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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.06.2004
Aktenzeichen: 4 KO 1093/03
Rechtsgebiete: AbwAG, GG, ThürVwVfG, WHG


Vorschriften:

AbwAG § 1
AbwAG § 2 Abs. 1
AbwAG § 9 Abs. 1
GG Art 3 Abs. 1
ThürAbwAG § 13
ThürVwVfG § 2 Abs. 2 Nr. 1
ThürVwVfG § 3 Abs. 1
WHG § 1 Abs. 1 Nr. 1
WHG § 4
1. Zur örtlichen Zuständigkeit der Staatlichen Umweltämter in Thüringen für die Erhebung der Abwasserabgabe.

2. Zur Abgrenzung zwischen dem Einleitungstatbestand des § 1 AbwAG und dem Gewässerbegriff des § 1 Abs. 1 WHG bei Fischzuchtbetrieben.

3. Einzelfall einer Forellenzucht, die trotz einer verrohrten Zuleitung und trotz technischer Anlagen wie Bruthaus, Kaskade und Trommelfilter noch als Fischzucht in einem Gewässer anzusehen und nicht zur Abwasserabgabe heranzuziehen ist.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Im Namen des Volkes Urteil

4 KO 1093/03

Verkündet am 21.06.2004

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Abgabenrecht,

hier: Berufung

hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Blomenkamp und den an das Gericht abgeordneten Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Becker

auf Grund der mündlichen Verhandlung am 7. Juni 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 21.11.2002 - 8 K 465/00.Me - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu Abwasserabgaben für die Jahre 1993 bis 1996.

Sie sind Gesellschafter der Forellenzucht T GbR. Sie betreiben die Forellenzucht auf Grund einer vom Thüringer Landesverwaltungsamt, Außenstelle Suhl, unter dem 10.11.1991/26.11.1991 erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis. In dieser heißt es

"1. Art der Gewässerbenutzung: Fassung des Brunnenquells bei R, Wasserentnahme zum Zweck der intensiven Speisefischproduktion, maximale Fischbestandsmasse 40 t.

2. Umfang und Zweck der Gewässerbenutzung: Erteilung von Prod.wasser, Wasserentnahme gleich Prod.Wassereinleitung in die Werra 35,5 l/s; 128 m3/h; 3067 m3/d (Trockenjahr); 180 l/s; 648 m3/h; 15.552 m3/d (Normaljahr).

3. Örtliche Lage der Gewässerbenutzung: Grundwasser (Qu. Brunnenquell)."

Die Forellenzucht gestaltet sich folgendermaßen: Das zur Forellenzucht genutzte Wasser entspringt in mehreren Quellen etwa 1 km nordwestlich der Anlage am Fuß des Mühlberges. Das Wasser sämtlicher Quellen sammelt sich in dem Quellbach "Lache". Diese fließt zunächst parallel zur Werra als natürlicher Bachlauf und mündet dann in eine etwa 1 km lange Rohrleitung. Das Wasser der Lache, welches nicht von der Rohrleitung aufgenommen wird, fließt über einen Überlauf in den Werra-Mühlgraben. Das in der Rohrleitung aufgenommene Wasser tritt auf dem Gelände der Forellenzucht wieder zutage. Ein Teil dieses Wassers fließt zunächst zur gleichzeitigen Belüftung und Kohlendioxidabgabe im Bypass über eine Kaskade (ausnahmsweise bei wenig Wasseraufkommen auch das gesamte Wasser) und anschließend durch das überbaute Bruthaus. In diesem fließt das Wasser in drei in der Mitte des Gebäudes befindlichen, etwa 60 cm breiten Betonkanälen. Durch den mittleren Kanal fließt es in freiem Gefalle lediglich durch das Bruthaus hindurch. Die beiden anderen Betonrinnen leiten jeweils Wasser nach rechts und links ebenfalls in freiem Gefalle in die Brutrinnen ein, welche durchflossen werden, um anschließend nach Verlassen des Gebäudes wieder in das Wasser des mittleren Kanals einzumünden. Bei Niedrigwasser kann ein Teil des den Außenteichen zufließenden Wassers wieder den Aufzuchtbecken in dem Gebäude zugeführt werden. An den Kopfseiten des Gebäudes befindliche kleinere Kunststoffbecken, die der Aufzucht von Jungfischen unmittelbar nach dem Schlüpfen dienen, werden ebenfalls in freiem Gefalle, ohne den Einsatz von Pumpen über kleine Rohrleitungen mit Wasser gespeist und von diesem durchflossen. Das Fassungsvermögen der in dem Bruthaus befindlichen Becken und Rinnen beträgt nach Klägerangaben lediglich etwa 2,29 % des gesamten Volumens der Fischzuchtanlage. Nach Verlassen des Gebäudes fließt das Wasser in 10 handtuchförmig angeordnete, mit Betonplatten gefasste und nicht überdachte Forellenteiche bzw. einen großen Karpfenteich, speist diese Teiche und fließt über ein Sammelbecken (den sog. alten Pumpenschacht) unter Aufnahme weiterer Zuflüsse, nämlich der Straßenentwässerung der Kreisstrasse sowie der Entwässerung des Schutzdammes, als "Lachenbach" in den Mühlgraben. In den Karpfenteich erfolgt zusätzlich die Entwässerung des anliegenden Waldgebietes "Ziegellache". Im zentralen Sammelbecken durchläuft das gesamte Wasser einen Trommelfilter. Das Filtrat aus diesem Trommelfilter wird in zwei Absetzbecken gepumpt, aus welchem die so vorgeklärte Wasserteilmenge zurück in das Sammelbecken fließt. Aus dem Sammelbecken fließt das Wasser in einem offenen Bach über eine Strecke von etwa 150m bis zur Einmündung in den Werra-Mühlgraben. Dabei passiert das Wasser den Hochwasserschutzdamm in freiem Gefalle. Lediglich zu Zeiten eines Hochwassers der Werra und der damit einhergehenden Überflutung des gesamten Gebietes jenseits des Hochwasserschutzdammes muss das Wasser aus dem zentralen Sammelbecken über den an dieser Stelle nun aus Hochwasserschutzgründen geschlossenen Damm gepumpt werden.

Mit Schreiben des Thüringer Landesverwaltungsamts - Außenstelle Süd - vom 29.07.1993 wurden die Kläger erstmals auf eine mögliche Anwendung des Abwasserabgabengesetzes auf ihren Betrieb hingewiesen und gebeten, mitzuteilen, ob Abwasser anfalle und wohin dieses eingeleitet werde. Die Kläger bestritten im Folgenden, dass ihre Forellenzuchtanlage unter das Abwasserabgabengesetz falle.

Mit Bescheiden vom 30.10.1997 setzte das Staatliche Umweltamt Suhl gegenüber den Klägern für 1993 bis 1996 Abwasserabgaben fest. Für 1993 bis 1995 wurde je Jahr eine Abwasserabgabe von 45.045,- DM und für 1996 von 45.585,- DM festgesetzt.

Am 25.11.1997 legten die Kläger hiergegen Widerspruch ein. Ihr Fischzuchtbetrieb sei nicht abwasserabgabepflichtig. Bei den Vorverhandlungen ab 1993 sei sowohl durch das Thüringer Landesverwaltungsamt als auch später durch das Umweltamt konkludent anerkannt worden, dass ihr Betrieb nicht unter das Abwasserabgabengesetz falle. Erst 1996 sei ihnen überhaupt mitgeteilt worden, dass eine Abwasserabgabenpflicht bestehen solle. Deshalb hätten sie keine niedrigeren Werte gemeldet, keinen Antrag auf Berücksichtigung der Vorbelastung gestellt, keine Messungen vorgenommen und keinen Antrag auf Änderung der wasserrechtlichen Erlaubnis gestellt.

Das Thüringer Landesverwaltungsamt wies mit Bescheid vom 18.08.1998 die Widersprüche gegen die Festsetzungsbescheide zurück. Die Kläger leiteten Abwässer in ein Gewässer und seien deshalb abwasserabgabepflichtig. Anderes sei vom Umweltamt nie anerkannt gewesen. Sie betrieben intensive Fischzucht, zu der sie nach Maßgabe der wasserrechtlichen Erlaubnis Gewässer nutzten. Es handele sich nicht um Fischzucht in einem Gewässer. Der natürliche Zusammenhang zum Gewässerkreislauf sei dadurch unterbunden, dass Wasser entnommen, eingeleitet und in einem Gebäude genutzt werde. Damit verliere die Lache ihre Verbindung zum Wasserhaushalt und damit ihre Gewässereigenschaft. Diese Eigenschaft werde durch die anschließende Aufzucht der Fische in Erdbecken nicht wieder hergestellt. Darüber hinaus entfalte die bestandskräftige wasserrechtliche Erlaubnis eine verbindliche Feststellungswirkung nicht nur für die Berechnung der Abwasserabgabe, sondern auch für die Feststellung der Abwassereinleitung in ein Gewässer.

Am 21.09.1998 ließen die Kläger beim Verwaltungsgericht Meiningen - 8 K 997/98.Me - Klage gegen die Abwasserabgabenbescheide erheben.

