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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 23.11.2000
Aktenzeichen: 1 TaBV 14/2000
(1)
Rechtsgebiete: ZPO, BetrVG, ArbGG
Vorschriften:
ZPO § 924 | |
ZPO § 936 | |
ZPO § 925 Abs. 2 | |
BetrVG § 111 | |
BetrVG § 112 Abs. 2 | |
BetrVG § 112 Abs. 3 | |
BetrVG § 112 Abs. 1 | |
ArbGG § 87 Abs. 2 | |
ArbGG § 85 Abs. 2 | |
ArbGG § 92 Abs. 1 S. 3 |
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 12.09.2000, Az.: 5 BVGa 4/2000, wird unter Aufhebung des Beschlusses des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 26.09.2000, Az.: 1 TaBV 14/2000, zurückgewiesen.
Gründe:
I)
Der beteiligten Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2 und Beschwerdegegnerin) war durch den ohne Anhörung ergangenen Beschluss des Landesarbeitsgerichts als Beschwerdegericht vom 26.09.2000 aufgegeben worden, es zu unterlassen, gegenüber den im Beschluss näher bezeichneten 67 Arbeitnehmern eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen. Wegen der Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhaltes wird auf die Begründung des Beschlusses vom 26.09.2000 Bezug genommen.
Der Beschluss war dem Antragstellervertreter mit dem für die Zustellung im Parteibetrieb erforderlichen Ausfertigungen am 27.09.2000 zugestellt worden. Die Zustellung an den Vertreter der Arbeitgeberin erfolgte durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt jedenfalls vor dem 29.09.2000. Die Zustellung des Beschlusses von Amts wegen an die Arbeitgeberin erfolgte am 24.10.2000.
Die Arbeitgeberin hat gegen den Beschluss vom 26.09.2000 am 05.10.2000 Widerspruch eingelegt.
In der auf den Widerspruch anberaumten Anhörung wurde von den Beteiligten unstreitig gestellt, dass die Arbeitgeberin am 28.09.2000 gegenüber 52 der im Beschluss vom 26.09.2000 aufgeführten Arbeitnehmer die Kündigung ausgesprochen hat. Bezüglich der verbliebenen 15 Arbeitnehmer erklärte der Antragsteller den Antrag mit Zustimmung der Arbeitgeberin für erledigt. Insoweit wurde das Verfahren durch Beschluss vom 16.11.2000 eingestellt.
Die Arbeitgeberin und Widerspruchsführerin beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 12.09.2000, Az.: 5 BVGa 4/2000, unter Aufhebung des Beschlusses des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 26.09.2000, Az.: 1 TaBV 14/2000, zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 26.09.2000, Az.: 1 TaBV 14/2000 zu bestätigen.
II)
Der Widerspruch ist gem. den §§ 87 Abs. 2, 85 Abs. 2 ArbGG i. V. mit den §§ 924, 936 ZPO statthaft und insgesamt zulässig.
Er führt zur Aufhebung der vom Landesarbeitsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung und zur Wiederherstellung der den Antrag zurückweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts, mithin zur Zurückweisung der Beschwerde des Antragstellers gegen diese Entscheidung.
Die einstweilige Verfügung war gem. § 925 Abs. 2 ZPO aufzuheben, da zum Zeitpunkt der Anhörung vor dem Beschwerdegericht ein Verfügungsanspruch nicht mehr bestanden hat. Die Anordnung, den Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu unterlassen, soll den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats aus § 112 Abs. 2 und 3 BetrVG sichern. Der Anspruch kann nur so lange gegeben sein, so lange das Ob und Wie einer Betriebsänderung, also ein Interessenausgleich i. S. des § 112 Abs. 1 BetrVG, überhaupt verhandelbar ist. Daran fehlt es, wenn die Betriebsänderung i. S. des § 111 BetrVG bereits durchgeführt ist.
Die von der Arbeitgeberin geplante Betriebsänderung bestand in der Stillegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen. Sie ist, soweit das Mitwirkungsrecht des Antragstellers betroffen ist, mit dem Ausspruch der Kündigungen vollzogen, da der Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigungen und der Umfang der Entlassungen alleiniger Gegenstand der Verhandlungen über einen Interessenausgleich sein konnte.
Der Verfügungsanspruch kann entgegen der in der Anhörung geäußerten Auffassung des Antragstellers auch nicht damit begründet werden, dass mit einer erneuten und vorsorglichen Kündigung der bereits gekündigten Arbeitnehmer zu rechnen sei, weil der Antragsteller die Kündigungen bereits deshalb für rechtsunwirksam hält, weil sie unter Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung des Landesarbeitsgerichts ausgesprochen worden seien. Für den Verhandlungsanspruch des Antragstellers und damit für den Verfügungsanspruch ist nicht entscheidend, ob den bereits gekündigten Arbeitnehmern erneut vorsorglich gekündigt wird, sondern ob es die Arbeitgeberin bei den bereits ausgesprochenen Kündigungen und damit beim Vollzug der Betriebsänderung belässt. Die bloße Möglichkeit, dass die Arbeitgeberin vorsorglich erneut kündigt, vermag den Verfügungsanspruch dann nicht zu begründen, wenn die Arbeitgeberin nicht gleichzeitig Erklärungen abgibt, die darauf gerichtet sind, die Rechtsfolgen der ursprünglich ausgesprochenen Kündigungen zu beseitigen. Solche Erklärungen liegen nicht vor und wurden auch vom Antragsteller nicht behauptet.
Gegen diese Entscheidung findet gem. § 92 Abs. 1 S. 3 ArbGG die Rechtsbeschwerde nicht statt.
Ende der Entscheidung
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