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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.10.2007
Aktenzeichen: 1 Sa 393/07
Rechtsgebiete: TzBfG, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 14
BGB § 133
BGB § 137
Ob eine Prozessbeschäftigung auf vertraglicher Grundlage erfolgt, oder ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Tätigkeit auffordert, um eine drohende Zwangsvollstreckung abzuwenden, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 15.9.2006 - 1 Ca 136/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

1. Die Parteien streiten, ob der beklagte Freistaat verpflichtet ist, den Kläger auf der Grundlage einer vertraglichen Prozessbeschäftigung mit unwirksamer Befristung bzw. Bedingung weiter zu beschäftigen.

Der Kläger, Jahrgang 1965, wurde vom Freistaat ab dem 1.9.1999 als Lehrer für Biologie und Sport eingestellt. Durch Kündigungen vom 15. und 21. März 2000, einer weiteren Kündigung vom 5. Mai wie durch eine Anfechtungserklärung vom 11. Mai 2000 versuchte der Beklagte, eine Beendigung der Beschäftigung herbeizuführen. Der Kläger begegnete dem mit teilweise erfolgreichen Feststellungsklagen. Der hier maßgebliche, zur streitigen Prozessbeschäftigung führende Rechtsstreit wurde durch die Kündigung vom 5. Mai 2000 ausgelöst. Während das Arbeitsgericht Jena - 3 Ca 156/00 - die Kündigung des Beklagten für wirksam erachtete, urteilte das Thüringer Landesarbeitsgericht mit Entscheidung vom 17. Februar 2005 entgegengesetzt, die Klage sei begründet, 1 Sa 115/03. Es verpflichtete zudem auf Antrag des Klägers den Beklagten weiter, den Kläger bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen. Das Urteil des LAG wurde am 15. Juli 2005 den Parteien zugestellt.

Der Kläger suchte in der Folge, am 19. Juli 2005 - Einzelheiten dieses Besuches werden abweichend dargestellt - das Staatliche Schulamt in S. auf und brachte den Wunsch nach Beschäftigung zum Ausdruck. In einem Schreiben vom folgenden Tag wurde dem Kläger vom Beklagten unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mitgeteilt, dass er auf der Grundlage seiner Bitte um Weiterbeschäftigung gebeten werde, den Dienst zu unveränderten Arbeitsbedingungen am 18. August am Gymnasium in H. anzutreten. Mit weiterem Schreiben vom 15. August erklärte das Schulamt, ein schriftlicher Vertrag könne erst nach Abschluss des Arbeitsgerichtsverfahrens gefertigt werden. Die Beschäftigung erfolge "auf Grund der entsprechenden Arbeitsgerichtsurteile." Als der Kläger auf einer Verschriftlichung der Beziehung bestand, äußerte das Kultusministerium des Beklagten mit Schreiben vom 9. September 2005, dass die Grundlage der Tätigkeit nicht vertraglich sei, sondern der "im Berufungsurteil tenorierte Beschäftigungsanspruch."

Zeitlich gleichlaufend, mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 12. August 2005 und Begründung vom 13. September 2005, betrieb der Beklagte die Revision gegen das Berufungsurteil. Dieses Rechtsmittel führte zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. April 2006 (2 AZR 426/05), durch welches das erstinstanzliche Urteil wieder hergestellt wurde. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten übermittelte das Urteil der zuständigen Behörde, wo es am 4. Mai 2006 eintraf. Am folgenden Montag, den 8. Mai 2006, wurde der Kläger in das Schulamt bestellt. Er wurde mit sofortiger Wirkung vom Unterricht entbunden und nach Hause geschickt.

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vorgetragen, seine Beschäftigung ab dem 18. August 2005 sei auf vertraglicher Grundlage erfolgt. Allerdings sei eine Befristung auf das Ende des Rechtsstreits nicht wirksam geworden, weil die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nicht eingehalten sei. Weiter folge eine neue, vertragliche Grundlage seiner Tätigkeit auch daraus, dass der Beklagte ihn nach der mit der Verkündung am 27. April 2006 rechtskräftig abgewiesenen Kündigungsschutzklage bis zum 8. Mai weiterbeschäftigt habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristungsvereinbarung der Parteien gemäß Schreiben vom 20. Juli 2005, Schreiben vom 15. August 2005 oder mit Schreiben vom 9. September 2005 auf unbestimmte Zeit zu unveränderten Bedingungen über den 27. April 2006 hinaus fortbesteht.

Hilfsweise

2. festzustellen, dass zwischen Parteien über den 8. Mai 2006 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,

hilfsweise

3. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger als Lehrer zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vertreten, die Grundlage der Beschäftigung des Klägers ab August 2005 sei das Berufungsurteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts in der Sache 1 Sa 115/03. Die Beschäftigung sei nicht rechtsgeschäftlicher Natur. Eine Bindung durch Duldung der weiteren Tätigkeit nach dem 27. April 2006 sieht der Freistaat ebenfalls nicht als gegeben.