Auf eine Anfrage des Verwaltungsgerichts, versehentlich veranlasst durch das Schreiben des Bevollmächtigten der Kläger vom 03.11.1998 im Verfahren Az.: 8 E 996/98.Me, nahmen diese mit Schreiben vom 18.04.2000 die Klage zurück. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 20.04.2000 eingestellt.

Mit Schreiben vom 29.05.2000 ließen die Kläger die Fortführung des Verfahrens beantragen. Sie hätten in dem - durch die irrtümliche Anfrage des Verwaltungsgerichts hervorgerufenen - Glauben, sich im Verfahren Az.: 8 E 996/98.Me zu befinden, die Rücknahme erklärt. Ersichtlich habe für dieses Verfahren kein Grund zur Rücknahme bestanden, da es mit dem Eilverfahren nichts zu tun gehabt habe. Es liege daher ein beiderseitiger Irrtum vor.

Zur Begründung der Klage verwiesen die Kläger darauf, dass sie die Fischzucht in einem Gewässer betreiben würden und daher nicht als Abwassereinleiter eingestuft werden könnten. Abwasserabgabenpflichtig sei nur der Einleiter von Abwässern.

Dies erfordere das unmittelbare Verbringen von Abwasser in ein Gewässer. Entstehe das Abwasser im Gewässer selbst, wie bei der Fischzucht in Teichen, die von dem Gewässer durchflossen würden, werde Abwasser weder produziert noch eingeleitet.

Dies sei bei ihnen der Fall. Die Fischzuchtanlage werde von der Lache, einem Gewässer, durchflossen. Auch die überbaute Rinnenanlage werde vollständig von der Lache durchflossen. Der natürliche Wasserkreislauf werde nicht aufgehoben. Die Rinnenanlage stelle nichts anderes dar als eine andere Form des Gewässerbettes. Der Tatbestand des Einleitens von Abwasser ergebe sich auch nicht aus der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 10.11.1991/26.11.1991. Denn diese sei gerade in den wesentlichen Punkten inhaltlich nicht bestimmt. Sie bestimme nur, dass das Brunnenquellwasser gefasst und zur intensiven Speisefischproduktion entnommen werden dürfe. Von Abwassereinleiten sei nicht die Rede.

Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2002 beantragt,

1. das Verfahren fortzusetzen und den Einstellungsbeschluss vom 20.04.2000, Az.: 8 K 997/98.Me, aufzuheben sowie

2. die Bescheide des Umweltamtes vom 30.10.1997, in denen Abwasserabgaben für 1993 bis 1996 festgesetzt sind, in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 18.08.1998 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klagerücknahme sei wirksam. Die Prozesshandlung könne nicht angefochten werden. Die Anfechtungserklärung könne auch nicht als Widerruf umgedeutet werden. Ein Wiederaufnahmegrund läge nicht vor. In der Sache bezog sich der Beklagte auf die Begründungen des Widerspruchsbescheides.

Das Verwaltungsgericht Meiningen hat mit Urteil vom 21.11.2002 der Klage stattgegeben.

Die Klage sei zulässig. Insbesondere sei das Verfahren trotz der Klagerücknahme vom 18.04.2000 und des Einstellungsbeschlusses des Gerichts vom 20.04.2000 fortzusetzen. Eine Klagerücknahme vor dem Verwaltungsgericht sei als Prozesshandlung grundsätzlich unanfechtbar. Ausnahmsweise werde allerdings unter eng begrenzten Voraussetzungen der Widerruf zugelassen. Danach sei die Klagerücknahme hier widerruflich, da sie auf einem offensichtlichen Versehen des Klägerbevollmächtigten beruht habe, das durch eine irrtümlich ergangene Aufforderung seitens des Gerichts hervorgerufen worden war. Gericht und Klägerbevollmächtigter seien von einem Zusammenhang des Eilverfahrens Az.: 8 E 996/98.Me und des Hauptsacheverfahrens Az.: 8 K 997/98.Me ausgegangen. Dies habe trotz der fortlaufenden Aktenzeichen und der gleichen Beteiligten nicht zugetroffen. Im Eilverfahren sei der Klägerbevollmächtigte, nachdem der angegriffene Bescheid aufgehoben worden sei, mehrfach zur Rücknahme aufgefordert worden. Gericht und Klägerbevollmächtigte hätten dies auf das Hauptsacheverfahren übertragen.

Die Klage sei auch begründet, da die Kläger nicht abwasserabgabepflichtig seien. Sie hätten kein Abwasser in ein Gewässer eingeleitet, sondern in der klägerischen Fischzucht entstehe Abwasser im Gewässer selbst. Es handele sich nicht um eine außerhalb eines Gewässers betriebene (technische) Anlage, die Wasser einem von ihr abgesonderten Gewässer entnehme und benutze und dieses als Abwasser wieder in ein Gewässer einleite. Das in der Fischzuchtanlage der Kläger fließende Wasser der Lache sei vielmehr als oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG anzusehen. Es fließe als solches in den Fischzuchtbetrieb der Kläger hinein und verlasse diesen, ohne dass die Gewässereigenschaft an irgendeiner Stelle innerhalb der Fischzucht der Kläger aufgehoben werde. Dabei sei maßgeblich, dass das Wasser der Lache - obwohl es vor Eintritt in die Fischzucht etwa einen Kilometer durch eine Betonrohrleitung geführt werde - im Folgenden in weitgehend offenem Lauf und im Wesentlichen im freien Gefalle (ohne Pumpen) die Anlage der Kläger durchfließe und in etwa gleicher Menge, gespeist lediglich durch weitere der Fischzucht nicht zugehörige fremde Zulaufe, wieder austrete, als natürlicher Bachlauf weiterfließe und in ein anderes oberirdisches Gewässer münde. Eine Unterbrechung des natürlichen Wasserkreislaufes könne hierbei nicht festgestellt werden. Vielmehr nehme die Lache den einzigen ihr möglichen Weg eben durch die dem Gelände angepasste Fischzuchtanlage. Bedeutsam sei dabei, dass beim Durchfließen der Fischzucht dem Wasser der Lache noch die natürlich abfließende Entwässerung eines anliegenden Waldgebietes ("Ziegellache"), die Straßenentwässerung der angrenzenden Kreisstraße sowie die Dammfußentwässerung des anliegenden Hochwasserschutzdammes zufließen würde. Besonders hierin zeige sich die Anbindung der Lache an den natürlichen Wasserkreislauf. Die Anlage der Kläger sei darüber hinaus weit überwiegend offen, nicht verrohrt und nicht überdacht. Das Wasser der Lache durchfließe offene, teils natürlich entstandene, teils künstlich ausgebaggerte, aber nicht betonierte Erdbecken. Es könne in den Erdboden versickern, aufsteigendes Grundwasser aufnehmen und in natürlichem Maße verdunsten. Im größten Teil der Fischzucht blieben die natürlichen Gewässerfunktionen unter allen genannten Aspekten in vollem Umfang erhalten.

Selbst das Durchfließen des überdachten Bruthauses hebe die Gewässereigenschaft der Lache nicht auf. Das bloße Überdachen eines Teils des Flusslaufes schade nicht. Darüber hinaus fließe der überwiegende Teil des Wassers in freiem Gefalle ungehindert und ohne genutzt zu werden durch das Bruthaus. Lediglich geringe Mengen des Wassers würden über zwei gesonderte Betonrinnen in rechts und links geführte Brutrinnen bzw. in Brutbecken eingeleitet, die es in freiem Gefalle durchfließe. Anschließend fließe das Wasser dem Gesamtlauf der Lache wieder zu. Selbst die Zuführung eines Bruchteils des Wassers über Rohre in oberirdische Plastikbrutbecken innerhalb des Bruthauses hebe die Gewässereigenschaft nicht auf. Auch insoweit werde das Wasser in freiem Gefalle durchgeleitet und anschließend dem Gesamtlauf der Lache wieder zugeführt.

Unwesentlich sei, dass zeitweilig - je nach Wasserführung - ein Teil oder ausnahmsweise auch das gesamte Wasser des Bachlaufes über eine Kaskade gepumpt werde. Insoweit werde kein Wasser entnommen, sondern es werde zur Qualitätsverbesserung lediglich einer Behandlung zugeführt, bei der der Weiterfluss des Wassers in freiem Gefalle verlaufe und sein natürlicher Kreislauf letztlich nicht gehindert werde.

Auch die Einleitung des Wassers nach Austreten aus den Fischteichen in den sogenannten alten Pumpenschacht, das Sammelbecken zur mechanischen Reinigung, nehme der Lache nicht die Gewässereigenschaft. Ihr Wasser werde mit dem aus den anderen genannten Zuflüssen lediglich mechanisch gereinigt, ohne dass der Durchfluss in freiem Gefalle unterbrochen würde oder die Verbindung zur Ökologie verloren ginge. Diese Situation sei vergleichbar mit sogenannten Flusskläranlagen, welche ebenfalls nicht die Gewässereigenschaft eines Flusses aufheben würden.

