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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 28.06.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 63/04
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, GG


Vorschriften:

KSchG § 1
BGB § 242
GG Art. 1 (allgemeines Persönlichkeitsrecht)
GG Art. 2 (allgemeines Persönlichkeitsrecht)
1. Ein wirksamer Mobbingschutz ist in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts eine die ordnungspolitischen Interessen eines dem Schutz der Menschenwürde verpflichteten Rechtsstaats ebenso wie die fundamentalen Lebensinteressen des einzelnen berührende verfassungsrechtliche Wertschutzaufgabe. Er leistet auch i.S. einer Verhaltenssteuerung durch Recht einen Beitrag zu der von der EU-Kommission im Hinblick auf den Wandel der Arbeitswelt und Gesellschaft geforderten Festigung der Präventionskultur.

2. Der zum Teil in der Literatur und Rechtsprechung auf der Basis der "Doktrin der sozialen Konfliktaustragung als allgemeines Lebensrisiko" vertretene Ansatz, dass die Unterbindung von Mobbing gerichtlicher Aufgabenwahrnehmung nicht zugehörig sei oder diese überfordere und/oder betrieblicher Schlichtung oder Mediation vorbehalten sei, schützt strukturell die Mobbingtäter. Zur Mobbingbekämpfung ist ein auf das Prinzip der "Nulltoleranz" gegründeter und als verhaltenskulturelles Steuerungsmittel wirksamer Mobbingrechtsschutz gefordert.

3. Die bloße Unliebsamkeit eines Arbeitnehmers für den Arbeitgeber oder einen Vorgesetzten ist kein Kündigungsgrund. Weder seine bloße Unliebsamkeit noch ein sachlich berechtigter Grund für die Trennung von einem Arbeitnehmer können Mobbingmethoden als einen "Akt der Befreiung" rechtfertigen.

4. Arbeitgeberseitige Rechtsmaßnahmen, die Mobbing-Tatbeiträge darstellen, sind nach § 242 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG rechtsunwirksam.

5. Die isolierte Rechtsprüfung einer zum Anlass einer Klage gewordenen Maßnahme wird der Tragweite des Falles nicht gerecht, wenn ein Mobbingzusammenhang geltend gemacht wurde und Anhaltspunkte bestehen, die befürchten lassen, dass die Mobbingangriffe auch bei gerichtlicher Kassation dieser Maßnahme fortgesetzt werden und durch Einbeziehung einer Mobbingprüfung in die Entscheidungsfindung der Fortsetzung des Mobbings und der damit anzunehmenden Entstehung weiterer Rechtsstreite vorgebeugt werden kann.

6. Die für die Feststellung von Mobbing erforderlichen persönlichkeitsfeindlichen Angriffshandlungen können nur vorsätzlich begangen werden. Der Vorsatz erstreckt sich dann regelmäßig auf die von der Rechtsordnung nicht gedeckte Herbeiführung der psychischen Zermürbung und sozialen Entwürdigung (psychosoziale Destabilisierung) des Mobbingopfers oder die Verwirklichung eines auf diesem Wege mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbarenden Herausdrängen aus beruflichen Positionen oder dem Beschäftigungsverhältnis. Prinzipiell ist jedoch ausreichend, dass die vorsätzlichen Persönlichkeitsangriffe zur Herbeiführung einer psychosozialen Destabilisierung des Mobbingopfers oder durch diese Destabilisierung vermittelten weitergehenden, mit der Rechtsordnung nicht vereinbaren Zielsetzungen förderlich sind. Eine solche Förderlichkeit besteht, bei einer entsprechenden Eignung der Mobbingangriffe und erst recht bei einem entsprechenden Erfolgseintritt.

7. Tritt der Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz durch die äußere Erscheinungsweise oder völlige Unverhältnismäßigkeit einer Handlung nicht offen zu Tage, kann er trotzdem indiziert sein, wenn die Handlung unter dem Verhaltensstandard eines intakten Beschäftigungsverhältnisses, in dem nicht eine Person, sondern ein Sachproblem bekämpft wird, nicht plausibel ist. Diese Indizierung kann wiederlegt werden durch den Vortrag und ggfs. den Beweis von Umständen, aus denen geschlossen werden kann, dass die sachlich nicht gerechtfertigte und in einer normalen Mitarbeiterbeziehung nicht plausible Handlung auf einem Irrtum, einem Versehen oder einer Fehleinschätzung beruht. Eine solche Rechtfertigung kann in der bei Mobbingfällen abschließend erforderlichen verhaltensumfassenden Beurteilung ihre Schlüssigkeit dadurch verlieren, dass sich in einem intakten Arbeitsverhältnis nicht mehr plausible Verhaltensweisen häufen. Dabei kann als Faustregel gelten: Je öfter und intensiver gegenüber einer Person durch deren Persönlichkeitsrechtsstellung belastende Rechtsakte oder inadäquate Kommunikation ein sozial ausgrenzendes oder in sonstiger Weise ein diese psychisch belastendes Verhalten an den Tag gelegt wird, um so mehr spricht hinsichtlich der jeweiligen Handlungen für das Vorliegen von Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz und bei verhaltensumfassender Beurteilung für die Berechtigung des Mobbingvorwurfs.

8. Ist ein mobbingbegründender Sachverhalt vorgetragen, dann obliegt der Gegenpartei der Vortrag und ggfs. der Beweis von Tatsachen, die das Fehlen einer Täter-Opfer-Beziehung begründen. Die für die Feststellung einer mobbingbedingten Pesönlichkeitsrechtsverletzung erforderliche Täter-Opfer-Beziehung fehlt nicht bereits deshalb, weil vereinzelt mit sozialadäquaten Umgangsformen nicht mehr vereinbare, affekthaft begangene Verhaltensweisen des Mobbingopfers vorliegen, welche von den Mobbingtätern durch ständige Quälereien oder situativ provoziert wurden. Das Gleiche gilt, wenn ein Verhalten vorliegt, das unter Berücksichtigung der vorangegangenen Mobbingbelastung als sozialadäquate Stressbewältigung und nicht als Teil eines systematischen Gegenmobbings gewertet werden muss.

9. Wann der zeitliche Abstand einer als Mobbingangriff geltend gemachten Handlung zu einer ebenfalls als Mobbingangriff geltend gemachten vorangegangenen Handlung den für die Annahme von Mobbing erforderlichen Systemzusammenhang unterbricht, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. An einen solchen Unterbrechung fehlt es, wenn der Mobbingtäter keine Zugriffsmöglichkeit hatte (z.B. Arbeitsunfähigkeit des Mobbingopfers) und die Mobbingangriffe nach Unterbrechung des Zugriffshindernisses fortgesetzt werden.

