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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.07.2008
Aktenzeichen: 1 UF 141/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 151 S. 1 | |
BGB § 1613 Abs. 1 | |
ZPO § 114 |
2. Die Annahme einer Abtretung ist konkludent darin zu sehen, dass die Klägerin die Abtretungserklärung im Termin vom 18.05.2007 zu den Gerichtsakten gereicht und damit gegenüber dem Beklagten als Gläubiger angezeigt hat.
3. Die zwischen den Eltern verabredete Freistellung von Unterhaltsansprüchen stellt eine Erfüllungsübernahme dar.
4. Die Erfüllungsübernahme begründet für den Schuldner einen Befreiungsanspruch, den der Beklagte der Klägerin entgegen halten kann.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss
In der Familiensache
hat der 1. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Parteina, Richterin am Oberlandesgericht Martin und Richter am Oberlandesgericht Knöchel
am 03.07.2008
beschlossen:
Tenor:
Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe für die Rechtsverfolgung in der Berufungsinstanz verweigert.
Gründe:
I.
Die Parteien waren verheiratet. Aus ihrer Ehe ist das (volljährige Kind) M. O., geboren am 06.12.1988, hervorgegangen.
Die Parteien haben am 27.04.2004 eine handschriftliche Vereinbarung geschlossen. Der Beklagte hat sich in Ziffer 1. verpflichtet, der Kindesmutter die in seinem Anwesen angemieteten Praxisräume für die von der Klägerin betriebene Praxis für Physiotherapie für mindestens fünf Jahre ab dem 01.05.2004 mietfrei zur Verfügung zu stellen. In Ziffer 4 wurde vereinbart, dass die Klägerin hierfür auf Kindesunterhalt für die gemeinsamen Kinder C. und M. verzichtet und das staatliche Kindergeld erhält.
Mit der am 22.12.2006 bei Gericht eingereichten Klageschrift hat das Kind M. O., gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter, den Beklagten auf Kindesunterhalt für den Zeitraum Mai 2004 bis Dezember 2006 in Höhe von 7012,81 € in Anspruch genommen.
Mit Schriftsatz vom 10.04.2007 hat die Kindesmutter erklärt, sie klage in Prozessstandschaft für das Kind M..
Das Kind M. O. hat mit Erklärung vom 07.05.2007, überreicht von der Klägerin im Termin vom 18.05.2007, seine Unterhaltsforderungen gegen den Beklagten in Höhe von 269,- €/Monat für den Zeitraum Mai 2004 bis August 2005 und in Höhe von 208,37 € für den Zeitraum September 2005 bis Dezember 2006 an die Klägerin abgetreten.
Das Kind M. O. hat mit Erklärung vom 02.06.2007, übereicht mit Schriftsatz des Beklagten vom 08.06.2007, die Abtretungserklärung schriftlich widerrufen.
Die Klägerin hat vorgetragen, ein Verzicht auf Kindesunterhalt sei jedoch gesetzlich nicht möglich.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr gemeinsamer Sohn M. habe den Abtretungsvertrag nicht widerrufen können, weil es sich um eine vertragliche Vereinbarung gehandelt habe, die nur durch Vertrag abgeändert oder aufgehoben werden könne.
Sie stütze ihren Anspruch auch vorsorglich auf den ihr zustehenden familiengerichtlichen Ausgleichsanspruch.
Nach Aufnahme einer Lehrausbildung durch das Kind M. sei der Beklagte durch Schreiben vom 10.10.2006 zur Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert worden. Der Beklagte sei weder bereit, rückständigen noch laufenden Kindesunterhalt zu zahlen.
M. habe ein Lehrlingsentgelt in Höhe von 285,- € erhalten. Abzüglich der monatlichen Aufwendungen in Höhe von 75,- € (Hefte, Bücher, Kopiergeld Schule 5,- €, Essensgeld 15,- €, Internetanschluss 25,- €, Telefonkarte 15,- €, Kleidung 15,- €) und abzüglich Fahrgeld in Höhe von 88,73 € verblieben 121,27 € : 2 = 60,63 €. Rechne man diesen Betrag auf den Unterhaltsanspruch für M. an, so verbleibe ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 208,37 €, der ab Oktober 2005 zu leisten sei.
Die Klägerin habe das Kind M. mit dem Pkw zur Schule und zur Montage gefahren. Es seien insgesamt Fahrtkosten in Höhe von (440 km + 880 km = ) 1320 km à 0,25 km = 330,- € angefallen.