Eine andere Betrachtungsweise der Gewässereigenschaft müsste von einer vollständigen Gewässervernichtung durch den klägerischen Fischzuchtbetrieb ausgehen, da die Lache als Gewässer vollständig in diesen eingeleitet werde. Hiervon ginge selbst der Beklagte nicht aus. Ansonsten hätte diese Beseitigung eines Gewässers wasserrechtlich genehmigt werden müssen. Auch widerspräche es einer natürlichen Betrachtung, das aus dem Auffangbecken des klägerischen Betriebes abfließende Wasser - welches als Bachlauf anzusehen und auch so bezeichnet werde - als Abwassergraben ohne Gewässereigenschaft zu werten.

Die den Klägern erteilte wasserrechtliche Erlaubnis habe schließlich keine bindende Tatbestandswirkung für eine Abwasserabgabepflicht. Eine solche ergebe sich aus dem Abwasserabgabengesetz ausdrücklich nur hinsichtlich der in der wasserrechtlichen Erlaubnis festgelegten Werte zur Jahresschmutzwassermenge sowie zu den Überwachungswerten.

Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 11.11.2003 die Berufung zugelassen, weil die Frage, ob es sich bei dem von den Klägern betriebenen Fischzuchtbecken um eine abgabepflichtige technische Anlage/Einrichtung handelt im konkreten Fall besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten aufweist.

Im Berufungsverfahren trägt der Beklagte unter Bezugnahme auf die Begründung des Berufungszulassungsantrages vor, dass zunächst die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichts nicht vollständig zuträfen. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts folge die ca. 1 km lange Rohrleitung, in der die Lache aufgenommen werde, nicht einem früheren natürlichen Bachlauf. Vielmehr sei das Wasser der Lache bis zur Errichtung der Fischzuchtanlage ca. 1981 wesentlich früher in die Werra geflossen. Zusammen mit der Rohrleitung sei jedoch in diesem Bereich ein Hochwasserschutzdamm errichtet worden, der diesen natürlichen Abfluss verhindert habe. Auch werde in dem Urteil nicht erwähnt, dass ein Grossteil des Wassers über eine Kaskade gepumpt werde, um dem Wasser den hohen CO2-Gehalt zu entziehen und um es mit Sauerstoff anzureichern. Eine Gesamtbetrachtung der Anlage ergebe, dass das von den Klägern benutzte Wasser vom natürlichen Wasserhaushalt losgelöst sei. Hierfür spreche die 1 Kilometer lange Rohrleitung, die das Wasser der Lache vollständig aufnehme. In diesem Bereich sei das Wasser vom Wasserkreislauf vollständig abgeschirmt. Im Gegensatz zu anderen Rohrleitungen, die Wasser lediglich fortleiten würden und die in der Rechtsprechung als Teil des Gewässers angesehen worden seien, werde hier das Wasser in überdachten Behältnissen und Fischbecken gefasst, um intensive Fischzucht zu betreiben. Insbesondere das Bruthaus spreche gegen die Gewässereigenschaft. Gleiches gelte auch für den Einsatz von Pumpen.

Im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts werde auch aus der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 26.11.1991 deutlich, dass der Erlaubnisgeber von einer Abwassereinleitung ausgegangen sei. In den Auflagen des Bescheides seien Mindestanforderungen für das Einleiten des Produktionswassers festgesetzt worden, die als Überwachungswerte gelten würden. Diese Erlaubnis entfalte Tatbestandswirkung.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 21.11.2002 - 8 K 465/00.Me - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger haben beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass aus dem Inhalt der wasserrechtlichen Erlaubnis nicht auf die Genehmigung einer Abwassereinleitung geschlossen werden könne. Die Feststellungen, auf deren Grundlage der Beklagte eine solche Auslegung vornehme, seien nicht Bestandteil des Bescheides geworden, weil sie ihnen nicht zugestellt worden seien. Im Übrigen beziehen sie sich auf die Feststellungen und Begründungen des erstinstanzlichen Urteils.

Das Gericht hat über die Frage, ob die streitige Fischzuchtanlage der Kläger in T dem Gewässerbegriff des § 1 Wasserhaushaltsgesetz unterfällt, durch richterliche Augenscheinseinnahme Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf die Verhandlungsniederschrift vom 07.06.2004 Bezug genommen.

Dem Gericht haben zwei Verwaltungsvorgänge des Beklagten (betreffend Abwasserabgabe und betreffend Genehmigungsverfahren nach DDR-Wasserrecht) sowie die Akte des Verwaltungsgerichts Meiningen - 8 K 997/98.Me - vorgelegen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben und die vier Bescheide des Staatlichen Umweltamtes Suhl vom 30.10.1997, in denen Abwasserabgaben für die Veranlagungsjahre 1993 bis 1996 festgesetzt sind, in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 18.08.1998 aufgehoben.

I. Die erstinstanzlich erhobene Klage war zulässig. Insbesondere ist sie, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, nicht wirksam zurückgenommen worden. Die vom Bevollmächtigten der Kläger im Verfahren abgegebene Klagerücknahme war hier ausnahmsweise widerruflich. Zwar entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass Klagerücknahmen als Prozesshandlungen grundsätzlich unanfechtbar sind. Allerdings wird unter eng begrenzten Voraussetzungen der Widerruf zugelassen, so z. B. wenn ein Wiederaufnahmegrund (§ 580 ZPO) gegeben ist. Daneben ist anerkannt, dass eine Rücknahme einer Klage, die auf einer unzutreffenden Empfehlung oder Belehrung des Gerichts beruht, widerruflich ist (BVerwG, Beschluss vom 09.01.1985 - 6 B 222/84 -, NJW 1985, 196 [197]). Gleiches muss gelten, wenn die Rücknahme - wie im vorliegenden Fall - auf einem offensichtlichen Versehen basiert (vgl. HessVGH, Beschluss vom 06.11.1985 - 10 TE 474/85 -, NJW 1987, 601 m. w. N.) und dieser Irrtum für das Gericht offenkundig war. Dies ist vorliegend der Fall. Die Rücknahme erfolgte auf eine Anfrage des damaligen Berichterstatters, der in der fehlerhaften Annahme, das Verfahren betreffe den gleichen Streitgegenstand wie das erledigte Eilverfahren unter dem Az.: 8 K 996/98.Me um eine entsprechende Erklärung gebeten hatte. Für das Gericht wäre das Versehen des Bevollmächtigten offenkundig gewesen, wenn es die verschiedenen Streitgegenstände festgestellt hätte.

II. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auch zutreffend als begründet angesehen, denn die vier Festsetzungsbescheide des Staatlichen Umweltamtes Suhl vom 30.10.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 18.08.1998 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I. Die Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere war das Staatliche Umweltamt Suhl für den Erlass der Bescheide sachlich und örtlich zuständig.

Nach § 13 des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz - ThürAbwAG - vom 28.05.1993 in der Fassung des Thüringer Gesetzes zur Änderung von Zuständigkeiten im Geschäftsbereich Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 08.12.1995 (GVBl. S. 363) obliegt dem Staatlichen Umweltamt sachlich der Vollzug des Abwasserabgabengesetzes und des ThürAbwAG.

Die örtliche Zuständigkeit der Umweltämter zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes ist in Thüringen gesetzlich zwar nur unvollständig geregelt (a.). Diese planwidrige Regelungslücke kann jedoch durch eine analoge Anwendung des § 3 ThürVwVfG geschlossen werden (b.).

a) Die örtliche Zuständigkeit des Staatlichen Umweltamtes Suhl ergibt sich vordergründig aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Anordnung über die Errichtung und den Sitz der Staatlichen Umweltämter und Thüringer Verordnung über deren örtliche Zuständigkeit vom 17.05.1994 (GVBl. S. 547). Danach ist dieses Umweltamt u. a. für das Gebiet des Landkreises Hildburghausen zuständig. Allerdings reicht diese Regelung allein nicht aus, um die örtliche Zuständigkeit der Umweltämter zu bestimmen. Neben der Zuweisung eines räumlich abgegrenzten Verwaltungsbezirks ist zur Festlegung der örtlichen Zuständigkeit einer Behörde zusätzlich eine Regelung notwendig, die die Kriterien, an die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit konkret angeknüpft werden soll, z. B. Aufenthalt, Wohnsitz, Belegenheiten, Betriebsstätten, festlegt (vgl. nur Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, 8. Aufl., § 3 Rn. 4). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier seit der Änderung des ThürAbwAG durch Art. 2 des Thüringer Gesetzes zur Änderung von Zuständigkeiten im Geschäftsbereich Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 08.12.1995 - mehrere sachlich zuständige Behörden für unterschiedliche Verwaltungsbezirke zuständig sind. Eine solche Bestimmung fehlt jedoch, denn § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Anordnung über die Errichtung und den Sitz der Staatlichen Umweltämter und Thüringer Verordnung über deren örtliche Zuständigkeit vom 17.05.1994 lässt offen, ob für die Abwasserabgabe das Staatliche Umweltamt zuständig ist, in dessen Bezirk Abwasser eingeleitet wird, sich die Betriebsstätte eines einleitenden Unternehmens oder der Wohnsitz eines Einleiters befindet.