10. Bei der Bewertung des zeitlichen Zusammenhangs mit anderen Mobbinghandlungen kommen Mobbingelementen mit dauerverletzender Gestaltungswirkung eine besondere Rolle zu. Dabei handelt es sich insbesondere um Rechtsmaßnahmen, die ihren Adressaten über ihre bloße Kundgabe hinaus für den Zeitraum ihrer Wirkung mit einer andauernde Drucksituation auf die psychische Stabilität und die soziale Geltung belasten. Der Zeitraum der rechtlichen und psychosozialen Wirkungsdauer solcher Tatelemente ist nicht als Unterbrechung des Mobbingzusammenhangs anzusehen, er hat vielmehr Klammerwirkung zu der jeweils vorangegangenen bzw. nachfolgenden Mobbinghandlung.

11. Die art- und ablaufbezogene Regelförderlichkeit einer mobbingtypischen Zielsetzung erfordert bei Inanspruchnahme mehrerer Personen als Mobbingtäter die Feststellung der Arbeitsteiligkeit oder in sonstiger Weise derselben Zielsetzung förderliche Zusammengehörigkeit der von diesen geleisteten und als gemeinsames Mobbing geltend gemachten Tatbeiträge.

12. Bei der abschließend erforderlichen verhaltensumfassenden Beurteilung des als Mobbingeschehen vorgetragenen Sachverhalts handelt es sich in Zweifelsfällen um den bedeutsamsten Teil der Mobbingfeststellung. Durch die lapidare formelhafte Feststellung, dass auch die Gesamtschau keine andere Beurteilung (als die bei der isolierten Prüfung der als Mobbingelemente vorgetragenen Handlungen getroffene Feststellung fehlender Persönlichkeitsbekämpfung) rechtfertigen könne, wird diesem Erfordernis nicht entsprochen.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 27.11.2003 - 6 Ca 192/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung und um die Berechtigung einer Abmahnung.

Die 55 Jahre alte Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1.10.1991 beschäftigt. Im Dienstvertrag vom 1.10.1991 vereinbarten die Parteien, dass die Berufsjahre der Klägerin im Gesundheitswesen der ehemaligen DDR vom 1.9.1965 bis zum 30.9.1991 anerkannt werden und als fiktiver Dienstbeginn der 1.9.1965 gelte.

Die Klägerin übte zuletzt eine Tätigkeit als Gruppenleiterin in einer Behindertenwerkstatt der Beklagten aus. Sie hatte in einem Gruppenraum eine Gruppe von 10 geistig und zum Teil körperbehinderten Menschen (sog. Beschäftigte) zu betreuen. Dabei führten diese je nach Angebot unter der Aufsicht und Anleitung der Klägerin verschiedene Arbeiten aus. Unter anderem wurden von den in der Gruppe der Klägerin beschäftigten Behinderten Kerzen produziert. Der Gruppe der Klägerin wurden zum Teil auch schwierig zu betreuende Behinderte zugewiesen, die in anderen Gruppen durch besondere Aggressivität aufgefallen waren. Dabei war auch der in zeitweisen Schüben besonders aggressive Behinderte L. Dieser wurde hin und wieder handgreiflich und warf Stühle um oder Geräte durch den Raum. Außerdem verbog er fast täglich seine Brille oder nahm sein Glasauge heraus. Einmal warf er dieses sogar aus dem Fenster. Ferner hatte L. auch geäußert, dass er selbst aus dem Fenster (1. Etage) springen wolle. Die unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin waren der Teilwerkstattleiter H., dessen Vertreterin B. und an oberster Stelle der Geschäftsführer J. der Beklagten. In der Behindertengruppe der Klägerin arbeitete je nach Einteilung auch die Gruppenhelferin H..

Am 10.12.2001 schrieb die Klägerin einen Brief an den Geschäftsführer, Herrn H. und die Mitarbeitervertretung. Diesen Brief reichte sie in der Berufungsverhandlung zu den Akten. Die Beklagtengeschäftsführer gab dazu an, dass er den Brief erhalten habe und dessen Inhalt kenne. Ohne näher auf die dort aufgeführten Beanstandungen des Umgangs des Vorgesetzten H. mit der Klägerin einzugehen, äußerte der Beklagtengeschäftsführer hierzu, Herr H. sei auch in der Menschenführung ein kompetenter Leiter. Es habe kein Mobbing gegen Mitarbeiter gegeben. Alles habe ganz klare Gründe gehabt.

In dem Brief wies die Klägerin auf große Spannungen im Arbeitsklima zwischen Herrn H. und ihr hin. Dabei legte sie zunächst die Besonderheiten und Schwierigkeiten, aber auch die Verdienste ihrer Tätigkeit dar, insbesondere bezüglich der ihre Gruppe betreffenden Herstellung von Wachskerzen. Trotz dieser Umstände würde ihr seit den letzten Monaten durch Herrn H. "unter vier Augen" immer wieder negative Arbeitseinstellung und Arroganz vorgeworfen. Damit verbunden seien auch Einschätzungen, wie "schlechteste Mitarbeiterin". In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin hierzu unbestritten erläutert:

- Sie sei regelmäßig in das Dienstzimmer ihres Vorgesetzten H. beordert worden und dort seien diese Äußerungen gefallen. Ihre Bezeichnung als schlechteste Mitarbeiterin sei seit Sommer 2001 mindestens 5 Mal erfolgt.

- Herr H. habe ihr gegenüber seit dieser Zeit insbesondere ständig Farbunterschiede der von den Behinderten in Handarbeit produzierten Kerzen bemängelt. Rot sei nicht rot und gelb nicht gelb gewesen. Am 11.9.2001 (dem Tag des terroristischen Angriffes auf das World Trade Center) sei es dabei um die Frage der richtigen Blautönung gegangen. Dabei habe sie noch geäussert: "Wir streiten uns hier wegen hellblau oder dunkelblau und draußen ist vielleicht Krieg!"

- Außerdem habe Herr H. bemängelt, dass sie zu oft ins Lager gehen würde, um Material zu holen.

- Bezüglich einer vom Laden der Beklagten telefonisch angefragten Sonderanfertigung von Kerzen sei von ihr die Vorlage eines schriftlichen Auftrages verlangt worden, obwohl die Erledigung solcher Aufträge früher unbeanstandet auch im Wege einer mündlichen Bestellung gang und gäbe gewesen sei.

