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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 30.07.2002
Aktenzeichen: 5 Sa 178/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 612 Abs. 2
Handelt es sich bei einem vergütungsmäßig als Auftragnehmer oder freier Mitarbeiter behandelten Rechtsverhältnis in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis, dann kann aus dem Vorliegen einer Vergütungsvereinbarung nicht gefolgert werden, dass diese auch bei der von Anfang an bestehenden Annahme eines Arbeitsverhältnisses vereinbart worden wäre. In diesen Fällen ist nach § 612 Abs. 2 BGB die für ein solches Arbeitsverhältnis übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 21.03.2001, 2/7 Ca 2073/99, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche des Klägers aus den Jahren 1997 und 1998. Grundlage des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses war eine schriftliche Vereinbarung vom 23.04.1994 auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Danach verpflichtete sich der Kläger im Auftrag des Beklagten und mit dessen Fahrzeugen Taxi- und Busfahrten durchzuführen. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung gingen die Parteien von der Selbständigkeit des Klägers aus. Infolge dessen meldete der Kläger 1994 ein Gewerbe an und beantragte über das Arbeitsamt EU-Fördermittel zur Existenzgründung. Bei den von ihm im Auftrag des Beklagten geleisteten Busfahrten stellte der Kläger dem Beklagten seinen Zeitaufwand in Rechnung. Bei den Taxifahrten gab er das vereinnahmte Bargeld an den Beklagten weiter. Der Beklagte seinerseits vergütete die Leistungen des Klägers in den Monaten Januar bis August und November 1997 nach Rechnungsstellung mit insgesamt 15.239,60 DM und in den Monaten Januar bis Mai, sowie August bis September 1998 mit insgesamt 12.199,02 DM. Wegen der monatlichen Aufschlüsselung wird auf die Klageschrift vom 23.06.1999 Bezug genommen. Aufgrund einer Mitteilung des Finanzamtes, dass zwischen ihm und dem Beklagten seit 1997 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, kündigte der Kläger das bestehende Arbeitsverhältnis fristlos. Er vertritt nunmehr die Auffassung, ihm stünde für die oben angegebenen Zeiträume entsprechend der Lohngruppe F3 des BMT-G-O eine Vergütung von monatlich 2.812,22 DM brutto, in jedem Fall aber entsprechend der Tarifgruppe 4 des zwischen dem Landesverband des Verkehrsgewerbes Thüringen e.V. und der vormaligen Gewerkschaft ÖTV geschlossenen Tarifvertrages eine Vergütung von monatlich 2.062,16 DM zu. Die anderen Monate der Jahre 1997 und 1998 könnten dabei außer Betracht bleiben, weil der Beklagte dort Auszahlungen getätigt habe, die über dem ihm auf der Basis eines Bruttomonatsgehalts von 2.812,22 DM zustehenden Nettolohnanspruch gelegen hätten. Insoweit sei davon auszugehen, dass die höhere Vergütung aufgrund von klägerseits geleisteten Überstunden auch geschuldet gewesen sei. Die vom Kläger für 1997 eingeklagte Summe von 10.173,70 DM brutto und für 1998 eingeklagte Summe von 19.685,54 DM brutto abzüglich 12.199,02 DM netto hat er durch Gegenüberstellung des monatlichen Tariflohns in Höhe von 2.812,22 und der tatsächlich erhaltenen Vergütung auf die von ihm herausgegriffenen Monate ermittelt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach vorausgegangenem, in zwei Instanzen geführtem Streit um die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es fehle an der Darlegung der nach § 612 Abs. 2 BGB üblichen Vergütung. Im Berufungsrechtszug verfolgt der Kläger sein bereits erstinstanzlich geltend gemachtes Anliegen weiter.