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Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 10.10.2007
Aktenzeichen: 20.12.2007
Rechtsgebiete: ThürBO, ThürVwVfG, ThürKO, BGB
Vorschriften:
ThürBO § 59 Abs. 1 Nr. 1 | |
ThürBO § 61 Abs. 1 | |
ThürBO § 77 Abs. 1 S 1 | |
ThürVwVfG § 38 Abs. 1 S. 1 | |
ThürVwVfG § 38 Abs. 2 | |
ThürVwVfG § 38 Abs. 3 | |
ThürVwVfG § 44 | |
ThürKO § 22 Abs. 2 | |
ThürKO § 29 Abs. 1 S. 1 | |
BGB § 133 |
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 1. Senat - Im Namen des Volkes Urteil
In dem Verwaltungsstreitverfahren
Verkündet am 24.10.2007
wegen Baurechts (hier: Berufung)
hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Dr. Schwan, den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Hüsch und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Preetz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2007 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 22. Juli 2004 - 4 K 631/04 Ge - abgeändert.
Die Beseitigungsanordnung der Beklagten vom 30.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2004 wird aufgehoben.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen eine Beseitigungsanordnung der Beklagten.
Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wochenendhaus bebauten Flurstücks a___ der Flur 2 der Gemarkung Scheubengrobsdorf in Gera. Mitarbeiter der Beklagten stellten bei einer Ortsbesichtigung am 28.08.1997 fest, dass zwischenzeitlich ein Anbau an das Wochenendhaus errichtet worden war. Der Anbau befand sich seinerzeit im Rohbauzustand; Dach und Dachstuhl waren noch nicht vorhanden. Die Beklagte ordnete mit Bescheid vom 01.09.1997 die Einstellung der Bauarbeiten an, erklärte den Bescheid für sofort vollziehbar und verband ihn mit einer Zwangsgeldandrohung. Am 21.10.1997 stellten Mitarbeiter der Beklagten fest, dass das Dach errichtet worden war und die Dachdeckung aufgebracht wurde. Daraufhin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 22.10.1997 das angedrohte Zwangsgeld fest.
Am 18.12.1997 beantragte der Kläger zu 2. die Erteilung einer Baugenehmigung für den als "Umbau Nebengebäude" bezeichneten Anbau. Mit Schreiben vom 20.01.2000 hörte die Beklagte die Kläger zur geplanten Ablehnung des Bauantrags an. In dem Schreiben heißt es weiter, sie beabsichtige außerdem, die Nutzung des Anbaus zu untersagen und dessen Beseitigung anzuordnen sowie die Nutzung des weitestgehend im Bestand erhaltenen Bungalows zu Wohnzwecken zu verbieten.
Am 09.07.2001 lehnte die Beklagte die Erteilung der Baugenehmigung ab und untersagte beiden Klägern durch zwei weitere Bescheide die Nutzung des 51 m² großen Wochenendhauses zu Wohnzwecken sowie jegliche Nutzung des 78 m² großen Anbaus. Die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Verpflichtungsklage des Klägers zu 2. auf Erteilung einer Baugenehmigung ist ebenso erfolglos geblieben wie eine Klage beider Kläger gegen die Nutzungsuntersagung.
Die Kläger wandten sich mit Schreiben vom 11.02.2002 an den damaligen Oberbürgermeister der Beklagten und äußerten darin u. a, sie befürchteten "eine Zwangsräumung und den späteren Abriss des Anbaus", der bereits im Schreiben des Bauordnungsamtes vom 20.01.2000 angedroht worden sei. Der Oberbürgermeister der Beklagten antwortete darauf mit Schreiben vom 18.02.2002, in dem es heißt:
"Sehr geehrte Familie R ,
Ihre Bauangelegenheit ist seit dem Jahre 1999 bei mir persönlich und für die Mitarbeiter meines Büros ein Dauerthema.
Wir wissen, dass Sie der Stadt keinen Schaden zugefügt haben. Sie haben aber sich selbst durch die Nichtbeachtung der Thüringer Baugesetzlichkeiten Schaden zugefügt. Durch die Baufortsetzung trotz Verbot und durch die Wohnsitzbeantragung in Nachfolge zum Bauverbot haben Sie Fehler und Folgefehler begangen.
Sie können versichert sein, dass ich an meiner Zusage festhalte, einen Abriss Ihres Wochenendhauses zu verhindern, um damit einer Vermögensvernichtung zu begegnen. Eine Wohnsitzgenehmigung kann ich jedoch nicht erwirken.
Aktuell sind durch das Landesverwaltungsamt die möglichen Wege zur Erlangung einer nachträglichen Genehmigung durch Satzungsinstrumentarien versagt.
Sie verstehen sicherlich, dass ein Gesetzesverstoß durch den Oberbürgermeister nicht nur erfolglos ist, sondern auch umgehend bestraft wird.
Ich muss Sie bitten, den gegenwärtigen Zustand der teilweisen Nutzbarkeit des Hauses zu meistern. Im Falle irgendeiner Negativentwicklung stehe ich Ihnen als Ansprechpartner sofort wieder zur Verfügung."