Im Gegensatz zu vorher sei plötzlich alles falsch gewesen, was sie gemacht hätte. In ihrem in der Berufungsverhandlung erläuterten Schreiben hatte sie weiter ausgeführt, in 36 Berufsjahren sei ihr so ein Umgang noch nie widerfahren. Am 21.11.2001 habe es wieder so ein "vier-Augen-Gespräch" gegeben. Dabei habe Herr H. sie wissen lassen, dass er bereits mit dem Geschäftsführer J. wegen einer Umsetzung ihrer Person gesprochen habe, für die sich aber leider zur Zeit keine Möglichkeit biete. Für den Fall, dass es sich bei dieser Äußerung nicht um eine Drohung oder einen Einschüchterungsversuch handeln würde, weise sie auf die arbeitsrechtlichen Bestimmungen hin. Für den Fall, dass gegen sie begründete Vorwürfe vorlägen, teilte sie ihre Verwunderung darüber mit, dass sie nicht zu einem offiziellen Personalgespräch mit der Leitung eingeladen werde. Insoweit erbitte sie eine schriftliche Mitteilung über das ihr angelastete Fehlverhalten. Sie hoffe künftig auf einen rein sachlichen und fachlichen Umgang. Im Anschluss daran wird in dem Schreiben von der Klägerin darauf hingewiesen, dass von Herrn H. ständig von ihr gefordert werde, über die Teilnahme an Workshops des Gildewerkes ein Zertifikat vorzulegen. Dieser Forderung nachzukommen, sei ihr aber unmöglich, weil es sich um einen reinen Industriebetrieb handele, welcher lediglich Geräte und Materialien zur Kerzenherstellung vertreibe und bei dem es gänzlich an einem Bezug zu Behinderten fehle. Bei den Veranstaltungen seien lediglich neue Materialien und Geräte vorgestellt worden mit dem Ziel, das Kaufinteresse zu wecken. Von den Mitarbeitern P. und K., die ebenfalls an den Workshops teilgenommen hätten, sei im übrigen auch kein Zertifikat verlangt worden. Diese Anspielungen seien als willkürlich zu werten, weil sie immer nur in ganz bestimmten Situationen ohne jeden Zusammenhang gemacht würden. Darüberhinaus habe Herr H. (wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung erläuterte, eines Tages im September 2001) völlig unerwartet und mit einem Ton, der sie in das Licht eines Arbeitsbummelanten gerückt habe, einen Nachweis für eine anlässlich einer Dienstreise zu den G.-Werken nach Holland unumgängliche Übernachtung in Köln verlangt. Diese Übernachtung, deren Kosten in voller Höhe von der Deutschen Bahn - AG übernommen worden seien, sei wegen einer Unterbrechung der Zugverbindung wegen eines Bombenalarms auf dem Kölner Hauptbahnhof erforderlich gewesen. Wegen des damaligen nasskalten Wetters und stundenlangen Wartens vor dem Bahnhof sei sie völlig erkrankt am nächsten Tag in Erfurt angekommen und habe zwangsläufig den Dienst nicht pünktlich antreten können. Über das 2 Monate vor dem nun von Herrn H. erhobenen Vorwurf Geschehene habe sie diesen damals unmittelbar informiert, wobei er ihre Erklärung ohne Probleme und Zweifel akzeptiert habe. Auch dieser Vorwurf, bei dem sie sich nicht gegen den angeforderten Nachweis wehre, sondern gegen die willkürliche und boshafte Behandlung, sei einmalig in ihren gesamten Berufsjahren. Das Schreiben schließt mit der Bemerkung, dass die Klägerin es nicht hinnehmen werde, von ihrem Vorgesetzten H. als Mobbing-Opfer ausgesucht worden zu sein und sich für die Zukunft jede herabsetzende Behandlung durch ihn verbiete, anderenfalls müsse sie rechtliche Schritte einleiten. Für den Fall, dass ihre Umsetzung tatsächlich vorgesehen sei, sei sie gerne bereit, ihr auf dem Gebiet der Kerzenherstellung mühsam erworbenes Wissen weiterzugeben und einen anderen Mitarbeiter vollständig einzuarbeiten.

Bereits am Tag des vorgenannten Schreibens kam es zu einem Vorfall, für den die Klägerin zwei Tage später, am 12.12.2001 durch den Beklagtengeschäftsführer eine Abmahnung erhielt. Diese ist darauf gestützt, dass Herr H. den Geschäftsführer darüber informiert habe, dass die Klägerin ein von diesem am 10.12.2001 angeordnetes Dienstgespräch verweigert habe. Herr H. habe die Klägerin zu einem Dienstgespräch in sein Büro aufgefordert. Unterwegs auf dem Flur habe die Klägerin Herrn H. gefragt, was dieser eigentlich von ihr wolle. Als dieser geantwortet habe, dass er ein dienstliches Gespräch führen wolle, hätte die Klägerin dies abgelehnt und auf dem Beisein einer Person ihres Vertrauens, dem Herrn R. bestanden. Die Klägerin sei 10 Minuten später dann mit Herrn R. erschienen. Dieser sei dann von Herrn H. gefragt worden, was er wolle. Herr R. habe erwidert, er wisse es nicht, er sei ganz aufgeregt von der Klägerin geholt worden, es gehe wohl um eine persönliche Angelegenheit. Herr H. habe dann gesagt, es handele sich um eine dienstliche Angelegenheit und dabei gleichzeitig Unterlagen vom Gildewerk gezeigt. Daraufhin habe die Klägerin geschrien, dass Herr H. ein Lügner sei und sich dies jetzt ausgedacht habe. Herr H. habe dann Herrn R. gefragt, ob er bleiben möchte, da es nur um eine dienstliche Angelegenheit gehe. Herr R. habe das ebenso gesehen und sich dann für ein Nichtbleiben entschieden. Herr H. habe Herrn R. wegen der angespannten Situation trotzdem gebeten, zu bleiben. Danach habe er die Klägerin gefragt, weshalb sie ihn der Lüge bezichtigen würde. Die Klägerin habe geäußert, dazu schweigen zu wollen. Herr H. habe geäußert, die Klägerin sei wegen dieser nicht erläuterten Anschuldigung zu weit gegangen. Anschließend habe er der Klägerin die Unterlagen (des G.-Werkes) gezeigt, mit der Bitte, sie anzuschauen. Dies habe die Klägerin aber nicht gemacht, sondern diese nur mitgenommen und dabei geäußert, dass er sie dazu nicht hätte in sein Büro rufen müssen. Herr H. habe betont, dass sein Büro der richtige Ort für diese Besprechung gewesen sei. In diesem Verhalten der Klägerin liege eine abmahnungsfähige Vertragswidrigkeit.

An demselben Tag, dem 12.12.2001 wurde die Klägerin erneut in das Vorgesetztenbüro bestellt. In dem im Beisein der Gruppenleiterin B. der Näherei geführten weiteren Gespräch des Vorgesetzten H. ging es dann um die Frage, warum die Klägerin den ihr am 7.12.2001 erteilten Auftrag "der Kerzenherstellung für den Laden" (Erg.: der Beklagten) nicht auftragsgemäß erfüllt habe. Welche genauen Umstände diese Prozedur erforderlich gemacht haben, hat die Beklagte auch in der Berufungsverhandlung nicht erläutert.

Im Anschluss daran war die Klägerin wegen psychischer und physischer Erschöpfung bis zum 17.5.2002 arbeitsunfähig krank geschrieben.