Das Arbeitsgericht Jena hat die Klage mit Urteil vom 15. September 2006 abgewiesen. Einen zweckbefristeten Vertrag vermag das Gericht nicht zu erkennen, da der Beklagte ausdrücklich erklärt habe, einen Vertrag für die Dauer der vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilten Beschäftigung nicht abschließen zu wollen. Die vom Kläger zur Begründung seiner Rechtsauffassung herangezogenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (7 AZR 113/03 und 7 AZR 113/04) trügen nicht, weil dort der Sachverhalt einen tenorierten Weiterbeschäftigungsanspruch gerade nicht enthalte. Ohne Vertrag könne an § 14 TzBfG nicht angeknüpft werden. Infolgedessen könne auch der Zeitablauf nach Verkündung der Revisionsentscheidung nicht zur Begründung einer weiteren Verpflichtung herangezogen werden, weil eben eine vertragliche Beziehung fehle, an welche durch die Beschäftigung zwischen dem 27. April 2006 und dem 8. Mai 2006 angeknüpft werden könne.

Gegen das am 25. September 2006 dem Bevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts richtet sich die am 20. Oktober 2006 bei dem Thüringer Landesarbeitsgericht eingereichte und begründete Berufung.

Zur Begründung des Rechtsmittels vertieft der Kläger seine Rechtsauffassung. Das Eingangsgericht habe den Erklärungswert der Aufforderung des Beklagten an den Kläger, tätig zu werden, ebenso verkannt wie den Erklärungswert, der darin liege, dass der Kläger für den Beklagten tätig geworden sei. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Februar 2005 könne deshalb nicht die Grundlage der Beschäftigung sein, weil der Kläger zwar einen entsprechenden Tenor erstritten, eine Vollstreckung aber gerade nicht in die Wege geleitet habe. Außerdem weist der Kläger darauf hin, dass zwischen der Verkündung der Entscheidung im Februar und der Aufnahme der Beschäftigung im August ein Zeitraum von sechs Monaten liege. Auch hieraus erhelle sich, dass der Beklagte die Leistung des Klägers zur Erfüllung seines Bildungsauftrags angefordert habe. Die Berufungsbegründung hebt auch auf eine Bindung durch die Beschäftigung vom 27. April 2006 bis zum 8. Mai 2006 ab.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des am 15. September 2006 verkündeten Urteils der 1. Kammer des Arbeitsgerichts Jena nach den Schlussanträgen des Klägers in erster Instanz zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte betont, Grundlage der Beschäftigung sei das Urteil des Landesarbeitsgerichts. Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Der Rechtsstreit war zunächst bei der 5. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts anhängig. Diese Kammer hat am 19. Juni 2007 einen Auflagen- und Hinweisbeschluss verkündet. Durch personelle Änderungen am Thüringer Landesarbeitsgerichts bedingt, die u.a. zur Schließung der 5. Kammer führten, hat das Präsidium des Landesarbeitsgerichts durch Beschluss vom 25. Juli 2007 den Rechtsstreit nebst anderen Verfahren der 5. Kammer der neu eröffneten, 1. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgericht übertragen.

2. Die Berufung ist zulässig, vermag aber im Ergebnis eine Änderung der angegriffenen Eingangsentscheidung nicht zu begründen.

Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Zwar hat es der Wechsel der Zuständigkeit bei dem Thüringer Landesarbeitsgericht mit sich gebracht, dass wesentliche Gesichtspunkte für eine Entscheidung anders beurteilt werden als noch im Auflagen- und Hinweisbeschluss vom 19. Juni 2007. Die Parteien sind darauf hingewiesen und haben, da nur Rechtsfragen im Streit stehen und insoweit ausführlich vorgetragen worden ist, auf eine weitere Stellungnahme ausdrücklich verzichtet.

a) Der vom Kläger verfolgte Antrag zu 1), nämlich festzustellen, dass zwischen den Parteien aufgrund der Schreiben des Beklagten im Sommer 2005 eine fortdauernde vertragliche Beziehung bestehe, weil eine formgerechte Befristungsvereinbarung nicht getroffen worden sei, ist unbegründet. Es fehlt bereits eine zur Vertragsbindung führende, rechtsgeschäftliche Erklärung der Vertreter des Freistaats, so dass eine Anwendung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auf den hier zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt nicht in Betracht kommt.

Eine Willenserklärung mit dem vom Kläger in Anspruch genommenen Inhalt kann bei sachgerechter Auslegung den festgestellten Tatsachen nicht entnommen werden. Die Aufforderung zur Tätigkeit am Gymnasium in H. und die Entgegennahme dieser Tätigkeit erfolgte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung.

Der Kläger meint insoweit, die Schreiben des Freistaats vom 20. Juli 2005 (Blatt 119 GA), vom 15. August 2005 (Blatt 11 GA) und vom 9. September 2005 (Blatt 9 f. GA) enthielten ein vertragliches Angebot des Beklagten, der Kläger möge für den Freistaat arbeiten. Entsprechend sei die Aufnahme der Tätigkeit an dem S.-H. Gymnasium an Annahme zu werten. Durch die Tätigkeit des Klägers habe der Beklagte seinem Bildungsauftrag "besser gerecht werden können".