Am 04.04.2002 meldeten die Kläger, die einige Jahre zuvor ihren Hauptwohnsitz auf das (mit der Anschrift S bezeichnete) streitgegenständliche Grundstück verlegt hatten, ihren Umzug in die H in G . Nachdem die Kläger zum Erlass einer Beseitigungsanordnung angehört worden waren, wandten sie sich mit Schreiben vom 08.02.2003 erneut persönlich an den Oberbürgermeister der Beklagten und beriefen sich u. a. auf eine von ihm gegebene Zusage, einen Abriss zu verhindern.
Die Beklagte, die zunächst einen vollständigen Abriss der Gebäude auf dem Flurstück a__ erwogen hatte, forderte die Kläger durch Bescheid vom 30.06.2003 auf, den Anbau an das bestehende Wochenendhaus innerhalb von drei Monaten nach Unanfechtbarkeit des Bescheides zu beseitigen. Die Kläger wurden außerdem verpflichtet, die angeordnete Beseitigung wechselseitig zu dulden. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Beseitigungsanordnung drohte die Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- Euro an, für den Fall eines Verstoßes gegen die Duldungsanordnung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro. Auf den Widerspruch der Kläger hob das Landesverwaltungsamt die Duldungsanordnung und die damit verbundene Zwangsgeldandrohung auf; im Übrigen wies es den Widerspruch der Kläger durch Widerspruchsbescheid vom 28.04.2004 zurück. Der Widerspruchsbescheid ist den Klägern am 03.05.2004 zugestellt worden.
Hiergegen haben die Kläger am 03.06.2004 beim Verwaltungsgericht Gera Klage erhoben und zur Begründung u. a. darauf verwiesen, ihnen sei zugesichert worden, dass es zu keiner Abrissverfügung komme. Der Oberbürgermeister der Beklagten habe dies in seinem Schreiben vom 18.02.2002 so auch schriftlich bestätigt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Durchführung einer Ortsbesichtigung durch Urteil vom 22.07.2004 abgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt:
Die Beseitigungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 77 Abs. 1 Satz 1 ThürBO, da der Anbau ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden und auch nicht genehmigungsfähig sei. Sie sei auch im Ergebnis ermessensfehlerfrei ergangen. Das öffentliche Interesse gebiete grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände. Es lägen keine Gründe vor, die es rechtfertigen könnten, ausnahmsweise von einem Einschreiten abzusehen. Den Klägern habe klar sein müssen, dass ihr illegal verwirklichtes Vorhaben nicht geduldet werde. Ein dem Erlass einer Beseitigungsverfügung entgegenstehender Vertrauensschutz ergebe sich insbesondere nicht aus dem Schreiben des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 18.02.2002. Zunächst hätten die Kläger im Vertrauen auf dieses Schreiben keine weiteren Vorkehrungen oder Maßnahmen getroffen, die darauf schließen ließen, dass sie sich an diesem Schreiben orientiert hätten. Des Weiteren sei das Schreiben zu einem Zeitpunkt verfasst worden, als die Beklagte bereits den Bauantrag wegen fehlender Genehmigungsfähigkeit abgelehnt und die Nutzungsuntersagung ausgesprochen habe. Vor diesem Hintergrund sei insbesondere der letzte Satz des Schreibens zu verstehen. Denn die einzig mögliche Negativentwicklung im Falle der Kläger nach Ablehnung des Bauantrages und Erlass einer Nutzungsuntersagung sei der Erlass einer Beseitigungsverfügung gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem gesamten sonstigen Schriftverkehr, bei dem es immer nur darum gegangen sei, in welcher Form eine Beseitigungsverfügung zu erlassen sei bzw. in welcher Form ein Rückbau auf ein genehmigungsfähiges Maß erfolgen könne. Insofern relativiere dieser letzte Satz deutlich die Aussage in dem Schreiben, dass man an der Zusage festhalte, einen Abriss des Wochenendhauses zu verhindern, um einer Vermögensvernichtung zu begegnen. Der letzte Satz zeige deutlich, dass auch der Oberbürgermeister der Beklagten von der konkreten Möglichkeit einer weiteren Negativentwicklung, also dem Erlass der Beseitigungsverfügung, ausgegangen sei. Des Weiteren differenziere das Schreiben nicht ausdrücklich zwischen den einzelnen Bestandteilen auf dem Grundstück der Kläger. Es sei nicht fernliegend, das Schreiben als Zusage dahingehend aufzufassen, dass ein Komplettabriss verhindert werden solle. Dafür spreche insbesondere, dass in dem Schreiben auch darum gebeten werde, die teilweise Nutzbarkeit des Hauses zu meistern. Mit dem Hinweis, dass ein Gesetzesverstoß durch den Oberbürgermeister nicht in Betracht komme, bringe der Oberbürgermeister der Beklagten zum Ausdruck, dass er sich an das geltende Recht zu halten habe, das einen Abriss illegal errichteter und nicht genehmigungsfähiger Anlagen vorsehe. Von daher könne das Schreiben im Gesamtkontext nicht als verbindliche Zusage aufgefasst werden, dass die Beklagte keine Beseitigungsverfügung mehr erlassen werde. Vielmehr lasse der letzte Satz mit dem Hinweis auf eine Negativentwicklung diese Möglichkeit als durchaus realistisch erscheinen. Das Vorgehen der Beklagten verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Zwangsgeldandrohung sei ebenfalls nicht zu beanstanden.
