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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.02.2001
Aktenzeichen: 1 UF 340/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 1361 I S. 1 | |
BGB § 1567 | |
ZPO § 304 | |
ZPO § 538 I Nr. 3 |
1. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setzt ein völliges Getrenntleben der Eheleute voraus. Geringe Gemeinsamkeiten, wie das dem trennungswilligen Ehegatten aufgedrängte Putzen der Wohnung und Waschen der Wäsche stehen der Annahme des Getrenntlebens nicht entgegen, wenn sie sich als unwesentlich darstellen.
2. Nachdem das Amtsgericht nur über den Grund eines nach Grund und Höhe streitigen Unterhaltsanspruches der Klägerin entschieden hat, ist das Verfahren unter Erlaß eines Grundurteils nur hinsichtlich des Betrages des Unterhalts, dessen Höhe in der Berufungsinstanz noch nicht entscheidungsreif ist, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES! URTEIL
1 UF 340/00 44 F 407/99 AG Jena
verkündet am 15.02.2001
Stark, Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Familiensache
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt
gegen
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwältin
hat der 1. Senat für Familiensachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dünisch, Richterin am Oberlandesgericht Martin und Richter am Oberlandesgericht Mummert auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2001
für Recht erkannt:
Tenor:
Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 03.08.2000 - Az. 44 F 407/99 - wird aufgehoben.
Der Klageanspruch wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Die Sache wird im übrigen zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Jena zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, sie ist vor allem form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache dahin Erfolg, daß das angefochtene Urteil aufzuheben, der Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt zu erklären und die Sache an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen war (§ 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).
Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Klage mangels Getrenntlebens i S des § 1361 BGB abgewiesen. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin scheidert nicht am fehlenden Getrenntleben der Parteien.
§ 1361 Abs. 1 S. 1 BGB setzt ein völliges Getrenntleben der Eheleute voraus. Gemäß der Legaldefinition des § 1567 BGB liegt Getrenntleben vor, wenn zwischen den Ehegatten keine häusliche Gemeinschaft (mehr) besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.
Da objektiv keine häusliche Gemeinschaft mehr bestehen darf, ist eine vollkommene tatsächliche Trennung unabdingbar, d. h., die Eheleute haben ihre Gemeinsamkeiten in allen Lebensbereichen aufgegeben. Beim Wohnen in einer Wohnung ist gemäß § 1567 Abs. 1 S. 2 BGB erforderlich, daß die eheliche Gemeinschaft aufgegeben ist. Die Eheleute müssen ein Höchstmaß an Trennung in allen Lebensbereichen praktizieren. Dies beinhaltet, daß sie ihre Wohn- und Schlafbereiche derart aufgeteilt haben, daß verbleibende Gemeinsamkeiten als gelegentliches Zusammentreffen aufgrund bloßen räumlichen Nebeneinanders zu beurteilen sind. Geringe Gemeinsamkeiten, wie das dem trennungswilligen Ehegatten aufgedrängte Putzen der Wohnung und Waschen der Wäsche stehen der Annahme des Getrenntlebens nicht entgegen, wenn sie sich als unwesentlich darstellen (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 5. Auflage, § 4, Rdnr. 4 m w N unter Hinweis auf OLG München 1998, 826).
Nachdem die Klägerin das gelegentliche Wachen von Wäsche und Säubern des Schlafzimmer unwidersprochen seit dem 06.07.2000 eingestellt hat, sind spätestens ab diesem Zeitpunkt keine ehelichen Gemeinsamkeiten mehr anzunehmen.
Auch für den Zeitraum davor ist das Gemeinsame als so unwesentlich anzusehen, daß es der Annahme des Getrenntlebens nicht entgegensteht. Die Parteien haben - unstreitig - in ihrem Haus getrennt gewohnt, getrennt gekocht und jeder für sich eingekauft. Sie haben ihre Freizeit ohne den anderen verbracht und auch nicht miteinander geredet. Sie haben auch finanziell nicht zusammen gewirtschaftet.
