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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 20.01.2000
Aktenzeichen: 1 Sa 564/99
Rechtsgebiete: KO, ZPO


Vorschriften:

KO § 11
ZPO § 97
Zulässigkeit der Aufnahme des durch Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens unterbrochenen Kündigungsschutzverfahrens durch Kläger, auch wenn Verwalter bereits angemeldete Verzugslohnansprüche, die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängen, anerkannt hat oder nicht bestreitet.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 07.02.1995, Az.: 1 Ca 634/94, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist die Rechtswirksamkeit einer dem Kläger gegenüber ausgesprochenen ordentlichen Kündigung und die Zulässigkeit der Aufnahme des wegen Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens unterbrochenen Kündigungsschutzverfahrens streitig.

Der Kläger war bei der Fa. L. GmbH seit 05.10.1992 als Bauwerker beschäftigt. Über das Vermögen dieser Firma ist durch Beschluss des Amtsgerichts Mühlhausen vom 09.06.1995 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet worden und der Beklagte als Verwalter bestellt worden.

Die Gemeinschuldnerin hatte - vor Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens - mit Schreiben vom 06.09.1994 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 15.10.1994 gekündigt.

Der gegen die Kündigung gerichteten Klage hat das Arbeitsgericht stattgegeben. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Urteils (Bl. 33 und 34 d. A.) verwiesen.

Die Gemeinschuldnerin hat gegen das ihr am 09.02.1995 zugestellte Urteil am 01.03.1995 Berufung eingelegt und die Berufung nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 01.05.1995 am 02.05.1995 begründet.

Das durch Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens unterbrochene Berufungsverfahren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 06.09.1999 "gem. § 11 Konkursordnung" wieder aufgenommen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Aufnahme des Verfahrens unzulässig sei. Masseansprüche des Klägers stünden nicht mehr offen. Er - der Beklagte - sei von der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung ausgegangen und habe die dementsprechend angemeldeten Masseansprüche berücksichtigt. Die zur Tabelle angemeldeten Forderungen habe er anerkannt. Weitere Ansprüche des Klägers seien nicht mehr gegeben, da etwaige Ansprüche wegen des Eingreifens der tarifvertraglichen Ausschlussfrist zwischenzeitlich erloschen seien. Auch sei das Arbeitsverhältnis von ihm erneut zum 30.09.1995 gekündigt worden. Gegen diese Kündigung habe der Kläger nichts unternommen.

Der Beklagte beantragt,

den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurückzuweisen,

ferner,

das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und

den gegen die Aufnahme des Verfahrens gerichteten Antrag des Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Aufnahme des Rechtsstreits ist zulässig. Diese Feststellung kann in den Gründen des Endurteils getroffen werden (Thomas-Putzo, 22. Aufl., ZPO, § 240 Rnr. 8).

Es ist ganz herrschende Auffassung, dass der Rechtsstreit auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gem. § 11 KO aufgenommen werden kann (Stein-Jonas-Roth, ZPO. 21. Aufl., § 240 Rnr. 23 m. w. Nachw.; BGH vom 23.06.1988, NJW 89, 170 unter Verweisung auf RAG, JW 33, 1551).

Die Auffassung des Beklagten, die Aufnahme sei unzulässig, wenn keine Forderungen bestritten seien, verkennt bereits, dass das Kündigungsschutzverfahren nur mittelbar Forderungen gegen die Masse betrifft und insoweit eine (bestreitbare) Anmeldung von Forderungen nicht erfolgt.

Der Vortrag des Beklagten ist aber auch unschlüssig, wenn er mit Schriftsatz vom 05.11.1999 ausführt, dass er bei der Prüfung der Ansprüche "ausgehend vom erstinstanzlichen Urteil von der Unwirksamkeit der Kündigung zum 15.10.1994 ausgegangen" sei "und dementsprechend die angemeldeten Masseansprüche des Klägers und Berufungsbeklagten wie beantragt berücksichtigt" habe.

Es sollte bekannt sein, dass die Kündigung als einseitige rechtsgestaltende Willenserklärung das Arbeitsverhältnis beendet, wenn nicht durch rechtskräftige Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt wird. Da gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt wurde, kann der Beklagte nicht von der Unwirksamkeit einer Kündigung ausgehen, deren Wirksamkeit er gerade mit der Berufung behauptet. Will der Beklagte akzeptieren, dass die streitgegenständliche Kündigung unwirksam ist, muss er die entsprechende Prozesserklärung abgeben, mit der die Feststellung des zunächst angefochtenen Urteils bestätigt wird. Demzufolge müsste der Beklagte entweder den Klageanspruch anerkennen (mit der günstigen Kostenfolge aus § 11 Abs. 2 KO) oder die Berufung zurücknehmen. Die Rücknahme des Rechtsmittels wäre im Übrigen sogar während der Unterbrechung des Verfahrens möglich (Zöller, ZPO, 20. Aufl., § 249 Anm. 3 a).

Der Beklagte handelt nach allem widersprüchlich, wenn er einerseits Verzugslohnansprüche, die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängen, nicht bestreitet, andererseits aber sich weigert, den mit der Kündigungsschutzklage verfolgten Anspruch anzuerkennen. Er hat dann eine Forderung nicht bestritten, die möglicherweise gar nicht bestanden hat, nämlich dann nicht, wenn die Kündigungsschutzklage erfolglos geblieben wäre und die Kündigung sich demnach als rechtswirksam herausgestellt hätte.

In der Sache ist die Berufung zurückzuweisen, denn der Beklagte geht selbst von der Unwirksamkeit der Kündigung vom 06.09.1994 aus, ohne allerdings die erforderlichen Konsequenzen für das Kündigungsschutzverfahren zu ziehen. Der Beklagte lässt sich stattdessen durch streitige Gerichtsentscheidung verurteilen.

Der Beklagte hat gem. § 97 ZPO die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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