Auf Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 17.07.2006 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Zur Begründung ihrer Berufung führen die Kläger u. a. aus:
Die Beseitigungsverfügung sei rechtswidrig, weil die Beklagte einerseits schriftlich zugesichert habe, keine Abrissverfügung zu erlassen, sie andererseits aber auch durch den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gehindert gewesen sei, ausschließlich gegen ihren ungenehmigten Anbau vorzugehen.
Der damalige Oberbürgermeister habe durch sein Schreiben vom 18.02.2002 seine zuvor schon mündlich abgegebene Zusicherung schriftlich bestätigt; die Beklagte habe sich dadurch wirksam verpflichtet, keine Abrissverfügung zu erlassen. Die Zusicherung sei inhaltlich hinreichend bestimmt und beziehe sich auf das gesamte Wochenendhaus einschließlich des Anbaus.
Soweit sich der Oberbürgermeister für den Fall "irgendeiner Negativentwicklung" als Ansprechpartner zur Verfügung stelle, könne dies keineswegs als Einschränkung der Erklärung verstanden werden, dass er an seiner Zusage festhalte, einen Abriss des Hauses zu verhindern. Der Oberbürgermeister sei in der Tat davon ausgegangen, dass es zum Erlass einer Abrissverfügung kommen könne, weil die Leiterin des Bauaufsichtsamtes an ihnen - den Klägern - ein Exempel habe statuieren wollen. Zudem hätten deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen der Leiterin des Bauaufsichtsamtes und dem Baudezernenten bestanden. Vor diesem Hintergrund verwundere es nicht, dass der Oberbürgermeister mit einem Alleingang des Bauaufsichtsamtes gerechnet habe. Der Satz relativiere nichts, sondern besage allein, dass die Kläger sich sofort an den Oberbürgermeister wenden sollten, falls das Bauaufsichtsamt trotz der Zusicherung eine Abrissverfügung erlasse. Soweit der Oberbürgermeister darauf hinweise, dass er an das Gesetz gebunden sei, beziehe sich dies ausschließlich auf die Aussage, dass er keine Wohnsitzgenehmigung erwirken könne. Soweit das Verwaltungsgericht die Auffassung vertrete, das Schreiben vom 18.02.2002 könne schon deshalb nicht als verbindliche Zusage aufgefasst werden, weil das geltende Recht den Abriss illegal errichteter baulicher Anlagen vorsehe, übersehe es, dass der Erlass einer Abrissverfügung im Ermessen der Behörde stehe. Der Oberbürgermeister habe sein Ermessen in Form der Zusicherung betätigt und damit nicht rechtswidrig gehandelt.
Unerheblich sei außerdem, dass im vorangegangenen Verfahren angeblich immer wieder zwischen dem Anbau und dem Altbestand differenziert worden sei. Tatsächlich sei der Abriss des Altbestandes nie ernsthaft erwogen worden, weil dafür ohnehin eine Baugenehmigung zu erteilen gewesen wäre. Das Schreiben des Oberbürgermeisters gehöre auch nicht in diesen Zusammenhang, da er das vorangegangene Verwaltungsverfahren nicht betreut habe.
Die Bitte des Oberbürgermeisters, die teilweise Nutzbarkeit des Hauses zu meistern, rechtfertige entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht die Auslegung, dass die Zusicherung sich nur auf den Altbestand beziehen solle. Wenn davon die Rede sei, dass die teilweise Nutzbarkeit gemeistert werden solle, setze dies voraus, dass der Anbau verbleibe, aber weiterhin mit einem Nutzungsverbot belegt sei, denn einen abgerissenen Teil könne man nicht mehr nutzen. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Oberbürgermeister habe nach dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge allenfalls einen Totalabriss verhindern wollen, finde in den Akten keine Grundlage. Zwischen den Beteiligten sei vor dem 18.02.2002 unter anderem darüber gesprochen worden, ob lediglich dem ursprünglichen Bungalow oder der gesamten Anlage Bestandsschutz zukommen könne. Die Beklagte habe ihnen - den Klägern - hierzu unter dem 20.01.2000 mitgeteilt, dass das Nebengebäude keinen Bestandsschutz genieße. Daraufhin sei es im April 2000 zu einem Gespräch zwischen ihnen und dem Oberbürgermeister gekommen, in dem dieser ihnen nahezu wörtlich erklärt habe, er könne ihnen schon jetzt versichern, dass es nicht zum Abriss kommen werde. Vom Altbungalow sei nie die Rede gewesen; dafür habe auch nach der von der Beklagten selbst vertretenen Auffassung keinerlei Anlass bestanden. Ohne Bedeutung für die Auslegung des Schreibens vom 18.02.2002 sei, welche Erklärungen der Oberbürgermeister unter dem Druck des Landesverwaltungsamtes später abgegeben habe.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme es für die Auslegung des Schreibens vom 18.02.2002 nicht darauf an, ob sie - die Kläger - nach Erhalt des Schreibens noch Dispositionen irgendwelcher Art getroffen hätten, insbesondere weitere Arbeiten hätten ausführen lassen.
