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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.03.2006
Aktenzeichen: 3 EO 945/05
Rechtsgebiete: VwGO, WaffG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 146
WaffG § 5 Abs. 2 Ziff. 1b
WaffG § 6 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 41 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 41 Abs. 1 S. 2
Zum Besitzverbot für erlaubnisfreie Waffen aus personenbedingten Gründen nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG bei psychischer Erkrankung.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 3. Senat - Beschluss

3 EO 945/05 In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Waffenrechts,

hier: Beschwerde nach §§ 80, 80a VwGO

hat der 3. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Lindner, den Richter am Oberverwaltungsgericht Best und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht Hanz am 10. März 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 20. Juli 2005 - 2 E 657/05 We - wird verworfen, soweit sie sich auf die abgelehnte Prozesskostenhilfe bezieht. Die Beschwerde in der Hauptsache gegen den angefochtenen Beschluss wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren zum waffenrechtlichen Besitzverbot auf 2500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Mitglied im "R e. V.", der im September 1997 in das Vereinsregister eingetragen wurde. Er übt die Funktion des 2. Vereinsvorsitzenden (1. Vorsitzender ist sein Vater G ) aus. Die Vereinswaffen wurden in einem Stahlschrank der Klassifizierung B mit 2 B-Innenfächern in einem separaten Abstellraum außerhalb der Wohnung auf dem privaten Hausgrundstück B , S , dessen Eigentümer der Antragsteller ist, zusammen mit den privaten Waffen der Lebensgefährtin des Antragstellers, Frau H , untergebracht. Der Antragsteller bewohnte mit Frau H und dem gemeinsamen Kleinkind eine Wohnung im I. Obergeschoss des Hauses (unstrittig bis Ende März 2005). Bei einem - bis heute nicht aufgeklärten - Einbruchdiebstahl im Februar 2004 wurden die Waffen aus dem Stahlschrank entwendet.

In zeitlichem Zusammenhang mit einer Petition an den Thüringer Landtag von Herrn G sowie dem Waffendiebstahl in S wurde der Antragsgegner zunächst fernmündlich und in der Folge schriftlich über die Vorgänge, insbesondere die Petitionsunterlagen, in Kenntnis gesetzt. Strafrechtlich ist der Antragsteller wie folgt in Erscheinung getreten:

- 27.08.1999, Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 44 StGB, § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG), 100 Tagessätze zu je 30 DM Geldstrafe sowie 2 Monate Fahrverbot, Urteil des AG Sondershausen vom 19.01.2000, Az.: 445 Js 59972/1999 3 CS.

- 01.03.1999, Bedrohung in 4 Fällen, Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung sowie Nötigung in 2 Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb (§§ 241 Abs. 1, 240 Abs. 1 bis 3, 21, 22, 23, 52, 53, 56 StGB), 7 Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung unter Annahme verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB, Urteil des AG Sondershausen vom 01.11.2000, Az.: 410 Js 47244/99 - 3 Ds; Herr Th. G zerschlug mit seinen Händen die Fensterscheibe des Pkw, in dem sich seine frühere Lebensgefährtin, die Zeugin G. in Begleitung des Zeugen X. G. befand. Er beschimpfte diese und drohte, beide "zu erledigen". Nachdem es Frau G. und dem Zeugen X. G. gelang, zur Polizeiinspektion Sondershausen zu fahren, folgte Herr Th. G ihnen dorthin und schubste Frau G. mit aller Wucht gegen die Hauswand, wobei er immer wieder rief, er wolle mit dem Zeugen X. G. abrechnen und ihn erledigen. Er verdrehte Frau G. das Handgelenk und würgte sie am Hals. Den zu Hilfe eilenden Polizeibeamten griff er tätlich an. Die Zeugin G. erlitt durch das Würgen ein Hämatom am Hals, Prellungen am Rücken und Schmerzen im rechten Handgelenk.

- 10.01.1997, Räuberische Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§§ 239 a Abs. 1, 249 Abs. 1, 253, 255, 52, 223, 223a, 21 StGB), 1 Jahr und 9 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung (Bewährungszeit bis 26.04.2007) unter Annahme verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB, Urteil des LG Mühlhausen vom 27.04.2004, Az.: 326 Js 45257/98 3 KLS; Herr Th. G hielt, zusammen mit 2 Mittätern, einen Zeugen - der einem der Mittäter Geld aus der Vermittlung gestohlener Baumaschinen schuldete - gegen dessen Willen fest, schlug und trat auf diesen ein, woraufhin der Zeuge ein als Quittung überschriebenes Schuldanerkenntnis unterschrieb und auf Diktat ein handschriftliches Geständnis fertigte, worin er sich als Auftraggeber der Baumaschinendiebstähle bezichtigte. Der Zeuge erlitt Hämatome, offene Platzwunden am Gesicht, Rippenprellungen und eine rechtsseitige Nierenblutung.

