Sicherheitsleistung kann auch für erbrachte Leistungen erbracht werden (BGH, VII ZR 82/99, NJW 2001,822-826; siehe auch OLG Stuttgart, Baurecht 2001, 421).

Soweit bei dem Meinungsstreit zumeist die Frage im Zentrum der Diskussion steht, inwiefern sich der Besteller eines Zurückbehaltungsrechtes berühmen kann (gem. §§ 320 oder 273 BGB) vertritt ein Teil der herrschenden Meinung die Auffassung, ein solches bestünde zwar, jedoch lediglich in Höhe des einfachen Betrages der voraussichtlichen oder nachgewiesenen Mängelbeseitigungskosten, mit der Folge, dass das Gericht in jedem Falle gegebenenfalls insoweit Beweis erheben müsste (siehe OLG Dresden, a. a. O.; Kniffka, a. a. O.; Ulrich MDR 99,1233,1235). Nur in Höhe des einfachen (und nicht des dreifachen Betrages) sei der Werklohnanspruch nämlich einredebehaftet.

Überwiegend vertritt die herrschende Meinung jedoch die Auffassung, ein solches Recht bestehe schon dem Grunde nach und aus Rechtsgründen nicht (alle anderen a. a. O.), da der Werklohnanspruch bei unberechtigt verweigerter Sicherheit nach Abnahme in vollem Umfang fällig würde.

Der BGH hat die Frage der Anwendung des § 648 a BGB nach Abnahme ausdrücklich offen gelassen (BGH vom 09.11.2000, a. a. O.).

Die Gegner der Anwendung des § 648 a BGB nach Abnahme argumentieren im wesentlichen mit dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. § 648 a BGB sei schon nach dem Willen des Gesetzgebers erkennbar nicht für die Situation nach Abnahme zugeschnitten. Die "von ihm zu erbringenden Vorleistungen" könnten begrifflich nach Abnahme nicht mehr vorliegen. Nach Abnahme sei der Werkvertrag nämlich als beendet zu behandeln und die Vorleistungspflicht sei entfallen. Letzteres ist wiederum in Rechtsprechung und Lehre unumstritten. Dem Sinn des Gesetzes, dem Werkunternehmer als Äquivalent zu seiner Vorleistungsverpflichtung eine Sicherheit an die Hand zu geben, könne nach Abnahme damit aber nicht mehr entsprochen werden.

Auch gehe das Gesetz nur von der Rechtsfolge aus, dass der Werkunternehmer deswegen den Werklohn verlangen könne, weil er gem. § 648 a Abs. 1, Satz 1, Abs. 5, § 643, § 645 BGB den Vertrag kündigen könne, bzw. ein entsprechendes Begehren als Kündigung zu behandeln sei. Eine Kündigung eines Vertrages, der bereits durch Abnahme beendet sei, sei aber begrifflich nicht mehr denkbar.

Im Übrigen bestehe auch kein Bedürfnis zur Anwendung des § 648 a BGB nach Abnahme, weil der Unternehmer von dem Besteller vor der Abnahme ja zweifelsfrei Sicherheit verlangen könne und er es eben in Kauf nehmen müsse, dass er diese Möglichkeit nach Abnahme nicht mehr habe, wenn er die Möglichkeit vor Abnahme ungenutzt hat verstreichen lassen.

Die gegenteilige Auffassung würde zu unbilligen Ergebnissen führen, da der Werkunternehmer unter Umständen für ein mangelbehaftetes Werk den gesamten Werklohn verlangen könne. Dies würde das Insolvenzrisiko zum Nachteil des Bestellers verschieben.

Dagegen führt die herrschende Meinung vor allem ins Feld:

Der angebliche Vorrang des Gesetzeswortlautes sei nur ein scheinbarer. Es entfalle zwar grundsätzlich und dogmatisch die Vorleistungspflicht des Werkunternehmers mit der Abnahme. Jedoch bleibe eine faktische Vorleistungspflicht erhalten, da eine entsprechende Klage zur Zug um Zug-Verurteilung führe (Leistung des Werklohnes Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung) und die erfolgreiche Vollstreckung des Werklohnens voraussetze, dass die erforderliche Mängelbeseitigung nachgewiesen sei. Dies würde faktisch dazu führen, dass der Werkunternehmer mit der Mängelbeseitigung in Vorleistung treten müsse, obwohl die Vorleistungspflicht mit Abnahme des Werkes oder sonstiger Beendigung des Werkvertrages eigentlich entfallen sei.

Dies führe widersinnigerweise zu dem Ergebnis, dass die von dem Gesetz gewollte Privilegierung des Werkunternehmers durch Abnahme des Werkes in das Gegenteil verkehrt würde, und zwar ausgerechnet durch eine zu enge Auslegung einer Vorschrift, nämlich des § 648 a BGB, die ihrerseits erkennbar eine Besserstellung des Werkunternehmers anstrebe. Dies könne von dem Gesetzgeber so nicht gewollt gewesen sein.