Das Verwaltungsgericht habe auch zu Unrecht einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot verneint. Die Abrissverfügung sei auch unverhältnismäßig, da eine Nutzungsuntersagung ausgereicht hätte. Sie sei schließlich auch deshalb ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte die ganze Vorgeschichte einschließlich der erwähnten Zusagen und des Verlaufs des Genehmigungsverfahrens mit keinem Wort gewürdigt habe.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 22.07.2004 - 4 K 631/04 Ge - abzuändern und die Beseitigungsanordnung der Beklagten vom 30.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:
Sie - die Beklagte - habe weder schriftlich erklärt, grundsätzlich keine Abrissverfügung zu erlassen, noch sei sie durch den allgemeinen Gleichheitssatz gehindert gewesen, eine solche Anordnung zu treffen.
Das Verwaltungsgericht habe sich entgegen der Auffassung der Kläger mit dem Schreiben des Oberbürgermeisters vom 18.02.2002 und der darin enthaltenen Zusicherung hinreichend und zutreffend auseinandergesetzt. Zum damaligen Zeitpunkt sei es - wie der Korrespondenz zwischen dem Bauordnungsamt und dem Vertreter der Kläger zu entnehmen sei - nicht mehr darum gegangen, kompromisslos den Gesamtabriss zu verfolgen; vielmehr sei die Möglichkeit des Rückbaus auf ein genehmigungsfähiges Maß in Erwägung gezogen worden. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass der Oberbürgermeister seine Zusicherung lediglich auf den Erhalt des Altbestandes habe bezogen wissen wollen. Wenn er mit seiner Zusicherung das Bauordnungsamt an jeglicher Abrissanordnung hätte hindern wollen, hätte er seinem Schreiben eine andere Bedeutung beigemessen und es dem Bauordnungsamt zur weiteren Beachtung umgehend zur Kenntnis gegeben. Stattdessen sei das Schreiben lediglich zur Ablage im Büro des Oberbürgermeisters gegeben worden; das Bauordnungsamt habe erst sehr viel später - im August 2005 - Kenntnis von der Existenz des Schreibens erhalten. Wenn es tatsächlich in der Absicht des Oberbürgermeisters gelegen hätte, die im pflichtgemäßen Ermessen liegende Teilabrissverfügung durch seine Zusicherung zu verhindern, hätte er dies gegenüber den zuständigen Mitarbeitern des Landesverwaltungsamtes erwähnen müssen, nachdem diese während einer zum Thema "Bauangelegenheiten" am 11.09.2002 geführten Beratung nochmals die Rechtsauffassung der Fachaufsicht dargestellt und ein konsequentes Handeln gefordert hätten. In diesem Fall hätte er auch nicht das Baudezernat mit Schreiben vom 13.09.2002 beauftragt, in der Bauangelegenheit der Kläger kurzfristig die Möglichkeit und Sachdienlichkeit des Erlasses einer Beseitigungsanordnung abschließend zu prüfen. Letztlich habe der Oberbürgermeister gegenüber dem Kläger zu 2. im Schreiben vom 08.09.2004 erklärt, dass die von ihm zugesagte Unterstützung - wie er stets betont habe - sich nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen und Möglichen bewegen könne. Die Zusage des damaligen Oberbürgermeisters habe sich zu keiner Zeit darauf bezogen, die Bauaufsichtsbehörde zu rechtswidrigen Entscheidungen oder Handlungen zu verpflichten.
Die Kläger könnten sich gegenüber der Beseitigungsanordnung auch nicht mit Erfolg auf das Gleichbehandlungsgebot berufen.
Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich im Berufungsverfahren nicht schriftsätzlich geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die an Ort und Stelle durchgeführte mündliche Verhandlung sowie die darin aufgeführten Unterlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
I.
Die vom Senat zugelassene Berufung der Kläger ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn die angefochtene Beseitigungsanordnung vom 30.06.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2004 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Zwar spricht alles dafür, dass hier die Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 ThürBO vorliegen, weil der streitgegenständliche Anbau an das Wochenendhaus der Kläger ohne Genehmigung errichtet worden und als Außenbereichsvorhaben auch nicht genehmigungsfähig ist (vgl. hierzu schon das die Verpflichtungsklage des Klägers zu 2. auf nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 22.07.2004 - 4 K 839/02 GE - sowie den Senatsbeschluss vom 17.07.2006 - 1 ZKO 1373/04 -, durch den der Antrag des Klägers zu 2. auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil abgelehnt worden ist).