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens und der gestellten Anträge wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Berufung hat keinen Erfolg. Zwar liegt keine ausdrückliche Vergütungsvereinbarung über die Dienstleistungen des Klägers vor, die Tätigkeit des Klägers war aber nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Eine solche ist auch nach Rechnungsstellung durch den Kläger und entsprechender Bezahlung durch den Beklagten erfolgt. Grundlage hierfür war die beiderseitige Annahme des Bestehens eines Subunternehmerverhältnisses. Die vom Beklagten gezahlte Vergütung wird aber vom Kläger der Höhe nach im Anschluss an die von ihm angegebene Kenntniserlangung vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nicht mehr akzeptiert. Handelt es sich bei einem vergütungsmäßig als Auftragnehmer oder freier Mitarbeiter behandelten Rechtsverhältnis in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis, dann kann aus dem Vorliegen einer Vergütungsvereinbarung nicht gefolgert werden, dass diese auch bei der von Anfang an bestehenden Annahme eines Arbeitsverhältnisses vereinbart worden wäre. Vielmehr ist in diesem Falle davon auszugehen, dass nur in Bezug auf das vorgestellte, nicht aber in Bezug auf das nach seiner Durchführung tatsächlich bestehende Rechtsverhältnis eine Vergütungsabrede vorliegt. Deshalb ist nach § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Bei der Frage, welche Vergütung üblich ist, wird je nach den vorliegenden Umständen auf die Vergütung zurückgegriffen, welche in einem dem Tätigkeitsfeld entsprechenden Tarifvertrag geregelt ist. Welcher der beiden von dem Kläger angegebenen Tarifverträge gegebenenfalls heranzuziehen ist, braucht allerdings nicht entschieden zu werden. Die Klage ist nämlich bereits in Bezug auf die Anspruchsberechnung unschlüssig. Der Kläger kann nicht nach dem Rosinenprinzip verfahren und für die Zeit, für welche die Unterstellung eines Arbeitsverhältnisses ihm günstiger ist, eine dem von ihm als einschlägig angesehenen Tarifvertrag entsprechende Vergütung verlangen und es für die restliche Zeit bei der auf der Basis einer Subunternehmerstellung gestellten Vergütung belassen. Sein Rechtsverhältnis kann auch vergütungsrechtlich nur einheitlich beurteilt werden. Seine Argumentation, dass in denjenigen Monaten, in denen seine Vergütung den in Anspruch genommenen Tariflohn überstiegen hat, geleistete Überstunden abgegolten worden seien, lässt außer Acht, dass die Parteien nach seinem eigenen Vortrag bis ins Jahr 1999 nicht vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind und er sogar selbst in dem Moment fristlos gekündigt hat, als er der Möglichkeit eines Arbeitsverhältnisses gewahr wurde. Ein solcher Erklärungsinhalt konnte den von ihm außen vor gelassenen Zahlungen des Beklagten deshalb nicht beigemessen werden. Der schlüssige Vortrag des Klägers erforderte, wenn er nun im nachhinein mit dem Verweis auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses weitergehende Vergütungsforderungen an den Beklagten durchsetzen will, die Darlegung von Tatsachen, die dem Gericht die Nachprüfung ermöglicht hätten, dass unter Zugrundelegung der Gesamtjahresbezüge 1997 und 1998 eine tarifwidrige Entlohnung vorgelegen hat. Ein solches Vorbringen ist nicht erkennbar. Dabei ist insbesondere auch unklar, wie sich in den einzelnen Monaten die Höhe der Vergütung unter Berücksichtigung der Aussage des Klägers in der Berufungsverhandlung, dass beim Busbetrieb Stundenabrechnung erfolgte und beim Taxibetrieb Einnahmeanteile gezahlt wurden, berechnet hat. Bereits dieser Verrechnungsmix rechtfertigt nicht ohne weiteres die Annahme dass höheren Monatszahlungen automatisch auch höhere Arbeitsstundenwerte zugrundegelegen haben. Darüber hinaus hat der Kläger trotz der bereits im arbeitsgerichtlichen Urteil erhobenen Bedenken auch im Berufungsrechtszug weder nachvollziehbar begründet, wieso und mit welcher Vergütungshöhe einer der beiden von ihm genannten Tarifverträge der Lösung der Vergütungsproblematik des mit dem Beklagten bestehendes Rechtsverhältnisses als der üblichen Vergütung entsprechend zugrundegelegt werden soll.

Der Kläger trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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