Fünf Tage später, am 19.12.2001 erhielt die Klägerin bezugnehmend auf das Gespräch vom 12.12.2001 erneut eine vom Beklagtengeschäftsführer ausgestellte Abmahnung. Dabei wurde der Klägerin die Nichtausführung des o.a. Auftrags zur Last gelegt. Sie hätte die ihr am 12.12.2001 gestellte Frage nicht beantwortet, sondern Herrn H. erneut als Lügner bezeichnet und ihm Mobbing unterstellt. Sie sei aufgesprungen und sei kurz darauf mit dem Zivildienstleistenden Le. wieder erschienen. Dieser sei von Herrn H. wieder zurück geschickt worden. Im weiteren Verlauf sei sie dann immer lauter geworden, nicht auf die gestellte Frage eingegangen, sondern habe Inhalte ihres Schreibens vom 10.12.2001 genannt. Nachdem Herr H. abgelehnt habe, dazu Stellung zu nehmen und die Klägerin nicht zu der ihr gestellten Frage gesprächsbereit gewesen sei, habe er das Gespräch abgebrochen. Kurz darauf sei die Klägerin zurückgekommen und habe mitgeteilt, dass sie aufgrund von Herz- und Kreislaufproblemen sofort den Arzt aufsuchen müsste. Ohne Antwort abzuwarten, habe sie dann Büro und Arbeit verlassen. Dieses Verhalten stelle erneut eine abmahnungswürdige Vertragswidrigkeit dar.

Während dieser Krankschreibung, am 21.1.2002 fand bei der Beklagten ein zur Konfliktlösung anberaumtes Gespräch statt. An diesem Gespräch nahmen neben der Klägerin und deren Tochter, der Beklagtengeschäftsführer J. und ein Vertreter der Mitarbeitervertretung teil. Diese Gespräch war das erste Mal nach dem an diesen gerichteten Brief vom 10.12.2001, dass der Beklagtengeschäftsführer J. mit der Klägerin persönlich gesprochen hatte. In diesem Gespräch wurde festgelegt, dass die Klägerin zukünftig vor dem Verlassen ihres Gruppenraumes eine Genehmigung durch den Vorgesetzten H. einholen musste. Die Abmeldepflicht betraf alle Arbeitsgänge, z.B. zum Warenlager oder sogenannte Pflegegänge. Bei Pflegegängen handelte es sich u.a. um die Begleitung von Behinderten zur Toilette. Diese Vorgaben bestanden nur bei der Klägerin, nicht aber bei anderen Mitarbeitern der Beklagten.

Im Anschluss an die Krankschreibung nahm die Klägerin Urlaub bis zum 7.6.2002. Vom 10.6.2002 bis 25.6.2002 war sie wieder am Arbeitsplatz.

Unter dem 21.6.2002 erhielt sie dann durch den Beklagtengeschäftsführer eine dritte Abmahnung. In dieser wird der Klägerin zur Last gelegt, am 13.6.2002 Arbeitsaufträge verweigert zu haben. Die Klägerin habe die von ihrem Vorgesetzten H. erteilte Weisung abgelehnt, sich für die Arbeit ihrer Gruppe erforderliche Materialien (Kartonagen bzw. Nieten) aus dem Lager zu holen. In einem dritten Fall habe sie die Weisung abgelehnt, aus dem Lager eine Vorrichtung zum Ablängen von Kerzendochten zu holen. Diese Ablehnungen hätten auf einer eigenmächtigen Interpretation eines Gespräches beruht, in dem der Beklagtengeschäftsführer zum Schutz der Klägerin angeordnet habe, dass diese nicht eigenmächtig fehlendes Material aus dem Lager oder von anderen Gruppen holen dürfe. Durch die Anordnung des Vorgesetzten sei sie zum Aufsuchen des Lagers berechtigt und verpflichtet gewesen.

Vom 25.6.2002 bis 7.8.2002 befand sich die Klägerin in einer Kur.

Am 5.11.2002 wurde der Klägerin von ihrem Vorgesetzten H. vorgeworfen, ihren Arbeitsbereich ohne Abmeldung bei ihm bzw. seiner Vertreterin Frau B. verlassen zu haben. Dem lag zugrunde, dass der Behinderte L., der sich an diesem Tag ohnehin aggressiv verhalten hatte, nach einem Toilettengang nicht gleich zurück in die Gruppe gekommen war. Die Klägerin hatte deshalb ihre Gruppe verlassen, um nach dem Verbleib des Behinderten zu sehen. Die Gruppe befand sich solange unter der Aufsicht einer Praktikantin, die seit längerer Zeit der Gruppe zugeteilt war. Nach dem Auffinden des Behinderten war die Klägerin nicht unmittelbar in ihren Arbeitsbereich zurückgegangen, sondern hatte den Arbeitsbereich von Frau Tümpel aufgesucht.

In der Folge dessen wurde die Klägerin von dem Vorgesetzten H. angewiesen, sich auch dann abzumelden, wenn sie persönlich die Toilette aufsuchen musste. Dieses Erfordernis bestand nach den Angaben des Beklagtengeschäftsführers in der Berufungsverhandlung acht Tage lang bis zu einem von ihm an den Vorgesetzten H. gerichteten Hinweis, dass es keinen Sinn machen würde, die Klägerin mit einer Abmeldung zur Toilette zu belegen.

Am 11.11.2002 fand im Beisein der Mitarbeiterinnen B. und M. eine Dienstberatung statt. In dem hierüber von dem Vorgesetzten H. gefertigten Protokoll war angegeben, dass diese bei dienstlich beabsichtigtem Verlassen der Räumlichkeiten nicht zu bitten brauche, sondern nur sachlich zu informieren.

Am 12.11.2002 kam es erneut zu einer Unterredung im Büro des Vorgesetzten H., die ebenfalls wieder im Beisein der Mitarbeiterinnen B. und M. stattfand. Dabei verlangte Herr H. von der Klägerin eine Erklärung, wieso sie sich nunmehr seit einer Woche bei ihm für Toilettengänge abmelden würde. Hierfür sei nämlich gar keine Abmeldung erforderlich. Die Klägerin würde durch das kontinuierliche Einholen von Genehmigungen ihn und Frau B. nur unnötig von der Arbeit abhalten. Dabei stellte der Vorgesetzte H. zur Bedingung, dass die Klägerin in Zukunft nicht mehr die Personaltoilette zu benutzen habe, sondern unter dem Hinweis auf eine kürzere Entfernung ausschließlich die für die Behinderten vorgesehenen WC`s. Trotzdem musste sich die Klägerin auch weiterhin gegenüber dem Vorgesetzten H. rechtfertigen, wenn es zu Abwesenheitszeiten kam und sie tatsächlich nur auf der Toilette war.