Dem Erlass der Beseitigungsanordnung steht aber eine gegenteilige Zusicherung der Beklagten entgegen. Das an die Kläger gerichtete Schreiben des damaligen Oberbürgermeisters der Beklagten vom 18.02.2002 stellt eine verbindliche Zusage oder die schriftliche Bestätigung einer zuvor bereits mündlich abgegebenen Zusage dar, keine Beseitigungsanordnung zu erlassen (1.). Die Zusage bezieht sich nicht nur auf den "Altbestand" auf dem Grundstück der Kläger, sondern erfasst auch den streitgegenständlichen "Anbau" (2.). Sie ist bis heute wirksam geblieben und weder widerrufen noch zurückgenommen worden (3.).
1. Nach der Legaldefinition des § 38 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG stellt eine behördliche Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen, eine Zusicherung dar. Sie ist wirksam und damit für die Behörde bindend, wenn die in § 38 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ThürVwVfG genannten Voraussetzungen erfüllt sind und keine Unwirksamkeitsgründe nach § 38 Abs. 2 i. V. m. § 44 ThürVwVfG vorliegen.
Der Wille der Behörde, sich zum Erlass oder zum Unterlassen des Verwaltungsakts zu verpflichten, muss in ihrer Erklärung unzweifelhaft zum Ausdruck kommen (so etwa BVerwG, Urteil vom 25.01.1995 - 11 C 29.93 -, BVerwGE 97, 323 = NJW 1995, 1977 = DVBl. 1995, 746). Ob ein entsprechender Bindungswille vorliegt oder die Behörde lediglich eine Auskunft erteilen, einen Hinweis geben oder eine sonstige unverbindliche Erklärung abgeben will, ist durch Auslegung nach der auf öffentlich-rechtliche Willenserklärung entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB zu ermitteln. Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Maßgeben ist dabei nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (so etwa BVerwG, Urteil vom 07.02.1986 - 4 C 28.84 -, BVerwGE 74, 15 = NJW 1986, 2267 = DVBl. 1986, 680). Diese Auslegung nach dem sog. Empfängerhorizont ergibt hier, dass das Schreiben des damaligen Oberbürgermeisters keine schlichte Auskunft oder gar eine unverbindliche Meinungsäußerung darstellt, sondern die schriftlich erneuerte Zusage, die Beklagte werde gegenüber den Klägern bezüglich der Bebauung auf dem Flurstück a__ der Flur 2 der Gemarkung Scheubengrobsdorf keine Beseitigungsanordnung erlassen:
Zunächst handelt es sich bei dem Schreiben der äußeren Form nach nicht etwa um eine private Mitteilung, durch die der damalige Oberbürgermeister lediglich den an seine Privatanschrift gerichteten Brief der Kläger sozusagen als Privatperson hätte beantworten wollen. Es enthält vielmehr den amtlichen Briefkopf der Stadtverwaltung Gera; die darin enthaltenen Erklärungen hat der Oberbürgermeister als Leiter der Stadtverwaltung (vgl. §§ 22 Abs. 2, 29 Abs. 1 Satz 1 ThürKO) und damit im Namen der Beklagten abgegeben. Weiter entspricht die im Schreiben vom 18.02.2002 enthaltene Aussage, er - der Oberbürgermeister - halte an seine Zusage fest, einen Abriss des Wochenendhauses zu verhindern, nach ihrem Wortlaut dem, was nach § 38 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG als (verbindliche) Zusicherung anzusehen ist. Sie kann nach ihrem klaren Wortlaut nicht lediglich als schlichte Auskunft oder Erklärung des Oberbürgermeisters angesehen werden, er werde sich (nur) darum bemühen, den Abriss des Wochenendhauses der Kläger nach Möglichkeit zu verhindern. Die Formulierung bringt vielmehr hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Oberbürgermeister für die Beklagte verbindlich zusagen wollte, dass es nicht zu einem Abriss des Wochenendhauses der Kläger kommen werde.