Während der Trennung der Parteien hätten mündliche Abreden zur weiteren gemeinsamen Nutzung der Ehewohnung, der Praxisräume etc. bestanden. Nachdem eine gemeinsame Nutzung der Ehewohnung trotz Trennung nicht mehr tragbar gewesen sei, habe der Beklagte seiner Ehefrau eine Wohnung mietfrei im Anbau des Wohngrundstückes bis zur Scheidung zur Verfügung gestellt, was er jedoch per 29.11.2005 gekündigt und gerichtlich eingeklagt habe. Im Verfahren vor dem Landgericht Gera, Az. 6 O 1077/06 sei die Ehefrau zur Zahlung von Mietzins ab März 2006 für die von ihr und den gemeinsamen Kindern bewohnte Wohnung verurteilt worden.
Die Vereinbarung habe im Zusammenhang mit der dann strittig gewordenen Ehewohnung gestanden. Der Beklagte habe sich nicht an diese gütlichen Vereinbarungen gehalten und somit dem Moment Wirksamkeit gegeben, Unterhalt leisten zu müssen.
Da dem Beklagten bewusst gewesen sei, dass die Ehefrau im Ort keine anderweitigen Räume, die zum Führen einer Massagepraxis geeignet seien, finden könne, sei die Vereinbarung geschlossen worden. Der Beklagte habe sich durch die Klage auf Zahlung von Nutzungsentgelt für die Wohnung und nunmehriger Kündigung der Praxisräume selbst aus der Vereinbarung gelöst, so dass er unterhaltspflichtig für diesen Zeitraum sei.
Unterhalt für die Vergangenheit könne verlangt werden, da die Inverzugsetzung für den Unterhalt ab Beginn der sogenannten "Vereinbarung vom 27.04.2004", spätestens ab dem 01.05.2004, bekannt gewesen sei.
Mit Schriftsatz vom 23.02.2006, S. 2 zu dem Az. Amtsgericht Greiz, 1 C 25/06, übersandt, sei im letzten Absatz eine Aufrechnungsforderung gegenüber dem Beklagten erklärt worden: "Da die Vereinbarung der Parteien nicht rechtwirksam ist, da es gesetzlich nicht möglich ist, auf Kindesunterhalt zu verzichten, steht gegenwärtig seit dem 27.04.2005 eine Zahlungsaufforderung in gesamter Höhe von 3290,- € (10 x 329,- € vom 01.05.2005 bis 28.02.2006) offen. Diese Forderung wird im Rahmen des derzeitig hier laufenden Verfahrens zur Verrechnung gestellt. Eine Aufrechnung bleibt vorbehalten".
Damit sei seit dem 23.02.2006, zumindest seit Ende Februar, dem Beklagten der Verzug bekannt.
Weiterhin habe die Klägerin sich an die Vereinbarung gehalten, da sie fünf Jahre mietfreie Praxis und bis zur Scheidung mietfreie Wohnung habe und dafür keine Unterhaltsforderungen stelle. Nach Kündigung der Wohnung sei auf Unterhalt geklagt worden.
Die weiteren Verzugsschreiben vom 12.07.2006 und 01.11.2006 hätten nur der Bestätigung des tatsächlichen Vorgangs gedient.
Es werde rückständiger Kindesunterhalt für den Zeitraum Mai 2004 bis August 2005 in Höhe von 269,- €/Monat und 208,37 € ab September 2005 bis November 2006 gefordert.
Sie hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen zu Händen der Kindesmutter, als gesetzliche Vertreterin des Kindes M.,
1. für den Zeitraum Mai 2004 bis August 2005 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 269,- €, somit 4304,- €,
2. für die Monate September 2005 bis November 2006 in Höhe von 208,37 €/Monat, insgesamt 3125,55 € zu zahlen
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin habe ihn ausdrücklich mit der Vereinbarung vom 27.04.2004 von der Zahlung von Kindesunterhalt für M. freigestellt. Die Gegenleistung habe darin bestanden, dass die Klägeirn wiederum für fünf Jahre ab dem 01.05.2004 die innegehaltenen Praxisräume, die sich im Gebäude des Beklagten befinden, kaltmietfrei nutzen könne. Für eine solche Freistellungsvereinbarung spreche die Dauer des mietfrei genutzten Zeitraumes, bis dahin sollte die Berufsausbildung der Kinder abgeschlossen sein.