Am 13.11.2002 schrieb die Klägerin erneut an den Beklagtengeschäftsführer und bat diesen unter Bezug auf eine Aktennotiz des Vorgesetzten H. zu dessen Vorwurf vom 5.11.2002 und eine dazu von ihr verfasste Stellungnahme, der Situation klärend beizutreten. Dabei führte sie u.a. aus: "In meiner Stellungnahme habe ich diesen Vorwurf zurückgewiesen sowie explizit und umfassend den rechtfertigenden Ausnahmecharakter meiner Verhaltensweise zum Vorfall vom 5.11.2002 dargestellt. Des Weiteren machte ich auf den diskriminierenden Weisungsinhalt im Zusammenhang mit der Abmeldepflicht auch für Toilettengänge aufmerksam (wird im einzelnen weiter ausgeführt)..... Herrn H`s Verhalten mir gegenüber ist nicht nur offenkundig widersprüchlich. Es handelt sich hier vor allem um die willkürliche Ausübung seiner Stellung als Vorgesetzter. Die Weisungen sind für mich weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Zudem sind sie darauf gerichtet, meine Person zu diskriminieren. Im Ergebnis sehe ich den Vorwurf des Mobbings gegen Herrn H. zum wiederholten Male bestätigt und verweise erneut auf mein Schreiben vom 10.12.2001 hin, dessen Aufarbeitung noch immer aussteht..."

Unter dem 2.12.2002 erhielt die Klägerin dann durch den Beklagtengeschäftsführer wegen des ihr am 5.11.2002 zur Last gelegten Fehlverhaltens eine vierte Abmahnung.

Am 9.12.2002 schrieb die Vertreterin B. des Vorgesetzten H. dem Beklagtengeschäftsführer, dieser möge Arbeitsbedingungen schaffen, in denen es dieser wieder möglich sein würde, ihren täglichen Arbeitsaufgaben nachzukommen. Seit der "Anklage" der Klägerin gegenüber Herrn H. sei der Arbeitsalltag von Sticheleien, Spitzfindigkeiten und Spöttereien, Warten auf Fehler und anderen, den Alltag schwer machenden Dingen geprägt. Herrn H. sei es nicht mehr möglich, ohne ihre Anwesenheit Arbeitsgespräche mit der Klägerin zu führen oder dieser Anweisungen zu erteilen. Da die Klägerin ihre Abwesenheit von ihrer Arbeitsgruppe bei Herrn H. oder ihr anzeigen müsse, erhalte sie täglich bis zu acht Telefonate. Dadurch werde sie immer wieder von ihren eigenen Aufgaben abgelenkt. Gleichzeitig bat sie um Entbindung von ihrer Funktion als Vertreterin des Teilwerkstattleiters H.. Unter den gegebenen Umständen fühle sie sich nicht mehr in der Lage, diese Aufgaben zu vollster Zufriedenheit zu erledigen.

Am 6.1.2003 beantragte die Beklagte durch ihren Geschäftsführer bei der Mitarbeitervertretung nach § 42b MVG schriftlich die Zustimmung zur Kündigung der Klägerin. Insoweit wird auf Bl. 35 der Akte Bezug genommen. Mit Schreiben vom 13.1.2003 teilte diese mit, dass sie diese Zustimmung nicht verweigern könne.

Am 14.1.2003 kündigte die Beklagte der Klägerin zum 30.6.2003. In dem Kündigungsschreiben ist ausgeführt, dass aufgrund der 4 erteilten Abmahnungen eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar sei. Darüberhinaus bestünden auch Forderungen von Mitarbeitern, die eine Versetzung oder Kündigung der Klägerin forderten. Der Arbeitsalltag sei von Sticheleien und Spitzfindigkeiten geprägt. Dem Vorgesetzten H. sei es nicht mehr möglich, ein dienstliches Gespräch mit der Klägerin zu führen. Dieser sei aufgrund der Ausfälle der Klägerin zur Hinzuziehung von Zeugen gezwungen. Hinzu komme, dass die Klägerin am 2.12.2002 dem Beschäftigten Kü. in ihrem Arbeitsbereich trotz ausdrücklichem Hinweis die Einstellungsbelehrung nicht erteilt habe. Dies sei auch am 4.12.2002 noch nicht erledigt gewesen. Die Belehrung sei nicht im Unterweisungsbuch aktenkundig gemacht, sondern nur als Nachbelehrung erfasst worden.

Die Klägerin hat sich gegen sämtliche Abmahnungen und gegen die Kündigung gerichtlich zur Wehr gesetzt. Über die ersten 3 Abmahnungen hat das ArbG Erfurt in einem anderweitigen Rechtsstreit (1 Ca 2785/02) am 27.5.2003 rechtkräftig entschieden, dass diese aus der Personalakte zu entfernen sind. Die letzte Abmahnung und die der Klägerin erteilte Kündigung sind Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Klägerin hat beantragt,

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 14.1.2003 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung der Klägerin vom 2.12.2001 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, Gespräche des Geschäftsführers und des Vorgesetzen H. mit der Klägerin fänden nur im Beisein Dritter statt, weil sie sämtliche Erklärungen in verdrehter Art und Weise wiedergebe. Die Klägerin habe das "Miteinander" auch dadurch beeinträchtigt, dass sie bei jedem Toilettengang Herrn H. oder Frau B. angerufen habe, um sich abzumelden. Trotz ausdrücklichen Hinweises und mehrfacher Mahnung, dass diese Gänge nicht abzumelden seien, habe sie immer wieder angerufen, was zu den Abmahnungen geführt habe und letztendlich nur als Provokation verstanden werden könne. Um der Klägerin die Möglichkeit zu nehmen, falsche Behauptungen aufzustellen, seien sämtliche Weisungen schriftlich oder im Beisein von Zeugen erfolgt. Eine Mitarbeiterführung im positiven Sinne sei nicht mehr möglich. Wegen dieser Vorgänge hätten Mitarbeiter gefordert, das Verhalten der Klägerin disziplinarisch zu ahnden bzw. ihr zu kündigen. Zudem würden sämtliche Vorfälle durch die Klägerin nach außen getragen, sei es an Praktikanten oder Eltern. Unter anderem habe die Klägern gegenüber der Mutter einer Behinderten sinngemäß geäußert "Herr H. ist das Allerletzte" und erklärt, wie schlecht es ihr gehen würde. Auch gegenüber der Gruppenleiterin Verpackung/Montage habe die Klägerin erklärt, wie schlecht es ihr unter Herrn H. gehen würde. Als Beispiel für die Beleidigung von Vorgesetzten und Mitarbeitern verweist die Beklagte auf ein Schreiben des Mitarbeiters W. vom 14.12.2001, in dem dieser sich darüber beklagt, dass die Klägerin das Gerücht verbreitet habe, er würde seine Frau misshandeln. Bei einem Versuch des Mitarbeiters W., die Klägerin im Beisein anderer Mitarbeiterinnen hierüber zur Rede zu stellen, habe diese eine üble Nachrede abgestritten und Herrn W. als "Arschloch, doof, bekloppt" bezeichnet und gemeint, dieser habe nur eine geringfügige Intelligenz. Die Klägerin sei als Störenfried und Unruhestifter anzusehen, was nicht nur den Betriebsablauf störe, sondern auch den Mitarbeitern zur Last werde. Ihr angebotene Hilfestellungen habe sie ablehnt, deshalb sei es erst verspätet zu Abmahnungen gekommen. Das Verhältnis der Klägerin zu den Beschäftigten sei stark distanziert. Arbeitsanweisungen würden schroff und lieblos erteilt. Emotionen würden abgeblockt, die Beschäftigten als reine Maschinen gesehen. Während der krankheitsbedingten Abwesenheit der Klägerin habe die als Springer auch in ihrer Gruppe als Gruppenhelferin arbeitende Frau H. mitgeteilt, dass ihr die Klägerin das Gefühl gebe, nicht akzeptabel zu sein. Sie erhalte von der Klägerin auch nicht die notwendige Information, um die Arbeit zufriedenstellend zu erledigen. Einen Teil der von der Gruppenhelferin H. gefertigte Kerzen habe sie bei ihrer Rückkehr aus dem Krankenstand wieder eingeschmolzen. Immer wenn es personelle Engpässe gebe, würde die Klägerin wegen Arbeitsunfähigkeit fehlen. Trotz ausdrücklichem Hinweis habe die Klägerin auch dem Beschäftigten H. keine Einstellungsbelehrung erteilt. Diese Aufgabe habe Herr H. berechtigterweise auf sie delegieren können. Zur Wahrung des Betriebsfriedens sei die Kündigung der Klägerin die einzige Möglichkeit gewesen.