Schon der Wortlaut der Schreiben des Beklagten begründet erhebliche Zweifel an dieser Sichtweise. Für sich vermag er jedenfalls nicht zu begründen, der Beklagte wolle mit dem Kläger einen Vertrag schließen. Das Ausgangsschreiben vom 20. Juli 2005, verfasst am Tage nach dem Besuch des Klägers bei dem Schulamt in S., lautet: "...bezugnehmend auf das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 17.2. 2005 - 1 Sa 115/03, 3 Ca 156/00 (Arbeitsgericht Jena) - teile ich Ihnen mit, dass das Staatliche Schulamt S. Sie zu unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigt." Im Schreiben vom 15. August verdeutlicht der Freistaat seinen Standpunkt dahin: "Ich teile Ihnen mit, dass Ihnen erst nach Abschluss des rechtskräftigen Arbeitsgerichtsverfahrens ein schriftlicher Arbeitsvertrag gefertigt werden kann ... Bereits mit Schreiben vom 20.7.2005 wurde Ihnen mitgeteilt, dass Sie aufgrund der entsprechenden Arbeitsgerichtsurteile zu unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigt werden." Die hier möglicherweise noch offenen Formulierungen erfahren in der Folge eine klare Abkehr von einer gerade noch denkbaren Deutung, ein Angebot sei gewollt. Nachdem nämlich der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Hinweis auf das Nachweisgesetz auf einem schriftlichen Vertrag insistiert, antwortet der Beklagte: "Dies setzt notwendigerweise ...voraus, dass ein Arbeitsvertrag besteht. Gerade davon geht der Freistaat Thüringen nicht aus, da er die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Ihrem Mandanten erklärt hat. Mit der Einlegung der Revision wurde diesseits unlängst zum Ausdruck gebracht, dass an dieser Auffassung festgehalten wird. Die Grundlage, auf der Ihr Mandant beschäftigt wird, ist somit keine vertragliche. Die Beschäftigung erfolgt allein auf der Grundlage des im Berufungsurteil tenorierten Weiterbeschäftigungsanspruchs."

Die 5. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts maß - ausweislich ihres Hinweisbeschlusses vom 19. Juni 2007 - dem letztgenannten Schreiben vom 9. September 2005 deshalb keine Bedeutung bei, weil es nach einem von dieser Kammer bereits zeitlich davor liegenden Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten nachgehe. Daran ist grundsätzlich richtig, dass eine rückwärts wirkende Ursache denkgesetzlich regelmäßig nicht akzeptiert wird. Es ist also nicht zulässig, einmal festgelegte, vertragliche Grundlagen infolge späterer Änderungen oder durch spätere Erklärungen umzudeuten oder in ihrem Erklärungsgehalt zu verwässern (vgl. etwa BGH NJW 1988, 2878; NJW 1998, 3268). Denkbar bleibt aber, Äußerungen einer Partei, die zeitlich einem Vertragsschluss nachfolgen, jedenfalls als Indiz für eine Auslegung und Ermittlung des Parteiwillens heranzuziehen (BAG AP Nr. 32 zu § 133 BGB; SAE 2004, 149; BGH NJW 1988, 2878; NJW-RR 1989, 199; NJW 1998, 279, 801). Zumindest in dieser Hinsicht bleibt auch das Schreiben aus dem September nach der Überzeugung der jetzt zur Entscheidung berufenen Kammer bei der Auslegung, bei der Bewertung der Intentionen der Parteien in ihren Handlungen bei der Aufnahme der Beschäftigung durch den Kläger von Bedeutung.

In der Konsequenz einer Zusammenschau - und schon die Antragsgestaltung des Klägers legt eine zusammenfassende Sicht der drei Briefe nahe - lässt sich in allen drei Schreiben ein klarer Bezug zwischen der Aufforderung des Beklagten, für ihn am Staatlichen S.-H. Gymnasium in H. zu unterrichten und der Verurteilung durch die 1. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts zu einer solchen Beschäftigung herstellen. Während das erste Schreiben es bei einer Bezugnahme bewenden lässt, tritt im zweiten Schreiben die Ablehnung eines schriftlichen Vertrages hinzu. Das dritte Schreiben schließlich verdeutlicht, dass der Freistaat die Rechtsauffassung vertritt, die Beschäftigung des Klägers erfolge ohne vertragliche Grundlage. Damit fehlt jeder Anhalt, aus dem Wortlaut der Schreiben des Beklagten auch nur den Ansatz eines Angebotes zum Abschluss eines Arbeitsvertrages abzuleiten. Auch die Formulierung "zu unveränderten Bedingungen" verdeutlicht nur, dass eine "Regelung" nicht getroffen werden soll, sondern der Weiterbeschäftigung wie vom Gericht angeordnet Folge geleistet werden soll.