§ 3 Abs. 1 des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 07.08.1991 (GVBl. 1991 S. 285 - 293) in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 17.10.1997 (GVBl. S. 349) - ThürVwVfG -, der eine solche Regelung treffen würde, ist hier wegen § 2 Abs. 2 Nr. 1 ThürVwVfG nicht unmittelbar anwendbar. Danach gilt das Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz nicht für Verwaltungsverfahren, in denen Rechtsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind. Dies ist hier nach § 16 ThürAbwAG der Fall, wonach u. a. für das Festsetzungsverfahren bestimmte Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden sind. Zwar erklärt § 16 ThürAbwAG die Vorschriften über die sachliche und örtliche Zuständigkeit im dritten Abschnitt des ersten Teils der Abgabenordnung nicht für entsprechend anwendbar, dennoch ist ein Rückgriff auf Vorschriften des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Verwaltungsverfahren unmittelbar nicht eröffnet. Der Senat hat in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht abschließend entschieden, ob die Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 1 ThürVwVfG einen vollständigen Anwendungsausschluss des Verwaltungsverfahrensgesetzes beinhaltet. In seinem Beschluss vom 21.08.2000 (4 ZEO 1239/00, LKV 2001, S. 231 [232]) hat er jedoch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 27.09.1989 - 8 C 88/88 -, NVwZ 1990,. S. 651 [652 f.]) und anderer Obergerichte zu inhaltsgleichen Reglungen in Verwaltungsverfahrensgesetzen anderer Bundesländer darauf hingewiesen, dass jedenfalls der Wortlaut der Regelung für einen vollständigen Ausschluss spreche.

Von einem solchen gesetzlichen Ausschluss geht der Senat nunmehr auf Grund des eindeutigen Wortlauts, des erklärten Willens des Normgebers und der Systematik des § 2 ThürVwVfG aus. Seinem Wortlaut nach schließt § 2 Abs. 2 Nr. 1 ThürVwVfG die Anwendbarkeit des Gesetzes nicht nur aus, "soweit" Rechtsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind, sondern - allgemeiner formuliert - , in "Verwaltungsverfahren, in denen Rechtsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind". Dies spricht für eine vollständige Unanwendbarkeit in allen Verfahren, in denen Vorschriften der Abgabenordnung Anwendung finden sollen. Für diese Auslegung spricht auch die weitere Fassung des § 2 Abs. 3 ThürVwVfG. Dort ist unter Nr. 1 normiert, dass das Gesetz für die Tätigkeit der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung nur gilt, "soweit" die Tätigkeit der Nachprüfung im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt. In Nrn. 2 und 3 werden einige Vorschriften des Gesetzes für bestimmte Verwaltungsverfahren für nicht anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber hat also zwischen dem gänzlichen und dem nur teilweisen Ausschluss des Verwaltungsverfahrensgesetzes unterschieden und sich bei Nr. 1 nicht nur für einen teilweisen Ausschluss entschieden. Für einen dahingehenden Willen des Gesetzgebers sprechen auch die Gesetzgebungsmaterialien. In der amtlichen Begründung zu § 2 ThürVwVfG (Landtagsdrucks. 1/334, S. 88) heißt es nämlich: "§ 2 nimmt bestimmte Bereiche von der Anwendung des Gesetzes insgesamt oder von Teilen des Gesetzes aus." Zu Abs. 2 ist weiter ausgeführt:

"2. Absatz 2 enthält verschiedene Sachgebiete, auf die das Gesetz keine Anwendung finden soll.

a) Die in Nummer 1 aufgeführte Abgabenordnung enthält eine abgeschlossene Spezialregelung für das Besteuerungsverfahren, das durch zahlreiche Besonderheiten geprägt ist. ....... Ebenfalls ausgeschlossen sind von der Anwendung des Gesetzes die im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes nicht erwähnten Verfahren, die sich auf Kommunalabgaben beziehen. Für sie gelten im wesentlichen - z.T. etwas modifiziert- die Vorschriften der Abgabenordnung."

Zu § 2 Abs. 3 ThürVwVfG ist in den Materialien ausgeführt, dass er im Hinblick auf die Besonderheiten bestimmter Bereiche eine nur eingeschränkte Anwendbarkeit des Gesetzes vorsehe. Der aus diesen Gesetzesmaterialien ersichtliche Wille des Gesetzgebers ging demnach dahin, für die in § 2 Abs. 2 ThürVwVfG genannten Verwaltungsverfahren die Anwendbarkeit des Gesetzes insgesamt auszuschließen.

Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus der Abgabenordnung, da § 16 ThürAbwAG nicht auf eine Zuständigkeitsvorschrift im dritten Abschnitt des ersten Teils der Abgabenordnung (§§ 17 - 27 AO) verweist.

Damit fehlt es an einer ausreichenden Regelung der örtlichen Zuständigkeit der sachlich zuständigen Staatlichen Umweltämter durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes, die jedenfalls in Thüringen zwingend ist. Nach Art. 90 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Thüringen werden Aufbau, räumliche Gliederung und Zuständigkeiten auf Grund eines Gesetzes geregelt. Damit schreibt die Verfassung einen so genannten organisationsrechtlichen Gesetzesvorbehalt auch für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit von Behörden ausdrücklich vor (Hoppe in Linck/Jutzi/Hoppe, Die Verfassung des Freistaates Thüringen, Art. 90 Rn. 7).

b) Die örtliche Zuständigkeit des Staatlichen Umweltamts Suhl ergibt sich jedoch aus § 3 ThürVwVfG, der vorliegend analog anzuwenden ist.

Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Lehre ist im Bereich des Verwaltungsrechts das juristische Methodeninstrument der "Analogie" zulässig (vgl. nur Gern, Analogie im Verwaltungsrecht, DÖV 1985, S. 558 ff [589] m. w. N. insb. zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts). Es kann hier im Ergebnis offen bleiben, ob dies auch für den Bereich des Verwaltungsrechts gilt, der im Sinne der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts dem Gesetzesvorbehalt unterliegt. Wenn der Gesetzgeber verpflichtet ist, in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen, insbesondere grundrechtsrelevanten, Entscheidungen selbst zu treffen, erscheint es zumindest fraglich, ob in diesem Bereich auftretende Lücken durch die Rechtsprechung im Wege der Analogie geschlossen werden können. Allerdings fällt die Frage der örtlichen Zuständigkeit einer Behörde nicht in diesen dem Gesetzgeber vorbehaltenen Kernbereich (BVerfG, Beschluss vom 28.10.1975 - 2 BvR 883/73 und 379, 497, 526/74 -, BVerfGE 40, 237 [250]). Allein der in Art. 90 Satz 2 ThürVerf normierte (organisationsrechtliche) Gesetzesvorbehalt steht einer Lückenschließung im Wege der Analogie nicht entgegen.

Die Schließung echter Gesetzeslücken, d. h. Lücken, die der Gesetzgeber unbewusst nicht geregelt hat, im Wege einer Analogie ist unter der Voraussetzung zulässig, dass auf Grund der gesamten Umstände festgestellt werden kann, wie der Gesetzgeber die umstrittene Rechtsfrage mutmaßlich geregelt haben würde, wenn er an sie gedacht hätte (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 14.03.1974 - 2 C 33/72 -, BVerwGE 45, 85 [90] m. w. N.).

Hiervon ausgehend handelt es sich bei der unvollständigen Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit im Bereich des Abwasserabgabenrechts um eine planwidrige Regelungslücke, deren Schließung durch entsprechende Anwendung des § 3 ThürVwVfG dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers entspricht. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der Gesetzgeber irrtümlich von einer ergänzenden Anwendung des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgegangen sein dürfte (aa.) und zum anderen daraus, dass nur eine dem § 3 ThürVwVfG entsprechende Regelung sachgerecht erscheint (bb.).