Der Antragsteller ist psychisch krank. Er leidet an einer schweren seelischen Abartigkeit im Sinne einer gemischten Persönlichkeitsstörung (paranoid, narzistisch, borderline). Diese Diagnose wurde auf Grund eines im Rahmen des Strafverfahrens wegen Körperverletzung (Az.: 410 Js 47244/99 - 3 Ds) erstellten forensisch-psychiatrischen Gutachtens von Herrn PD Dr. A des Landesfachkrankenhauses für Psychologie und Neurologie in M vom 20. Mai 2000 gestellt. In der psychologischen Zusatzbeurteilung vom 22. Mai 2000, erstellt von Herrn Dipl.-Psych. U , heißt es auszugsweise:

"...Die bei Herrn G. hier im Gutachten zu diskutierende strafbare Handlung kam m. E. als Reaktion einer aus seiner Sicht bedrohlichen Ich-Zerstörung zustande, wobei die psychische Ausnahmesituation sich fast wahnhaft ausgestaltete. Herr G. befindet sich in extremen Frustrationssituationen in einer Lebensbedrohlichkeit seines eigenen Ichs und die Steuerung seiner Impulse ist aufgrund der Massivität der Persönlichkeitsstörung gemindert...."

Im Jahr 2004 wurden weitere Gutachten anlässlich der Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit (behandelnde Ärztin für Neurologie und Psychologie, Frau N. G____, vom 15. April 2004; Ökumenisches Hainich-Klinikum: Frau Dr. M____ vom 15. April 2004 und PD Dr. A____ vom 19. April 2004) erstellt. Auf den Inhalt der Gutachten wird im einzelnen Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2005 wurden vom Antragsgegner bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen die Strafakten angefordert. Das Thüringer Landesverwaltungsamt wies den Antragsgegner mit Schreiben vom 7. März 2005 an, die Frau ___ H erteilte waffenrechtliche Erlaubnis mit einer Auflage zu verbinden (vgl. paralleles Verfahren der Frau H - 3 EO 946/05). Darüber hinaus wurde dem Antragsgegner nahe gelegt, die Verhängung eines generellen Waffenbesitzverbotes gemäß § 41 Abs. 2 WaffG gegen den Antragsteller zu prüfen. Dies werde für diesen die Möglichkeit ausschließen, mit fremden Waffen am Schießstand zu schießen.

Am 29. März 2005 ersuchte der Antragsgegner die Polizeiinspektion Kyffhäuser um Auskunft, ob gegen den Antragsteller ein Strafverfahren anhängig sei oder sonstige Tatsachen bekannt seien, die gegen die waffenrechtliche Zuverlässigkeit sprechen. Mit Rückantwort vom 4. April 2005 wurden zahlreiche Straftatbestände ohne Angabe von Aktenzeichen, Datum und Verfahrensstand genannt.

Mit Bescheid vom 13. April 2005 wurde dem Antragsteller in Ziffer 1 die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Waffen und Munition untersagt. Diese Anordnung schließt auch das Verbot ein, die genannten Gegenstände zu erwerben. Die Ziffern 2 bis 4 lauten:

"2. Sollten Sie sich im Besitz von Waffen und Munition im Sinne des Waffengesetzes befinden, so haben Sie diese bis zum 28.04.2005 der Behörde oder einem Berechtigten zu übergeben. Bei Übergabe an einen Berechtigten ist dies der Behörde bis zum 03.05.2005 durch ein Übergabeprotokoll anzuzeigen. Sollten Sie sich nicht im Besitz von Waffen oder Munition befinden, so haben Sie dies der Behörde bis zum 03.05.2005 schriftlich zu bestätigen.

3. Die sofortige Vollziehung von Ziffer 1 und 2 wird angeordnet.

4. Für den Fall der Nichtübergabe der Waffen und des Übergabeprotokolls bzw. der Nichterbringung der schriftlichen Erklärung entsprechend Ziffer 2 wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 € angedroht."

