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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 02.08.2002
Aktenzeichen: 5 Sa 226/01
Rechtsgebiete: BAT, ZPO


Vorschriften:

BAT § 22
BAT § 22 Abs. 2
BAT § 70
ZPO § 92 Abs. 1
1. Der Nichtvollzug des Bewährungsaufstieges allein mit dem Argument, bereits die Erfordernisse der tarifvertraglichen Ausgangsvergütungsgruppe für diesen Bewährungsaufstieg seien nicht erfüllt, ist rechtlich wie eine korrigierende Rückgruppierung zu behandeln, wenn die Ausgangsvergütungsgruppe der vom Arbeitgeber mitgeteilten und für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses bislang als maßgeblich angesehenen Vergütungsgruppe entspricht und der Arbeitgeber die Geltendmachung des Bewährungsaufstiegs zum Anlass nimmt, eine erneute tarifvertragliche Zuordnung der zu bewertenden Tätigkeit zu Lasten des Arbeitnehmers vornehmen (offen gelassen im Urteil des BAG vom 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 -, NZA-RR 1998 S. 231).

2. Der öffentliche Dienstherr kann die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine korrigierende Rückgruppierung in Fällen des Bewährungsaufstiegs nicht dadurch unterlaufen, dass er eine solche Rückgruppierung formal gar nicht durchführt und keine an die vorgebrachte fehlerhafte Eingruppierung entsprechende Gehaltsanpassung vornimmt.

In Fällen, in denen noch nicht einmal eine ernsthafte Absicht erkennbar ist, eine fehlerhafte Eingruppierung, deren Korrektur zu einer Verminderung des Gehalts führen würde, auch formell rückgängig zu machen, ist die Berufung des Arbeitgebers auf die fehlerhafte Eingruppierung wegen widersprüchlichen Verhaltens rechtsmissbräuchlich.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 24.01.2001 - 2 Ca 279/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte in Höhe von 60 % und die Klägerin in Höhe von 40 %.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist als Sachbearbeiterin in der unteren Gewerbebehörde bei der Beklagten beschäftigt. Mit Änderungsertrag vom 22.09.1992 wurde sie mit Wirkung vom 01.12.1991 in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b BAT-O eingruppiert. Mit Schreiben vom 16.01.1996 (Bl. 5 d. A.) machte die Klägerin mit Wirkung vom 01.01.1996 unter Hinweis auf den Ablauf der vierjährigen Bewährungszeit Vergütung in der nächsthöheren Vergütung geltend. Die Beklagte vergütete die Tätigkeit der Klägerin in der Folgezeit weiter nach der Vergütungsgruppe V b BAT-O.

Mit ihrer am 02.06.2000 beim ArbG eingegangenen und mit Schriftsätzen vom 23.10.2000 und 22.11.2000 erweiterten Klage hat die Klägerin für den Zeitraum Dezember 1995 bis November 2000 Zahlung der Differenz zwischen den Monatsgehältern der Vergütungsgruppe V b BAT-O und denen der Vergütungsgruppe IV b BAT-O, ferner für die Jahre 1996 bis 2000 Zahlung der entsprechenden Weihnachtsgeld-Differenz gefordert. Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, daß die Klägerin die Eingruppierungsmerkmale der Vergütungsgruppe IV b BAT-O nicht hinreichend dargelegt habe und sich auf die Verjährungseinrede berufen.

Das Arbeitsgericht hat hinsichtlich der für die Zeit nach dem 01.01.1998 geltend gemachten Vergütungsdifferenzen der Klage in Höhe von 15.713,67 DM brutto (monatliche Differenzen in Höhe von 14.841,75 DM und Weihnachtsgeld-Differenzen in Höhe von 871,92 DM) stattgegeben und diese im übrigen wegen Ablaufs der Verjährungsfrist abgewiesen. Dabei hat es der Beklagten zur Last gelegt, daß diese die Klägerin widerspruchslos mit Wirkung vom 01.12.1991 in der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b BAT-O geführt habe. Daß diese Eingruppierung unzutreffend erfolgt sei oder daß sich die Tätigkeit der Klägerin geändert habe, habe die Beklagte nicht dargelegt und nachgewiesen, wozu sie nach der Rechtsprechung des BAG zur sogenannten korrigierenden Rückgruppierung verpflichtet gewesen sei. Da die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b nach vierjähriger Bewährungszeit einen Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IV b vorsehe und die Beklagte nichts gegen die Behauptung der Klägerin, ihre Tätigkeit sei niemals beanstandet worden, eingewandt habe, seien im Streitfall die Bewährungsaufstiegsvoraussetzungen erfüllt. Die Beklagte habe daher die rechnerisch unstreitigen Differenzbeträge zu der der Klägerin nach der Vergütungsgruppe IV b geschuldeten Vergütung ab dem 01.01.1998 nachzuentrichten, weil diese insoweit nicht verjährt und auch nicht von der Ausschlußfrist des § 70 BAT erfasst seien.