aa) Bereits aus der Ausgestaltung der §§ 16 und 17 ThürAbwAG wird deutlich, dass der Gesetzgeber - möglicherweise in Verkennung des Regelungsinhalts des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ThürVwVfG - von einer grundsätzlich ergänzenden Anwendbarkeit des Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetzes ausging. Der Gesetzgeber hat darin festgelegt, dass bestimmte Vorschriften der Abgabenordnung für das Festsetzungs- und Erhebungsverfahren entsprechend anzuwenden sind. In der amtlichen Begründung (LT-Drucks. 1/1727, S. 16) ist hierzu ausgeführt, dass die Abwasserabgabe zwar vom Rechtscharakter her keine Abgabe im eigentlichen Sinne sei. Da sie ihr jedoch wesensverwandt sei, läge es nahe, für die Einzelheiten des Festsetzungs- und Erhebungsverfahrens auf die bereits bestehenden abgaberechtlichen Verfahrensvorschriften der Abgabenordnung zurückzugreifen. Dieser Rückgriff wurde jedoch insbesondere in § 16 ThürAbwAG für das Festsetzungsverfahren nicht vollständig vollzogen. So wurden im Unterschied zur vergleichbaren Regelung des § 15 ThürKAG wesentliche Vorschriften über das Verwaltungsverfahren und den Verwaltungsakt ausgeklammert. Als zentrales Beispiel ist § 91 AO zu nennen, der die wegen des Rechtsstaatsprinzips zwingend notwendige Anhörung Beteiligter (vgl. Kopp, a. a. O., § 28 Rn. 3a m. w. N. zur Rechtsprechung und Literatur) vorschreibt. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber hier keine Anhörungspflicht normieren wollte, zumal es sich bei einem Abwasserabgabenbescheid um einen den Adressaten belastenden Verwaltungsakt handelt. Gleiches gilt für die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Dritten Teils der Abgabenordnung über den Verwaltungsakt, die ebenfalls nicht für entsprechend anwendbar erklärt wurden. Hier handelt es sich um zentrale Vorschriften jedes Verfahrensrechts, die soweit ersichtlich auch in allen Verfahrensordnungen ähnlich geregelt worden sind (vgl. §§ 35 bis 52 VwVfG; §§ 35 bis 52 ThürVwVfG; §§ 31 bis 51 SGB X). Es spricht daher alles dafür, dass der Gesetzgeber sowohl bei Erlass des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz, als auch bei dem Erlass des Thüringer Gesetzes zur Änderung von Zuständigkeiten im Geschäftsbereich Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 08.12.1995, mit dem er die sachliche Zuständigkeit der Staatlichen Umweltämter begründete, davon ausging, das Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz finde ergänzende Anwendung, soweit nicht die Abgabenordnung für anwendbar erklärt worden sei, und so unbewusst eine Regelungslücke hinterlassen hat.

bb) Die Schließung der landesrechtlichen Regelungslücke durch eine Anwendung des § 3 ThürVwVfG ist auch sachgerecht. Da in den meisten Fällen die abgabepflichtige Einleitung von Abwasser entweder von Unternehmen bzw. deren Betriebsstätten oder von natürlichen Personen bei Ausübung ihrer Berufs bzw. einer anderen dauernden Tätigkeit erfolgt, wäre nach § 3 Nr. 2 ThürVwVfG regelmäßig das Staatliche Umweltamt zuständig, in dessen Bezirk die Einleitung erfolgt. Die Zuständigkeit würde danach zumindest im Regelfall nach dem Prinzip der Belegenheit bestimmt. Hierfür sprechen bereits praktische Überlegungen: Die Festsetzung der Abwasserabgabe erfordert Messungen (vgl. nur § 4 Abs. 3 und 4, § 6 AbwAG). Es wäre nicht sachgerecht, wenn hierfür ein anderes als das Staatliche Umweltamt zuständig wäre, in dessen Verwaltungsbezirk die Messungen notwendig werden. Im Übrigen entspricht es bereits dem (in der Verwaltungslehre anerkannten) Ziel, eine Verwaltung dezentral und damit auch in örtlicher Hinsicht bürgernah zu organisieren. Ist dies aber - wie hier - durch Errichtung der vier Staatlichen Umweltämter als untere Landesbehörden im Bereich des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt geschehen, so ist es nur zwangsläufig, diesen Dezentralisierungseffekt so weit wie möglich zu nutzen.

Alternativ wäre nur eine Regelung denkbar, die an den Wohnsitz (bzw. ständigen Aufenthalt) des Einleiters anknüpft, bzw. sofern es sich um eine juristische Person handelt, an deren Sitz bzw. den Sitz ihrer Geschäftsleitung (vgl. §§ 19 und 20 AO). Eine solche Bestimmung wäre aber nicht sachgerecht. Zum einen wäre die örtliche Nähe zum abgabepflichtigen Tatbestand nicht ausreichend gewährleistet. So könnte beispielhaft das Staatliche Umweltamt Suhl für eine Abwassereinleitung in Nordthüringen zuständig sein. Zum anderen wäre nicht für alle abgabepflichtigen Einleitungen eine Zuständigkeitsregelung getroffen. Denn hätte der Einleiter seinen Wohn- oder Geschäftssitz nicht in Thüringen, so müsste über eine ergänzende Regelung eine gesonderte Zuständigkeit begründet werden (z. B. in dem diese Fälle einem Staatlichen Umweltamt gesondert zugewiesen werden).

Abschließend ist noch festzustellen, dass die betroffenen Bürger die Notwendigkeit und Art der Lückenschließung ohne weiteres erkennen und nachvollziehen können (vgl. hierzu Gern, a. a. O., S. 563). Es liegt auf der Hand, dass die örtliche Zuständigkeit von Behörden einer gesetzlichen Regelung bedarf. Dass diese Regelung soweit wie möglich an dem im Abwasserabgabengesetz geregelten Tatbestand, dem Einleiten von Abwasser, anknüpfen sollte, ist ebenso nachvollziehbar. Dies wird schon daraus deutlich, dass bislang - soweit ersichtlich - weder der Gesetzgeber, noch die handelnden Behörden und die von der Abwasserabgabe Betroffenen die örtliche Zuständigkeit der Umweltämter in Frage gestellt haben.

2. Die Bescheide sind jedoch materiell rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Kläger nicht abwasserabgabepflichtig im Sinne der §§ 1 und 9 Abs. 1 AbwAG sind. Nach § 1 Satz 1 AbwAG ist für das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes eine Abgabe zu entrichten (Abwasserabgabe). Abwasserabgabenpflichtig ist gemäß § 9 Abs. 1 AbwAG, wer Abwasser einleitet (Einleiter). Die Kläger leiten kein Abwasser in ein Gewässer ein, sondern betreiben Fischzucht in einem Gewässer.

§ 2 Abs. 1 AbwAG definiert Abwasser im Sinne dieses Gesetzes als das durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Schmutzwasser). Nach Abs. 2 dieser Vorschrift liegt ein Einleiten (in ein Gewässer) vor, wenn Abwasser im Sinne von § 2 Abs. 1 AbwAG unmittelbar in ein Gewässer verbracht wird. Dabei ist in der Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt, dass für ein solches Verbringen kein bloß tatsächliches, kausales Einleiten ausreicht, sondern ein bewusstes, zielgerichtetes und zweckbestimmtes Handeln erforderlich ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 16.11.1973 - IV C 44/69-, ZfW1974, 296 [297]; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.01.1985 - 2 A1332/84 - , NVwZ 1985, 776 [777]; Dahme in SZDK, Kommentar zum Wasserhaushaltsgesetz und Abwasserabgabengesetz, Rn. 15 zu § 2 AbwAG; Nisipeanu, Abwasserabgabenrecht, S. 36).

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass ebenso kein Einleiten von Abwasser in ein Gewässer vorliegt, wenn das Abwasser in einem Gewässer entsteht (so auch Dahme in SZDK, a. a. O., Rn. 15 zu § 2 AbwAG), also wenn ein Gewässer z. B. im Rahmen einer gewerblichen Nutzung unmittelbar belastet wird. Die Aufzucht von Fischen in einem Gewässer lässt kein Abwasser entstehen. Der Tatbestand des Einleitens von Abwasser kann - schon begrifflich - nicht erfüllt werden, wenn die Veränderung des Wassers im Gewässer selbst erfolgt. Dort gibt es kein Nebeneinander von Wasser und Abwasser. Das Entstehen von Abwasser erfordert zunächst eine Absonderung von Wasser aus dem natürlichen Wasserhaushalt (VG Aachen, Urteil vom 19.09.2003, 7 K 3354/97, Juris nicht rechtskräftig).

Im hier zu beurteilenden Fall züchten die Kläger Forellen in einem Gewässer. Eine Absonderung des Wassers der Lache vom natürlichen Wasserhaushalt durch die Anlage der Kläger findet insbesondere nach dem Eindruck des Senats durch die Inaugenscheinnahme nicht statt. Dies ergibt sich aus Folgendem:

§ 1 Satz 1 AbwAG nimmt zur Bestimmung des Gewässerbegriffs auf § 1 Abs. 1 WHG Bezug. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG ist unter einem oberirdischen Gewässer (nur diese Gewässergruppe ist hier relevant) das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser zu verstehen. Es gibt danach zwei Untergruppen von oberirdischen Gewässern, zum einen das aus Quellen wild ablaufende Wasser und zum anderen - und nur diese Untergruppe kommt hier in Betracht - das ständig oder zeitweilig in einem Bett fließende Gewässer. Jede nicht nur gelegentliche Wasseransammlung, die mit einem Gewässerbett verbunden ist, ist also ein oberirdisches Gewässer (Knopp in SZDK, a. a. O., Rn. 6 zu § 1 WHG). Dabei ist ausgehend von dem allgemeinen Sprachgebrauch unter dem Begriff des Gewässerbettes eine äußerlich erkennbare natürliche oder künstliche (vgl. § 25b WHG) Begrenzung des Wassers in einer Eintiefung an der Erdoberfläche zu verstehen (BVerwG, Urteil vom 31.10.1975 - 4 C 43/73 -, BVerwGE 49, 293 [298] m. w. N.). Wie aus dem Wort "zeitweilig" in der Begriffsbestimmung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG allerdings deutlich wird, muss ein Gewässerbett nicht durchgängig vorhanden sein, um von einem Gewässer ausgehen zu können. Ein Gewässer verliert also seine Gewässereigenschaft nicht zwangsläufig, weil es auf Teilstrecken etwa in Folge einer Verrohrung nicht in einem Bett fließt oder steht (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 29.01.1996 - 4 B 5/96 - , ZfW 1997, 25 [26]). Vielmehr ist nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur entscheidendes Kennzeichen eines Gewässers, dass es in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden ist und damit Verbindung zur Ökologie hat (BVerwG, Beschluss vom 16.07.2003 - 7 B 61/03 -, ZfW 2004, 100; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16.09.2002 - 7 ME 148/02 -, ZfW 2003, 174; HessVGH, Beschluss vom 14.02.1989 - 7 TH 2335/88 - , ZfW 1990, 286 [288]; Czychowski/Reinhardt, Kommentar zum WHG, 8. Aufl., Rn. 4 zu § 1 m. w. N.). Hintergrund ist, dass es nicht möglich ist, das Wasser mit den wasserrechtlichen Instrumentarien zu steuern, wenn eine Verbindung mit dem Wasservorkommen in der Natur nicht besteht (Czychowski/Reinhardt, a. a. O., Rn. 4 zu § 1; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16.09.2002, a.a.O.). Ist hingegen diese Verbindung gegeben, liegt ein Gewässer vor.

Allgemein wird angenommen, dass eine Absonderung vom Wasserhaushalt anzunehmen ist, wenn das Wasser an den Gewässerfunktionen wie Verdunstung, Versickerung, Auffangen von Regenwasser und Auffangen von aufsteigendem Grundwasser keinen Anteil mehr hat (OVG Nordrhein-Westfalen, Teilurteil vom 27.03.1991 - 7 A 1927/87 - , NuR 1992, 134; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.06.2002 - 5 N 16/02 -, NuR 2002, 688 [690], HessVGH, Beschluss vom 14.02.1989, a. a. O., VG Aachen, Urteil vom 19.09.2003, a.a.O., Czychowski/Reinhardt, a. a. O, Rdn. 4 zu § 1). Dies ist nach ebenso unstreitiger Auffassung der Fall, wenn Wasser vollständig in Leitungen und Behältnissen gefasst wird. So hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.10.1975 (BVerwGE 49, 293 [298 f]) ausgeführt, dass ein oberirdisches Gewässer dann seine Gewässereigenschaft verliert, wenn das Wasser unter Verlust des Gewässerbettes vollständig in einer Rohrleitung gefasst wird und für seinen gesamten weiteren Verlauf bis zur Einmündung in den nächsten Vorfluter in einem Leitungssystem vom unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt abgesondert bleibt. Von diesem Ansatz geht auch die Regierungsbegründung zum Entwurf des Wasserhaushaltsgesetzes aus. Dort wird zu § 1 ausdrücklich hervorgehoben, dass die "Vorschriften des Gesetzes ..... nicht für das vom natürlichen Wasserhaushalt abgesonderte, in Leitungen oder anderen Behältnissen "gefasste" Wasser" gelten, dass insoweit vielmehr die im Gesetz "vorgesehenen Einwirkungsmöglichkeiten beim Entzug des Wassers aus dem natürlichen Wasserhaushalt und bei Wiedereinleitung in diesen ..... zur Ordnung des Wasserhaushaltes" genügen (BT-Drucks. 2/2072, S. 21). Auf Basis dieser Rechtslage ist in der Rechtsprechung beispielhaft anerkannt, dass Wasseransammlungen in Abwasserleitungen, in Kläranlagen, in Wasserversorgungsanlagen, in Schwimmbecken, Zisternen und Feuerlöschteichen vom Wasserhaushalt abgesondert sind (vgl. nur OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13.06.2002, a.a.O., m. w. N. zu den einzelnen Beispielen). Andererseits ist ebenso anerkannt, dass technische Anlagen und Bauwerke in einem oberirdischen Gewässer nicht zum Verlust der Gewässereigenschaft führen müssen. Als Beispiele sind hier Schleusen, Wasserkraftwerke, künstliche Befestigungen des Gewässerbettes und Flusskläranlagen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27.11.1992 - 8 C 55/90 -, NVwZ 1993, 997) anzuführen.

Zum Zweck einer Abgrenzung in Zweifelsfällen hält der Senat ein Vorgehen für angebracht, bei dem zunächst vom Idealtyus (Vollbild) eines oberirdischen Gewässers ausgegangen wird, also im Fall eines fließenden Gewässer von dem in seinem gesamten Verlauf in einem oberirdischen Bett fließenden Gewässer. Je stärker das Erscheinungsbild von diesem Typus abweicht und durch künstliche (bauliche oder technische) Anlagen geprägt wird, desto sorgfältiger ist zu prüfen, ob diese Anlagen auch bei funktionaler Betrachtung zu einer Unterbrechung des ökologischen Zusammenhangs mit dem natürlichen Wasserkreislauf führen. Einer sorgfältigen Prüfung bedarf es insbesondere, wenn ein Teil des Wassers aus dem Hauptstrom eines Gewässers abgezweigt und über eine mehr oder weniger lange Strecke im Nebenschluss zum Gewässer geführt wird, oder wenn das gesamte Wasser eines Gewässers über ein Teilstrecke durch eine Anlage geführt wird, die ihrem Erscheinungsbild nach vom Typus des oberirdischen Gewässers abweicht.

Hier nimmt die Fischzuchtanlage der Kläger das im Quellgebiet entspringende Wasser nahezu vollständig auf, mit Ausnahme nur des bei starkem Wasseranfall über den Überlauf in den Werra-Mühlgraben abfließenden Wassers, und gibt es nach dem Durchfließen als "Lachenbach" wieder ab.

Der ökologische Zusammenhang eines oberirdischen Gewässers mit dem natürlichen Wasserkreislauf besteht im Wasseraustausch mit dem Grundwasser (aufsteigendes Grundwasser, Versickerung), im Zufluss von Regen und Niederschlagswasser, in der Wirkung des Sonnenlichts und in der Wechselwirkung mit weiteren Klimafaktoren (Gasaustausch mit der Luft, z. B. Sauerstoff, Kohlendioxyd), in Wechselwirkungen mit dem Boden (Mineralien, Organismen) und im Zutritt von tierischen und pflanzlichen Organismen.

Die Wirkungen der baulichen und technischen Anlagen sind im Einzelnen auf ihre Auswirkungen auf diese Aspekte des ökologischen Zusammenhangs zu würdigen. Dabei sind quantitative Aspekte (z. B. Länge einer unterirdischen Leitung, Verweildauer des Wassers in der Anlage) ebenso wie qualitative Aspekte (Einflussnahme auf die Wasserqualität) zu berücksichtigen. So kann eine Führung in einem Betonbett für eine kurze Strecke die Gewässereigenschaft unberührt lassen, bei einer längeren Strecke dagegen zum Verlust der Gewässereigenschaft führen. Ähnliches kann für eine Überdachung gelten. Unter qualitativen Aspekten ist auch zu betrachten, zu welchem Zweck das Wasser durch bauliche und technische Anlagen kontrolliert und gesteuert wird. Dabei ist wiederum eine typisierende Betrachtung geboten. Eine Einbeziehung in industrielle Produktionskreisläufe führt in der Regel zum Verlust der Gewässereigenschaft, jedenfalls wenn dies mit Veränderungen der Eigenschaften des Wassers (Erwärmung, Kühlung) verbunden ist.

Diese Abgrenzung auch nach qualitativen Aspekten einschließlich des Zwecks der Umleitung des Gewässers ist durch den gemeinsamen Schutzzweck des Wasserhaushaltsgesetzes und des Abwasserabgabengesetzes geboten. Ziel und Zweck der Gesetzgebung über den Wasserhaushalt ist es, eine gesonderte Bewirtschaftung des ober- und unterirdischen Wassers nach Menge und Beschaffenheit herbeizuführen. Damit soll das Wasservorkommen als Existenzgrundlage von Mensch und Natur geschützt werden (BT-Drucks. 2/2072, S. 16). Mit dem Abwasserabgabengesetz soll nach der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf (BT-Drucks 7/2272) das gleiche Ziel erreicht werden, indem ein wirtschaftlicher Anreiz geschaffen wird,

- in erheblich stärkerem Maße als bisher Kläranlagen zu bauen,

- den Stand der Abwasserreinigungstechnik zu verbessern,

- abwasserarme oder abwasserlose Produktionsverfahren verstärkt einzuführen,

- abwasserintensiv hergestellte Güter sparsam zu verwenden.