Unschädlich ist, dass es im Schreiben vom 18.02.2002 nicht ausdrücklich heißt, die Beklagte werde keine Beseitigungsanordnung erlassen, sondern die Formulierung gewählt worden ist, einen Abriss des Wochenendhauses verhindern zu wollen. Diese Formulierung erklärt sich damit, dass der Oberbürgermeister nach der internen Kompetenzverteilung bei der Beklagten zunächst nicht selbst über den Erlass von Beseitigungsanordnungen und damit auch nicht über den Verzicht auf ein bauaufsichtliches Vorgehen zu entscheiden hatte. Er musste daher damit rechnen, dass das zuständige Bauordnungsamt den Erlass einer Beseitigungsanordnung plante, zumal es darauf bereits in seinem (der Ablehnung des Bauantrags vorausgehenden) Anhörungsschreiben vom 20.01.2000 hingewiesen hatte. Die Kläger, die sich bereits im Jahre 2000 an den Oberbürgermeister der Beklagten gewandt hatten, nahmen in ihrem Schreiben vom 11.02.2002 auch ausdrücklich auf das behördliche Schreiben vom 20.01.2000 und die darin enthaltene Ankündigung einer Beseitigungsanordnung Bezug. Das Bauordnungsamt war seinerzeit angewiesen, geplante Abrissverfügungen zuvor (über den Baudezernenten) dem damaligen Oberbürgermeister zur Unterschrift vorzulegen. Dieser hatte sich somit die Möglichkeit eingeräumt, den Erlass entsprechender Verfügungen dadurch zu verhindern, dass er die Gegenzeichnung unterließ. Unabhängig davon, ob die Kläger den konkreten Inhalt der entsprechen den internen Dienstanweisung kannten, wussten sie jedenfalls, dass der Oberbürgermeister sich direkt in die Tätigkeit des Bauordnungsamts einschaltete und dessen Tätigwerden gegebenenfalls zu verhindern wusste. So hatten die Kläger etwa nach der im Schreiben des Bauordnungsamtes vom 20.01.2000 enthaltenen Ankündigung einer Abrissverfügung ein Stadtratsmitglied eingeschaltet, das wiederum das Gespräch mit dem Oberbürgermeister suchte. Unter Bezugnahme auf dieses Gespräch hatte der Oberbürgermeister dem betreffenden Stadtratsmitglied "in Sachen drohende Abrissverfügung Wochenendhaus Herr R " unter dem 04.02.2000 mitgeteilt, dass ein Bescheid der "Baubehörde" seinerseits ausgesetzt worden sei, "um weitere Erörterungsmöglichkeiten zu suchen". Wenn der Oberbürgermeister das Schreiben der Kläger vom 11.02.2002 dahin beantwortete, dass er an seiner Zusage festhalte, einen Abriss des Wochenendhauses zu verhindern, konnten sie dies des halb dahin verstehen, dass er es nicht zu einer Abrissverfügung kommen lassen und nicht etwa erst eine Vollstreckung aus einer derartigen Verfügung verhindern werde.
Der entsprechende Bindungswille des Oberbürgermeisters wird nicht durch die folgenden Sätze des Schreibens in Frage gestellt oder relativiert. Darin weist der Oberbürgermeister lediglich darauf hin, dass er keine "Wohnsitzgenehmigung" (gemeint ist wohl eine Genehmigung zur Dauerwohnnutzung) erwirken könne und der Beklagten eine Legalisierung des Vorhabens durch "Satzungsinstrumentarien" (gemeint sein dürfte etwa eine Außenbereichssatzung) wegen der ablehnenden Haltung des Landesverwaltungsamtes versagt sei. Der dann folgende Satz, dass ein Gesetzesverstoß durch den Oberbürgermeister erfolglos sei und umgehend bestraft werde, bezog sich offensichtlich auf die zuvor angesprochene und nach Auffassung des Oberbürgermeisters nicht mögliche Legalisierung des Vorhabens. Die Kläger mussten die zitierten Aussagen jedenfalls nicht dahin verstehen, dass der Oberbürgermeister damit seine Zusage, einen Abriss zu verhindern, relativieren wolle. Sein Schreiben vom 18.02.2002 differenziert deutlich zwischen der ihm (wegen des damit verbundenen Gesetzesverstoßes) nicht möglichen Legalisierung des Vorhabens einerseits und dem Verzicht auf den Erlass einer im Ermessen der Behörde stehenden Beseitigungsanordnung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 ThürBO andererseits, den er offensichtlich für zulässig hielt. Dass diese Rechtsauffassung höchstwahrscheinlich nicht zutraf (dazu näher unter 3.), ist in diesem Zusammenhang unerheblich.
Auch der letzte Satz des Schreibens vom 18.02.2002, in dem der Oberbürgermeister der Beklagten sich für den Fall "irgendeiner Negativentwicklung" als Ansprechpartner zur Verfügung stellt, relativiert entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts die gegebene Zusage nicht. Die Formulierung bringt lediglich zum Ausdruck, dass der Oberbürgermeister der Beklagten weitere Schritte des dafür nach der internen Kompetenzverteilung zuständigen Bauordnungsamtes, insbesondere die Vorbereitung einer Beseitigungsanordnung, jedenfalls nicht für ausgeschlossen hielt. Den Klägern war aber - wie dargelegt - bekannt, dass der Oberbürgermeister als Behördenleiter unmittelbar in die Tätigkeit des Bauordnungsamtes eingriff. Deshalb konnten sie das im letzten Satz seines Schreibens enthalte Angebot dahin verstehen, dass er sich im Falle einer Negativentwicklung im Sinne der abgegebenen Zusage einsetzen und ein Einschreiten des Bauordnungsamtes verhindern werde. So ist das Schreiben des Oberbürgermeisters von den Klägern im Übrigen auch verstanden worden. Sie haben sich, nachdem das Bauordnungsamt den Erlass einer Beseitigungsanordnung angekündigt hatte, mit Schreiben vom 08.02.2003 wieder unmittelbar an den Oberbürgermeister der Beklagten gewandt und geltend gemacht, er habe ihnen mehrfach versichert, dass es nicht zum Abriss des Gebäudes kommen werde.
