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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 28.10.2008
Aktenzeichen: 5 U 596/06
Rechtsgebiete: BGB, StVO
Vorschriften:
BGB § 249 | |
BGB § 254 | |
StVO § 14 |
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 28.10.2008
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vorsitzende R. in am Oberlandesgericht Ross, R. am Oberlandesgericht Bayer und R. in am Oberlandesgericht Rothe
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2008
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 07.06.2006, Az.: 3 O 2046/04, abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.12.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreites haben der Kläger 60 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 40 % zu tragen. Hiervon ausgenommen sind die durch die Einholung des unfallanalytischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Sch. vom 19.03.2008 entstandenen Kosten sowie die durch die ergänzende Anhörung dieses Sachverständigen im Termin vom 23.09.2008 entstandenen Kosten. Diese haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 24.11.2002 in der Ebertstraße in Gera ereignet hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatbestandlichen Feststellungen in dem angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des von dem Kläger begehrten Schmerzensgeldes teilweise, nämlich unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 35 % in Höhe von 1.300,00 € stattgegeben.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, im Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger durch einen Sturz von seinem Fahrrad Körperverletzungen erlitten habe und dieser Sturz darauf zurückzuführen sei, dass der Beklagte zu 1) die Fahrertür in dem Moment geöffnet habe, als der Kläger gerade mit seinem Fahrrad habe vorbeifahren wollen, wodurch der Kläger mit seiner rechten Seite, insbesondere seinem rechten Bein, gegen die Tür gestoßen sei.
Dieser Unfallhergang ergebe sich aus den glaubhaften Bekundungen der Zeugen K. und R., sowie aus dem Gutachten des Sachverständigen H. und dessen mündlicher Erläuterung.
So lasse sich der Aussage der Zeugin K. entnehmen, dass sich der Unfall in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeug des Beklagten zu 1) ereignet habe und ergebe sich aus der Aussage der Zeugin R., dass der Kläger vor dem Unfall vom 24.11.2002 keine Verletzungen gehabt habe, während er nach dem Unfall ausweislich des Rettungsprotokolls dann Verletzungen aufgewiesen habe. Dass diese Verletzungen durch einen Zusammenstoß des Klägers mit dem Fahrzeug des Beklagten verursacht worden seien, folge schließlich aus den Ausführungen des Sachverständigen H. in dessen Gutachten vom 14.01.2006, wenn dieser dort ausführe, dass es vom Verletzungsmechanismus und den verbliebenen Unfallfolgen her nachvollziehbar sei, dass die seinerzeit offene Wunde am Unterschenkel durch einen Aufprall gegen einen scharfkantigen Gegenstand verursacht worden sei. Hierfür spreche auch die noch immer gut tastbare tiefe Narbe unterhalb der Unterfetthaut auf der Fascie, die durch einen Aufprall gegen einen stumpfen Gegenstand nicht verursacht worden sein könne. Da als scharfkantiger, die Verletzung am Unterschenkel hervorrufender Gegenstand hier aber nur die scharfe Kante an der Fahrzeugtür des Beklagten zu 1) in Betracht komme, stehe aufgrund alldessen zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass die Verletzungen des Klägers durch einen Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) verursacht worden seien.
Dem stünden die Bekundungen der Zeugin Sch. nicht entgegen. Denn diese Zeugin sei unglaubwürdig. Obwohl sie sich zur Aussage bereit erklärt habe, habe sie auf Fragen des Gerichtes nur äußerst zögerlich geantwortet und vor jeder Frage des Gerichtes zunächst einen Blickkontakt zu dem Beklagten zu 1) und dessen Prozessbevollmächtigter aufgenommen. Zudem sei sie wiederholt zur Wahrheit ermahnt worden und hätte ihre Aussage den Eindruck vermittelt, dass diese auswendig gelernt gewesen sei. Auch die Aussage des Zeugen S. stehe dem Beweisergebnis nicht entgegen, da diese unergiebig gewesen sei.