Gegen dieses, der Klägerin am 15.08.2001 und der Beklagten am 14.08.2001 zugestellte Urteil vom 24.01.2001 wenden sich die Klägerin mit der am 21.06.2001 beim Thüringer LAG eingegangenen und am 16.08.2001 begründeten Berufung aber auch die Beklagte mit ihrer am 29.08.2001 beim Thüringer LAG eingegangenen und am 29.10.2001 begründeten Anschlussberufung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen (2 Ca 279/2000) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 5.373,02 Euro nebst 4% Zinsen seit dem 01.01.1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen (2 Ca 279/2000) abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragte daraufhin,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Auffassung, das ArbG habe gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, da es die von der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 16.01.2001 geltend gemachte Verjährungseinrede seiner Entscheidung zugrundegelegt habe, obwohl dieser Schriftsatz der Klägerin erst nach dem Erlass des Urteils zugestellt worden sei. Die Geltendmachung des Verjährungseinwandes sei im übrigen wegen widersprüchlichen Verhaltens rechtsmißbräuchlich. Der Bürgermeister der Beklagten habe der Klägerin in den Personalratssitzungen und als Reaktion auf die Schriftsätze vom 16.01.1996 und vom 18.12.1996 zugesichert, daß sie keine Angst haben bräuchte, wenn ihr die Entlohnung nach Vergütungsgruppe IV b zustehe, dann bekomme sie diese auf Heller und Pfennig ausbezahlt. Für die Wahrung der Ausschlussfrist des § 70 BAT sei der Zugang ihres Schreibens vom 16.01.1996 maßgeblich. Ihr Anspruch ergebe sich aus einer am 01.01.1996 erfüllten vierjährigen Bewährung in der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b. Die von ihr auszuübende Tätigkeit erfülle auch die Voraussetzungen dieser Fallgruppe der Vergütungsgruppe V b, wie sich aus der von ihr vorgelegten und vom Amtsleiter O. der Beklagten unterzeichneten Stellenbeschreibung (Bl. 34 bis 37 d. A.) und der Tatsache der nunmehr mehr als zehnjährigen Vergütung nach der Vergütungsgruppe V b BAT-O ergebe.

Die Beklagte erhebt erneut für die Ansprüche der Jahre 1995 bis 1997 die Einrede der Verjährung und beruft sich im übrigen auf den Ablauf der Ausschlußfrist des § 70 BAT bezüglich derjenigen Ansprüche die ausgehend von dem Datum der Klageerhebung die Rechtsdurchsetzungsvoraussetzungen des § 70 BAT nicht erfüllen. Die Klägerin habe nämlich erstmals mit ihrer Klage ihre Gehaltsdifferenzen in ausschlussfristwahrender Weise geltend gemacht. Desweiteren vertritt er die Auffassung, dass die Grundsätze der Rechtsprechung zur korrigierenden Rückgruppierung im Streitfall keine Anwendung fänden. Die Beklagte habe keine Korrektur der Eingruppierung durchgeführt. Die Klägerin habe deshalb die Voraussetzungen für Ihren Höhergruppierungsanspruch vollumfänglich vorzutragen und zu beweisen. Dazu gehöre insbesondere der Nachweis der nicht nur vorübergehenden Ausübung der Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe, die den von der Klägerin beanspruchten Bewährungsaufstieg vorsehe. Die Klägerin habe aber zur Annahme des Vorliegens der Tarifmerkmale der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b schon keinen ausreichenden Sachvortrag geleistet. Es fehle bereits am Nachweis des Erfordernisses gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse, wie es nach der Ausgangsfallgruppe 1 a der Vergütungsgruppe V b vorgesehen sei. Die Bearbeitung der in der (streitigen) Stellenbeschreibung vom 25.04.1990 gelisteten Arbeitsvorgänge erfordere keine erweiterten Kenntnisse der Tiefe und der Breite nach. Auch das in der Fallgruppe 1 b genannte Heraushebungsmerkmal der besonderen Verantwortung sei nicht erfüllt. Die Klägerin habe weder gegenüber anderen Bediensteten Aufsichtsfunktionen, noch ideelle und materielle Belange des Dienstherrn wahrzunehmen. Auch sei nicht festzustellen, daß die wahrzunehmenden Aufgaben unmittelbare Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse Dritter haben. Es fehle seitens der Klägerin auch Ausführungen, aus denen der zeitliche Umfang der jeweiligen Arbeitsvorgänge nachzuvollziehen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die im Prozess gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Sowohl die Berufung der Klägerin, als auch die (unselbständige) Anschlussberufung der Beklagten haben keinen Erfolg.

