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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.01.2001
Aktenzeichen: 1 UF 154/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 261 II
ZPO § 263
ZPO § 51
Rechtliche Grundlage: ZPO §§ 261 II, 263, 51

1. Eine Änderung in der Person der Prozeßparteien liegt in einem Wechsel zwischen gsetzlichem Vertreter und Vertretenem.

2. Zwar ist es beim Klägerwechsel Sache des neuen Klägers, dem Beklagten einen Schriftsatz mit der Eintrittserklärung zustellen zu lassen, wobei eine Bezugnahme auf die urspürngliche, dem Beklagten ja bekannte Klageschrift genügt und ein Hinweis auf den diesem ebenfalls bekannten Verfahrensablauf sich erübrigt. Wenn der neue Kläger im Termin aber von selbst auftritt und seinen Antrag verliest oder zu Protokoll erklärt, genügt dies ebenfalls. Einer besonderen Ladung des Beklagten zur Verhandlung mit dem neuen Kläger in dem ohnedies bestimmten Termin bedarf es nicht.

3. Der zulässige Parteiwechsel beendet das Prozeßrechtsverhältnis mit dem bisherigen Kläger; die Rechtshängigkeit der Klage ihm gegenüber erlischt "ex nunc". Für die neue Partei tritt die Rechtshängigkeit der Klage bereits in der neuen mündlichen Verhandlung ein.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES! URTEIL

1 UF 154/00 2 F 45/99 AG Meiningen Stark, JOS`in

verkündet am 25.01.2001

als Urkundsbeamtin der Geschäftstelle

In der Familiensache - Kläger und Berufungskläger- Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt O gegen - Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt L

hat der 1. Senat für Familiensachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dünisch, Richterin am Oberlandesgericht Martin und Richterin am Amtsgericht Bade auf die mündliche Verhandlung vom 21.12.2000