Die genutzte Ehewohnung sei von der Freistellungsvereinbarung nicht umfasst gewesen; Bestandteil der Vereinbarung seien lediglich die Gewerberäume der Klägerin gewesen.
Die Klägerin habe von November 2005 bis April 2006 gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten mietfrei im Anwesen des Beklagten, ... in T. und seit Mai 2006 bis jetzt in L. gewohnt.
Die Klägerin könne keinen Unterhalt für die Vergangenheit verlangen. Die Inverzugsetzung zur Auskunft oder Zahlung sei erstmals mit Schreiben vom 12.07.2006 erfolgt. Zurückliegende Zeiträume seien nicht in Verzug gesetzt, nicht geltend gemacht worden und damit für die Vergangenheit nicht mehr einforderbar.
Soweit die Klägerin für M. mit Wirkung vom 12.07.2006 257,17 € und damit mehr als 127,- € monatlich fordere, sei eine solche Unterhaltsforderung der Höhe nach nicht berechtigt. Ausgehend von einem Unterhaltsbedarf von 269,- € und einem erzielten hälftig anrechenbaren Lehrlingsentgelt von 285,- € ergebe sich ein Unterhaltsbedarf von 126,50 €, aufgerundet 127,- €.
Auch seien sämtliche Unterhaltsansprüche verwirkt.
Sämtliche abgesetzten Positionen bei den Unterhaltsansprüchen (Hefte, Bücher, Kopiergeld, Essensgeld, Internetanschluss, Telefonkarte, Kleidung und Fahrgeld) würden bestritten.
Die Fahrtkosten seien in dieser Höhe nicht angefallen, da der Kläger entweder mit seinem Motorrad gefahren sei; hierfür habe er die Führerscheinprüfung gemacht. Hinsichtlich der Fahrten nach G. habe der Kläger eine Fahrgemeinschaft in Anspruch genommen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Mit Eintritt der Volljährigkeit sei das Kind Partei auf Klägerseite geworden.
Die Klägerin mache nunmehr aber nicht ein fremdes Recht (die Unterhaltsforderung des Kindes) im eigenen Namen geltend, sondern klage vielmehr aus abgetretenem, nunmehr aus eigenem Recht. Dies sei aber nun eine Frage der Aktivlegitimation und damit der Begründetheit. Stehe die eingeklagte Forderung nicht dem Kläger, sondern einem Dritten zu, werde die Klage wegen mangelnder Aktivlegitimation des Klägers als unbegründet abgewiesen; so verhalte es sich hier.
Die Klage sei unbegründet. Der Klägerin stehe ein Anspruch nicht gemäß §§ 1601 ff., 398 BGB i. V. m. einem Abtretungsvertrag zu. Ein wirksamer Abtretungsvertrag sei zu keinem Zeitpunkt zustande gekommen. Das Schriftstück vom 07.05.2007, in dem M. O. erklärt habe, er trete seine Kindesunterhaltsforderungen gegen seinen Vater an die Klägerin ab, stelle keinen wirksamen Abtretungsvertrag dar. Die Urkunde sei nur von M. O., nicht von der Klägerin unterschrieben worden.
Ein wirksamer Abtretungsvertrag zwischen der Klägerin und M. O. sei auch zu keinem späteren Zeitpunkt und auch nicht stillschweigend zustande gekommen. In der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2007 habe die Klägerin selbst diesbezüglich keine Äußerungen gemacht, aus ihrem Verhalten sei nicht zu schließen gewesen, ob sie die angebotene Übertragung der Forderungen auf sich annehmen wolle. Ihrem Verhalten in der mündlichen Verhandlung sei keinerlei Erklärungsbedeutung zugekommen. Auch der Schriftsatz des Klägervertreters vom 10.07.2008 enthalte keine derartige Annahmeerklärung. Hier werde im ersten Absatz lediglich ausgeführt, dass die Abtretung ein zweiseitiger Vertrag sei, der nicht einseitig widerrufen werden könne; ob und wann konkret eine Annahme erfolgte bzw. ein Abtretungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Sohn geschlossen worden sei, werde damit gerade nicht vorgetragen.