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, wegen der strafrechtlichen Verurteilungen vom 1. November 2000 und 27. April 2004 liege die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2 Nr. 1a WaffG vor. Auch aus dem nach § 154 StPO eingestellten Verfahren wegen unerlaubten Waffenbesitzes (der Zeitpunkt der Tat ergibt sich nicht aus den vorhandenen Akten) folge die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit aus § 5 Abs. 1 Nr. 2a WaffG. Mit dem Führen einer unter-ladenen Waffe liege eine Tatsache vor, die die Annahme der missbräuchlichen Verwendung sowie eines unvorsichtigen und unsachgemäßen Umgangs rechtfertigten. Der bei den letzten beiden Verurteilungen angewandte § 21 StGB auf Grund einer psychischen Erkrankung begründe auch die fehlende persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Zum Nachweis der persönlichen Eignung sei der Antragsteller jedoch berechtigt, ein fachpsychologisches Gutachten beizubringen (§ 41 Abs. 1 Satz 2 WaffG). Bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen seien derzeit Verfahren anhängig (räuberische Erpressung 303 Js 55141/04; drei Fälle von Sachbeschädigung 303 Js 43320/04, 303 Js 43323/04, 303 Js 43322/04). Die Behörde sei daher auf Grund fehlender Zuverlässigkeit und fehlender persönlicher Eignung berechtigt, ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WaffG auszusprechen. Dieses Verbot schließe alle Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 WaffG ein. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei geboten. Das überwiegende öffentliche Interesse ergebe sich aus der Vielzahl der strafrechtlichen Verurteilungen und der möglicherweise von der psychischen Erkrankung ausgehenden Gefahr eines erneuten missbräuchlichen Umgangs mit Waffen.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller per Fax am 3. Mai 2005 Widerspruch ein.

Der Antragsteller meldete sich mit seinem Hauptwohnsitz am 22. April 2005 rückwirkend zum 1. April 2005 nach B , OT F , B - , Landkreis Merseburg-Querfurt, um. Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 erteilte der Landkreis Merseburg-Querfurt auf Anfrage des Antragsgegners diesem die Zustimmung, das Verwaltungsverfahren als zuständige Behörde weiterzuführen.

Am 31. Mai 2005 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Weimar um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und ausgeführt, der Sofortvollzug sei unzureichend begründet. Die - zugegeben - bestehende waffenrechtliche Unzuverlässigkeit rechtfertige nicht eine Maßnahme nach § 41 WaffG. Von ihm gehe keine akute Gefahr aus. Die Straftaten seien vor 8 Jahren begangen worden. Das laufende Ermittlungsverfahren wegen räuberischer Erpressung sei bereits nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die anderen Verfahren seien dem Antragsteller unbekannt.

Darüber hinaus wohne er nicht mehr in S .

Der Antragsteller hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 3. Mai 2005 gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 13. April 2005 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegner hat die ergangene Verfügung verteidigt. Die Aktenzeichen der Ermittlungsverfahren habe die Staatsanwaltschaft auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, jedoch nicht, dass ein Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Aus der Aufbewahrung von Schusswaffen und Munition in der gemeinsamen Wohnung mit Frau H ergebe sich das Gefahrenpotential, das den Erlass des Bescheides rechtfertige. Anhaltspunkte für die Trennung fehlten. Der Antragsteller sei ausweislich des forensisch-psychiatrischen Gutachtens von Herrn PD Dr. A vom 20. Mai 2000, der Zusatzbeurteilung vom 22. Mai 2000, sowie der ärztlichen Stellungnahmen der behandelnden Ärztin Frau G vom 15. April 2004 und des Ökumenischen Fachkrankenhauses Hainich-Klinikum vom 19. April 2004 psychisch krank. Es bestehe die Gefahr, dass er sich in Konfliktsituationen mit der Polizei zu unbedachten Handlungen unter Anwendung von Waffen hinreißen lasse.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat weder einen Antrag gestellt noch zur Sache Stellung genommen.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Beschluss vom 20. Juli 2005 den Antrag abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, der angegriffene Bescheid erweise sich als offensichtlich rechtmäßig. Die Anordnung des Sofortvollzuges genüge den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Begründung im Rahmen des § 80 Abs. 3 VwGO. Der Antragsteller könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er seit dem 01.04.2005 nach Sachsen-Anhalt verzogen sei. Der Antragsgegner sei örtlich gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3a ThürVwVfG zuständig; im Übrigen habe der Landkreis Merseburg-Querfurt nach § 3 Abs. 3 ThürVwVfG der Fortführung des Verwaltungsverfahrens zugestimmt. Die unterbliebene Anhörung sei im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 ThürVwVfG). Das Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG sei rechtmäßig. Dem Antragsteller fehle die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG und die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG wegen seiner psychischen Erkrankung. Der Antragsgegner habe die im Ausgangsbescheid vom 13. April 2005 unzureichenden Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 9. Juni 2005 ergänzt. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 27. Juli 2005 zugestellt.

