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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 4 U 57/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 312 | |
ZPO § 29 c |
2. Ein Haustürgeschäft im Sinne von § 312 BGB liegt (nur) dann vor, wenn der Vertragspartner wusste oder wissen musste, dass der Vertrag in einer Hautürsituation vorbereitet bzw. abgeschlossen wurde.
3. Ist der Vertragsschluss (eines Versicherungsvertrages) am Arbeitsplatz des Verbrauchers durch einen Versicherungsmakler vermittelt worden ist, kann nach den zu § 123 BGB entwickelten Kriterien ein Haustürgeschäft nur dann angenommen werden, wenn der Vertragspartner (des Verbrauchers) um die Aufnahme des Versicherungsantrags an der Arbeitsstätte des Verbrauchers wusste. Fehlen hierfür Anhaltspunkte bzw. trägt hierfür der Verbraucher nichts vor, kann er sich nicht auch nicht auf die für ihn günstige Folge des Gerichtsstandes nach § 29 c (bzw. § 48 VVG) berufen.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller Richterin am Oberlandesgericht Friebertshäuser Richterin am Landgericht Höfs am 17.04.2008
beschlossen: Tenor: Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 01.12.2006, Az.: 3 O 331/06, durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.05.2008 Gründe: Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert zudem keine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ( § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 3 ZPO ). Das Erstgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Gera folgt weder aus § 29 c ZPO, noch aus § 48 VVG. Entgegen dem Dafürhalten der Klägerin ist es für die Zuständigkeitsfrage im Rahmen des § 29 c ZPO nicht ohne Belang, dass der Versicherungsvertrag durch einen Versicherungsmakler vermittelt wurde. Der Klägerin ist dahin beizupflichten, dass der Gerichtsstand des § 29 c ZPO für alle Klagen - gleich welcher Klageart und Anspruchsgrundlage - gilt, die auf Haustürgeschäften beruhen ( BGH NJW 2003, 1190 ). Die Berufung verkennt jedoch, dass ein Haustürgeschäft im Sinne des § 312 BGB nicht vorliegt. Das Erstgericht hat seiner Entscheidung die in der Sache nicht zu beanstandende und im Übrigen mit der Berufung auch nicht angegriffene Wertung zu Grunde gelegt, der Vertragsschluss sei von einem Versicherungsmakler ( aus dem in Rudolstadt ansässigen Maklerbüro C. ) vermittelt worden. Hat das Erstgericht seiner Entscheidung folglich die auf dem eigenen Vortrag der Klägerin fußende tragende Erwägung zu Grunde gelegt, die Klägerin sei an ihrem Arbeitsplatz durch mündliche Verhandlungen mit einem Versicherungsmakler zum Vertragsschluss bestimmt worden, liegt mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein Haustürgeschäft im Sinne des § 312 BGB vor. Geht die Einwirkung auf den Verbraucher in einer Haustürsituation - wie im Entscheidungsfall - nicht von dem Vertragspartner selbst aus, ist auf die zu § 123 BGB entwickelten Grundsätze zurückzugreifen ( BGH WM 2003, 61; ZIP 2003, 1741; NJW 2004, 2731; NJW-RR 2004, 1126 ). Führen die zu § 123 BGB entwickelten Abgrenzungskriterien zu der Feststellung, dass die Einwirkung von einem Dritten ausgegangen ist, liegt ein zur Anwendung der §§ 312 BGB, 29 c ZPO führendes Haustürgeschäft nur vor, wenn der Vertragspartner wusste oder wissen musste, dass der Vertrag in einer Haustürsituation vorbereitet oder abgeschlossen worden ist ( BGH a.a.O.).
Ein von dem Versicherer nicht dauernd mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen betrauter Versicherungsmakler kann einem Versicherungsagenten nicht gleichgestellt werden. Vielmehr steht der von dem Versicherer unabhängige Versicherungsmakler - wie es das Erstgericht zutreffend beschrieben hat - als dessen " treuhänderischer Sachwalter " auf der Seite des Versicherungsnehmers ( BGH VersR 1999, 1481; Kollhosser in Prölss / Martin, VVG, 27. Aufl., § 48, Rdnr. 3 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen ). Ein Versicherungsmakler kann daher nach den zu § 123 BGB entwickelten Abgrenzungskriterien im Verhältnis zu dem Versicherer nicht als Dritter eingestuft werden, da er nicht auf dessen Seite steht ( BGHZ 33, 302; BGH NJW 1978, 2144; 1996, 451; 2001, 358 ).
Im Entscheidungsfall kommt mithin ein Haustürgeschäft im Sinne der §§ 312 BGB, 29 c ZPO nur dann in Betracht, wenn die ursprüngliche Vertragspartnerin der Klägerin - die Hamburger Versicherungs AG ( HVAG ) - um die Aufnahme des Versicherungsantrages an der Arbeitsstätte der Klägerin wusste oder wissen musste. Hierfür fehlt es mit der Rechtsfolge an jedwedem Tatsachenanhalt, dass § 29 c ZPO keine örtliche Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen Erstgerichts begründet.
Angesichts der Vermittlung des Versicherungsvertrages durch einen Versicherungsmakler hat das Landgericht Gera auch den Gerichtsstand des § 48 VVG zu Recht verneint, ohne dass die Klägerin dies mit der Berufung angreift.
Erweist sich nach alledem die Auffassung des Erstgerichts vom Fehlen seiner örtlichen Zuständigkeit als zutreffend, gibt es nach einstimmiger Überzeugung des Senats auch gegen die als obiter dictum gestalteten Ausführungen des angefochtenen Urteils zu der betreffend die Beklagte zu 1) nicht nur unzulässigen, sondern auch unbegründeten Klage nichts zu erinnern. Der eindeutige Wortlaut des lediglich die Beklagte zu 2) als Versicherer und Vertragspartner ausweisenden Versicherungsscheins ( Bl. 21 d.A. ) lässt für eine Haftung ( auch ) der Beklagten zu 1) unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nach § 311 Abs. 3 BGB keinen Raum. Anhaltspunkte für ein seitens der Beklagten zu 2) im Rahmen der Vertragsverhandlungen gesetztes besonderes persönliches Vertrauen gibt es nicht.
Da es der Berufung aus den vorgenannten Gründen an der Erfolgsaussicht mangelt, wird der Klägerin zur Vermeidung weiterer Kosten nahegelegt, die Berufung innerhalb der Stellungnahmefrist zurückzunehmen.
Ende der Entscheidung
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