Der Senat bejaht die Anwendung des § 648 a BGB nach Abnahme.

Zwar ist die Argumentation der gegenteiligen Auffassung von Gewicht und wird von dem Senat nicht verkannt. Letztlich ist jedoch den Argumenten der befürwortenden Meinung der Vorzug einzuräumen. Gesetzeswortlaut und Gesetzessystematik sprechen zwar scheinbar gegen die Anwendung des § 648 a BGB nach Abnahme. Dagegen scheint es geboten, sich daraus ergebende Bedenken zurückzustellen, da eine (auch nur analoge) Anwendung des § 648 a BGB dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht wird, der der Vorrang einzuräumen ist.

"Die Grundidee des Gesetzgebers zielt auf eine Verbesserung des Sicherungsbedürfnises der Bauwerkunternehmer, weil von der Sicherungsmöglichkeit des § 648 BGB in der Praxis wenig Gebrauch gemacht werde, und die nach VOB/B gegebene Möglichkeit, Abschlagszahlungen zu verlangen und bei Nichtleistung durch den Auftraggeber die Arbeiten einzustellen, ebenfalls keine ausreichende Sicherheit biete. Deshalb werde mit dem Bauhandwerkersicherungsgesetz eine möglichst einfache und flexible Lösung angestrebt, bei der im Einzelfall nicht das Baugrundstück, sondern die zum Bauen bestimmten Finanzierungsmittel als Grundlage der Sicherung dienen können" (zitiert aus Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Auflage Randziffer 315).

Ob der Gesetzgeber angesichts dieser Intention dem Zeitpunkt der Abnahme oder sonstigen Beendigung des Werkvertrages eine entscheidende Zäsurwirkung zulassen kommen wollte ist zu bezweifeln. Die Gesetzesmaterialien geben dazu nichts her. Das Sicherungsbedürfnis des Unternehmers besteht, jedenfalls vor der Abnahme für alle vertraglichen Leistungen, gleichgültig ob sie erbracht sind oder nicht, ob sie mangelbehaftet sind oder nicht und besteht insbesondere im Hinblick auf solche Leistungen die zwar erbracht aber nicht bezahlt sind, soweit der Unternehmer zur Mängelbeseitigung bereit und in der Lage ist. "Dabei ist es ohne Einfluss, dass der Besteller (zum Zeitpunkt der Kündigung des Auftragnehmers) Mängel gerügt hat (BGH, NJW 2001,822.)".

Zusammenfassend ist es Sinn der Regelung des § 648 a BGB, dem Unternehmer eine zusätzliche Sicherheit und zwar in voller Höhe des Werklohnes für seine Leistungen zu verschaffen, seien sie erbracht, seien sie nicht erbracht, seien sie mangelfrei oder mangelbehaftet, sofern nur die Gegenleistung hierfür nicht erbracht ist. Dieses ist für den Zeitpunkt vor Abnahme oder sonstiger Beendigung des Werkvertrages in Rechtsprechung und Lehre unstreitig. Würde man nun aber diese weitgehende Sicherungsmöglichkeit des Werkunternehmers lediglich auf den "frühen" Zeitraum der Verwirklichung des Werkvertrages, nämlich vom Vertragsschluss bis zur Abnahme, beschränken, hieße dies, an den wirklichen Problemen der täglichen Baupraxis vorbei zu sehen. In einem sehr frühen Stadium der Umsetzung des Bauvertrages, nämlich während oder gar vor der Bauphase, ist entweder in der Praxis der Auftraggeber häufig nicht bereit eine entsprechende Sicherheit zu geben (eine Vertragsanbahnung würde angesichts eines solchen Ansinnens des Werkunternehmers bereits scheitern) oder es besteht kein Bedürfnis zu einem solchen Sicherungsbegehren, weil es nämlich noch keinen Konflikt zwischen den Vertragsparteien gibt.

Diese Konflikte treten erfahrungsgemäß mit dem Baufortschritt auf und gipfeln regelmäßig zum Zeitpunkt der Abnahme oder Abnahmefähigkeit des Werkes. Typischerweise kommt es spätestens zum Zeitpunkt der Abnahme zur "Krise" zwischen den Vertragspartnern. Gerade weil dem so ist, wurde in der Vergangenheit kaum Gebrauch gemacht von der Möglichkeit des § 648 a BGB. Nicht zuletzt deswegen ist diese Regelung als mißglückt und "gesetzespolitisch und gesetzessystematisch verfehlt" bezeichnet worden (siehe Werner Pastor, a. a. O.). Sie war ein stumpfes Schwert.