Allerdings stützt der Kläger seine Überzeugung weniger auf den Wortlaut, als vielmehr in erster Linie darauf, dass in der Aufforderung zur Übernahme der Unterrichtstätigkeit an einer Schule und in der Durchführung dieser Tätigkeit allein aufgrund des tatsächlichen Verhaltens der Parteien auf den rechtsgeschäftlichen Willen geschlossen werden könne, ein Arbeitsvertrag solle begründet werden. Er meint, sich hier im "Gravitationsfeld" zweier Entscheidungen des 7. Senats des Bundesarbeitsgerichts zu bewegen (Urteil vom 22.10.2003 - 7 AZR 113/03 - und vom 19.1.2005 - 7 AZR 113/04). In der Tat wurde dort gerade auch für den Bereich der hier relevanten Prozessbeschäftigung ausgeführt: "Fordert der Arbeitgeber ... einen gekündigten Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist auf, seine Tätigkeit bis zur Entscheidung über die Kündigungsschutzklage fortzuführen, geht der Wille der Parteien regelmäßig dahin, das Arbeitsverhältnis, das der Arbeitgeber durch die Kündigung beenden möchte, bis zur endgültigen Klärung, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Kündigung wirksam geworden ist, fortzusetzen oder für die Dauer des Rechtsstreits ein befristetes Arbeitsverhältnis zu begründen. Anders kann ein solches Verhalten der Arbeitsvertragsparteien nicht verstanden werden. Denn der Arbeitnehmer ist auf Grund des gekündigten Arbeitsverhältnisses zu weiterer Arbeitsleistung nicht verpflichtet." (Urteil vom 19.1.2005 - 7 AZR 113/04 Rz. 25 am Ende). Das Bundesarbeitsgericht kommt hier auf der Grundlage der Dogmatik zur Abgabe von Willenserklärungen zu dem Ergebnis, dass das Verhalten der Parteien und die Rahmenbedingungen in dem konkreten, zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt eindeutig den Rückschluss auf einen entsprechenden Willen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer erlauben.

Einer Würdigung der Tatsachen standen nach Überzeugung der Richter des Bundesarbeitsgerichts im damals zu entscheidenden Fall auch beiläufige Erklärungen des Arbeitgebers, man "...trage nur dem ungewissen Ausgang des Rechtsstreits Rechnung", nicht entgegen. In Anlehnung an die Figur der "protestatio facto contraria" (zitiert wird BGH NJW 2000, 3429 - Verweilen im Krankenhaus unter Verwahrung gegen eine Kostenübernahme) betont das oberste Arbeitsgericht, es sei nach Treu und Glauben ohne Bedeutung, sich mit einer wörtlichen Verwahrung gegen eine Deutung eines in seinem Aussagegehalt eindeutigen Verhaltens zu wenden.

Mit diesen Annahmen schreibt der 7. Senat die von ihm aufgestellten Regeln zur Beurteilung der Prozessbeschäftigung fort. Schon in einem Urteil vom 22.10.2003 hatten die Richter die Absprachen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer über eine weitere Beschäftigung bis zum Abschluss des Kündigungsschutzprozesses je nach Rahmen als auflösend bedingte oder zweckbefristete Vereinbarung gedeutet (7 AZR 113/03 Rz. 29 f.). Daraus folge zwingend auch die Anwendung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, welches bezwecke, einen Streit über Dauer und Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden. Als Argument führt die Entscheidung an, die Parteien könnten abweichende, insbesondere natürlich im Hinblick auf den Zeitpunkt variierende Regelungen treffen (Rz. 30 aaO).

Eine Zwischenanalyse führt also zu dem Ergebnis, eine während eines Streits um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ergehende Aufforderung an den Arbeitnehmer, tätig zu werden, kann unter den richtigen Rahmenbedingungen als Angebotserklärung gedeutet werden. Gerade in Abgrenzung zu dem im Streit stehenden Rechtsverhältnis sollte in diesen Fällen daher eine genaue, insbesondere schriftliche Gestaltung ins Auge gefasst werden. Dies ist das eigentliche Anliegen der Entscheidungen des 7. Senats.

Das Bundesarbeitsgericht hat aber in dem ersten zur Entscheidung anstehenden Fall ebenso deutlich gemacht, dass bei der Vereinbarung dort "... nicht davon ausgegangen werden (könne), dass der Beklagten den Kläger lediglich zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungsurteil beschäftigen wolle. Denn (so das Bundesarbeitsgericht!) der Kläger hatte im Zeitpunkt der Aufforderung durch den Beklagten, die Arbeit wieder aufzunehmen, noch keinen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt." (aaO Rz. 36). Auch die oben dargestellte Folgeentscheidung (7 AZR 113/04) führt in ihrem Leitsatz an, das Verhalten der Aufforderung zur Arbeit und die Ausübung der Arbeit könne nur "regelmäßig" als Abschluss eines Vertrages gewertet werden. Ausnahmen sind bei dieser Formulierung nicht nur möglich, sondern in eine typisierende Betrachtung eingedacht. Das Bundesarbeitsgericht berücksichtigt hier die aus vollstreckungsrechtlichen Abwicklungen hereinspielende Notwendigkeit. Denn außer einer vertragsrechtlichen Grundlage kommt ebenso eine im Wege der Zwangsvollstreckung erzwungene Beschäftigung und - in deren Vorfeld - die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gewährte Vollstreckung in Betracht.