Unerheblich ist, dass der damalige Oberbürgermeister sein an die Kläger gerichtetes Schreiben nicht dem für den Erlass von Beseitigungsanordnungen nach der internen Geschäftsverteilung zuständigen Bauordnungsamt zugeleitet hat. Für die Kläger als Adressaten des Schreibens war nicht erkennbar und darüber hinaus auch ohne Interesse, in welcher Weise die entsprechende Zusage intern umgesetzt wurde. Der Bindungswille des Oberbürgermeisters wird schließlich nicht dadurch in Frage gestellt, dass dieser später, nachdem die Beklagte auf Druck des Landesverwaltungsamtes als Fachaufsichtsbehörde die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung erlassen hatte, gegenüber dem damaligen Bevollmächtigten der Kläger in seinem Schreiben vom 24.07.2003 bestritt, eine derartige Zusage abgegeben zu haben. Für die Auslegung des Schreibens vom 18.02.2002 kommt es nur darauf an, wie ein verständiger Empfänger die darin enthaltenen Aussagen seinerzeit verstehen konnte. Das widersprüchliche Verhalten des damaligen Oberbürgermeisters der Beklagten, der zunächst ausdrücklich zusagte, einen Abriss des Wochenendhauses der Kläger zu verhindern, um dann (knapp eineinhalb Jahre später) genau diese Zusage in Abrede zu stellen, kann nicht zu Lasten der Kläger gehen.
2. Die Zusage kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz auch nicht einschränkend dahin verstanden werden, dass der Oberbürgermeister der Beklagten (nur) den vollständigen Abriss des Wochenendhauses habe verhindern wollen.
Eine derartige einschränkende Interpretation der im Schreiben enthaltenen Aussagen ist insbesondere nicht deshalb gerechtfertigt, weil in den vorangegangenen Verwaltungsverfahren stets zwischen dem Altbestand (sog. Bungalow) und dem Anbau differenziert worden war, während im Schreiben des Oberbürgermeisters vom 18.02.2002 lediglich pauschal vom "Wochenendhaus" die Rede war.
Aus Sicht eines verständigen Empfängers bezog sich die darin enthaltene Zusage dennoch gerade auch auf den ungenehmigt errichteten und auch nach Auffassung des damaligen Oberbürgermeisters nicht genehmigungsfähigen Anbau. Der Oberbürgermeister der Beklagten wollte einen Abriss des "Wochenendhauses" ausweislich seines Schreibens deshalb verhindern, "um damit einer Vermögensvernichtung zu begegnen". Eine derartige "Vermögensvernichtung" drohte aber gerade für den Fall eines Abrisses des mit erheblichen Mitteln errichteten und im Vergleich zum Altbestand deutlich größeren "Anbaus". Für diese Auslegung der Zusage spricht vor allem auch der zeitliche Kontext des Schreibens. Der Oberbürgermeister der Beklagten beantwortete damit das Schreiben der Kläger vom 11.02.2002, in dem diese sich hilfesuchend an ihn gewandt und (unter Hinweis auf das bereits erwähnte Anhörungsschreiben vom 20.01.2000) geäußert hatten, sie befürchteten "eine Zwangsräumung und den späteren Abriss des Anbaus". In dem Anhörungsschreiben hatte das Bauordnungsamt der Beklagten auch lediglich angekündigt, die Beseitigung des Anbaus anordnen zu wollen; hinsichtlich des bereits vorhandenen "Bungalows" war demgegenüber nur von der Untersagung der Wohnnutzung die Rede.
Eine andere Auslegung des Schreibens vom 18.02.2002 liegt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht etwa deshalb nahe, weil der damalige Oberbürgermeister der Beklagten die Kläger darin bat, "den gegenwärtigen Zustand der teilweisen Nutzbarkeit des Hauses zu meistern". Die Aussage bezieht sich ersichtlich auf die vorangegangenen Ausführungen, in denen der Oberbürgermeister den Klägern dargelegt hatte, dass und warum eine Legalisierung des Anbaus und der Wohnnutzung des gesamten Gebäudes nicht möglich war. Der Oberbürgermeister wollte die Kläger schlicht um Verständnis dafür bitten, dass ihr Haus wegen der fehlenden Genehmigungsfähigkeit nur eingeschränkt genutzt werden konnte. Wenn nach Auffassung des Oberbürgermeisters der Beklagten sogar ein Abriss des Anbaus in Rede gestanden hätte, hätte seine Bitte, den "gegenwärtigen Zustand der teilweisen Nutzbarkeit des Hauses zu meistern", keinen Sinn gemacht.