Am 10. August 2005 hat der Antragsteller per Fax Beschwerde eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 29. August 2005, eingegangen per Fax am selben Tage (einem Montag), begründet hat. Er führt an: Die Anhörung vor Erlass des Verwaltungsaktes sei nicht erfolgt. Die Begründung des Sofortvollzuges sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Bei der vom Bevollmächtigten vorgenommenen Akteneinsicht seien in den Verwaltungsakten weder die Strafakten noch die Gutachten enthalten gewesen. Darüber hinaus trägt er vor: Der Antragsgegner habe den Antragsteller nicht zur Vorlage eines Gutachtens nach § 41 Abs. 1 Satz 2 WaffG aufgefordert und beziehe sich selbst auf ein Gutachten aus dem Jahr 2000. Der Antragsgegner hätte sogar von Amts wegen ein aktuelles Gutachten erstellen lassen müssen. Der Antragsteller habe sich ordnungsgemäß umgemeldet und auch seinen Lebensmittelpunkt tatsächlich verlagert. Als Hauseigentümer müsse er zwangsläufig persönlich den Bauantrag stellen, wenn er einen Hundezwinger errichten wolle. Er besitze keine Waffen und habe auch nicht die Absicht, solche zu erwerben. Daher sei § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG unanwendbar. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, wonach der Antragsgegner die Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 9. Juni 2005 ergänzt habe, gehe fehl. Vielmehr habe der Antragsgegner versucht, seine Argumentation nunmehr von § 41 Abs. 1 Nr. 2 ausgehend auf § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG zu stützen. Laufende Ermittlungsverfahren gebe es keine und somit auch kein Gefahrenpotential. Das Thüringer Innenministerium dürfe keine Weisung erteilen.

Er beantragt mit Schriftsatz vom 30. August 2005 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen - mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2005 zusätzlich für die erste Instanz - und begehrt mit der Beschwerde die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsmittels.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

In der Sache ergänzt er, es werde davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller regelmäßig auf dem Grundstück B in S aufhalte. Gestützt werde dieses durch eine dem Antragsgegner am 24. August 2005 zugegangene Bauvorlage, die diesen als künftigen Bauherrn eines größeren Hundezwingers auf dem genannten Grundstück bezeichne. Die Behörde habe bereits am 17. Februar 2005 Einsicht in die Akten der Strafvollstreckungsbehörde genommen.

Die zitierten Gutachten seien dem Antragsteller selbst bekannt. Die Erkenntnisse des Antragsgegners würden nicht nur auf die Gutachten aus dem Jahr 2000, sondern auch auf die Gutachten aus dem Jahr 2004 gestützt. Im Übrigen sei der Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar nicht zu beanstanden.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat keinen Antrag gestellt. Er hält das Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 WaffG gegenüber dem Antragsteller für rechtmäßig und weist darauf hin, dass der Antragsgegner nicht von Amts wegen gehalten gewesen sei, ein aktuelles Gutachten erstellen zu lassen.

Mit Widerspruchsbescheid des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 8. August 2005, zugestellt am 15. August 2005, wurde der Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen. In der Begründung heißt es: Die unterbliebene Anhörung sei gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ThürVwVfG nachgeholt worden, denn der Widerspruchsführer habe im Rahmen der Widerspruchsbegründung seine Argumente vortragen können. Der Antragsgegner sei sachlich und örtlich zuständig. Der Bescheid vom 13. April 2005 sei auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG würden vorliegen. Der Antragsteller sei psychisch krank und besitze daher nicht die erforderliche persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Auf Grund der strafrechtlichen Verurteilungen sei er waffenrechtlich unzuverlässig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG). Nach Beurteilung der Gesamtumstände sei davon auszugehen, dass der Antragsteller nicht die erforderlichen Voraussetzungen für den Umgang mit erlaubnisfreien Waffen und Munition besitze. Es könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass er in Stresssituationen gegen Dritte Waffen einsetzen werde. Durch die psychische Erkrankung i. V. m. der fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit könne von einer ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgegangen werden. Das Waffenbesitzverbot habe allein präventiven Charakter. Im Übrigen werde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 20. Juli 2005 Bezug genommen.

Mit Schreiben des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 18. August 2005 wurde der Widerspruchsbescheid durch eine Rechtsmittelbelehrung ergänzt. Am 15. September 2005 hat der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Weimar erhoben (2 K 1209/05 We).

Die Beteiligten haben ihren Vortrag im Hinblick auf den ergangenen Widerspruchsbescheid nicht ergänzt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf folgende Vorgänge Bezug genommen: die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (1 Ordner, 2 Hefter) und zum Verfahren 3 EO 946/05 (1 Hefter), die beigezogene Gerichtsakte des Hauptsacheverfahrens des Antragstellers (2 K 1209/05 We) sowie des Klageverfahrens der Frau H (2 K 1210/05 We) und des Eilverfahrens (2 E 658/05 We); sie waren einschließlich der Gerichtsakte Gegenstand der Beratung.