Die Klägerin kann die vor dem 01.01.1998 liegenden Gehaltsdifferenzen von der Beklagten nicht erstattet verlangen, weil diese verjährt sind. Insoweit wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen. Dieser Entscheidung lag zwar ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens zugrunde, weil der Klägerin die schriftsätzliche Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte erst nach Erlass des Urteil zugänglich gemacht wurde. Die Verjährungseinrede ist aber jedenfalls im Berufungsverfahren zu beachten. Sie verstößt entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht gegen Treu und Glauben. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, daß die Beklagte ihr zugesagt hat, sich nicht auf die Verjährungseinrede berufen zu wollen. Der Vortrag der Klägerin, der Bürgermeister der Beklagten habe ihr in den Personalratssitzungen und als Reaktion auf die Schriftsätze vom 16.01.1996 und vom 18.12.1996 zugesichert, daß sie keine Angst haben bräuchte, wenn ihr die Entlohnung nach Vergütungsgruppe IV b zustehe, dann bekomme sie diese auf Heller und Pfennig ausbezahlt, könnte zwar für die Begründung eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes sprechen, dieser Vortrag ist aber von dem Bürgermeister in der Verhandlung so nicht bestätigt, sondern relativiert worden. Die von der Klägerin für diese Äußerung angebotenen Zeugenaussagen mußten unberücksichtigt bleiben. In dem Beweisantritt ist nämlich nicht ersichtlich, aufgrund welcher nachprüfbaren Umstände diese Zeugen in der Lage sein sollten, einen Beitrag zur Wahrheitsfindung bezüglich dieser Behauptung der Klägerin leisten zu können. Bei jedem Beweisantritt ist dem Gericht zur Meidung eines unzulässigen Ausforschungsbeweisantritts Mitteilung darüber zu machen, woher die Kenntnis des Zeugen von der zu beweisenden Tatsachenbehauptung herrührt.

Die Beklagte kann nicht unter Berufung auf mangelnden Vortrag der Klägerin zur Erfüllung der Voraussetzungen der Tarifmerkmale der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b BAT-O die Aufhebung des Arbeitsgerichtsurteils und Klageabweisung erreichen. Wenn die Klägerin seit 01.12.1991 zu Recht in der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b eingruppiert war, dann war sie nach Ablauf der vierjährigen Bewährungszeit in der von ihr geltend gemachten Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b eingruppiert und hatte Anspruch auf die dementsprechende Bezahlung ihrer Arbeitsleistungen. Der Nichtvollzug dieses Bewährungsaufstieges allein mit dem von der Beklagten vorgebrachten Argument, bereits die Erfordernisse der tarifvertraglichen Ausgangsvergütungsgruppe für diesen Bewährungsaufstieg seien nicht erfüllt, ist rechtlich als korrigierende Rückgruppierung zu behandeln, wenn die Ausgangsvergütungsgruppe der vom Arbeitgeber mitgeteilten und für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses bislang als maßgeblich angesehenen Vergütungsgruppe entspricht und der Arbeitgeber die Geltendmachung des Bewährungsaufstiegs zum Anlass nimmt, eine erneute tarifvertragliche Zuordnung der zu bewertenden Tätigkeit zu Lasten des Arbeitnehmers vornehmen (offen gelassen im Urteil des BAG vom 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 -, NZA-RR 1998 S. 231). Soweit sich ein Arbeitnehmer gegen den Entzug der ihm zugemessenen Vergütungsgruppe wendet, kann er sich auf die Rechtsprechungsgrundsätze berufen, die das BAG zur korrigierenden Rückgruppierung entwickelt hat (Urteil vom 16.02.2000 - 4 AZR 62/99 -, DB 2002 S. 596; Urteil vom 18.02.1998 - 4 AZR 581/96 -, NZA 1998 S. 950; Urteil vom 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 -, NZA-RR 1998 S. 231; Urteil vom 11.06.1997 - 10 AZR 724/95 -, NZA-RR 1998 S. 140; Urteil vom 28.05.1997 - 10 AZR 383/95 -, ZTR 1997 S. 457). Diese vom BAG in seinen Urteilen vom 21.02.2001 4 AZR 40/00 (PersR 2001 S. 393) und 20.06.2001 4 AZR 288/00 (n. v.) bestätigten Rechtsprechungsgrundsätze verschieben die prozessualen Handlungspflichten der an einem Eingruppierungsprozess beteiligten Parteien. Danach gilt folgendes:

1. Bei der Eingruppierung nach § 22 Abs. 2 BAT handelt es sich nicht um einen rechtsgestaltenden Akt, insbesondere nicht um eine Willenserklärung des Arbeitgebers, sondern um eine bewertende Subsumtion, nämlich um die Zuordnung der auszuübenden Tätigkeit zu einer Vergtungs- und/oder Fallgruppe des BAT

2. Die Eingruppierung nach § 22 BAT ist von der wissentlichen Zubilligung einer tarifvertraglich nicht geschuldeten Vergütung nach einer höheren Vergütungsgruppe zu unterscheiden.

3. Hat der Arbeitgeber dem Angestellten eine übertarifliche Vergütung arbeitsvertraglich zugesagt, so kann er keine korrigierende Rückgruppierung vornehmen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß eine übertarifliche Vergütung vereinbart worden ist, liegt bei dem der daraus Rechts für sich herleitet.

4. Stellt die Aufgabe/Mitteilung der Vergütungsgruppe keine wissentliche Zubilligung einer übertariflichen Vergütung dar, so kann der Arbeitgeber im Rahmen des BAT eine erneute tarifvertragliche Zuordnung der zu bewertenden Tätigkeit auch zu Lasten des Arbeitnehmers vornehmen (sog. korrigierende Rückgruppierung).

5. Im Streitfall kann sich der Angestellte zunächst auf die vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe berufen. Sodann muß der Arbeitgeber die objektive Fehlerhaftigkeit der mitgeteilten Vergütungsgruppe darlegen und beweisen. Die objektive Fehlerhaftigkeit liegt bereits vor, wenn auch nur eine der tariflichen Voraussetzungen für die bisherige Eingruppierung fehlt. Hat der Arbeitgeber die Voraussetzungen für die sog. korrigierende Rückgruppierung dargelegt und ggf. bewiesen, so ist es Sache des Angestellten, die Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen, aus denen folgt, daß ihm die begehrte Vergütung zusteht.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung ist der Beklagte seiner Verpflichtung die objektive Fehlerhaftigkeit der Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 b darzulegen und zu beweisen, nicht nachgekommen. Zwar hätte dazu der Nachweis des Fehlens einer der tariflichen Voraussetzungen für die zu korrigierende Eingruppierung ausgereicht, aber selbst diesen eingeschränkten Nachweis hat der Beklagte nicht erbracht. Es fehlt schon am Nachweis von nach Zeitanteilen aufgeschlüsselten Tätigkeiten der Klägerin, welche die Zusammenfassung in Arbeitsvorgängen und als solche eine Zuordnung zu den tariflichen Eingruppierungsmerkmalen und eine eingruppierungsrechtliche Bewertung ermöglichen. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 01.11.2001 mitgeteilte Auflistung von Arbeitsvorgängen und die dort mitgeteilten Zeitanteile sind nämlich nicht unstreitig gewesen. Dem steht die in der Anlage zum Schriftsatz vom 22.11.2000 mitgeteilte und vom Amtsleiter der Beklagten unterzeichneten Auflistung der Klägerin entgegen, die sich insbesondere auch hinsichtlich der Wertigkeit der Tätigkeiten von derjenigen der Beklagten unterscheidet. Selbst wenn man die Stellenbeschreibung der Beklagten als richtig unterstellen würde, so fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung dafür, wieso bei der Tätigkeit der Klägerin nicht das ihr vollumfänglich abgesprochene Erfordernis gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse vorliegt und deshalb schon eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a ausscheiden würde. Desweiteren fehlt es alternativ an einer nachvollziehbaren Begründung dafür, wieso bei der Tätigkeit der Klägerin nicht das ihr vollumfänglich abgesprochene und für die Fallgruppe 1 b erforderliche Heraushebungsmerkmal einer mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvollen Tätigkeit vorliegt und deshalb eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b ausscheiden würde. Insoweit beschränken sich die Ausführungen der Beklagten jeweils auf eine pauschale Inabredestellung, die zum Nachweis der objektiven Fehlerhaftigkeit der Eingruppierug keinesfalls ausreichend ist.