Gemäß § 254 BGB müsse sich der Kläger jedoch ein Mitverschulden anrechnen lassen, das mit 35 % zu bewerten sei. So habe der Kläger ausweislich seiner eigenen Angabe, keinen Sicherheitsabstand von 1 m, sondern nur einen solchen von 80 bis 90 cm eingehalten, was nicht ausreichend sei. Außerdem steht zur Überzeugung des Gerichtes aufgrund der Aussage der Zeugin K. fest, dass der Kläger sehr schnell gefahren sei. Dies korrespondiere auch mit der Erheblichkeit und der Tiefe der Verletzung.
Weiterhin, wenn auch nur in ganz geringem Umfang, sei dem Kläger als Mitverschulden zur Last zu legen, dass sich dieser trotz der Überweisung des Hausarztes nicht sogleich in eine chirurgische Praxis begeben, sondern sich dort erst eine Woche später, am 02.12.2002 vorgestellt habe. Wenn auch hierdurch der Heilungsverlauf nicht richtungsweisend beeinflusst bzw. verschlimmert worden sei, habe sich dieser dadurch doch zumindest in kurzer zeitlicher Hinsicht verschlimmert, wie sich aus den Bekundungen des Sachverständigen Prof. H. ergebe.
Unter Würdigung all dieser Umstände, wie auch des Umfanges der Verletzungen stehe dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.300,00 € zu. Zinsen könne der Kläger lediglich aus Verzugsgesichtspunkten verlangen. Nicht begründet sei zudem der Feststellungsantrag, da sich aus den Ausführungen des Sachverständigen ergebe, dass mit dem Auftreten erneuter Reaktionen und Verschlechterungen hinsichtlich der Verletzungsfolgen nicht zu rechnen sei.
Gegen dieses, seinem Prozessbevollmächtigten am 08.06.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem per Fax am 10.07.2006, einem Montag, bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit weiterem, per Fax am 07.09.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor, die Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 04.08.2006 bis zum 08.09.2006 verlängert worden war.
Die Beklagten, deren Prozessbevollmächtigten die Berufung des Klägers am 13.07.2006 zugestellt worden ist, haben ihrerseits gegen das angefochtene Urteil mit einem bei Gericht am 02.08.2006 eingegangenen Schriftsatz unselbständige Anschlussberufung eingelegt und diese mit weiterem, am 12.10.2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Kläger ist der Auffassung, dass das Landgericht die Höhe des ihm zustehenden Schmerzensgeldes nicht angemessen beurteilt habe. Angesichts der von ihm unfallbedingt erlittenen Verletzungen, der Verletzungsfolgen, der Dauer der Rehabilitation, der verbleibenden Dauerschäden und der erheblich verzögerten Regulierung durch die Beklagte zu 2) stehe ihm mindestens ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 € zu.
Zu Unrecht gehe das Landgericht ferner von einem Mitverschulden aus. Soweit das Landgericht hierbei berücksichtigt habe, dass er mit zu schneller Geschwindigkeit gefahren sei, sei weder die Geschwindigkeit festgestellt, noch die am Unfallort zulässige Höchstgeschwindigkeit, bzw. die dort herrschenden Straßenverhältnisse.
Die Bekundungen der Zeugin K. seien insoweit unergiebig. Soweit das Landgericht insoweit darüber hinaus auf die Erheblichkeit der Verletzungen abgestellt habe, könne nicht nachvollzogen werden, aufgrund welcher Erwägungen und Sachkunde das Landgericht zu dieser Feststellung habe gelangen können.
Soweit das Landgericht ihm ferner die Einhaltung eines zu geringen Seitenabstandes vorwerfe, sei dies ebenfalls unrichtig, weil der von ihm eingehaltene Seitenabstand von mindestens 80 cm als ausreichend zu bewerten sei. Da sich der Umfang des einzuhaltenden Seitenabstandes nach den Umständen richte, dürfe dieser nämlich geringer sein als der beim Überholen und der Begegnung regelmäßig verlangte Mindestabstand von 1 m.