Beide Formen der Beschäftigung folgen - wie das Verhalten in der Vollstreckung gemeinhin - nicht vertraglichen Regeln, nicht einmal den Regeln des gewöhnlichen Leistungsaustauschs. So gilt für den Standardfall, welche Wirkungen die Zwangsvollstreckung im Hinblick auf die Erfüllung etwa einer titulierten Forderung entfaltet, dass zwar bei Rechtskraft der zur Vollstreckung führenden Entscheidung die Forderung infolge Erfüllung erlischt (BayObLG NJW-RR 1989, 1291; zu dogmatischen Streitfragen Schünemann JZ 1985, 49), dass aber bei noch nicht rechtskräftigen Verurteilungen das Schicksal der Forderung in der Schwebe bleibt (BGH MDR 1976, 1005). Insbesondere gilt dies auch dann, wenn der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung leistet (BAG DB 1988, 659; BGH NJW 1990, 2756). Führt nämlich das Rechtsmittel zur Abänderung der vorläufig vollstreckbaren Entscheidung und erwächst diese Entscheidung in Rechtskraft, endet der Schwebezustand. Die durch die Vollstreckung oder die durch die Abwendungsbemühungen erfolgten Vermögensverschiebungen verlieren ihre Grundlage und sind in umgekehrter Richtung abzuwickeln, notfalls ist Schadensersatz zu leisten. Hier werden keine Verträge geschlossen, es bedarf solcher auch nicht. Es geht vielmehr um die Umsetzung der in den Urteilen enthaltenen staatlichen Anordnungen, um die direkte Befolgung hoheitlicher Gebote. Für eine privat-autonome Gestaltung, für die Entwicklung und Auslotung von Willenselementen entsteht erst dann ein Spielraum, wenn die Parteien durch Abweichung von der Anordnung etwa im Wege von Vollstreckungsvergleichen sich eine solche Beweglichkeit ausdrücklich verschaffen wollen und diese dann auch umsetzen. Letzteres bildet aber eine Ausnahme, die Regel ist die unbedingte Befolgung, der Gehorsam gegenüber dem Titel, dessen Vollstreckbarkeit - und sei es auch nur vorläufig - angeordnet ist. Entsprechend hat auch das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden (8. Senat, Urteil vom 17.1.1991, BAGE 67, 88, 92), dass die Fortsetzung der Tätigkeit auf der Grundlage eines Titels nicht als Vertragsbeziehung gedeutet werden müsse. Untermauert wird dies in der Instanzrechtsprechung dahin, dass, fordere der Arbeitgeber auf der Grundlage eines erstinstanzlichen Urteils zur Weiterbeschäftigung auf, "im Regelfall keine vertragliche Vereinbarung" anzunehmen sei (LAG Niedersachsen NZA-RR 2004, 472).

Im Ergebnis können also im Rahmen der Prozessbeschäftigung zwei prinzipielle Formen unterschieden werden: die Prozessbeschäftigung auf vertraglicher Grundlage einerseits und die Prozessbeschäftigung im Wege oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung. Für die Entscheidung des hier anhängigen Rechtsstreits rückt damit in das Zentrum, wie die Feinabgrenzung zwischen diesen beiden Formen gewährleistet werden kann, und welchem Bereich die von den Parteien konkret initiierte Prozessbeschäftigung zugeordnet werden kann. Auf diese Unterscheidung und ihre Bedeutung hatte bereits die 5. Kammer in ihrem Beschluss vom 19. Juni 2007 hingewiesen.

Die Frage, wie die Abgrenzung vorzunehmen ist, bedarf keiner näheren Erläuterung. Ob vorliegend eine vertragliche Vereinbarung anzunehmen ist oder nicht, ist auf der Grundlage der ausdrücklichen und schlüssigen Erklärungen der Parteien durch Auslegung zu ermitteln (vgl. insoweit LAG Niedersachsen NZA 2005, 18, 19). Dies führt vorliegend allerdings dazu, dass von einem Rechtsbindungswillen des Beklagten nicht ausgegangen werden kann.

Es wurde bereits ausgeführt, dass eine Heranziehung der wörtlichen Erklärungen des Beklagten eher dahin weist, dieser wolle dem Urteil des Thüringer LAG Rechnung tragen, nicht aber eine vertragliche Bindung mit dem Kläger suchen. Unter dem Gesichtspunkt der "protestatio facto contraria" können diese Bekundungen nur dann gegenstandslos sein, wenn die Rahmenumstände das Verhalten der Parteien in einem eindeutig gegensätzlichen Bild erscheinen lassen.

Dem ist aber nicht so. Sowohl die Begleitumstände wie auch die Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen sprechen hier dafür, dass der Beklagte zur Abwendung der Zwangsvollstreckung handelte. Zunächst ist dabei zu berücksichtigen, mit welcher Vehemenz der Beklagte versucht hat, sich vom Kläger zu trennen. Immerhin wurden drei Kündigungen ausgesprochen, zwei nämlich im März 2000, sodann die vom 5. Mai. Vorsorglich meinte der Beklagte weiter, die Anfechtung der Vertragsbeziehung erklären zu müssen.

