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Gericht: Thüringer Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 02.04.2007
Aktenzeichen: 4 ZKO 196/07
Rechtsgebiete: ThürKAG
Vorschriften:
ThürKAG § 7 Abs. 11 | |
ThürKAG § 15 Abs. 1 Nr 2 Buchst. b) | |
ThürKAG § 21a Abs. 3 | |
ThürKAG § 37 Abs. 2 |
Ist eine Abgabe ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so ist grundsätzlich derjenige erstattungsberechtigt, dessen Abgabenschuld nach dem erkennbaren Willen des Zahlenden getilgt werden sollte. Nicht entscheidend ist, wer den Zahlungsvorgang vollzog oder aus wessen Vermögen die Zahlung stammt.
Wird ein Grundstück veräußert und der neue Eigentümer ins Grundbuch eingetragen, geht eine vorher entstandene persönliche Beitragspflicht nicht auf den Erwerber über, sofern sie nicht ihrerseits im Wege der Rechtsnachfolge übergegangen ist oder übertragen wird. Entsprechendes gilt für die Kehrseite der persönlichen Beitragspflicht, den Erstattungsanspruch aus § 37 Abs. 2 AO 1977.
THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT - 4. Senat - Beschluss
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Beiträgen,
hier: Antrag auf Zulassung der Berufung
hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Prof. Dr. Aschke, den Richter am Oberverwaltungsgericht Gravert und die an das Gericht abgeordnete Richterin am Verwaltungsgericht Siegl am 2. April 2007 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 24. Januar 2007 - 6 K 1029/06 We - wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 558,43 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin auf Rückzahlung des Herstellungsbeitrags, den der frühere Miteigentümer und Lebensgefährte der Klägerin gezahlt hatte, mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin der Anspruch auf den begehrten Erstattungsbescheid nicht zustehe. Nur der ehemalige Lebensgefährte der Klägerin, Herr ____ M____, sei Adressat des Beitragsbescheids des Beklagten vom 22.11.1999. Auch habe nur er gegen den Bescheid Widerspruch erhoben. Der in Rede stehende Erstattungsanspruch beruhe auf der Abhilfeentscheidung im Widerspruchsverfahren. Daher werde die Frage des Erstattungsberechtigten durch die Vorschriften des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) ThürKAG i. V. m. § 37 Abs. 2 AO 1977 beantwortet. Danach sei Erstattungsberechtigter derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden sei. Dies sei zweifelsfrei der frühere Miteigentümer. Die Klägerin habe somit keinen Erstattungsanspruch aus § 21a Abs. 3 ThürKAG. Diese Vorschrift finde keine Anwendung, da der Erstattungsanspruch nicht aus der Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum 01.01.2005 folge. Nur dann, wenn der Beitragsbescheid bestandskräftig geworden wäre oder der Rechtsbehelf des früheren Miteigentümers keinen Erfolg gehabt hätte, wäre die Klägerin als Erstattungsberechtigte nach § 21a Abs. 3 Satz 1 ThürKAG in Betracht gekommen. Die Klägerin sei auch nicht als Rechtsnachfolgerin erstattungsberechtigt, nachdem sie Alleineigentümerin des veranlagten Grundstücks geworden sei. Die Übertragung des Eigentums am Grundstück ziehe keine Einzelrechtsnachfolge in die persönliche Beitragspflicht nach sich.