Mit Urteil vom 27.11.2003 hat das Arbeitsgericht die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung festgestellt und die Beklagte auch zur Entfernung der Abmahnung vom 2.12.2002 aus der Personalakte der Klägerin verurteilt. Die Kündigung hat es für rechtswidrig gehalten, weil selbst bei Unterstellung der Unterlassung einer Einstellungsbelehrung durch die Klägerin wegen ihrer nahezu 40jährigen Betriebszugehörigkeit die erforderliche Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin zu entscheiden sei. Auf die restlichen Vorwürfe, welche die Beklagte gegen die Klägerin erhoben hat, ist das Arbeitsgericht nicht eingegangen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verlangens anderer Mitarbeiter, die Klägerin zu kündigen (Druckkündigung), sei diese nicht zu rechtfertigen. Dies schon deshalb, weil nicht ersichtlich sei, dass die Beklagte Maßnahmen ergriffen habe, um die Personen, von denen die Drohung mit einer Eigenkündigung möglicherweise ausgegangen sei, von ihrem Vorhaben abzubringen. Nur bei Fehlschlagen dieser Bemühungen könne eine Druckkündigung in Frage kommen. Die Abmahnung sei bereits rechtswidrig, weil für den Fall, dass der Arbeitsbereich verlassen wird, um nach einem der Klägerin anvertrauten Behinderten zu sehen, keine Abmeldepflicht erkennbar sei und es deshalb nicht mehr auf eine mögliche Berechtigung weiterer Gründe des Abmahnungsschreibens ankomme. Dieses Urteil bekämpft die Beklagte mit der vorliegenden Berufung.

Die Beklagte hält die Interessenabwägung des Arbeitsgerichts für fehlerhaft, weil es sich bei der arbeitsvertraglich vereinbarten Anerkennung der 40 Dienstjahre lediglich um einen formellen, kündigungsrechtlich bedeutungslosen Akt gehandelt habe. Außerdem hätte das ArbG die zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht aus der Personalakte zu entfernenden ersten 3 Abmahnungen zu berücksichtigen gehabt. Das ArbG habe auch verkannt, dass die Kündigung als Druckkündigung gerechtfertigt sei. Das Gericht hätte Beweis erheben müssen über die für den Fall der Weiterbeschäftigung der Klägerin bestehende Kündigungsabsicht der Mitarbeiterinnen B. und H.. Frau B. habe gegenüber dem Beklagtengeschäftsführer ausdrücklich erklärt, dass sie kündige, wenn die Klägerin nicht gehe. Frau H. habe erklärt, dass eine Zusammenarbeit mit der Klägerin in keiner Weise mehr möglich sei. Das ArbG habe der Beklagten auch durch einen Hinweis die Möglichkeit zum Vortrag von Tatsachen geben müssen, wie und in welcher Weise sich die Beklagte vor die Klägerin gestellt habe. Es habe mehrfach Gespräche zwischen der Klägerin und der Beklagten gegeben. Eine Möglichkeit zur Versetzung habe nicht bestanden. Die Klägern habe auch keinen Anspruch auf Entfernung der letzten Abmahnung aus der Personalakte, weil ihr das Verlassen des Gruppenraumes, um nach dem Verbleib eines ihr anvertrauten Behinderten zu sehen, untersagt gewesen sei.

Unter teilweiser Wiederholung des schriftsätzlichen Vorbringens der Beklagten hat der Beklagtengeschäftsführer in der Berufungsverhandlung die Kündigung noch damit verteidigt, dass die Klägerin über Mitarbeiter hergezogen sei, sich über Arbeitsanweisungen hinweggesetzt und gegenüber Vorgesetzten - wie das eigenmächtige Verlassen eines Gesprächs zeige - ein unhöfliches Verhalten an den Tag gelegt habe. Ursachen für Probleme suche sie immer bei anderen. Auch der Vorgesetzte H. habe ihn mehrfach gebeten, die Klägerin zu versetzen oder ihm eine andere Aufgabe zu geben. Der Kündigungswunsch von Frau H. sei ihm gegenüber mündlich, der von Frau B. schriftlich und mündlich geäußert worden.

Die Beklagte beantragt,

das am 27.11.2003 verkündete und am 11.2.2004 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt - 6 Ca 192/03 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen

Sie hat bei ihrer Anhörung in der Berufungsverhandlung vorgetragen, wegen der von dem Behinderten L. ausgehenden Gefährdungen hätte sie am 5.11.2002 aus dem Stand heraus entschieden, dass die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht ihrer Abmeldepflicht vorgehe und nach einem vergeblichen Versuch, Herrn H. telefonisch für eine Abmeldung zu erreichen, nicht mehr versucht, sich bei der Vertreterin ihres Vorgesetzen, Frau B., abzumelden. Der nicht unmittelbaren Rückkehr in ihren Arbeitsbereich habe zugrundegelegen, dass sie Materialien holen wollte, welche für die Arbeit der eigenen Gruppe erforderlich gewesen seien. Ihre gesamte Abwesenheit hätte etwa 5 Minuten betragen. Sie sei jahrelang in der Behindertenbetreuung und es habe bis zu den streitgegenständlichen Ereignissen noch keine Probleme mit ihren Arbeitsleistungen gegeben. Die Angriffe von Herrn H. führe sie auf dessen Frustration darüber zurück, dass er nach vorangegangener Position des Werkstattleiters nur noch einen drei Gruppen umfassenden Teil der Werkstatt habe leiten dürfen. Außerdem habe er auf seine alten Tage mit marktwirtschaftlichen Gepflogenheiten die von ihrer Gruppe produzierten Kerzen an den Mann bringen und zu diesem Zwecke mit dem Koffer losziehen müssen. Richtig sei, dass es Frotzeleien gegeben habe, diese seien aber auf die Anweisungen ihrer Vorgesetzten zurückzuführen. Es sei auch bei anderen Mitarbeitern der Eindruck entstanden, dass sie eigenständig keinen Schritt mehr aus dem Raum ihrer Behindertengruppe machen konnte. Ab einem gewissen Zeitpunkt sei das Ganze nur noch durch scherzhafte Behandlung erträglich gewesen. Es habe deshalb Wortwechsel gegeben mit Bemerkungen wie z.B. "Ist die Türklinke entsichert" oder "Ich muss erst die Türklinke entsichern, sonst kann ich den Raum nicht verlassen" oder "Ich muss erst telefonieren, ob ich den Raum verlassen darf". Soweit ihr ein Befehlston mit Behinderten vorgeworfen werde, müsse darauf hingewiesen werden, dass man ihrer Gruppe problematische Fälle zugewiesen habe. Ein solcher Tonfall sei manchmal erforderlich, weil nach ihrer Berufserfahrung nur dieser in kritischen Situationen wirke.

Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Entfernung der Abmahnung vom 2.12.2002 aus der Personalakte der Klägerin verurteilt und die Unwirksamkeit der Kündigung vom 14.1.2003 festgestellt.

A. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Entfernung der vorgenannten Abmahnung, weil dieser kein abmahnungswürdiges Verhalten der Klägerin zugrunde liegt.

I. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z.B. Urteile vom 27.11. 1985, 30.5.1996, AP BGB § 611 Nebentätigkeit Nr. 2; 22.2.2001, EzBAT § 11 Nr. 10) kann der Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Bei der Abmahnung handelt es sich um die Ausübung eines arbeitsvertraglichen Gläubigerrechts durch den Arbeitgeber. Als Gläubiger der Arbeitsleistung weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam. Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, wenn ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an. Eine solche mißbilligende Äußerung des Arbeitgebers in Form einer Abmahnung ist geeignet, den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und seinem Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigen. Deshalb kann der Arbeitnehmer die Beseitigung dieser Beeinträchtigung verlangen, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist (vgl. BAG Urteil vom 16.11.1989, BAGE 63, 240), unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält (BAG Urteil vom 27.11.1985 a.a.O.), auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht (BAG Urteil vom 30.5.1996 a.a.O.), den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (vgl. nur BAG Urteil vom 31. August 1994, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 98) oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht (vgl. BAG Urteil vom 30.5.1996 a.a.O.).

II. Im Streitfall liegt selbst unter Zugrundelegung der Sachverhaltsdarstellung der Beklagten hinsichtlich des Vorwurfs unterlassener Abmeldung eine unzutreffende rechtliche und zugleich willkürliche Verhaltensbewertung und hinsichtlich des Vorwurfs, dass die Klägerin nach Auffinden des Behinderten L. auf der Toilette nicht unmittelbar zurück in ihren Arbeitsbereich gegangen sei, sondern zunächst den Arbeitsbereich der Mitarbeiterin Tümpel aufgesucht habe, eine von der Beklagten selbst nicht ausreichend aufgeklärte Bagatelle vor, auf welche diese unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht sogleich mit der scharfen kündigungsandrohenden Maßnahme einer Abmahnung reagieren durfte.

1. Bei dem Behinderten L. handelte es sich nach den unstreitig gewesenen Erläuterungen der Klägerin in der Berufungsverhandlung um eine schubweise besonders aggressive Person, die hin und wieder handgreiflich wurde, Geräte und Stühle durch den Raum warf, fast täglich seine Brille verbog oder sein Glasauge herausnahm, welches er einmal aus dem Fenster warf. Ferner hatte L. auch geäußert, dass er selbst aus dem Fenster (1. Etage) springen wolle. An dem Tag des Vorfalls, dem 5.11.2002, hatte L. - wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung ebenfalls unwidersprochen vorgetragen hat - bereits durch Türenschlagen wieder einmal aggressive Tendenzen gezeigt. Nachdem L. im Zusammenhang mit einem Gang zur Toilette nicht in der hierfür üblichen Zeit wieder im Gruppenraum erschienen war, hat die Klägerin völlig zu Recht nach seinem Verbleib gesehen. Darauf, ob für die Klägerin für das Verlassen ihres Gruppenraumes eine Abmeldepflicht bestanden hat, kam es in dieser Situation nicht an. Unter Berücksichtigung der bisherigen Auffälligkeiten von L. bestand der unmittelbare Anschein, dass sich aus dem Ausbleiben von L. eine Gefahrensituation ergeben könnte, welche unverzügliches Handeln der Klägerin erforderte. Indem sie sich selbst auf die Suche nach L. begab und nicht die noch im Gruppenraum befindliche Praktikantin losschickte, entschied die Klägerin richtig. Bei ihrer Anhörung in der Berufungsverhandlung hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass sie in der Lage war, L. bei Aggressionsschüben gegebenenfalls ruhig zu stellen. Beispielhaft verwies die Klägerin dabei darauf, dass L. einmal mit erhobener Flasche drohend vor ihr gestanden habe. Sie habe ihn dann rüde mit den Worten zurecht gewiesen "Wenn Du mich auf den Kopf haust, musst Du das Blut selber wegmachen" und damit die Situation in den Griff bekommen. Andererseits war die betreffende Praktikantin bereits seit längerer Zeit in ihrer Gruppe tätig, so dass die Klägerin davon ausgehen durfte, dass eine angemessene Gruppenbetreuung für die Zeit ihrer Abwesenheit sichergestellt war. Insoweit ist die Beklagte darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin ja auch bei Materialbeschaffungs- oder eigenen Toilettengängen, aber auch bei Zitierung in das Vorgesetztenbüro notwendigerweise aus ihrem Gruppenraum entfernen musste. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der in der betreffenden Situation mit dem Risiko eines weiteren Zeitverlustes eine telefonische Abmeldung der Klägerin bei ihren Vorgesetzten H. oder B. erfordert hätte. Das unverzügliche Handeln der Klägerin lag im Interesse der Beklagten, denn es stellte sicher, dass alles getan wurde, um einen möglichen Schaden von in der Obhut der Beklagten befindlichen Behinderten und damit auch einen Schaden von der Beklagten selbst abzuwenden.