Wirtschaftliche Interessen des Beklagten können dem Sachverhalt zufolge keine Rolle gespielt haben. Üblicherweise wird erwogen, der Arbeitgeber wolle mit dem Angebot zur Weiterbeschäftigung den negativen wirtschaftlichen Folgen begegnen, die mit der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers für die oft nicht überschaubare Dauer eines Kündigungsschutzverfahrens verbunden sind (Sittard/Ulbrich RdA 2006, 218). Das kann vorliegend nicht greifen. Denn der Freistaat hat "sehenden Auges" das Annahmeverzugsrisiko von der Zustellung der Klage beim Arbeitsgericht ( Jena - 3 Ca 156/00) am 19. Mai 2000 bis zur Aufforderung zur Aufnahme der Beschäftigung am 18.August 2005 hingenommen. Eine Initiative nach fünf Jahren kann hier nicht ohne weitere Kriterien, die hinzutreten müssten, als Maßnahme zur Steuerung des ökonomischen Risikos verstanden werden.

Vielmehr lässt sich ein überaus enger Zusammenhang der Aufforderung zur Tätigkeit mit der Titulierung des Weiterbeschäftigungsanspruchs durch das Landesarbeitsgericht belegen. Dabei wird seitens der hier entscheidenden Kammer nicht übersehen, dass die zuvor berufene 5. Kammer am dieser Stelle aufgrund des Zeitablaufs entscheidend anders wertete. Der Hinweisbeschluss vom 19. Juni 2007 spricht sogar von einem "Anschein" des Bestehens einer hier "üblichen" vertraglichen Beziehung, weil zwischen der Verkündung des Tenors einer Pflicht zur Weiterbeschäftigung im Februar und der Aufnahme der Tätigkeit im August sechs Monate gelegen sind.

Die erkennende Kammer vermag sich dieser Wertung nicht anzuschließen, wie sie auch deutlich in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben hat. Gegen einen "Anschein", gegen die Einräumung einer Beweiserleichterung im Sinne einer Vermutung, spricht zunächst, dass dies herkömmlich auf die Erleichterung des Nachweises von Kausalität in komplexen Sachverhalten oder objektiver Pflichtwidrigkeiten herangezogen wird, mithin auf die Wertung "äußerer" Verhaltensabläufe (vgl. etwa Lepa NZV 1992, 130). Innere Tatsachen, zu denen wohl das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Rechtsbindungswillen zu zählen ist, entziehen sich einer derartigen Verkürzung bei der Erlangung richterlicher Überzeugung (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., Vor § 284 Rn. 31). Die allgemeine Lebenserfahrung versagt gemeinhin, wenn es um die Unterstellung geht, was jemand will oder nicht. Hier Erfahrungssätze zu implementieren bedeutet, Willensentscheidungen durch sozial übliche Verhalten zu verdrängen, indem das "Gebräuchliche" zum Willen erhoben wird. Das wird dem Verständnis autonomen Verhaltens nicht gerecht.

Aber auch die Grundlagen der im Hinweisbeschluss unterstellten Vermutung können nicht geteilt werden. Es gibt vorliegend keine "Lockerung" der Vollstreckungsgefahr, weder Gestaltungsräume noch ein privatautonomer Regelungsbedarf hat sich erkennbar abgezeichnet. Die 5. Kammer hat auf das Verstreichen von sechs Monaten abgestellt. Der zeitliche Ablauf von der Verkündung des Berufungsurteils im Februar bis zur Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger Mitte August kann aber keiner isolierten Betrachtung unterworfen werden. Vielmehr ist zugleich der zwischenzeitliche Fortschritt der Vollstreckungsreife des Titels zu sehen. Mit dieser Einblendung zeigt sich, dass die Gefahr einer Vollstreckung durch den Kläger im Sommer 2005 aus Sicht des Beklagten zugenommen hat.

Diese Wertung legt den Ablauf zugrunde, der zwischen der Rechtshängigkeit eines Anspruchs und seiner Vollstreckung auf der Grundlage eines Titels vollzogen werden muss. Jeder Anspruch, auch der Anspruch auf Weiterbeschäftigung bedarf nachdem er bei Gericht anhängig wurde, der Zustellung beim Schuldner. Ab diesem Zeitpunkt hat der Schuldner Kenntnis, mit der Rechtshängigkeit wird die Möglichkeit evident, dass die staatliche Gewalt im Wege einer Vollstreckung die Umsetzung des Rechts erzwingen kann. Es wird dann im weiteren Verlauf über den Anspruch verhandelt, bis hierhin haben die Parteien es in der Hand, das Erkenntnisverfahren abzubrechen, eigene Wege zur Beseitigung des Streits zu gehen. Mit der Verkündung der Entscheidung endet das Erkenntnisverfahrens. Die Grundlage für eine Umsetzung des Anspruchs durch staatliche Hilfe ist geschaffen. Die eigentliche Vollstreckung erfolgt dann aber erst in einem eigenen Verfahrensabschnitt. Dieses knüpft nicht nur an die Verkündung einer Entscheidung an, sondern an die Trias von Titel, Klausel und Zustellung. Entsprechend ordnet § 750 ZPO an, dass die Vollstreckung erst mit der Zustellung des Urteils beginnen darf. Daraus wiederum erhellt, die Zustellung des Urteils erhöht das Risiko einer Vollstreckung durch den Gläubiger, eine weitere Stufe, ein höherer Grad an Durchsetzungswahrscheinlichkeit aus Sicht des Schuldners ist erreicht. Jetzt ist es allein die Entscheidung des Gläubigers, durch seinen Antrag die nächste Verfahrensstufe einzuleiten. Vorliegend wäre, da die Aufforderung zu einer Tätigkeit, die Einbeziehung dieser Tätigkeit an einer bestimmten Stelle im Organisationsbereich des Arbeitgebers als unvertretbare Handlung zu qualifizieren ist, das Prozessgericht zur Verhängung einer Zwangsmaßnahme nach § 888 ZPO berufen.