Zudem hätte das Landgericht bei der Frage des Mitverschuldens berücksichtigen müssen, dass der fließende Verkehr nach § 10 StVO gegenüber dem ruhenden Verkehr bevorrechtigt sei und der Kläger nicht mit einer seitlichen Bewegung des haltenden Fahrzeuges habe rechnen müssen.
Somit falle ihm kein Mitverschulden zur Last und habe der Beklagte zu 1) den Unfall allein verschuldet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Gera vom 07.06.2006, Az.: 3 O 2046/04, abzuändern und der Klage vollumfänglich stattzugeben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen, sowie im Wege der Anschlussberufung das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil gegen die Berufungsangriffe. Darüber hinaus sind sie jedoch der Auffassung, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch weder dem Grunde, noch der Höhe nach zu. Der Kläger habe dem Nachweis, dass der Beklagte den Unfall verursacht habe, nicht erbracht. Lege man nämlich den von dem Kläger selbst angegebenen Seitenabstand von 80 bis 90 cm zugrunde, hätte eine Berührung des Klägers mit der Fahrzeugtür überhaupt nur dann stattfinden können, wenn der Beklagte zu 1) diese zu mindestens 2/3 aufgerissen hätte, da diese nur eine Gesamtbreite von 1,15 m habe. Dann jedoch hätte sich der Aufprallwinkel verschoben und der Kläger hätte nicht mehr gegen eine scharfkantige Stelle stoßen können. Gegen eine scharfkantige Stelle habe der Kläger nur dann stoßen können, wenn die Tür maximal 30 cm geöffnet worden wäre, was dann aber andererseits zwingend voraussetze, dass der Kläger sehr dicht, unter Unterschreitung des Mindestabstandes von 50 cm, an dem Beklagtenfahrzeug hätte vorbeigefahren sein müssen. Dann aber treffe den Kläger an dem Unfall ein Alleinverschulden, wie sich aus der Entscheidung des Kammergerichts (VM 90, 58) ergebe.
Weder der Umstand, dass der Kläger noch keine Verletzungen gehabt habe, als er von zu Hause losfuhr, noch die Ausführungen des Sachverständigen, dass ein scharfkantiger Gegenstand die Verletzungen hervorgerufen haben könnte, seien geeignet, den Nachweis zu führen, dass es sich bei diesem scharfkantigen Gegenstand um die Autotür des Beklagten zu 1) gehandelt habe.
Im Übrigen seien die Schmerzensgeldvorstellungen des Klägers überzogen.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger ist dem gegenüber der Auffassung, darauf, wie weit die Fahrzeugtür geöffnet worden sei, komme es hier nicht an, da die Tür umlaufend scharfe Kanten habe. Sei das Fahrzeug des Beklagten zu 1) an dem Unfall nicht beteiligt gewesen, sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb dann der Bruder des Beklagten zu 1) unmittelbar im Anschluss an das Unfallereignis Fotos von dem Fahrzeug gefertigt habe.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Klägers und des Beklagten zu 1) als Partei. Insoweit wird wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme Bezug genommen auf den Inhalt des Verhandlungsprotokolls vom 31.07.2007 (Bl. 196-199 d.A. Bd. I).
Außerdem hat der Senat gemäß Beweisbeschluss vom 28.08.2007 (Bl. 201/202 d.A. Bd. II) Beweis über die dort angeführten Behauptungen der Beklagten erhoben durch Einholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens, sowie ergänzend durch mündliche Anhörung des Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses wird insoweit auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros Sch. und B. vom 19.03.2008, sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 23.09.2008 Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers, wie auch die Anschlussberufung der Beklagten sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht bei Gericht eingelegt und begründet worden.
Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache teilweise Erfolg.
Die Anschlussberufung der Beklagten ist demgegenüber unbegründet.
Im Ergebnis und der Begründung zutreffend hat das Landgericht eine Kausalität zwischen den Verletzungen des Klägers mit einem verkehrswidrigen Verhalten des Beklagten zu 1) angenommen.
Dafür, dass der Sturz des Klägers und damit auch die von ihm erlittenen Verletzungen auf ein vorheriges Öffnen der Fahrzeugtür durch den Beklagten zu 1) zurückzuführen sind, spricht vorliegend nach Auffassung des Senats darüber hinaus bereits der Beweis des ersten Anscheins, da aufgrund der Aussage des Klägers im Rahmen seiner Parteivernehmung i.V.m. dem ergänzend eingeholten unfallanalytischen Sachverständigengutachten der Beweis dafür geführt ist, dass der Beklagte zu 1) die Fahrertür in unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Sturz des Klägers geöffnet hat. Soweit der Beklagte zu 1) bei seiner Vernehmung als Partei seinerseits ausgeschlossen hat, dass er die Tür geöffnet habe, ist dies nach Ansicht des Senates durch die Ausführungen des Sachverständigen widerlegt worden. So sind die Verletzungen des Klägers vorliegend nur bei Annahme eines Kontaktes zwischen dem Kläger und der scharfen Kante der Tür zu erklären. Auch hat der Sachverständige in dem eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten nachvollziehbar und nach Auffassung des Senates widerspruchsfrei anhand nachgestellter Unfallabläufe dargelegt, dass die Fahrzeugtür unmittelbar vor dem Anprall des Klägers mit einer weiten Öffnungsphase von 80 bis 90 cm geöffnet worden sein muss, weil ein Kontakt des Fahrrades mit dem hinteren Teil des Fahrzeuges nicht stattgefunden hat und für die Kollisionssituation ein vorheriges Fahren des Klägers nach rechts notwendig ist, weil ohne dieses eine Ausweichbewegung nach links aus physikalischen Gründen nicht erfolgen kann.
Zudem erscheint es nach den mündlichen Ausführungen des Sachverständigen plausibel, dass der Beklagte zu 1) subjektiv dessen ungeachtet der Meinung ist, die Tür nicht geöffnet zu haben, da diese unmittelbar nach dem Unfall wieder eingeschlagen ist und die Zeitspanne zwischen dem Öffnen der Tür und deren Wiederzugehens nur etwa 1 1/2 bis 2 Sekunden betragen hat. Muss damit aber nach Auffassung des Senates im Ergebnis der Beweisaufnahme von einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zwischen den Öffnen der Fahrzeugtür durch den Beklagten zu 1) und dem Sturz des sich mit dem Fahrrad dem Fahrzeug nähernden Kläger ausgegangen werden, spricht der typische Geschehensablauf dafür, dass das Öffnen der Tür für den Sturz des Radfahrers, mithin hier des Klägers, ursächlich war. Denn nach der Lebenserfahrung wird ein Radfahrer durch ein unvorhergesehenes Öffnen einer Autotür veranlasst, Ausweichbewegungen zu machen, die dann zu einem Sturz führen können (so auch KG VM 72, 57).
Diesen Anscheinsbeweis haben die Beklagten im Ergebnis der zweitinstanzlich ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme auch nicht entkräftet, da dem eingeholten Sachverständigengutachten nicht entnommen werden kann, dass die Verletzungen des Klägers bei Öffnung der Fahrzeugtür in einer Breite von 80 bis 90 cm nicht verursacht worden sein können. Vielmehr hat die Beweisaufnahme bestätigt, dass es bei einer solchen Öffnungsbreite der Tür zu einem Kontakt mit dem Unterschenkel des Klägers gekommen ist und sich die Verletzungen des Klägers aus einem solchen Kontakt plausibel erklären.