In dem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin geltend, dass an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ernstliche Zweifel bestünden. Aus der Tatsache, dass die Einzelrechtsnachfolge im Eigentum an einem Grundstück im BGB geregelt sei, folge, dass die Eigentumsposition eine rechtsnachfolgefähige Rechtsposition sei und laufende Verwaltungsverfahren auf den Rechtsnachfolger übergingen. Die Pflicht zur Zahlung eines Herstellungsbeitrags sei keine höchstpersönliche Pflicht, die nicht rechtsnachfolgefähig wäre. Die Beitragspflicht hänge nicht an irgendeiner Person, sondern ruhe gemäß § 7 Abs. 11 ThürKAG als öffentliche Last auf dem Grundstück. Entscheidend sei also das Eigentum am Grundstück und nicht eine höchstpersönliche Rechtsposition. Derartige Rechtspositionen gebe es nur in den Fällen, in denen das jeweilige Recht oder die Pflicht untrennbar mit der Person verbunden sei. Entscheidend sei das Vorliegen eines Rechtsnachfolgetatbestandes, also eine Rechtsnorm, nach der die Position auf einen Rechtsnachfolger übergehen könne. Diese Rechtsnorm ergebe sich aus § 7 Abs. 11 ThürKAG in Verbindung mit den Rechtsnachfolge- bzw. Eigentumsübergangsvorschriften des BGB, da die Zahlungspflicht als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhe, so dass mit dem Wechsel des Eigentums auch der Beitragsschuldner wechsele. Die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei auch deshalb falsch, weil die Klägerin von vornherein Miteigentümerin des Grundstücks und daher ebenso beitragspflichtig gewesen sei wie der frühere Miteigentümer. Komme es auf das Beitragsschuldverhältnis an, dann habe hier eine Gesamtschuld bestanden, unbeschadet dessen, dass der Beklagte sich einen von mehreren Zahlungsverpflichteten herausgesucht habe. Vor diesem Hintergrund sei auch das Entstehen des Verwaltungsrechtsverhältnisses im Widerspruchsverfahren zu sehen. Hier führe § 7 Abs. 11 ThürKAG dazu, dass dieses Rechtsverhältnis auf die Klägerin übergegangen sei, als das Grundstück auf sie umgeschrieben wurde. Das Verwaltungsverfahrensrecht regele das Problem der Einzelrechtsnachfolge nicht ausdrücklich, weshalb auf allgemeine Rechtsgrundsätze und Vorschriften zurückzugreifen sei. Hier ergebe sich die Einzelrechtsnachfolge schlicht aus den Eigentumsübergangsvorschriften des BGB. Aus § 7 Abs. 10 ThürKAG, wonach der jeweilige Eigentümer des Grundstücks zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld beitragspflichtig sei, könne umgekehrt geschlossen werden, dass erstattungsberechtigt sei, wer im Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs Widerspruchsführer sei. Daher sei bei der Rückabwicklung auf die neuen Eigentumsverhältnisse abzustellen, auch wenn § 21a Abs. 3 ThürKAG nicht unmittelbar anwendbar sei.
Mit ihrem Zulassungsvorbringen zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung auf. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist richtig. Der Klägerin steht der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu.
Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch auf Erstattung des gezahlten Beitrags für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung hier nicht aus § 21a Abs. 3 ThürKAG folgt, weil die begehrte Rückgewähr des gezahlten Beitrags keine Folge der Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes zum 01.01.2005 ist (Gesetz vom 17.12.2004, GVBl. S. 889). Wenn ein Abgabenbescheid auf einen dagegen gerichteten Rechtsbehelf hin von der Ausgangsbehörde, der Widerspruchsbehörde oder einem Gericht aufgehoben wird, so ist Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Erstattung § 15 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) ThürKAG i. V. m. § 37 Abs. 2 AO 1977. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen dieses Erstattungsanspruchs zwar erfüllt sind, aber nicht in der Person der Klägerin.
Ist eine Abgabe ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), Abs. 2 Buchst. b) ThürKAG i. V. m. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO 1977). Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Der Beitragsbescheid vom 22.11.1999, der an den früheren Miteigentümer erging, wurde durch Bescheid des Beklagten vom 03.08.2005 aufgehoben, der ebenfalls an den früheren Miteigentümer gerichtet war. Der Aufhebungsbescheid erging ausdrücklich auf den Widerspruch des früheren Miteigentümers. Zur Begründung des Aufhebungsbescheids wurde auf das Urteil des Senats vom 31.05.2005 hingewiesen (4 KO 1109/04, LKV 2006, S. 181). Durch die Aufhebung des Beitragsbescheids im Widerspruchsverfahren ist der Rechtsgrund für die erbrachte Beitragszahlung weggefallen. Gläubiger des Erstattungsanspruchs ist jedoch nicht die Klägerin, sondern der frühere Miteigentümer. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 ist erstattungsberechtigt derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt wurde. Dafür ist grundsätzlich entscheidend, als wessen Leistung sich die Zahlung bei objektiver Betrachtungsweise aus Sicht des Zahlungsempfängers darstellt. Erstattungsberechtigt ist demnach derjenige, dessen Abgabenschuld nach dem erkennbaren Willen des Zahlenden getilgt werden sollte. Nicht entscheidend ist, wer den Zahlungsvorgang vollzog oder aus wessen Vermögen die Zahlung stammt (vgl. Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2004, § 37 Rdnr. 19, 20 m. w. N.). Danach ist hier der frühere Miteigentümer derjenige, auf dessen Rechnung gezahlt wurde. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der Beitragsbescheid vom 22.11.1999 allein an den früheren Miteigentümer gerichtet war und auch ihn allein zur Zahlung der gesamten Beitragsschuld heranzog. Damit stimmt überein, dass die Überweisung der Beitragsschuld durch den früheren Miteigentümer erfolgt war und dass er als Verwendungszweck das Aktenzeichen des an ihn gerichteten Bescheids angegeben hatte. Dass die Klägerin bereits damals Miteigentümerin war und der frühere Miteigentümer als einer von zwei Gesamtschuldnern herangezogen wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn als Gesamtschuldner war er die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet (§ 412 Satz 1 BGB), d. h. er leistete die Zahlung insgesamt auf eine eigene Schuld. Anders wäre es evtl. dann zu beurteilen, wenn die Klägerin und der frühere Miteigentümer als Ehegatten zusammen veranlagt worden wären (vgl. Pahlke/Koenig, a. a. O., Rdnr. 28, 33).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ändert an diesem Ergebnis auch nichts, dass sie zwischenzeitlich den hälftigen Eigentumsanteil des früheren Miteigentümers erworben hatte und nach der Grundbucheintragung am 28.10.2003 alleinige Eigentümerin des veranlagten Grundstücks geworden war. Die Klägerin ist nicht deshalb Gläubigerin des Erstattungsanspruchs geworden, weil sich das Beitragsschuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat und sie zum Zeitpunkt der Aufhebung des Beitragsbescheids bereits Alleineigentümerin des Grundstücks geworden war. Zwar ist ein Anspruch auf Erstattung von Abgaben rechtsnachfolgefähig, insbesondere kann er abgetreten werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) ThürKAG i. V. m. § 46 Abs. 1 AO 1977). Aus dem Vortrag der Klägerin folgt allerdings nicht, dass die Voraussetzungen eines Rechtsnachfolgetatbestands erfüllt wären. Aus § 7 Abs. 11 ThürKAG, wonach der Beitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück ruht, lässt sich keine Rechtsnachfolge herleiten. Bei diesem Argument lässt die Klägerin unberücksichtigt, dass zwischen der persönlichen und der sachlichen Beitragspflicht zu unterscheiden ist. Nur die sachliche Beitragspflicht ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück. Sie begründet keine persönliche Schuldnerschaft des jeweiligen Grundstückseigentümers, sondern hat den Inhalt, dass das Grundstück auch dann für die Beitragsschuld haftet, wenn der Grundstückseigentümer nicht persönlich beitragspflichtig ist, z. B. weil er das Grundstück von einem Voreigentümer erworben hat (vgl. Beschluss des Senats vom 20.12.2001, 4 ZEO 867/99, NVwZ-RR 2002, S. 774). Wenn das Grundstück veräußert und der neue Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurde, dann ist damit, dass die öffentliche Last auch unter den neuen Eigentumsverhältnissen auf dem Grundstück ruht, noch nichts über die persönliche Beitragsschuld gesagt. Diese trifft nach wie vor den ursprünglich beitragspflichtig gewordenen Voreigentümer, sofern sie nicht ihrerseits im Wege der Rechtsnachfolge auf eine andere Person übergegangen ist, wie dies beispielsweise bei der Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen der Fall ist. Entsprechendes gilt für die Kehrseite der persönlichen Beitragspflicht, den Erstattungsanspruch aus § 37 Abs. 2 AO 1977. Für eine Rechtsnachfolge in die Erstattungsforderung ist jedoch nichts ersichtlich. Die Klägerin lässt zwar auf die Rechtsnachfolge- bzw. Eigentumsübergangsvorschriften des BGB verweisen. Es ist aber nicht konkret vorgetragen oder zu erkennen, dass die Erstattungsforderung vom früheren Miteigentümer auf die Klägerin übertragen worden wäre. Eine Abtretung - die, wie aufgezeigt, rechtlich möglich wäre - fand nach dem Vorbringen nicht statt. Des Weiteren ist die Forderung nach den obigen Ausführungen personenbezogen und nicht derart mit dem Grundstück verknüpft, dass sie bei der Übertragung eines Grundstücks wie etwa Zubehör (§ 926 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB) mit auf den Erwerber überginge.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47, 52 Abs. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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