II.

1. Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (§ 146 VwGO) ist nicht zu entsprechen. Das Rechtsmittel der Beschwerde bietet aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Erfolgsaussicht (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO). Deshalb kann zugleich eine Beiordnung des Bevollmächtigten nicht in Betracht kommen (§ 121 ZPO).

2. Die erstmals im Schriftsatz vom 28. Oktober 2005 zugleich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für die erste Instanz erhobene Beschwerde ist zu verwerfen. Diese Beschwerde ist nicht innerhalb der Frist von 2 Wochen eingelegt worden (§ 147 Abs. 1 VwGO) und deshalb verfristet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist nicht veranlasst. Die Pauschalgebühr ergibt sich aus Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zu § 3 GKG.

III.

Die Beschwerde in der Hauptsache ist zulässig.

Entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO fehlt zwar der ausdrückliche Antrag sowohl in der Beschwerde als auch in den Begründungsschriftsätzen. Das gesetzliche Erfordernis eines bestimmten Antrages ist aber auch dann erfüllt, wenn sich das Rechtsschutzziel aus der Beschwerdebegründung durch Auslegung (§ 88 VwGO) unzweifelhaft ermitteln lässt (vgl. ThürOVG, Beschluss vom 28. November 2003 - 4 EO 627/02 - ThürVBl. 2004, 159 = ThürVGRspr. 2005, 121 m. w. N.). Dem ist genügt. Aus der Begründung der Beschwerde mit Schriftsatz vom 28. August 2005 wird hinreichend deutlich, dass der Antragsteller das Ziel verfolgt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten Rechtsbehelfs - des Widerspruches vom 3. Mai 2005 - zu erreichen. Der einstweilige Rechtsschutz ist nunmehr aufgrund des - zw ischenzeitlich nach Einlegung der Beschwerde - am 8. August 2005 ergangenen Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes auf die am 15. September 2005 beim Verwaltungsgericht Weimar erhobene Klage des Antragstellers (2 K 1209/05 We) zu beziehen; auf dessen Erlass hat der Antragsteller selbst in seinem Schriftsatz vom 28. Oktober 2005 hingewiesen.

Mit dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren vermag der Antragsteller gerade noch die Anforderungen des Darlegungsgebotes nach der zitierten Vorschrift zu erfüllen.

Danach sind die Gründe darzulegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist. Seiner Darlegungslast genügt der Beschwerdeführer nur dann, wenn er die tragenden Erwägungen der Vorinstanz aufgreift und sie substantiiert in Frage stellt. Dazu muss die Begründung erkennen lassen, aus welchen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen die Erwägungen der Vorinstanz aus seiner Sicht unrichtig sind. Die Beschwerdeschrift hat ferner zu verdeutlichen, warum die Entscheidung im Hinblick auf das durch den zwingend notwendigen Antrag bestimmte Rechtsschutzziel im Ergebnis der Korrektur bedarf. Nur eine solche Begründung setzt sich mit dem Prozessstoff in der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO zugemuteten Form auseinander. In dieser Auslegung des Darlegungsgebotes wird der Zugang zum Instanzgericht nicht in unzumutbarer Weise beschränkt (st. Rspr., vgl. Beschluss des Senats vom 14. Juni 2002 - 3 EO 372/02 - n. v. sowie ThürOVG, Beschluss vom 29. April 2002 - 2 EO 267/02 - m. w. N.).

Das Beschwerdevorbringen, mit dem sich der Antragsteller ausschließlich gegen das ihm gegenüber verfügte Waffenbesitzverbot (Ziffer 1 des Bescheides vom 13. April 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2005), wendet, greift die wesentlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts auf, wenn auch eine innere Ordnung zum Teil zu vermissen ist.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Einwand des Antragstellers, die Begründung des Sofortvollzuges entspreche nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, vermag nicht durchzugreifen. Eine Begründung aus der hervorgeht, worin (im Einzelfall) das über die Rechtfertigung des Verwaltungsakts selbst hinausgehende Interesse gerade am sofortigen Vollzug besteht, ist unerlässlich. In der Rechtsprechung des Senats ist jedoch geklärt, dass angesichts der besonderen Gefahren, deren Abwehr das Waffenrecht dient und der Tatsache, dass insoweit die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen häufig zugleich auch die besondere Dringlichkeit der Vollziehung bedingen - was gerade im Falle waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit häufig der Fall sein dürfte -, regelmäßig eher geringere Anforderungen an den Inhalt der Begründung zu stellen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2004 - 3 EO 928/04 -, n. v.; Beschluss vom 7. April 2005 - 3 EO 137/05 - und Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. Juli 2005 - 19 CS 05.1154 - BayVBl. 2005, 666). Daran gemessen, erscheint die Begründung ausreichend. Der Widerspruchsbescheid bestätigt insoweit, dass die im Ausgangsbescheid angeführten Gründe individuell den Lebenssachverhalt würdigen, d. h. auf die strafrechtlichen Verstöße des Antragstellers sowie auf seine psychische Erkrankung und die damit einhergehende besondere Gefahr abgestellt worden ist.