Bestätigt wird der entsprechende Regelungswille des Oberbürgermeisters mittelbar auch durch seine wenig mehr als zwei Wochen danach verfasste Hausmitteilung vom 07.03.2002 an den Baudezernenten, in der er seine Auffassung bekräftigte, es sei zur Erreichung eines dem Baurecht entsprechenden Zustandes nicht verhältnismäßig, die Beseitigung der rechtswidrig errichteten Gebäudeerweiterung zu verfügen. Diese interne Mitteilung belegt im Übrigen auch, dass der Oberbürgermeister im Verzicht auf den Abriss des Anbaus keinen Gesetzesverstoß erblickte, den er ausweislich seines Schreibens an die Kläger nicht begehen wollte.
3. Die gegenüber den Klägern abgegebene Zusicherung ist wirksam und in der Folgezeit nicht widerrufen oder zurückgenommen worden.
Sie ist von der zuständigen Behörde und in der von § 38 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG geforderten Schriftform erteilt worden. Der Oberbürgermeister hat hier als Behördenleiter für die Stadtverwaltung der Beklagten gehandelt, bei der es sich um die für das Gebiet der Stadt Gera zuständige untere Bauaufsichtsbehörde handelt (vgl. §§ 61 Abs. 1, 59 Abs. 1 Nr. 1 ThürBO). Ob der Oberbürgermeister der Beklagten nach der behördeninternen Kompetenzverteilung berechtigt, war, sich in dieser Weise unmittelbar in die Tätigkeit des Bauordnungsamtes einzuschalten, ist unerheblich (vgl. etwa Hennecke in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2004, § 38 Rdn. 12 m. w. N.).
Zwar spricht alles dafür, dass die Zusicherung rechtswidrig ist, weil der damalige Oberbürgermeister der Beklagten damit das an sich gebotene Einschreiten des zuständigen Bauordnungsamtes "torpediert" hat (zu diesem sog. intendierten Ermessen vgl. ThürOVG, Beschluss vom 27.06.1996 - 1 EO 425/95 -, BRS 58 Nr. 208 = LKV 1997, 370 = ThürVBl. 1997, 16 = ThürVGRspr. 1997, 42; Urteil vom 11.12.1997 - 1 KO 674/95 -, BRS 59 Nr. 213 = ThürVBl. 1998, 137 = ThürVGRspr. 1998, 81). Der damalige Oberbürgermeister der Beklagten hat in dieser und offenbar auch in zahlreichen weiteren Bausachen einen ordnungsgemäßen Vollzug des Baurechts durch das Bauordnungsamt der Beklagten behindert, was sich im vorliegenden Fall nicht zuletzt daran zeigt, dass die Beklagte erst auf massiven Druck des Landesverwaltungsamtes als zuständiger Fachaufsichtsbehörde tätig geworden ist. Die rechtswidrige Zusage des damaligen Oberbürgermeisters leidet damit aber an keinem besonders schweren Mangel, der gem. § 38 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 44 ThürVwVfG zu ihrer Unwirksamkeit führen würde. Für den verständigen Empfänger der Zusage war insbesondere nicht offenkundig im Sinne des § 44 Abs. 1 ThürVwVfG, dass der damalige Oberbürgermeister der Beklagten damit rechtswidrig handelte.
Die Bindung der Beklagten an die in ihrem Namen abgegebene Zusicherung ist auch nicht nach § 38 Abs. 3 ThürVwVfG nachträglich entfallen. Das ist nach dieser Bestimmung nur dann der Fall, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Für einen derartigen "Wegfall der Geschäftsgrundlage" liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere kann eine Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht darin gesehen werden, dass das Landesverwaltungsamt als zuständige Fachaufsichtsbehörde die Beklagte zum Erlass der streitgegenständlichen Beseitigungsanordnung aufgefordert hat.
Die Zusicherung ist zwischenzeitlich auch nicht widerrufen oder zurückgenommen worden. Soweit der Oberbürgermeister der Beklagten nach Erlass der Beseitigungsanordnung zu Unrecht bestritten hat, eine dem entgegenstehende Zusicherung abgegeben zu haben, kann diese Aussage nicht als (hilfsweise) Widerrufs- oder Rücknahmeerklärung angesehen werden. Im Übrigen würde es an der erforderlichen Ausübung des Widerrufs- bzw. Rücknahmeermessens fehlen.
4. Die somit nach wie vor wirksame und die Beklagte bindende Zusage des damaligen Oberbürgermeisters, gegenüber den Klägern keine Beseitigungsanordnung zu erlassen, steht der streitgegenständlichen Verfügung entgegen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Kläger im Vertrauen auf die Zusage noch weitere Vermögensdispositionen getroffen haben. Darauf kommt es - wie die Kläger zu Recht betonen - erst an, wenn es um die Frage der Aufhebung einer Zusicherung geht, mit der sich die Beklagte nunmehr zu beschäftigen haben wird.
5. Ist die angefochtene Beseitigungsanordnung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides somit rechtswidrig, ist damit auch die Grundlage für die mit ihr verbundene Zwangsgeldandrohung (Ziff. 3 des Bescheides vom 30.06.2003) entfallen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 132 VwGO).
Beschluss
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren gemäß § 63 Abs. 2 i. V. m. den §§ 47 und 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 52.500,- € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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