Allein der Umstand, dass das in einer Anlage zu wirtschaftlichen Zwecken genutzte Wasser einem Gewässer entstammt und nach dem Durchfließen der Anlage wieder einem Gewässer zugeführt wird, reicht nicht aus, um den für eine durchgängige Gewässereigenschaft erforderlichen ökologischen Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserhaushalt zu wahren und eine Abwasserabgabepflicht auszuschließen. Um eine sachgerechte Abgrenzung zwischen dem Gewässerschutzregime des Wasserhaushaltsgesetzes und dem auf den wirtschaftlichen Anreiz abzielenden Gewässerschutzregime des Abwasserabgabengesetzes vornehmen zu können, bedarf es einer genaueren Betrachtung der wirtschaftlichen Verwendung des Wassers und der dabei anfallenden Einwirkungen auf die Beschaffenheit des Wassers. Wenn das abgeleitete Wasser in seinen Eigenschaften stark verändert wird, insbesondere wenn es verschmutzt wird, ist dies im Regelfall mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Nutzen verbunden. In diesen Fällen kann der Schutz des natürlichen Wasserhaushalts nach dem Schutzkonzept des Abwasserabgabengesetzes durch die finanzielle Anreizwirkung der Abwasserabgabe gewährleistet werden, während die Instrumentarien des Gewässerschutzes nach dem Wasserhaushaltsgesetz in diesen Fällen nicht geeignet und auch nicht erforderlich sind. In derartigen Fällen stellt sich daher auch die Umleitung des gesamten Gewässers und seine Nutzung im Durchfluss als Absonderung vom Wasserhaushalt dar (so auch Knopp in SZDK, a. a. O., Rn 9 a zu § 1 WHG).

Die danach erforderliche genauere Betrachtung ergibt, dass das die Fischzuchtanlage der Kläger durchlaufende Wasser durchgängig als Gewässer einzustufen und nicht vom Wasserhaushalt abgesondert ist. Zwar weicht das Erscheinungsbild der klägerischen Fischzuchtanlage bei natürlicher Betrachtungsweise in Teilbereichen deutlich von dem Idealtypus eines Gewässers ab. Der Senat ist jedoch nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme der Fischzucht davon überzeugt, dass weder die Anlage als Ganzes noch einzelne ihrer Teile (z. B. die Rohrleitung, die Kaskade, das Bruthaus, die Teiche oder der Trommelfilter) die Verbindung des durchfließenden Wassers zum natürlichen Wasserhaushalt unterbrechen.

Der Großteil der Anlage, sowohl nach ihrer räumlichen Ausdehnung als auch nach der Verweildauer des durchfließenden Wassers, besteht aus den zehn handtuchförmig angeordneten Fischbecken und dem Karpfenteich. Hier ist schon kein nennenswerter Unterschied zu anderen (natürlichen und/oder künstlichen) Teichen vorhanden. Die Teiche sind weder insgesamt betoniert, noch überbaut.

Damit kann das sie durchfließende Wasser versickern und in natürlichem Maße verdunsten. Die Teiche können Grundwasser aufnehmen, und insbesondere der Karpfenteich nimmt noch die natürlich abfließende Entwässerung des Waldgebietes "Ziegellache" und die Straßenentwässerung der angrenzenden Kreisstraße auf. Dass diesen Teichen mittels Schaufelradbelüftern Sauerstoff zugeführt und gleichzeitig Kohlendioxyd abgebaut wird, entspricht bei typisierender Betrachtung natürlichen Faktoren (natürliche Kaskade, Wasserfall) und der traditionell in Gewässern betriebenen Fischzucht. Letzteres gilt auch für die Fütterung der Forellen. Demzufolge ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, im größten Teil der Fischzuchtanlage bleiben die natürlichen Gewässerfunktionen erhalten, nicht zu beanstanden.

Der Senat hat jedoch sorgfältig erwogen, ob die unterirdische Führung des Wassers in Betonrohren über eine Strecke von ca. 1 km vom Quellbereich der Lache bis zum Gelände der Fischzuchtanlage und die Führung des Wassers durch das überdachte Bruthaus - die beiden Teileinrichtungen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild am stärksten vom Idealtypus eines oberirdischen Gewässers abweichen - eine Unterbrechung des Zusammenhangs mit dem natürlichen Wasserkreislauf bewirken.

Die Zuführung des für die Fischzucht in der Anlage des Klägers genutzten Wassers der Lache in unterirdisch verlegten Betonrohren unterbindet auf einer Strecke von ca. 1 km die Versickerung, die Aufnahme von Grundwasser, die Verdunstung und den Zutritt von Regen und Niederschlagswasser sowie von Sonnenlicht und sie verringert den Gasaustausch mit der Luft und den Zutritt pflanzlicher und tierischer Organismen. Andererseits fließt das Wasser in natürlichem Gefalle in verhältnismäßig kurzer Zeit hindurch, ohne in anderer Weise genutzt oder in seiner natürlichen Qualität beeinflusst zu werden. Insbesondere erfolgt auf dieser Strecke kein Zufluss von Abwasser und keine technische Behandlung des Wassers. Unter diesen Umständen kann die Verrohrung auf einer Teilstrecke von 1 km nach Auffassung des Senats die Annahme einer Unterbrechung des ökologischen Zusammenhangs mit dem natürlichen Wasserkreislauf nicht rechtfertigen. Die Unterbindung der für das natürliche Gewässerbett typischen Austauschvorgänge zwischen dem Wasser und den anderen natürlichen Umweltmedien führt bei einem Durchfluss im natürlichen Gefalle über eine Strecke von 1 km unter den hier vorliegenden Umständen nicht zu erheblichen Veränderungen der natürlichen

Eigenschaften des Wassers. Eine Unterbrechung des ökologischen Zusammenhangs des Wassers mit dem natürlichen Wasserhaushalt ist danach nicht gegeben. Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu dem bereits genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.10.1975 (- 4 C 43/73 - a. a. O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat darin ausgeführt, dass die Gewässereigenschaft verloren gehe, wenn das Wasser vollständig in einer Rohrleitung gefasst werde und für seinen gesamten weiteren Verlauf bis zur Einmündung in den nächsten Vorfluter in einem Leitungssystem vom unmittelbaren Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserkreislauf abgesondert bleibe. Dies ist hier nicht der Fall. Das Wasser der Lache tritt bereits in der Fischzuchtanlage wieder zu Tage. Zudem wird hier im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht zu entscheidenden Fall der Rohrleitung kein Abwasser zugeführt.

Gleiches gilt im Ergebnis auch für das Bruthaus. Dieses bietet zwar nach seinem Erscheinungsbild ohne Zweifel den stärksten Kontrast zum Idealbild eines oberirdischen Gewässers. Das gilt insbesondere für den Bereich, in dem die Brut und die frisch geschlüpften Forellen aufgezogen werden. Ein - allerdings vergleichsweise geringer - Teil des die Anlage durchfließenden Wassers wird hier auf verschiedene Behälter verteilt, in denen die unterschiedlichen Stadien der Aufzucht von den befruchteten Eiern bis zu den in den Rinnen gehaltenen Setzlingen erfolgt. Die fein gesteuerte Verteilung des Wassers auf die einzelnen Behälter, die automatische Dosierung des Futters und die Sauerstoffanreicherung mit Hilfe von Schläuchen bieten das Erscheinungsbild einer technischen Anlage. Bereits die Überdachung hält die unmittelbare Sonneneinstrahlung ab, um die empfindliche Brut vor zu starker UV-Strahlung zu schützen; im Übrigen hält sie Vögel von der Jagd auf die jungen Fische ab. Versickerung und Aufnahme von Grundwasser sind ausgeschlossen, die Verdunstung ist vermindert. Gleichwohl kann nach der Überzeugung des Senats auch hier im Ergebnis eine Unterbrechung des ökologischen Zusammenhangs mit dem natürlichen Wasserhaushalt weder unter quantitativen noch unter qualitativen Gesichtspunkten angenommen werden. Entscheidend dafür ist, dass auch im Bruthaus das Wasser lediglich im natürlichen Gefalle geführt wird, wenn auch verteilt über eine Vielzahl unterschiedlicher Behälter, und dass es das Bruthaus in verhältnismäßig kurzer Zeit durchfließt und dann in die offenen Fischzuchtbecken weitergeleitet wird. Die Anlage simuliert damit natürliche Bedingungen, wie sie für das Aufwachsen der Brut von Forellen in dafür geeigneten natürlichen Gewässern gegeben sind. Zwar wird durch technische Maßnahmen die Sterblichkeitsrate der Brut und der Setzlinge gesenkt, indem das Wasser mit Sauerstoff angereichert wird und UV-Strahlung und Fischräuber durch die Überdachung ferngehalten werden. Auch hier ist aber für den Senat ausschlaggebend, dass das Wasser die Brutanlage im natürlichen Gefalle durchfließt und nach verhältnismäßig kurzer Zeit wieder verlässt, und dass die in dieser verhältnismäßig kurzen Zeit erfolgenden Einwirkungen auf die natürliche Wasserqualität sich nicht oder jedenfalls nicht signifikant von den Einwirkungen unterscheiden, die für Fischzucht in Gewässern typisch sind. Hinzu kommt, dass das Fassungsvermögen der zur Aufzucht genutzten Beton- und Kunststoffbecken in dem Bruthaus im Verhältnis zu dem der freiliegenden Teiche von untergeordneter Bedeutung ist. Nach den unwidersprochen gebliebenen und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nachvollziehbaren Angaben der Kläger haben die innerhalb des Bruthauses gelegenen Becken ein Volumen von ca. 350 m3. Ihr Anteil beträgt damit nur ca. 2,29 % des Gesamtvolumens.