Für die vorliegend zu treffende Abgrenzung von vertraglicher und erzwungener Prozessbeschäftigung bedeutet dies: Spätestens die Aufforderung des Arbeitgebers nach Anordnung der Zwangsmaßnahme durch das Prozessgericht als Vollstreckungsgericht muss dann als Handlung des Arbeitgebers im Rahmen der Vollstreckung gesehen werden. Auf der anderen Seite hat das BAG (Urteil vom 22.10.2003 - 7 AZR 113/03 Rz. 36 d. Gründe) zu erkennen gegeben, dass für die Erwägung, eine Handlung zur Abwehr der Zwangsvollstreckung liege vor, der Arbeitnehmer wenigstens einen Antrag auf Weiterbeschäftigung in den Rechtsstreit eingebracht haben müsse.

Damit wird deutlich: zwischen der Anordnung einer Zwangsmaßnahme durch das Gericht und der Rechtshängigkeit des Weiterbeschäftigungsanspruchs liegt der Abgrenzungsbereich von Vertrag und Vollstreckung. Diese Phase hat vorliegend angedauert. Ein schlichter Zeitablauf für sich allein vermochte am Vorliegen der ein oder anderen Variante für die Dauer des Verfahrens nichts zu ändern. Die "Vermutung", d.h. die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Handlung im Rahmen der Vollstreckung steigt vielmehr von Verfahrensschritt zu Verfahrensschritt, indem nämlich weitere Rechtsbedingungen für eine Vollstreckbarkeit hinzutreten, welche die Entscheidung über eine Vollstreckung, die Macht zur Vollstreckung zunehmend dem Gläubiger an die Hand geben.

Für den zur Entscheidung anstehenden Fall folgt hieraus, dass die Aufforderung durch das Schulamt, am Gymnasium in H. tätig zu werden, zwar fünf Monate, die Aufnahme der Tätigkeit sechs Monate hinter der Verkündung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts liegen, dass aber kurz zuvor, nämlich am 15. Juli 2005, das Urteil zugestellt worden ist. Die Maßnahme der Behörde liegt damit nach wie vor in dem oben skizzierten Zeitabschnitt, verstärkend ist aber hinzugetreten, dass mit der Zustellung des Urteils es allein in der Hand des Klägers gelegen ist, die Umsetzung der Beschäftigung mit Hilfe des Gerichts zu erzwingen. Damit hat sich der Zusammenhang zwischen dem Urteil und der Aufforderung stark verdichtet.

Auch das Verhalten des Klägers gibt wenig dafür her, anzunehmen, ein Vertrag sei Grundlage der Beschäftigung. Der Kläger hat in keiner Weise herausgestellt, er wolle von der Möglichkeit einer Vollstreckung Abstand zu nehmen und eine Einigung über die Weiterbeschäftigung zu erzielen. Zunächst kann es nicht entscheidend sein, dass noch kein Antrag auf Verhängung einer Vollstreckungsmaßnahme durch das Gericht oder eine Ankündigung erfolgt ist. Der Kläger hatte die Rechtsmacht zur Vollstreckung, und er hat im Laufe des Verfahrens konsequent darauf hingearbeitet, diese zu erlangen. Er hat zwar einerseits nichts anderes getan, als einen ihm zustehenden Anspruch zur Durchsetzung vorzubereiten, er muss aber andererseits sich damit abfinden, dass daraus der Eindruck entsteht, dass es ihm auf eine Durchsetzung angekommen ist. Der titulierte Anspruch hatte ab dem 14. Juli 2005 die Reife zur Vollstreckung. Einer weiteren Androhung durch den Kläger bedurfte es nicht, wie sich etwa daraus ergibt, dass § 93 ZPO im Bereich der Zwangsvollstreckung nicht anwendbar ist (Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 93 Rdn. 2a). Der Kläger konnte ohne weiteres mit dem Vollstreckungsverfahren fortfahren.