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Meiningen vom 21.03.2000 - 2 F 45/99 - wird aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Meiningen zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, sie ist vor allem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache dahin Erfolg, daß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen war (§ 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Das Verfahren des Amtsgerichts leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel. Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Zulässigkeit der Klage verneint. Der Zulässigkeit steht die fehlende Prozeßführungsbefugnis des Klägers nicht entgegen (§ 51 ZPO). In Abweichung von dem Amtsgericht ist davon auszugehen, daß im Termin vom 07.12.1999 eine wirksame Klageänderung (subjektiver Parteiwechsel) stattgefunden hat. Der Kläger hat zunächst seinen Unterhaltsanspruch im eigenen Namen, gesetzlich vertreten durch seinen Vater, eingeklagt (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB). Erst nach Hinweis des Gerichts auf § 1629 Abs. 2 BGB hat der Kindesvater im Termin vom 22.06.1999 den Unterhaltsanspruch seines Sohnes im eigenem Namen geltend gemacht. Auf weitere Verfügung des Gerichts vom 05.10.1999, der Kindesvater habe den Unterhaltsanspruch im Namen des Kindes geltend zu machen, erfolgte im Termin vom 07.12.1999 eine erneute Parteiänderung entsprechend der ursprünglichen Klageschrift. Eine Änderung in der Person der Prozeßparteien liegt in einem Wechsel zwischen gesetzlichem Vertreter und Vertretenem (Zöller/Greger, ZPO, 22. Auflage, § 263, Rdnr. 9). Während der Kindesvater den Unterhaltsanspruch bisher im eigenen Namen geltend gemacht, tritt nunmehr wiederum das Kind, gesetzlich vertreten durch den Kindesvater auf. Das Kind, vertreten durch den Kindesvater, hat im Termin die Klage anstelle des bisherigen Klägers (Kindesvater) übernommen. Die Klageänderung ist auch rechtshängig geworden. Zwar ist es beim Klägerwechsel Sache des neuen Klägers, dem Beklagten einen Schriftsatz mit der Eintrittserklärung zustellen zu lassen, wobei eine Bezugnahme auf die ursprüngliche, dem Beklagten ja bekannte Klageschrift genügt und ein Hinweis auf den diesem ebenfalls bekannten Verfahrensablauf sich erübrigt. Wenn der neue Kläger im Termin von selbst auftritt und seinen Antrag verliest oder zu Protokoll erklärt, genügt dies ebenfalls. Einer besonderen Ladung des Beklagten zur Verhandlung mit dem neuen Kläger in dem ohnedies bestimmten Termin bedarf es nicht (Stein / Jonas / Schumann, ZPO, 21. Auflage, § 264, Rdnr. 107; Musielak, ZPO, § 263, Rdnr. 9, Münchener Kommentar - Lüke, § 263, Rdnr. 94). Es reicht daher aus, daß der neue Kläger im Termin vom 07.12.1999 aufgetreten ist und zur Sache verhandelt hat. Die Klageänderung ist auch zulässig. Zwar hat die Beklagte dem Parteiwechsel nicht zugestimmt. Die Zustimmung der Beklagten ist an sich erforderlich, weil der bisherige Kläger, nachdem bereits eine mündliche Verhandlung am 22.06.1999 stattgefunden hat, seinen Austritt aus dem Rechtsstreit erklärt hat. Die Beklagte kann aber ihre Zustimmung nicht aus Rechtsmißbrauch verweigern. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1996, 2799) kann die Zustimmung des Beklagten wegen Sachdienlichkeit ersetzt werden. Diese ist vorliegend zu bejahen. Es handelt sich um einen Unterhaltsanspruch des Kindes, der zunächst von dem Vater und nach der Parteiänderung von dem Kind, vertreten durch den Vater als gesetzlichen Vertreter, geltend gemacht wird. Der bisherige Streitstoff bildet somit eine verwertbare Entscheidungsgrundlage und die Zulassung fördert die endgültige Beilegung des Streits und vermeidet einen neuen Prozeß (vgl. BGH, NJW - RR 1987, 58). Der Kindesvater ist als Kläger aus dem Verfahren ausgeschieden. Der zulässige Parteiwechsel beendet das Prozeßrechtsverhältnis mit dem bisherigen Kläger; die Rechtshängigkeit der Klage ihm gegenüber erlischt ohne gerichtliche Entscheidung "ex nunc". Für die neue Partei tritt die Rechtshängigkiet der Klage bereits in der neuen mündlichen Verhandlung ein (, § 261 Abs. 2 ZPO, vgl. Münchener Kommentar - Lüke, a.a.O., § 263, Rdnr. 94). Das Amtsgericht Meiningen war auch im Zeitpunkt der Parteiänderung am 07.12.1999 weiterhin örtlich zuständig, da der Kläger (Kind) dort seinen Lebensmittelpunkt hatte. Örtlich zuständig ist gemäß § 642 Abs. 1 ZPO das Gericht, bei dem das Kind oder der Elternteil, der es vertritt, seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (Wohnsitz, hilfsweise Aufenthaltsort, §§ 13, 16 ZPO). Der Begriff des Wohnsitzes ist in der ZPO nicht bestimmt. Eine Regelung findet sich in den §§ 7 - 11 BGB. Wohnsitz ist der Ort, an dem sich jemand ständig niederläßt, in der Absicht, ihn zum Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Tätigkeit zu machen. Polizeiliche Anmeldung ist ein nicht ausreichendes Indiz (BGH, NJW - RR 1995, 507). Der Kindesvater hatte zum damaligen Zeitpunkt unbestritten seine Arbeitsstelle in Meiningen. Der Kläger ist dort zur Schule gegangen. Nachdem sein Vater am 12.08.1999 in Norddeutschland einen Nervenzusammenbruch erlitten hat und bis zum 29.10.1999 stationär untergebracht werden mußte, hat H. dort vorübergehend Unterkunft bei einer Gastfamilie gefunden, nachdem seine Mutter ihn nicht aufnehmen wollte. H. hat dort das Schulhalbjahr beendet. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Bericht des von der Beklagten eingeschalteten Detektivs (Bl. 186 f. d A). Demnach hat der Kindesvater erst im Frühjahr 2000 seinen Hauptwohnsitz nach Norddeutschland verlegt. Der Kläger ist auch prozeßführungsbefugt (§ 51 ZPO). Das Kind ist auch berechtigt, seinen Unterhaltsanspruch gegen die Kindesmutter als Kläger, gesetzlich vertreten durch seinen Vater, geltend zu machen. Die elterliche Sorge für H. J. W. J. wurde den Eltern gemeinsam übertragen (Az. F 9/98). Seit September 1997 wohnt der Kläger bei seinem Vater. Steht die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen (§ 1629 Abs. 2 S. 2 BGB) in der seit dem 01.07.1998 geltenden Fassung). Lediglich bei verheirateten Eltern, die getrennt leben oder zwischen denen eine Ehesache anhängig ist, kann der nach § 1629 a Abs. 2 S. 2 BGB vertretungsberechtigte Ehegatte die Unterhaltsansprüche des Kindes nur als Prozeßstandschaftler im eigenen Namen geltend machen ( §1629 Abs. 3 S. 1 BGB). Dieser Ausnahmefall liegt aber erkennbar nicht vor, da die Kindeseltern durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Büdingen vom 06.03.1997 und damit im Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage am 31.12.1998 bereits rechtskräftig geschieden waren. Da das Amtsgericht nur über die Frage der Zulässigkeit, nicht aber zur Sache selbst entschieden hat, kann das erstinstanzliche Urteil gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO keinen Bestand haben. Dem Amtsgericht bleibt auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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