Auch zu keinem späteren Zeitpunkt liege ein Verhalten der Klägerin, das als stillschweigende Annahme des Angebots ihres Sohnes auf Übertragung der Forderung auf sie erkennbar sei. Das Schweigen als solches stelle aber keine Willenserklärung und damit auch keine Annahmeerklärung dar. Nach alle dem sei die Klägerin nicht Inhaberin der Unterhaltsforderung ihres Sohnes gegen den Beklagten geworden.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
Sie trägt vor, der Schriftsatz vom 15.08.2007 werde zum Kern der Berufungsbegründung gemacht und auf diesen sich ausdrücklich bezogen. Mit Schreiben vom 23.02.2006 sei eine Aufrechnungsforderung gegen den Beklagten gestellt worden.
Weiter werde der Schriftsatz vom 10.07.2007 ausdrücklich zum Inhalt der Berufungsbegründung gemacht, dass insbesondere die Abtretung nicht einseitig widerrufen werden könne.
Es bestehe hier im Verfahren ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch, wenn das volljährige Kind den Prozess nicht fortführe. Da der Prozess sich nur mit dem Unterhalt bis zur Volljährigkeit des Kindes beschäftige, besitze die Klägerin diesen Anspruch nach wie vor und im Rahmen des familienrechtlichen Ausgleichsanspruches.
Des weiteren sei in I. Instanz der Hinweis erfolgt, dass die Verwirkung wegen illoyaler Rechtsausübung unter keinen Umständen vor einer verstrichenen Frist als Zeitmoment von einem Jahr eintreten könne.
Ebenfalls sei in diesem Schriftsatz auf das dafür notwendige Umstandsmoment hingewiesen worden. Die entsprechenden Tatsachen, die der Beklagte hätte vorbringen können, sei nicht ansatzweise ersichtlich. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass seit dem 27.04.2004 aus den Unterlagen der Akte hervorgehe, dem Beklagten sei bewusst gewesen, dass er für das zum damaligen Zeitpunkt minderjährige Kind M. barunterhaltspflichtig sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des am 14.03.2008 verkündeten Urteils des Amtsgericht Greiz (AZ. 1 F 349/06) zu verurteilen, an sie,
1. rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum Mai 2004 bis August 2005 in Höhe von monatlich 269,- €, somit 4304,- € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
2. Unterhalt für die Monate September 2005 bis Dezember 2006 in Höhe von 208,37 €/Monat, somit insgesamt 2708,31 € zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die von der Klägerin angeführte Aufrechnungserklärung im Schriftsatz vom 23.02.2006 sei nicht geeignet gewesen, den Beklagten wirksam in Verzug zu setzen. Wirkung einer Aufrechnungserklärung sei es, sich deckende Forderungen zum Erlöschen zu bringen und zwar in dem Moment, in dem sie sich zur Aufrechnung geeignet gegenübertreten.
Somit sei der Beklagte erst durch Schreiben der Klägerin vom 12.07.2006 in Verzug gesetzt worden. Gemäß § 1613 Abs. 1 BGB sei die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit erst ab diesem Zeitpunkt zulässig. Somit seien alle Forderungen, die die Klägerseite vor diesem Zeitpunkt geltend gemacht habe, unbegründet.
Auch die Vereinbarung vom 27.04.2004 ändere hieran nichts. Gerade aufgrund dieser Freistellungsvereinbarung habe der Beklagte davon ausgehen dürfen, dass er nicht mit Unterhaltsforderungen der Klägerin zu rechnen brauche. Einen Verzug des Beklagten vermöge diese Vereinbarung nicht zu begründen.
Vielmehr sei unter Zugrundelegung der Tatsache, dass die Klägerin Unterhaltsansprüche erst über zwei Jahre nach dieser Vereinbarung geltend mache, von einer Verwirkung ihrer Ansprüche gemäß § 242 BGB auszugehen. Der Beklagte durfte nach Verstreichen lassen eines so langen Zeitraumes darauf vertrauen, dass gegen ihn keine Unterhaltsansprüche seitens der Klägerin mehr geltend gemacht werden.
Somit dürften auch die Ansprüche der Klägerin für den Zeitraum September 2005 bis Dezember 2006 verwirkt sein. Dafür spreche hier insbesondere das Umstandsmoment. Der Beklagte habe aufgrund der Vereinbarung vom 27.04.2004 darauf vertrauen dürfen, nicht von der Klägerin in Anspruch genommen zu werden. Auch habe er seinerseits alles Erforderliche getan, um seine Verpflichtungen aus der Vereinbarung zu erfüllen. Dass ihn die Klägerin nun trotzdem in Anspruch nehme, könne schon als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB bezeichnet werden. Hätte der Beklagte mit seiner Inanspruchnahme rechnen müssen, hätte er seine Lebensumstände darauf einrichten können und somit Vorkehrungen treffen können, um seine Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen. Durch die nachträgliche Geltendmachung von Unterhaltsforderungen in nicht unbeträchtlicher Höhe durch die Klägerin werde der Beklagte nun unbillig belastet.