Es kann weiter auch nicht entscheidend sein, ob der Kläger höflich aufgetreten ist oder nicht, ob er einen Wunsch, eine Bitte oder eine Forderung äußerte. Die Parteien haben hierzu umfänglich vorgetragen, doch ist die Art des Auftretens allenfalls Ausdruck der Sozialisation oder der natürlichen Bildung. Sie kann bei der Auslegung des Verhaltens im vorliegenden Fall wenig hilfreich sein. Der Kläger muss auch hier den Eindruck gegen sich gelten lassen, dass jemand, der wenige Tage nach dem ihm und der anderen Partei ein Urteil zugestellt wurde, welches ihm die Beschäftigung als Lehrer für die Dauer des Prozesses zuspricht, beim Schulamt vorspricht und den Wunsch nach eben dieser Beschäftigung äußert, zugleich zum Ausdruck bringt, dass es ihm mit diesem Wunsch ernst ist. Der Wunsch in Verbindung mit der dem Kläger zustehenden Rechtsmacht war durchaus geeignet, bei dem Beklagten Handlungsbedarf hervorzurufen. Bei vernünftiger Würdigung musste der Beklagte unnötige Kosten und Aufwendungen, die mit einem chancenlosen Vollstreckungsverfahren verbunden sind, zu meiden suchen. In diesem Zusammenhang ist die schriftliche Aufforderung zu sehen, in H. tätig zu werden, die an dem auf das Gespräch im Schulamt folgenden Tag folgte. Dass bis dahin noch fast ein Monat zu verstreichen hatte, lag an den in Thüringen obwaltenden Sommerferien. Der Kläger sollte sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Arbeit einfinden.

In der Rechtsprechung wird immer wieder die Tatsache betont, dass der Arbeitnehmer an sich nicht verpflichtet ist, nach Ablauf der Frist der gegen ihn ausgesprochenen Kündigung tätig zu werden (z.B. BAG vom 19.1.2005 - 7 AZR 113/04 Rz. 25 d. Gründe). Das Gewicht dieses Arguments hängt allerdings auch von den Umständen ab. Hier folgt daraus nichts zugunsten des Klägers. Dadurch, dass er einen Beschäftigungstitel erwirkt hatte, war ihm das Befolgen der Aufforderung nach Treu und Glauben zuzumuten. Denn andernfalls hätte er sich das Einkommen, welches durch die Prozessbeschäftigung zu erzielen gewesen war, entgegenhalten lassen müssen (BAG Urteil vom 24.9.2003 - 5 AZR 500/02). Insofern lag die Aufnahme der Tätigkeit auch in seinem Interesse. Dem Beklagten kam zwar die Leistung des Klägers während seiner Tätigkeit an der Schule zugute. Dies ist aber die notwendige Konsequenz ihrer Ausübung. Nichts deutet darauf hin, wie es der Kläger sieht, dass der Beklagte ihn zur Erfüllung seines Bildungsauftrags aufforderte, und es darauf im Sinne eines Motivs anlegte.

Die parallel in dem Verfahren Thüringer LAG - 1 Sa 115/03 - betriebene Revision kann für die Auslegung nur mittelbare Bedeutung erlangen. Sie wurde im August, also nach Abfassung des Ausgangsschreiben vom 20.7.2005, eingelegt und im September begründet. Aber auch die Verfolgung des Rechtsmittels ist ein Indiz (vgl. oben) für den Unwillen des Beklagten, den Kläger auf der Grundlage einer eigenen Entscheidung beschäftigen zu wollen.

Die Auslegung führt vorliegend zu dem Ergebnis, dass die Begleitumstände der Aufforderung, in H. tätig zu werden, ebensowenig wie die erkennbare Interessenlage den Rückschluss erlauben, es liege eine schlüssige Erklärung des beklagten Freistaats mit Rechtsbindungswillen vor, einen Arbeitsvertrag begründen zu wollen. Nach Treu und Glauben kann das Verhalten des Freistaats, dem Kläger im Sommer 2005 Beschäftigung angeboten zu haben, nach seinem objektiven Erklärungswert so nicht gedeutet werden. Vielmehr weist alles darauf hin, dass der Freistaat sich der Entscheidung des LAG vom 17.2.2005 - 1 Sa 115/03 - beugte.

Da eine schlüssige Erklärung des Inhalts, einen Vertrag schließen zu wollen, nicht vorliegt, kann auch der Gesichtspunkt der "protestatio facto contraria" keine Bedeutung entfalten.

b) In der Konsequenz der Ausführungen zum Antrag zu 1) ist auch der Antrag des Klägers zu 2) nicht begründet. Eine Anwendung des § 625 BGB setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein vertragliches Arbeitsverhältnis bestand. Daran fehlt es. Im übrigen kann bei einer arbeitsteilig strukturierten Einrichtung wie dem Freistaat nicht mit der Umsetzung einer Entscheidung von einen Tag auf den anderen gerechnet werden. Der vom Beklagten dargelegte Ablauf der Übermittlung der Entscheidung vom Prozessbevollmächtigten zur Behörde und die Bearbeitung von Donnerstag auf Montag erlauben den Rückschluss, dass hier "unverzüglich" gehandelt worden ist.

c) Da die vorgehenden Anträge abschlägig beschieden worden sind, steht eine Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag in diesem Verfahren nicht an. Die positive Beurteilung eines der Feststellungsanträge des Klägers wäre Bedingung für eine Befassung mit diesem Hilfsantrag.

d) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

e) Die Revision war nicht zuzulassen. Die Kammer weicht nicht von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts ab. Es liegt auch kein Fall grundsätzlicher Bedeutung vor. Kern der Entscheidung ist die Würdigung des Verhaltens der Parteien im Sommer 2005. Die maßgeblichen Tatsachengrundlagen sind unstreitig. Ihre rechtliche Würdigung im Wege der Auslegung betrifft individuelles Verhalten, ist mithin eine Entscheidung im Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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