Die Kaskade führt ebenfalls nicht zu einer Absonderung des Wassers vom natürlichen Wasserhaushalt. Zwar wird ein Teil des Wassers - im Bedarfsfall auch das gesamte Wasser - mittels Pumpen über diese Kaskade geführt, so dass es kurzfristig nicht im freien Gefalle durch die Fischzuchtanlage fließt. Unter quantitativen Aspekten ist dies schon deshalb nicht bedeutsam, weil das Wasser nur kurzfristig angehoben wird. Entscheidend ist jedoch auch hier, dass sich die Einwirkungen der Kaskade auf die Wasserqualität nicht von natürlichen Kaskaden unterscheiden. Dem Wasser wird auf diesem Weg lediglich Sauerstoff zugeführt und es verliert dabei zugleich Kohlendioxid.

Letztlich erfolgt auch keine Absonderung des Wassers durch den in dem so genannten Pumpenschacht installierten Trommelfilter. Dieser filtert alle Partikel, die größer als 60 Mikrometer sind, aus dem im freien Gefalle durchlaufenden Wasser mechanisch ab. Es handelt sich um eine technische Anlage, die - vergleichbar einer Flusskläranlage - in einem Gewässer installiert ist und nicht die Gewässereigenschaft aufhebt (vgl. Berendes, Das Abwasserabgabenrecht, 3. Aufl., S. 36). Sie hat - ebenso wie die Kaskade - keine nachteiligen Auswirkungen auf die Wasserqualität.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass weder die Fischzuchtanlage der Kläger als Ganzes noch einzelne ihrer Teile die Gewässereigenschaft des durchfließenden Wassers aufhebt.

Dieses Ergebnis entspricht auch einer verfassungskonformen, am Maßstab des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG orientierten Auslegung. Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz bindet alle drei Staatsgewalten und fordert, auch für das Abgabenrecht, dass im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich und im Wesentlichen ungleiche Sachverhalte ungleich zu behandeln sind. Eine Ungleichbehandlung führt allerdings nur bei Vorliegen einer besonderen Sachlage zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz, denn Art. 3 Abs. 1 GG belässt dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Er verbietet nur eine willkürlich ungleiche Behandlung wesentlich gleicher Sachverhalte (Willkürverbot). Die Grenze liegt dort, wo ein sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung fehlt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.1981 - 8 C 48/81 -, NVwZ 1982, 622 [623] oder etwa BVerfG zur Automatensteuer, Beschluss vom 03.05.2001 - 1 BvR 624/00 -, NVwZ 2001, 1264 [1265]). Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht aber die Frage, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.

Dem Senat erscheint es zumindest zweifelhaft, ob eine Auslegung des Einleitungstatbestands des § 1 AbwAG und des Gewässerbegriffs des § 1 Abs. 1 WHG, die zur Folge hätten, dass die Fischzuchtanlage der Kläger zur Abwasserabgabe herangezogen wird, mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar wäre.

Es ist gerichtsbekannt - und wurde im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vom Vertreter des Beklagten bestätigt -, dass in der behördlichen Praxis zur Fischzucht genutzte, im Nebenschluss zu einem Gewässer angelegte Teichanlagen grundsätzlich als Gewässer eingestuft und nicht zur Abwasserabgabe veranlagt werden. Eine Veranlagung von Fischzuchtanlagen zur Abwasserabgabe ist nur erfolgt, wenn sie über Besonderheiten wie beispielhaft eine längere Rohrleitung oder ein Bruthaus verfügten, also in ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Idealtypus eines Gewässers entsprachen.

Im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz ist die unterschiedliche Behandlung aber nicht sachgerecht, wenn sie nicht durch den Schutzweck des Wasserrechts gerechtfertigt ist. Es macht aber für die Belastung des Wasserhaushalts und für den Schutzzweck, den Wasserrecht und Abwasserabgabenrecht mit unterschiedlichen Instrumentarien verfolgen, keinen erkennbaren Unterschied, ob die Aufzucht von Fischen etwa in Becken erfolgt, die sich in einem Gebäude befinden oder in der freien Natur. Die Belastung des Wassers als Folge der Aufzucht ist gleich. Sie resultiert allein aus möglichen Futter- und Arzneimittelresten sowie den Ausscheidungen der Fische in Folge der intensiven Fischhaltung. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass Fischzuchtbetriebe, die nach dem Durchflussprinzip arbeiten, bei einer Heranziehung zur Abwasserabgabe Großeinleiter sind, obwohl sie das Wasser kaum verschmutzen. So beträgt nach Darstellung von Schuster und Stelz ("Das Abwasserabgabengesetz und die deutsche Teichwirtschaft" in Fischer und Teich, 1997, S. 385) die kalkulierte Gewässerbelastung aus der Forellenproduktion in Deutschland ca. 2751 Phosphor (0,37 % des Gesamtaufkommens) und 2.060 t Stickstoff (0,27 % des Gesamtaufkommens) im Jahr. Großeinleiter wären die abgabepflichtigen Fischzuchtbetriebe, die im Durchflusssystem arbeiten, ausschließlich deshalb, weil sie viel Wasser einleiten. So ist für die Kläger eine Jahresschmutzwassermenge von 5.676.480 m3 geschätzt worden. Diese große Wassermenge ist maßgeblich ursächlich für die Höhe der festgesetzten Abgabe, die nach Auffassung des Senats offensichtlich außer Verhältnis zu der bei einer ordnungsgemäßen Fischwirtschaft in Betracht kommenden Gewässerbelastung steht.

Dabei ist auch offensichtlich, dass eine solche Abgabe schon wegen ihrer Höhe erdrosselnde Wirkung entfalten kann. Da nicht alle Betriebe, die intensiv Fischzucht betreiben, veranlagt werden, dürfte es nur schwerlich gelingen, diese Abgabe über den Kaufpreis der Fische umzulegen.

Eine Auslegung des Gewässerbegriffs dahin gehend, dass im Sinne einer objektiven, natürlichen Betrachtungsweise allein darauf abgestellt wird, ob das Wasser über eine nicht unerhebliche Strecke in künstlichen Behältnissen gefasst ist, würde zu einer in ihren wirtschaftlichen Folgen gravierenden Ungleichbehandlung von Fischzuchtbetrieben führen. Diese Ungleichbehandlung erschiene dem Senat willkürlich, da ein sachlicher Grund im Hinblick auf die Schutzzwecke des Gewässerschutzes und eine sinnvolle Ergänzung der Instrumente des Wasserrechts und des Abwasserabgabenrechts dabei nicht erkennbar wäre.

Zur Klarstellung weist der Senat jedoch darauf hin, dass mit diesem Auslegungsergebnis nicht jede Fischintensivhaltung von der Abwasserabgabe befreit ist. Jedenfalls die Fischzucht in Form der Kreislaufanlage dürfte abgabenpflichtig sein. Diese Anlagen sind durch ein inneres Wasserreinigungssystem, welches aus einer mechanischen Reinigung zur Schlammabscheidung und einem Biofiltrationssystem zur Nitrifikation besteht, gekennzeichnet. Bei diesen Anlagen fällt bezogen auf den Futterverbrauch weniger (Ab-)Wasser an, die Konzentration mit Schmutzfracht ist jedoch höher als bei Durchflussanlagen (vgl. Entwurf der "Empfehlungen zur Fischhaltung in technischen Anlagen" der bayerischen Wasserwirtschaftsbehörden, Stand: 01.04.2001, S. 5).

Anderes ergibt sich auch nicht aus der den Klägern erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 10.11.1991/26.11.1991. Einer wasserrechtlichen Nutzungserlaubnis kommt keine bindende Tatbestandswirkung für eine Abwasserabgabenpflicht dem Grunde nach zu. Bindungswirkung haben nach dem Abwasserabgabengesetz ausdrücklich nur die in der wasserrechtlichen Erlaubnis festgelegten Werte zur Jahresschmutzwassermenge sowie die Überwachungswerte (§ 4 AbwAG - sog. Bescheidlösung). Unabhängig hiervon hat die zuständige Behörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erhebung der Abwasserabgabe, also das Einleiten von Abwasser, vorliegt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage hat, ob die technischen Anlagen einer nach dem Durchflussprinzip betriebenen intensiven Fischzucht einschließlich einer 1 km langen verrohrten Zuleitung und einer die Aufzucht von Forellen aus befruchteten Eiern ermöglichenden Brutanlage in einem Gebäude die Gewässereigenschaft eines vollständig in die Anlage eingeleiteten Gewässers entfallen lassen. Die Frage betrifft revisibles Recht, weil sie anhand des Gewässerbegriffs des Wasserhaushaltsgesetzes und damit nach Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) zu beantworten ist.

Beschluss

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 92.400,67 € festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. §§ 14, 13 Abs. 2GKG.

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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