Im übrigen seien die Forderungen der Höhe nach nicht berechtigt. Ausgehend von einem Unterhaltsbedarf in Höhe von 269,- € und einem erzielten Lehrlingsentgelt von 285,- €, welches hälftig anzurechnen sei, ergebe sich ein zu zahlender Unterhalt in Höhe von 126,50 €. Die von der Klägerseite in Abzug gebrachten Aufwendungen seien nicht belegt und würden bestritten. Sie seien deshalb nicht in Abzug zu bringen. Das sei erstinstanzlich so vorgetragen worden.
Der Sohn der Klägerin sei berechtigt gewesen, die Abtretungserklärung zu widerrufen, da die Klägerin die Abtretung nicht angenommen habe. Die Voraussetzungen eines familiengerichtlichen Ausgleichsanspruches habe die Klägerin nicht dargetan.
II.
Der Klägerin war Prozesskostenhilfe zu verweigern, da ihre Berufung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 ZPO).
Die Klägerin stützt ihre Klage sowohl auf ihren familiengerichtlichen Ausgleichsanspruch als auch auf einen Anspruch auf Kindesunterhalt aus abgetretenem Recht bis zur Volljährigkeit des Kindes.
Nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1984, 775 ff.; 1994, 1102) hat ein Elternteil, der allein für den Kindesunterhalt eines gemeinsamen ehelichen Kindes aufkommt, einen Ersatzanspruch gegen den anderen Elternteil, der als familienrechtlicher Ausgleichsanspruch bezeichnet wird. Der Anspruch ergibt sich aus der gemeinsamen Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber den Kindern und der Notwendigkeit, die Unterhaltslast im Innenverhältnis zwischen den Eltern entsprechend ihrem Leistungsvermögen zu verteilen. Bei diesem Erstattungsanspruch handelt es sich wegen der anteiligen Haftung nach § 1606 Abs. 3 BGB um eine eigene sich unmittelbar aus der gemeinsamen Unterhaltslast ergebende Verpflichtung.
Der familienrechtliche Ausgleichsanspruch hat zwei Voraussetzungen:
Der den Unterhalt leistende Elternteil hat mit seiner Leistung im Innenverhältnis eine auch dem anderen Elternteil obliegende Verpflichtung erfüllt und die Unterhaltsleistung wurde in der Absicht erbracht, vom anderen Elternteil Ersatz zu verlangen (entsprechend § 1360b BGB).
Da der familienrechtliche Ausgleichsanspruch voraussetzt, dass ein Elternteil den Kindesunterhalt erbringt, um eine ihm gegenüber dem anderen Elternteil obliegende Verpflichtung zu erfüllen oder in der Absicht, von dem anderen Elternteil Ersatz zu verlangen, ist für den Ausgleichsanspruch kein Raum mehr, wenn ein Elternteil den Kindesunterhalt aufgrund einer Freistellungsvereinbarung erbringt.
Die Parteien haben am 27.04.2004 eine solche Freistellungsvereinbarung geschlossen. Gegenstand der Freistellungsvereinbarung war, dass die Klägerin die Praxisräume ab dem 01.05.2004 für 5 Jahre mietfrei nutzen konnte (Ziffer 1). Aus dem Anwaltsschreiben der Klägerin vom 12.07.2006 ergibt sich, dass seitens der Klägerin auch weiter die Absicht bestand, die Praxis bis zu dem Ablauf mietfrei zu nutzen und anschließend aufzugeben. Die eheliche Wohnung war nicht Gegenstand der Freistellungsvereinbarung.
Für eine Freistellungsvereinbarung gelten die allgemeinen Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage; der Wegfall der Geschäftsgrundlage kann unter dem Gesichtspunkt der nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu beurteilenden Anpassung an veränderte Verhältnisse zur Feststellung des Erlöschens des Freistellungsanspruches führen (OLG Köln, NJW-RR 1995, 1474, 1475).