Auch hat sich die Behauptung der Beklagten, dass der Kläger das Fahrzeug nur mit einem Seitenabstand von ca. 30 cm passiert habe, im Ergebnis der Beweisaufnahme damit nicht bestätigt. Wie schon ausgeführt, hat der Sachverständige hierzu nämlich nach Ansicht des Senates überzeugend dargelegt, dass sich der Kläger im Kollisionszeitpunkt in einem Ausweichvorgang nach links befunden habe, was sich daraus ergebe, dass es nicht zu einer Berührung des Fahrradlenkers mit der Tür gekommen sei. Da sich ein solcher Ausweichvorgang nach links jedoch bei einem Seitenabstand von nur 30 cm nicht konstruieren lasse, scheide die Annahme eines solchen Abstandes aus.
Zu Recht hat das Landgericht nach alledem ein unfallursächliches Verschulden des Beklagten zu 1) festgestellt.
Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht indes in Bezug auf die Höhe des zu Gunsten des Klägers zuerkannten Schmerzensgeldbetrages.
Entgegen der von dem Landgericht vertretenen Ansicht fällt dem Kläger ein die Höhe seines Schmerzensgeldanspruches minderndes Mitverschulden nicht zur Last.
Nicht als Mitverschulden angelastet werden kann dem Kläger zunächst, dass dieser zu schnell gefahren sei. Der Kläger hat von den Beklagten unbestritten erstinstanzlich vorgetragen, mit einer Geschwindigkeit von 10 km/h an den parkenden Autos vorbeigefahren zu sein. Ein Mitverschulden des Klägers lässt sich aus dieser, wie auch aus den von dem Sachverständigen als normale Geschwindigkeit eines Radfahrers angesetzten 15 bis 20 km/h nicht ableiten.
Dem gegenüber kann ein Mitverschulden des Klägers auch nach Auffassung des Senates allerdings darin gesehen werden, dass dieser das Beklagtenfahrzeug nach seinem eigenen Vortrag mit einem Seitenabstand von nur 80 bis 90 cm passiert hat.
Ein genereller Vertrauensschutz zu Gunsten des Vorbeifahrenden dahingehend, dass der aus einem Kfz Aussteigende die ihm nach § 14 StVO obliegende Sorgfaltspflicht erfüllt, besteht nicht.
Vertrauen darf der fließende Verkehr nur darauf, dass Wagentüren nicht plötzlich weit geöffnet werden, im Übrigen muss er jedoch mit einem spaltweisen Türöffnen rechnen und einen entsprechenden Seitenabstand einhalten, sofern das Fahrzeug nicht erkennbar leer ist (vgl. z.B. Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., Rdnr. 8 zu § 2 StVO mit weiteren Nachweisen). Dabei richtet sich der notwendige Mindestabstand nach den Umständen des Einzelfalles (a.a.O.). Wenn damit auch nicht generell ein einzuhaltender Sicherheitsabstand von 1 m gefordert werden kann, sondern bei dichten Verkehr oder beengten Straßenverhältnissen sich der Abstand sogar bis zu 35 cm (Nachweise a.a.O.) verkürzen kann, sind vorliegend Umstände, die eine Unterschreitung eines Sicherheitsabstandes von 1 m rechtfertigen könnten, von dem Kläger nicht vorgetragen worden. Dem hieraus zu Lasten des Klägers resultierenden Mitverschulden kommt jedoch im Vergleich zu dem, dem Beklagten zu 1) zur Last fallenden Verkehrsverstoß vorliegend nach Auffassung des Senates nur ein so geringes Gewicht zu, dass dieses hinter dem Verschulden des Beklagten zu 1) vollständig zurücktritt und damit nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen ist. Maßgeblich hierfür ist nach Auffassung des Senates zum einen, dass die Unterschreitung des regelmäßig einzuhaltenden Mindestabstandes durch den Kläger hier nur geringfügig um 10 bis 20 cm erfolgte und die Straße beiderseits zugeparkt war. Zwar war hierdurch ein geringerer Seitenabstand nicht zwingend veranlasst, da ausweislich der zu der Akte gereichten Fotos gleichwohl eine zum Vorbeifahren unter Einhaltung eines Meterabstandes ausreichende Fahrbahnbreite verblieb. Gleichwohl wirkt sich die beiderseitige Beparkung auf das Mitverschulden des Klägers aus, da hierdurch aus seiner Sicht die verbleibende Fahrbahnbreite eingeengt worden ist.