Ihre eigentliche Bedeutung erlangt sie in der Praxis erst dann, wenn sie auch nach Abnahme bzw. Beendigung des Vertrages zur Anwendung gelangen kann, weil in der Mehrzahl aller Fälle und typischerweise zu diesem Zeitpunkt die Vertragsbeziehung erst in die "Krise" gerät. Erfahrungsgemäß und typischerweise einhergehend mit der "Krise" ist das Problem des Insolvenzrisikos eines der Vertragspartner. Dieses sollte aber auch nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zu Gunsten des Auftragnehmers der Auftraggeber tragen müssen. Im Hinblick auf das Insolvenzrisiko eines der Vertragspartner, ist der Zeitpunkt der Abnahme oder sonstiger Beendigung des Werkvertrages aber ohne jede Bedeutung. Seinen Zielen kann das Mittel des § 648 a BGB aber nur gerecht werden, wenn der Unternehmer solange und soweit er nicht bezahlt worden ist, Sicherheit verlangen kann, und zwar unabhängig davon, ob der Vertrag beendet ist (wegen Kündigung) oder dogmatisch als beendet zu behandeln ist (wegen der Abnahme).

Prozessual kann dem Sinn und Zweck des § 648 a BGB nur entsprochen werden, wenn im Prozess der Vergütungsanspruch des Auftragnehmers bei unberechtigter Verweigerung der Sicherheitsleistung als unbedingt fällig behandelt wird und zwar unabhängig davon, ob wegen der Mängel die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB, ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB, ein Minderungsrecht oder eine Aufrechnung wegen eines fälligen Gegenanspruches (z. B. wegen § 13 Nr. 7 VOB/B) geltend gemacht wird. Nur dieser "prozessuale Druck" auf den Auftraggeber verleiht dem Sicherungsbegehren in der Praxis das gehörige Gewicht. Dem widerspräche die Annahme des Bestehens von Gegenrechten (auch) in der nur einfachen Höhe des Wertes der mutmaßlichen Mängel.

Die vom Senat vertretene Auffassung führt auch nicht zu unbilligen Ergebnissen. Der Besteller/Auftraggeber ist nicht rechtsschutzlos gestellt. Letztlich bekommt er ein mängelfreies Werk. Nur im Umfang der Mangelfreiheit besteht auch ein Vergütungsanspruch. Soweit die Sicherheit verwertet wird, wird der Besteller bzw. Auftraggeber von seiner Zahlungspflicht befreit. Die Kosten der Sicherheitsleistung hat der Auftragnehmer zu tragen (§ 648 a Abs. 3 BGB).

Gegen die Auffassung des Senats sprechen auch nicht durchgreifende verfahrensökonomische Gründe. Die Gefahr eines formal zweiten Rechtstreites wegen der Mängelgewährleistungsrechte des Bestellers ist denkbar gering. Der Besteller kann diese allerdings gesondert geltend machen. Sie gehen ihm nicht verlustig. Lediglich die Verknüpfung als Gegenrecht gegen den Werklohnanspruch ist entfallen. Dabei ist der Besteller aber nicht gehalten, einen zweiten Prozess auszutragen. Regelmäßig wird er seine Rechte im Wege der Widerklage geltend machen können. Diese Möglichkeit führt aber gleichwohl nicht den für erforderlich gehaltenen "prozessualen Druck" der Werklohnklage ad absurdum. Für den Fall, dass der Auftraggeber seine Rechte im Wege der Widerklage geltend macht (z. B. durch eine Mängelbeseitigungsklage) kann das Streitgericht der Situation durch die Möglichkeit des Erlasses eines Teilurteiles gem. § 301 ZPO regelmäßig gerecht werden.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

Die Beklagten machen lediglich einen Anspruch gem. § 13 Nr. 7 VOB/B (in der Form des Vorschussanspruchs) aufrechnungsweise geltend. Ein solcher besteht jedenfalls derzeit nicht, da die Klägerin durch die unberechtigte Verweigerung der Sicherheitsleistung von ihrem Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Mängelbeseitigung Gebrauch machen durfte. Dieses Zurückbehaltungsrecht ist nicht etwa deshalb entfallen, weil die Beklagten ihrerseits die Mängelbeseitigung ablehnen, da insoweit dem Zurückbehaltungsrecht der Klägerin gegenüber den Rechten der Beklagten der Vorrang einzuräumen ist (ebenso wie hier für den Fall der Konkurrenz zwischen § 648 a BGB und §320 BGB, OLG Stuttgart, vom 30.10.2000, a. a. O.).

Letzlich bekommen die Beklagten ein mängelfreies Werk. Sie sind überdies durch die von der Klägerin hingegebene Gewährleistungsbürgschaft zusätzlich abgesichert.

Die Berufung war somit zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 546 Abs. 2 Satz 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision gemäß § 546 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 ZPO zugelassen.

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die Frage der Anwendung des § 648 a BGB nach Abnahme ist klärungsbedürftig und bislang höchstrichterlich nicht entschieden. Die Auswirkung der Rechtsfrage erschöpft sich nicht lediglich in der Regelung der Beziehungen zwischen den Parteien sondern hat allgemeine Bedeutung für ein Vielzahl gleicher oder ähnlich gelagerter Fälle. Zudem ist die oberlandesgerichtliche Rechtsprechung uneinheitlich. Eine höchstrichterliche Entscheidung dient der Fortbildung aktuellen Rechts und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu einem Bundesgesetz.

Ende der Entscheidung

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