Die Voraussetzungen der Freistellungsvereinbarung liegen aber ausweislich des Vortrages der Parteien für den Zeitraum, für den Unterhalt geltend gemacht wurde, vor. Die Parteien haben sich im Termin vom 02.11.2006 vor dem Landgericht Gera (Az. 6 O 1077/06) verglichen. Die Klägerin hat sich insoweit verpflichtet, die von ihr innegehaltene Wohnung bis zum 30.06.2007 zu räumen (Ziffer 1 des Vergleichs) und ab dem 01.03.2006 eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 203,- € monatlich zu zahlen (Ziffer 2).
Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Klägerin die streitgegenständlichen Praxisräume während des hier zu beurteilenden Unterhaltszeitraumes bis Dezember 2006 genutzt hat, so dass die Geschäftsgrundlage der Freistellungsvereinbarung fortbestanden hat.
Auch besteht der familienrechtliche Ausgleichsanspruch für die Vergangenheit aus dem Gedanken des Schuldnerschutzes nur in den Grenzen des § 1613 Abs. 1 BGB, also nur bei Rechtshängigkeit, Verzug oder Auskunftsbegehren (BGH, FamRZ 1984, 775, 776; 1988, 834 f.). Der Beklagte ist erstmals mit Anwaltsschreiben vom 12.07.2006 zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts in Höhe von 257,17 € aufgefordert worden, so dass eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten für den Zeitraum 01.05.2004 bis zum 30.06.2006 bereits mangels Verzuges ausscheidet.
Unterhalt wird ab dem Monatsersten, in den das bezeichnete Ereignis fällt, geschuldet (§ 1613 Abs. 1 S. 2 BGB).
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der "Freistellungsvereinbarung" nicht um einen unwirksamen Unterhaltsverzicht für die Zukunft. Auf Kindesunterhalt kann für die Zukunft nach § 1614 BGB nicht verzichtet werden, auch nicht teilweise (BGH, FamRZ 1984, 997, 999).
Von dem Unterhaltsverzicht zu unterscheiden sind Unterhaltsvereinbarungen über die Freistellung eines Elternteils durch den anderen. Derartige Vereinbarungen sind zulässig. Sie beinhalten lediglich, dass sich ein Elternteil gegenüber dem anderen verpflichtet, den gesamten Unterhalt für das Kind allein zu bezahlen. Das Kind ist hieran nicht gebunden und kann trotzdem den Kindesunterhalt einklagen (OLG Stuttgart, FamRZ 2006, 866).
Die Klägerin stützt ihre Forderung weiterhin auf einen Anspruch des Kindes auf Unterhalt aus abgetretenem Recht.
Entgegen der Aufassung des Amtsgerichts ist zwischen der Klägerin und dem Kind M. ein Abtretungsvertrag gemäß §§ 1601 ff. BGB i.V.m. § 398 BGB zustande gekommen. Zwar hat nur das Kind M. O. die Abtretung vom 07.05.2007 unterschrieben.
Die Abtretung ist grundsätzlich formfrei. Eine Annahme der Abtretung ist konkludent darin zu sehen, dass die Klägerin die Abtretungserklärung im Termin vom 18.05.2007 zu den Gerichtsakten gereicht und damit gegenüber dem Beklagten als Gläubiger angezeigt hat
Nach der Vorschrift des § 151 Satz 1 BGB kommt ein Vertrag durch die Annahme des Antrages zustande, ohne dass die Annahme gegenüber dem Antragenden erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie ausdrücklich oder stillschweigend verzichtet hat. Eine derartige Verkehrssitte besteht - nach dem Vorbild des § 516 Abs. 2 BGB - im allgemeinen bei unentgeltlichen Zuwendungen und für den Antragsempfänger lediglich vorteilhaften Rechtsgeschäften. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist daher etwa für die Annahme eines selbständigen Garantieversprechens (BGHZ 104, 82, 85 m.w.Nachw.), eines Schuldbeitritts (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1993, WM 1994, 303, 305 f.) oder einer Bürgschaft (BGH, Urteil vom 6. Mai 1997, WM 1997, 1242) eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung gegenüber dem Antragenden nicht erforderlich. Für das mit einem abstrakten Schuldanerkenntnis verbundene Angebot zur Abtretung einer Forderung kann nichts anderes gelten (BGH, NJW 2000, 276 ff.).