In Abweichung von dem Amtsgericht geht die herrschende Rechtsprechung, der der Senat sich anschließt, davon aus, daß räumliche Trennung keinesfalls das Beziehen einer anderen Wohnung durch einen der Ehepartner voraussetzt. Der Streit zwischen den Parteien, ob in deren Einfamilienhaus eine weitere leerstehende Wohnung vorhanden ist, kann daher dahinstehen.
Subjektiv muß der Ehegatte, der mit dem anderen nicht mehr zusammenleben will, erkennbar einen Trennungswillen haben und äußern. Dieser Trennungswille muß erkennbar nach außen treten. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn bereits eine objektive häusliche Trennung - wie im vorliegenden Fall - besteht und ein Ehegatte erst nachträglich auch eine juristische Trennung beabsichtigt (vgl. BGH Z 4, 279). Eine solche Trennungsabsicht der Klägerin ergibt sich eindeutig aus deren Anwaltsschreiben vom 28.10.1997, in dem es heißt: "Ich möchte Ihnen mitteilen, daß es zwischenzeitlich für meine Mandantschaft unzumutbar geworden ist, die Ehe mit ihrem Mandanten weiter aufrecht zu erhalten" (Bl. 135 d A).
Die Klage ist damit dem Grunde nach gerechtfertigt. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin während der Dauer der Trennung den eheangemessenen Unterhalt zu zahlen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Klägerin auch ein Anspruch auf rückständigen Trennungsunterhalt beginnend ab dem 1. Januar 1998 zu. Dies folgt aus der Neufassung des § 1613 Abs. 1 BGB, geändert durch Art. 1 Nr. 12 KindUG, der über die Verweisungen in §§ 1360 a, 1361 Abs. 4 BGB den Unterhaltsanspruch der getrenntlebenden Ehefrau umfaßt. Dem Unterhaltsgläubiger räumt das Gesetz das Recht ein, für die Vergangenheit Unterhaltsleistungen bereits von dem Zeitpunkt an zu verlangen, zu dem dem Verpflichteten eine Aufforderung zugegangen ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen. Ab diesem Zeitpunkt ist der Unterhaltsschuldner nicht mehr schutzwürdig, weil er danach für etwaige Unterhaltsverbindlichkeiten Rücklagen bilden kann (Bäumel / Häußermann, FamRefK, § 1613, Rdnr. 2 m w N). Ein Auskunftsverlangen der Klägerin ergibt sich aus dem bei den Akten befindlichen Aufforderungsschreiben vom 16.12.1997, mit dem der Beklagte aufgefordert wird, bis zum 10.01.1998 die Unterlagen für die Jahre 1995 und 1996 für vollständig zu erklären und Unterlagen für 1997 vorzulegen. Weiter teilt der Klägervertreter mit, beauftragt zu sein, die berechtigten Unterhaltsansprüche der Klägerin durchzusetzen.
Nachdem das Amtsgericht lediglich über den Grund eines nach Grund und Betrag streitigen Unterhaltsanspruches der Klägerin entscheiden hat, ist das Verfahren unter Erlaß eines Grundurteils nur hinsichtlich des Betrages des Unterhalts, dessen Höhe in der Berufungsinstanz noch nicht entscheidungsreif ist, an das Amtsgericht zurückzuverweisen, BGH, NJW 1991, 1893 (§ 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Diese Möglichkeit der Zurückverweisung folgt der nach § 304 ZPO verfahrensrechtlichen Gliederung des Rechtsstreits in ein Verfahren über den Grund und den Betrag des Anspruchs. § 304 ZPO verbietet es, nur einen Teilaspekt der Sachbefugnis zu behandeln, sondern verlangt eine erschöpfende Entscheidung dem Grunde nach (BGH, NJW 1975, 1785).
Da die Höhe der Einkünfte des Beklagten zwischen den Parteien streitig ist, muß das Amtsgericht über die Höhe des Unterhaltsanspruches der Klägerin selbst befinden.
Dem Amtsgericht bleibt auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten.
Ende der Entscheidung
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