Der Bescheid des Antragsgegners vom 13. April 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. August 2005 begegnet auch im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken.

Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die fehlende Anhörung vor Erlass des Bescheides führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Der Senat sieht zwar hier die Voraussetzungen, unter denen im Einzelfall im Verwaltungsverfahren von einer Anhörung abgesehen werden kann (§ 28 Abs. 2 und 3 ThürVwVfG), als offensichtlich nicht gegeben an. Die versäumte Anhörung wurde jedoch - wie auch der Widerspruchsbescheid ausführt - während des Widerspruchsverfahrens nachgeholt (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ThürVwVfG).

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Erstbehörde und der Widerspruchsbehörde stehen nicht ernstlich in Frage (vgl. §§ 48, 49 WaffG, § 3 Abs. 1 Nr. 3 ThürVwVfG und § 1 ThürWaffGDVO vom 10. Dezember 2004 - GVBl. S. 896). Die Behauptung, der Antragsteller sei umgezogen und habe auch seinen Lebensmittelpunkt verlegt, ist nicht mit gegenläufigen Tatsachen vereinbar. Die Lebensgemeinschaft mit Frau H wird ersichtlich fortgesetzt; das gemeinsame Kind ist eingetragener Eigentümer des Anwesens mit der bisherigen Anschrift (vgl. Schriftsatz vom 28. Juni 2005). Zudem wäre ein Wohnsitzwechsel wegen der erteilten Zustimmung der dann zuständigen Waffenbehörde bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens gemäß § 3 Abs. 3 ThürVwVfG unbeachtlich (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 16. Februar 1999 - BJ VI 2/97 - NVwZ-RR 1999, 633 m. w. N.).

Dem Antragsgegner ist es materiell-rechtlich grundsätzlich möglich, ein Waffenbesitzverbot wegen personenbedingter Gründe im Rahmen des § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG zu erlassen. Nur darauf hat sich die Behörde im Widerspruchsbescheid vom 8. August 2005 gestützt, mit dessen Voraussetzungen sie sich auseinandersetzt. Die Ausführungen des Antragstellers zu § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG gehen deshalb ins Leere.

Für die Anwendung des § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG kommt es nicht darauf an, dass der Antragssteller - wie er im Beschwerdeverfahren behauptet - selbst nicht den Willen hat, Waffen zu erwerben bzw. behauptet, keine Waffen zu besitzen. Mögliche Gebote haben regelmäßig allein präventiven Charakter und sollen den Rechtsgüterschutz der Allgemeinheit effektiv verwirklichen (vgl. A. Humberg, Der Adressatenkreis eines Waffenverbots für den Einzelfall gemäß § 41 WaffG, VR 2004, S. 8 - 9, m. w. N.; Steindorf, Waffengesetz a. F., 7. A. München 1999, § 40, Rdnr. 3). Dem Schutzgedanken der Norm ist geschuldet, dass es auf den subjektiven Erwerbswillen nicht ankommen kann, denn andernfalls hätte es der Betroffene in der Hand - durch gegenläufige Erklärung - einem Besitzverbot entgegenzuwirken.

Es liegen auch hinreichend Tatsachen i. S. d. § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG vor, die die Annahme rechtfertigen, dass beim Antragsteller beide Alternativen der Norm zugleich erfüllt sind. Er ist psychisch krank, besitzt damit nicht die persönliche Eignung zum Führen von Waffen, und ihm fehlt wegen der strafrechtlichen Verurteilungen die waffenrechtliche Zuverlässigkeit.

Die strafrechtliche Verurteilung vom 27. April 2004 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 9 Monaten führt - wie der Antragsgegner zutreffend im Widerspruchsbescheid bestätigt - zu einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG. Schon die strafrechtliche Verurteilung des Amtsgerichts Sondershausen vom 1. November 2000 hat - ebenso wie diejenige vom 27. April 2004 - nach der abgeurteilten Straftat ohne weiteres einen waffenrechtlichen Bezug. Die abgeurteilten Straftaten zeigen nach den einzelnen Tathergängen ein erhebliches Gewaltpotential und Aggressivität im Handeln. Hinzu kommt, dass der Antragsteller seit längerer Zeit psychisch krank ist und sich aktuell noch in Behandlung befindet.