Allerdings bedarf es für das Zustandekommen des Vertrages auch in den Fällen des § 151 Satz 1 BGB der Annahme, d.h. eines als Willensbetätigung zu wertenden, nach außen hervortretenden Verhaltens des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt (BGHZ 74, 352, 356; 111, 97, 101; BGH, Urteil vom 6. Mai 1997, aaO m.w.Nachw.). In welchen Handlungen eine ausreichende Betätigung des Annahmewillens zu finden ist, kann grundsätzlich nur in Würdigung des konkreten Einzelfalles entschieden werden. Dabei ist mangels Empfangsbedürftigkeit der Willensbetätigung nicht auf den Empfängerhorizont (§ 157 BGB), sondern darauf abzustellen, ob das Verhalten des Angebotsadressaten vom Standpunkt eines unbeteiligten objektiven Dritten aufgrund aller äußeren Indizien auf einen "wirklichen Annahmewillen" (§ 133 BGB) schließen lässt (BGH, NJW 2000, 276 ff). Ein solcher Schluss ist entsprechend den Regelungen des § 516 Abs. 2 BGB gewöhnlich gerechtfertigt, wenn der Erklärungsempfänger das für ihn lediglich vorteilhafte Angebot nicht durch eine nach außen erkennbare Willensäußerung abgelehnt hat. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Abtretungserklärung im Termin vom 18.05.2007 zu den Gerichtsakten gereicht und damit gegenüber dem Beklagten als Gläubiger angezeigt hat
Tritt das volljährige Kind seinen Unterhaltsanspruch an den Elternteil, der den Barunterhalt bestritten hat, ab , so gilt das Abtretungsverbot nach § 400 BGB, § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht (Gießler, FamRZ 1994, 9800, 805).
Ein einseitiger Widerruf der erfolgten Abtretung durch das Kind M. an die Klägerin ist rechtlich nicht möglich, da es sich um einen Vertrag handelt. Die Voraussetzungen eines gesetzlichen oder vertraglichen Rücktrittsrechts sind nicht dargetan.
Aber auch für den Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht gilt, dass es für den Zeitraum bis zur Auskunftsaufforderung (Schreiben vom 12.07.2006) zum 01.07.2006 an einer Inverzugsetzung fehlt.
Eine Inverzugsetzung ist nicht in dem Schriftsatz vom 23.02.2006 zu sehen, da es insoweit an einer konkreten Leistungsaufforderung hinsichtlich der Höhe und des Leistungsbeginns fehlt. Im Mahnschreiben müssen genaue Angaben enthalten sein, warum, ab wann und in welcher Höhe Unterhalt zu zahlen ist (BGH, FamRZ 1984, 163).
In dem Schriftsatz heißt es: "Da die Vereinbarung der Parteien nicht rechtswirksam ist, da es gesetzlich nicht möglich ist, auf Kindesunterhalt zu verzichten, steht gegenwärtig seit dem 27.04.2005 eine Zahlungsaufforderung in gesamter Höhe von 3290,- € (10 x 329,- € ab 01.05.2005 bis 28.02.2006) offen. Es fehlt damit an einer konkreten Zahlungsaufforderung für die Zukunft.
Für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis 31.12.2006 hat der Beklagte eine Lehrlingsvergütung in Höhe von 285,- € erhalten. Rechnet man diese hälftig auf den von ihm geltend gemachten Unterhaltsanspruch an, so verbleibt ein offener Bedarf in Höhe von (269,- € - 142,50 € = ) 126,50 €, aufgerundet 127,- €. Die von der Klägerin angeführten ausbildungsbedingten Aufwendungen des Kindes M. hat der Beklagte bestritten; die Klägerin hat insoweit keinen Beweis angetreten.
Somit hätte die Klage in Höhe von (6 x 127,- € = ) 762,- € Aussicht auf Erfolg.
Die Klageverfolgung ist aber insoweit mutwillig (§ 114 ZPO). Die zwischen den Eltern verabredete Freistellung von Unterhaltsansprüchen gemeinschaftlicher Kinder ist vielmehr eine Erfüllungsübernahme, mit der der vom Kind in Anspruch genommene Elternteil vom anderen verlangen kann, dass dieser den Anspruch des Kindes befriedigt (Hoppenz/Hülsmann, Familiensachen, 8. Auflage, § 1616, Rdnr. 4; BGH, FamRZ 1986, 444).
Die Erfüllungsübernahme begründet für den Schuldner einen Befreiungsanspruch, den der Beklagte der Klägerin entgegen halten kann (dolo agit, qui petit, quod statim reddituris est, vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 242, 52).
Ende der Entscheidung
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