Dafür, das hieraus resultierende Mitverschulden des Klägers als nur sehr geringfügig anzusehen und dieses hinter dem Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1) zurücktreten zu lassen, spricht vorliegend nach Auffassung des Senates auch das andererseits diesem Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1) zukommende erhebliche Gewicht.
Gemäß § 14 StVO war der Beklagte zu 1) beim Aussteigen verpflichtet, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Damit durfte er die Fahrzeugtür erst dann öffnen, nachdem er sicher sein konnte, dass er ändere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet (BGH VersR 87, 53).
Dass der Beklagte zu 1) diese gebotene Sorgfaltspflicht nicht beachtet hat, ergibt sich nach Auffassung des Senates dabei bereits daraus, dass es zu einer Kollision des Klägers mit der Fahrzeugtür des Beklagtenfahrzeuges gekommen ist. Auch dass sich der Beklagte zu 1) nach eigenem Vortrag nicht bewusst ist, die Tür vor dem Unfall geöffnet zu haben, deutet auf eine Unaufmerksamkeit des Beklagten zu 1) und damit eine Verletzung seiner sich aus § 14 StVO ergebenden Sorgfaltspflichten hin.
Ausgehend von einer somit alleinigen Haftung der Beklagten für die Folgen des streitgegenständlichen Unfalles bedarf die Höhe des von dem Landgericht dem Kläger zuerkannten Schmerzensgeldanspruches der Abänderung. Der Senat hält insoweit unter weiterer Berücksichtigung des Ausmaßes und der Folgen der unfallbedingten Verletzungen des Klägers ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 € für angemessen.
Maßgebend sind hierbei zunächst die durch den Kläger erlittenen Verletzungen, wie sich diese aus den vorgelegten ärztlichen Berichten (Bl. 4-7 d.A. Bd. I) ergeben. Schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen ist dabei zudem der entzündliche und zögerliche Heilungsverlauf, sowie die ca. 3-wöchige Arbeitsunfähigkeit. Allerdings kann letztere, wie das Landgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, nur teilweise Berücksichtigung finden, weil der Kläger den Behandlungsbeginn vermeidbar verzögert hat, indem er sich trotz Überweisung nicht gleich in eine chirurgische Praxis begeben hat. Berücksichtigt wurden bei der Bemessung des zuerkannten Schmerzensgeld durch den Senat auch die für die Durchführung der Behandlung notwendigen Arztbesuche bzw. ambulanten Behandlungen. Außerdem waren schließlich die bleibenden Folgen zu berücksichtigen, die in Form einer sichtbaren und tastbaren, zum Teil druckschmerzhaften Narbenbildung an der Außenseite des rechten Unterschenkels in Schaftmitte sowie die dort immer wieder einsetzenden subjektiven Beschwerden wie bspw. ein deutliches Wärmegefühl, das Jucken, sowie die plötzlich einschießenden stechenden Schmerzen an der Außenseite des rechten Unterschenkels bestehen.