Nachdem die Beklagte die Fehlerhaftigkeit der bislang bestehenden Eingruppierung der Klägerin, und dazu gehört auch die zutreffende Fallgruppe in einer Vergütungsgruppe, nicht nachgewiesen hat, kommt es für die Berechtigung der von der Klägerin geltend gemachten Bewährungsaufstiegs-Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 1 b nur noch auf das Vorliegen der Bewährungsaufstiegsvoraussetzungen an. Diese hat die Klägerin schlüssig vorgetragen. Die Beklagte hat diesen Vortrag der Klägerin nicht bestritten. Danach war die Klägerin ab dem 01.01.1996 nach Vergütungsgruppe IV b zu vergüten. Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung sind die aufgelaufenen Vergütungsdifferenzen der Klägerin aber erst ab dem 01.01.1998 zu erstatten.

An diesem Ergebnis ändert es nichts, daß die Beklagte das Höhergruppierungsbegehren im Wege des Bewährungsaufstiegs nicht zum Anlaß nimmt, eine erneute tarifvertragliche Zuordnung der zu bewertenden Tätigkeit zu Lasten des Arbeitnehmers vornehmen und eine entsprechende Rückgruppierung tatsächlich nicht vollzogen hat. Der öffentliche Dienstherr kann die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine korrigierende Rückgruppierung in Fällen des Bewährungsaufstiegs nicht dadurch unterlaufen, daß er eine solche Rückgruppierung formal gar nicht durchführt und keine an die vorgebrachte fehlerhafte Eingruppierung entsprechende Gehaltsanpassung vornimmt. Mit einem solchen Verhalten setzt er sich in Widerspruch zu seinem auf fehlerhafte Eingruppierung gerichteten Vorbringen. Ein solches Verhalten kann nicht zu einer Erschwerung der prozessualen Situation des seinen Bewährungsaufstieg einklagenden Angestellten führen. Das Gegenteil ist der Fall. In Fällen in denen noch nicht einmal eine ernsthafte Absicht erkennbar ist, eine fehlerhafte Eingruppierung deren Korrektur zu einer Verminderung des Gehalts führen würde auch formell rückgängig zu machen, ist die Berufung des Arbeitgebers auf die fehlerhafte Eingruppierung wegen widersprüchlichen Verhaltens rechtsmissbräuchlich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung verpflichtet ist, der ihn prinzipiell zur gehaltsmäßigen Rückgängigmachung einer fehlerhaften Eingruppierung zwingt. Wenn die Beklagte einerseits vorträgt, daß die Tätigkeit der Klägerin noch nicht einmal die Tarifmerkmale der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a zu erfüllen vermag und andererseits in der Berufungsverhandlung einräumt, dass nach wie vor das Gehalt nach der Vergütungsgruppe V b gezahlt und eine der festgestellten Fehlerhaftigkeit der Eingruppierung entsprechende formelle Rückgruppierung bewusst nicht durchgeführt werde, dann hat die Anschlussberufung der Beklagten auch deshalb keinen Erfolg, weil die Beklagte gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt, wenn sie sich darauf beruft, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen der Ausgangsvergütungsgruppe nicht (zum Einwand des Rechtsmissbrauchs bei Inabredestellung der Ausgangsvergütungsgruppe bei der Geltendmachung eines Bewährungsaufstiegs vgl. auch das Urteil des BAG vom 08.10.1997 - 4 AZR 167/96 -, NZA-RR 1998 S. 231).

Die Beklagte kann auch nicht unter Berufung auf Nichteinhaltung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist die teilweise Aufhebung des Arbeitsgerichtsurteils erreichen. Insofern wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Sie entspricht dem Verhältnis des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens.

Ende der Entscheidung

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