Die psychische Erkrankung wird - worauf der Widerspruchsbescheid hinweist - von ihm nicht in Abrede gestellt. Sie ist darüber hinaus fachärztlich festgestellt (schwere seelische Abartigkeit im Sinne einer gemischten Persönlichkeitsstörung [paranoid, narzistisch, borderline], vgl. Gutachten von PD Dr. A vom 20. Mai 2000, Psychologische Zusatzbeurteilung von PD Dr. A vom 22. Mai 2000, Gutachten des Hainich-Klinikums vom 15. und 19. April 2004) und in den strafrechtlichen Verurteilungen vom 1. November 2000 und 27. April 2004 durch Anerkennung verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) gewürdigt worden, worauf der Widerspruchsbescheid ebenfalls Bezug nimmt. Die Annahme der Widerspruchsbehörde, der Antragsteller erfülle auch nicht die vorausgesetzte persönliche Eignung i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, dürfte sich deshalb ebenso als zutreffend erweisen.

Soweit der Antragsteller dem Antragsgegner vorhält, es sei aus den Akten nicht ersichtlich, woher dieser seine Kenntnis über die psychische Erkrankung habe, mag damit die Behauptung unvollständiger Aktenführung und ggf. unvollständiger Sachaufklärung (vgl. § 24 ThürVwVfG) verbindbar sein. Weiterführend ist dies nicht. Der Antragsgegner ist selbstverständlich gehalten, die Akten ordnungsgemäß zu führen und die wesentlichen Vorgänge, die für das Verwaltungsverfahren, insbesondere auch für das rechtliche Gehör der Beteiligten und für die Entscheidung der Behörde von Bedeutung seien könnten, in Niederschriften oder Aktenvermerken festzuhalten, d. h. "aktenkundig" zu machen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage, München 2003, § 29 Rdnr. 11). Im vorliegenden Fall dürfte bei der Akteneinsicht des Bevollmächtigten des Antragstellers im Mai 2005 lediglich das Schreiben des Antragsgegners an die Staatsanwaltschaft Mühlhausen vom 17. Februar 2005 (Blatt 13 der Behördenakte) mit der Bitte um kurzfristige Überlassung der vorbezeichneten Strafakten und Urteile in der Akte gewesen sein. Darauf kommt es nicht mehr an. Der Antragsgegner hat im laufenden Verwaltungsverfahren die Akten vervollständigt; die zitierten strafrechtlichen Verurteilungen sowie sämtliche erstellten psychiatrischen und psychologischen Gutachten aus den Jahren 2000 und 2004 sind in Form von Kopien zum Gegenstand der Akten (Anlagenband) geworden. Die für den Erlass eines Waffenbesitzverbotes wesentlichen Vorgänge hat die Erstbehörde damit im laufenden Verwaltungsverfahren - vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens - ordnungsgemäß dokumentiert.

Offen bleiben kann, ob die vom Antragsgegner im Widerspruchsbescheid zusätzlich vorgenommene Prüfung der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der Waffen geboten ist (bejahend Apel/Bushart, Waffenrecht, Band 2, 3. Auflage Stuttgart 2004, § 41 Rdnr. 4 bis 7 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 41 WaffG -BT - Drucksache 14/7758, S. 76). Die Gefahrenprognose, der Antragsteller werde die Waffen mißbräuchlich verwenden, würde jedenfalls nicht zu beanstanden sein. Der Antragsgegner hat sich mit der Prüfung der "mißbräuchlichen Verwendung" an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum § 40 WaffG a. F. orientiert.

Missbräuchliche Verwendung im Sinne des § 40 WaffG a. F. meint danach nicht nur eine waffenspezifische Verwendung - z. B. das Schießen oder das Drohen mit der Waffe, sondern jeden Umgang mit der Waffe, der für andere Personen gefährlich sein kann (BVerwG, Urteil v. 6. Dezember 1978 - I C 94.76 - DVBl 1979, 725 und Bayerischer VGH, Beschluss vom 11. Juni 2001 - 21 ZB 01.631 - BayVBl. 2002, 673; Steindorf, Waffenrecht, 7. A., München 1999, § 40, Rdnr. 4). Eine solche Verwendung ist ernstlich zu besorgen. Zu Recht stellt der Widerspruchsbescheid darauf ab, es könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller auf Grund seiner Unzuverlässigkeit und der psychischen Erkrankung eventuell Waffen in Stresssituationen gegen Dritte einsetzt, d. h. missbräuchlich verwenden wird. Die strafrechtlich abgeurteilten Taten und die Persönlichkeitsstörungen beim Antragsteller tragen diese Prognose.