Zudem schmerzensgelderhöhend berücksichtigt hat der Senat schließlich auch die verbleibende Verfärbung der Narbenumgebung, wie diese noch im Verhandlungstermin am 23.09.2008 für den Senat durch Augenschein ersichtlich war. Wenngleich der Kläger aufgrund dieser verbleibenden Verfärbung nach seinem Vortrag in seiner Lebensführung zeitweise beeinträchtigt wird, kommt diesem Umstand nach Auffassung des Senates vorliegend allerdings nicht ein derartiges Gewicht zu, dass hierdurch ein Schmerzensgeldanspruch in der von dem Kläger vorgestellten Größenordnung von mindestens 6.000,00 € gerechtfertigt wäre. Zu berücksichtigen ist hierbei nämlich ferner, dass sich die bleibende Verfärbung an einer Körperstelle befindet, die, anders als etwa im Gesichtsbereich, nicht stets für andere wahrnehmbar ist. Auch zu berücksichtigen ist, dass bleibende ästhetische Beeinträchtigungen umso geringer wiegen, je älter die betroffene Person ist.
Nicht schmerzensgelderhöhend kann vorliegend das Regulierungsverhalten der Beklagten berücksichtigt werden.
Soweit dies nach der Rechtsprechung (vgl. z.B. OLG Naumburg NJW-RR 2002, 672; LG Berlin NJW 2006, 702) bei einem völlig uneinsichtigen vorgerichtlichen und prozessualen Verhalten bzw. einer treuwidrigen Verzögerung der Schadensregulierung durch den Versicherer angenommen wird, fehlt es vorliegend an diesen Voraussetzungen. Allein die Tatsache, dass die Beklagten sich gegen ihre Inanspruchnahme verteidigt haben, begründet keine Treuwidrigkeit in diesem Sinne.
Nach alledem hält der Senat vorliegend einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 3.000,00 € für gerechtfertigt. Die für die Begründung eines höheren Schmerzensgeldanspruches von den Klägern angeführte Entscheidung des OLG Schleswig (VRS 99, 88) ist vorliegend demgegenüber nach Ansicht des Senates hier nicht vergleichbar, da die dortigen Verletzungen (Kniegelenksdistorsion, Rippenfraktur) schwerwiegender waren.
Zinsen auf die begründete Schmerzensgeldforderung stehen dem Kläger aus Verzug gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB zu.
Ohne Erfolg wendet sich der Kläger mit seiner Berufung schließlich gegen die Abweisung seines Feststellungsantrages durch das Landgericht. Die für eine solche Feststellung notwendige Besorgnis des Eintrittes zukünftiger weiterer Schäden lässt sich auch nach Auffassung des Senates im Hinblick auf die von dem Kläger selbst erstinstanzlich unbeanstandet gelassene Feststellung im ärztlichen Gutachten vom 14.01.2006 (Bl. 112 d.A. Bd. I), nach der nicht damit zu rechnen sei, dass hinsichtlich der bestehenden Verletzungsfolgen erneute Reaktionen und Verschlechterungen auftreten können, nicht feststellen. Allein die von dem Kläger geäußerte Befürchtung eines hiervon abweichenden Verlaufes vermag ohne weitere Begründung das dem entgegenstehende ärztliche Ergebnis der Begutachtung nicht in Frage zu stellen.
Da, wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, die Beklagten für die Unfallfolgen allein einzustehen haben, war schließlich auch der Anschlussberufung der Beklagten der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Der Senat hat darüber hinaus von der nach § 96 ZPO bestehenden Möglichkeit einer gesonderten Auferlegung der durch die Einholung des Sachverständigengutachtens in zweiter Instanz und die ergänzende Anhörung des Sachverständigen im Termin entstandenen Kosten Gebrauch gemacht, da diese Kosten lediglich durch den Beweisantrag der Beklagten verursacht worden sind, die Erfolgsaussicht dieses Antrages überdies von vornherein sehr zweifelhaft war und die hierdurch verursachten Kosten zu dem Verhältnis des Streitwertes nicht im Verhältnis standen, worauf die Parteien auch vorab im Termin am 31.07.2007 hingewiesen worden sind.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 i.V.m. § 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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