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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 10.02.2000
Aktenzeichen: 1 Sa 605/98
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 97
ZPO § 543 Abs. 1
BGB § 285
BGB § 276
BGB § 277
BGB § 278
BGB § 279
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 284 Abs. 2 S. 1
Klage auf Zahlung des Verzugslohnes ist unschlüssig, wenn es in der Sache um Ersatz des Steuerschadens geht, der dadurch entsteht, dass die Nachzahlung von Verzugslohn nach rechtskräftigem Abschluss eines Kündigungsschutzverfahrens im Jahr des Zuflusses (steuerrechtliches Zuflussprinzip) versteuert werden muss (zu BAG vom 14.08.1998 - 8 AZR 633/96; 14.08.1998 - 8 AZR 158/97 = AuA 99, 34; 27.05.1999 - 8 AZR 322/98)
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Jena vom 25.06.1998, Az.: 5 Ca 451/97, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen verspäteter Lohnzahlung für die Zeit von Januar 1995 bis November 1996 zum Ausgleich von Steuerschäden.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist bereits unschlüssig. Der Kläger hat mit dem erstinstanzlich gestellten und auch im Berufungsrechtszug weiterverfolgten Klageantrag die Verurteilung des Beklagten zu einem Bruttobetrag von 111.273,42 DM abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 37.149,00 DM und eines Nettobetrages in Höhe von 2.790,45 DM begehrt. Antrag und Klagebegründung decken sich nicht. Es ist zwischen den Parteien völlig unstreitig, dass der eingeklagte Bruttobetrag geschuldet wird, abgerechnet wurde und entsprechend der Abrechnung ausgezahlt ist. Der Beklagte hat seiner Abrechnung für den Zeitraum Januar 1995 bis November 1996 sogar einen höheren Bruttobetrag, nämlich 113.282,24 DM, zugrunde gelegt. Der Kläger behauptet zwar, der Beklagte habe den Verzugslohn falsch berechnet. Auch dann wäre der gestellte Antrag jedoch nicht geeignet, den Beklagten zur Zahlung des angeblich richtigen Lohnes zu verurteilen.

Tatsächlich geht es dem Kläger nicht um die richtige Berechnung des Lohnes, sondern um den Ersatz des Schadens, der dadurch entstanden sein soll, dass der im Jahre 1997 ausgezahlte Verzugslohn nach dem steuerrechtlichen "Zuflussprinzip" im Steuerjahr des Zuflusses versteuert wurde und daher einer hohen Progression unterlag. Diesen Steuerschaden hätte der Kläger dem Betrag nach ermitteln und klageweise geltend machen müssen. Dies ist nicht geschehen. Die Klage ist bereits aus diesem Grunde abzuweisen.

Auch bei richtiger Antragstellung wäre weiterhin darzulegen gewesen, dass ein Schadensersatzanspruch wegen Schuldnerverzuges gem. § 286 Abs. 1 i. V. mit § 284 Abs. 2 S. 1, § 285 BGB entstanden ist. Ein für den Schadensersatzanspruch gem. den §§ 285, 276 - 279 BGB erforderliches Verschulden des Beklagten ist vom Kläger nicht dargetan, aber auch unter Berücksichtigung des unstreitigen Sachverhaltes nicht ersichtlich.

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in jüngster Zeit mehrfach mit Ansprüchen auf Ersatz des Steuerschadens bei Nachzahlung von Verzugslohn nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Kündigungsschutzverfahrens befasst (BAG vom 14.08.1998 - 8 AZR 158/97 - AuA 99, 34; BAG vom 14.08.1998 - 8 AZR 633/96; BAG vom 27.05.1999 - 8 AZR 322/98). Danach kann der Arbeitgeber mit der Leistung der Arbeitsvergütung auch dadurch in Verzug geraten, dass er infolge einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr leistet, obwohl er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Kündigung unwirksam ist. Anders verhält es sich, wenn der Ausspruch der Kündigung auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt beruht. Ist die Rechtslage nämlich nicht eindeutig, so handelt der kündigende Arbeitgeber solange nicht fahrlässig, als er auf die Wirksamkeit seiner Kündigung vertrauen durfte. Dieses Vertrauen kann im Laufe eines Kündigungsrechtsstreits seine Berechtigung verlieren, z. B. nach Durchführung einer Beweisaufnahme, die zum Ergebnis geführt hat, dass keine Kündigungsgründe vorliegen. Hält der Arbeitgeber in einem solchen Falle die Entgeltzahlungen weiterhin zurück, gerät er in Schuldnerverzug.

Aber auch dann, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber die Unwirksamkeit der von ihm ausgesprochenen Kündigung endgültig hingenommen hat, ist zu prüfen, ob ihm an der weiteren Verzögerung der Auszahlung des Verzugslohnes ein Verschulden trifft. Für die Beurteilung dieser Frage ist darauf abzustellen, zu welchem Zeitpunkt dem Arbeitgeber die zur Ermittlung des Verzugslohnes erforderlichen Daten, insbesondere die Zahlungen des Arbeitsamtes und die daraus folgenden Forderungsübergänge zur Verfügung standen (BAG vom 14.08.1998 - 8 AZR 633/96).

Im Streitfall konnte der Beklagte jedenfalls bis zur Zustellung des zweitinstanzlichen Urteils im Kündigungsschutzverfahren am 27.12.1996 auf Grund eines vertretbaren Rechtsstandpunkts auf die Wirksamkeit der Kündigung vertrauen, allein deshalb, weil das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte. Ob der Zeitpunkt, der den Beklagten zu einem Tätigwerden hätte veranlassen müssen, früher anzusetzen ist, weil der Kläger vom Beklagten bereits am 12.11.1996 aufgefordert wurde, sich zum Dienstantritt zu melden, kann dahinstehen. Unstreitig kannte der Beklagte die zur Berechnung der Nachzahlung erforderlichen Daten erst im Jahre 1997, denn das Arbeitsamt hat dem Beklagten erst am 20.01.1997 die Beträge mitgeteilt, die als Arbeitslosengeld an den Kläger gezahlt wurden. Demnach hat es der Beklagte nicht zu vertreten, wenn dem Kläger auch daraus ein Schaden entstanden sein sollte, dass die Nachzahlung nicht bereits im Jahre 1996 steuerlich berücksichtigt werden konnte. Unabhängig davon hat der Kläger einen solchen Schaden auch nicht beziffert.

Der Kläger hat gem. § 97 ZPO die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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