Das gemäß § 41 Abs. 1 WaffG eröffnete Ermessen hat der Antragsgegner wohl ordnungsgemäß ausgeübt. Im Widerspruchsbescheid wird der Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass durch die psychische Erkrankung i. V. m. der fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers von einer ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgegangen werden könne. Das Interesse des Antragstellers an einen evtl. Waffenbesitz müsse zurücktreten. Damit wird hinreichend deutlich, dass die Behörde ihr Ermessen erkannt hat, sie aber der Auffassung ist, einen etwaigen Waffenbesitz auf Grund der gegebenen Tatsachen verbieten zu müssen. Weitergehende Ausführungen sind regelmäßig - auch im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - nicht geboten. Dem gewichtigen öffentlichen Interesse, Leben und körperliche Unversehrtheit der Bürger zu schützen, dient auch die waffenrechtlichen Eingriffsbefugnis nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Der Gesetzgeber selbst hat ausdrücklich zum Verbot, des Besitzes und Erwerbs nicht erlaubnispflichtiger Waffen ermächtigt, um seiner Schutzpflichten gerecht zu werden. Liegt die Gefahr einer Rechtsgutbeeinträchtigung aufgrund von gewichtigen Tatsachen i. S. d. V. vor, wird der Ermessensspielraum nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen entsprechend eingeschränkt (vgl. nur Apel/Bushart, Waffenrecht, Bd. 2, 3. Aufl., § 41 WaffG, Rdnr. 8).

Gegenüber der Waffenbehörde hat es gerade keine Weisung gegeben, sondern nur die Anregung, ein mögliches Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 2 WaffG zu prüfen.

Diesem Prüfauftrag ist die Waffenbehörde nachgekommen. Im Übrigen sind rechtsund fachaufsichtliche Weisungen der dazu berufenen Behörde jederzeit möglich.

Hinsichtlich der mangelnden persönlichen Eignung kann der Antragsteller sich ebenso wenig darauf berufen, die Waffenbehörde habe zunächst das Vorliegen der entsprechenden Tatsachen durch ein aktuelles Gutachten prüfen müssen. Die Hinweispflicht aus § 41 Abs. 1 Satz 2 WaffG besagt, dass der Betroffene die Annahme mangelnder persönlicher Eignung im Wege der Beibringung eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder die körperliche Eignung ausräumen kann. Ein eigenes behördliches Zwischenverfahren ist damit nicht gemeint; es bleibt bei einer bloßen Hinweispflicht. Dieser Verpflichtung ist der Antragsgegner bereits im Ausgangsbescheid - im Widerspruchsbescheid insoweit bestätigt - nachgekommen. Der vom Antragsteller vorgebrachte Einwand, der Antragsgegner hätte von Amts wegen ein fachpsychologisches Gutachten erstellen lassen müssen, geht fehl. Der Hinweis ist in die Norm als Widerlegungsmöglichkeit durch den Betroffenen aufgenommen worden. Die weitere Bezugnahme in § 41 Abs. 1 S. 2, 2. Hs. WaffG auf § 6 Abs. 2 WaffG soll die Anforderungen an das Gutachten sowie die Kostentragungspflicht klarstellen. Zusätzlich wird damit verdeutlicht, welche Anforderungen an das beizubringende Gutachten zu stellen sind (vgl. Apel/Bushart, a. a. O., § 41, Rdnr. 9; BT-Drucksache 14/7758, S. 76). Es blieb dem Antragsteller deshalb im laufenden Widerspruchsverfahren unbenommen, seinerseits ein Gutachten vorzulegen, das anderweitige Schlüsse zur psychischen Verfassung zulässt.

Nach allem hat es deshalb mangels Rechtmäßigkeitsbedenken beim sofortigen Vollzug der Untersagungsanordnung zu verbleiben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; danach hat derjenige, der ein Rechtsmittel erfolglos eingelegt hat, die Kosten zu tragen. Zu den Kosten gehören indes nicht die außergerichtlichen Kosten des Vertreters des öffentlichen Interesses, weil die Voraussetzungen des § 162 Abs. 3 VwGO nicht erfüllt sind. Der Beteiligte hat selbst keinen Sachantrag gestellt und ist somit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO); danach entspräche es nicht der Billigkeit, ihm Kostenerstattung zu gewähren.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Satz 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 2, 47 GKG. Der Senat hält im vorliegenden Fall eine Bewertung des Interesses nach dem Auffangstreitwert für geboten, der für das Eilverfahren zu halbieren war. Er hat dafür den Wert für einen Rechtsstreit um eine Waffenbesitzkarte zugrunde gelegt (vgl. Streitwertkatalog Nr. 50.1 [DVBl. 2004, 1525 = NVwZ 2004, 1327]).

Ende der Entscheidung

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