Völlig widersprüchlich erscheint das Beharren der Beklagten auf der Berechtigung dieses Abmahnungsvorwurfs, wenn man sich die Behauptung der Beklagten vergegenwärtigt, die Klägerin habe das "Miteinander" auch dadurch beeinträchtigt, dass sie bei jedem Toilettengang die Vorgesetzten H. oder B. angerufen habe, um sich abzumelden. Dadurch seien diese Mitarbeiter nur unnötig von der Arbeit abgehalten worden. Trotz ausdrücklichen Hinweises und mehrfacher Mahnung, dass diese Gänge nicht abzumelden seien (was die Beklagte aber nicht näher dargelegt hat), habe sie immer wieder angerufen, was zu den Abmahnungen geführt habe.

Soweit diese auch Toilettengänge erfasste, betraf die vom Geschäftsführer am 21.2.2002 für die Klägerin angeordnete Abmeldepflicht bis zum 5.11.2002 aber nur Toilettengänge Behinderter, bei denen eine Notwendigkeit zur Begleitung bestand. Die Abmeldepflicht für eigene Toilettengänge wurde von ihrem Vorgesetzten H. erst in der Folge ihres vermeintlichen Fehlverhaltens vom 5.11.2002 (auf das die Beklagte die 4. und letzte Abmahnung gestützt hat) eingeführt und auch nur so lange beibehalten, bis der Beklagtengeschäftsführer den Vorgesetzten H. auf die Sinnlosigkeit dieser Maßnahme hingewiesen hatte. Obwohl die Abmeldung zu Toilettengängen ursächlich für die Abmahnungen der Beklagten gewesen sein soll, hat die Beklagte in keiner der Abmahnungen, welche sie der Klägerin erteilt hat, auf der Vornahme von Abmeldungen entgegenstehende vertragliche Pflichten der Klägerin hingewiesen und auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam gemacht. Dies wäre auch schlecht möglich gewesen, denn die Beklagte hat die Abmeldungen der Klägerin und damit das unnötige Abhalten der Vorgesetzten H. und B. durch entsprechende Weisungen des Beklagtengeschäftsführers und des Herrn H. selbst verursacht. Sie hat auch kein Verhalten an den Tag gelegt, dem die Klägerin auch nach Rücknahme der Abmeldepflicht für ihre persönlichen Toilettengänge die ernsthaft gemeinte Entbehrlichkeit einer Rechtfertigung für das Verlassen ihres Gruppenraumes entnehmen konnte. Der Vortrag der Klägerin, auch noch nach der am 12.11.2002 erfolgten Rücknahme des Abmeldungserfordernisses für eigene Toilettengänge habe sie sich gegenüber dem Vorgesetzten H. für die Entfernung aus ihrem Gruppenraum rechtfertigen müssen, wenn sie tatsächlich nur auf der Toilette war, ist unbestritten geblieben. Deshalb kann die Beklagte es der Klägerin selbst dann nicht als Pflichtverstoß zur Last legen, wenn diese - was nach dem Vorbringen der Beklagten nur andeutungsweise und deshalb nicht in ausreichender Substantiierung entnommen werden kann - auch nach dem 12.11.2002 ihre Abmeldungen für eigene Toilettengänge beibehalten hätte. Wenn die Klägerin ohnehin jedes Verlassen ihres Gruppenraumes zu rechtfertigen hatte, konnte dies zu ihrer eigenen Absicherung auch weiterhin in sämtlichen Fällen durch vorherige telefonische Abmeldung bei ihren Vorgesetzten geschehen, wenn sie von vornherein weiteren Vorwürfen aus dem Weg gehen wollte. Dies kann nicht als eine von der Klägerin begangene Provokation, sondern muss als ein eigenes Verfangen in den für die Klägerin mit der ihr auferlegten Sonderbehandlung gelegten Fallstricken gewertet werden. Es verdeutlicht nur die Unsinnigkeit des vom Geschäftsführer der Beklagten und dem Vorgesetzten H. der Klägerin für die Fälle ihrer Abwesenheit in ihrem Gruppenraum abverlangten Verhaltens und macht entgegen den Behauptungen der Beklagten mangelnde Führungskompetenzen des Herrn H. im Umgang mit Mitarbeitern offenkundig.

Unter dem Maßstab vernünftiger Betriebsführung kann es nach alldem auch nicht einleuchten, dass die Beklagte ausgerechnet dann unnachgiebig auf die Einhaltung der Abmeldepflicht pocht, wenn die Klägerin einem beim Gang zur Toilette überfällig gewordenen Behinderten nachgeht, von dem nach Lage der Dinge an diesem Tag für sich selbst und seine Umgebung eine mögliche Gefährdung ausgehen kann und ansonsten bei anderen für die Klägerin persönlich oder aus Anlass der Begleitung von ihr anvertrauten Behinderten erforderlich werdenden Toilettengängen die genaue Einhaltung der von der Beklagten selbst in die Welt gesetzten Abmeldepflichten der Klägerin als Belästigung von vorgesetzten Mitarbeitern vorgeworfen und gerade dies als Ursache der vorliegend zu beurteilenden Abmahnung der Klägerin angegeben wird. Angesichts dessen verstößt diese Abmahnung nicht nur gegen das aus Treu und Glauben folgende Verbot widersprüchlichen Verhaltens, es handelt sich auch um eine unzulässige Willkürmaßnahme.

2. Hinsichtlich der zweiten Begründung der Abmahnung vom 2.12.2002 hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, das es für die Berechtigung des Entfernungsanspruchs auf diese nach der Rechtsprechung des BAG nicht mehr ankommt. Werden in einem Abmahnungsschreiben mehrere Pflichtverletzungen gleichzeitig gerügt und treffen davon nur einige (aber nicht alle) zu, so muß das Abmahnungsschreiben auf Verlangen des Arbeitnehmers vollständig aus der Akte entfernt werden und kann nicht teilweise aufrechterhalten bleiben (Urteil vom 13.3.1991, NZA 1991, 768). Ungeachtet dessen verstößt dieser Teil der Abmahnung aber auch gegen den auch bei der Erteilung von Abmahnungen zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Umstand, dass die Klägerin, nachdem sie den Behinderten L. aufgefunden hatte, auf ihrem Rückweg noch den Arbeitsbereich der Kollegin Tümpel besucht hat, käme überhaupt nur dann als Pflichtverstoß in Betracht, wenn Anlass und Dauer ihres dortigen Aufenthalts aus arbeitsorganisatorischen Gründen nicht vertretbar waren und nicht bereits ein entsprechender Hinweis oder eine Ermahnung zur künftigen Einhaltung der Verhaltenspflicht ausgereicht hätte. Obwohl die Beklagte für die ihren Abmahnungen zugrundeliegenden Vorwürfe darlegungs- und beweispflichtig ist, hat die Beklagte die Rechtfertigung der Klägerin, dass diese in der Gruppe von Frau Tümpel für ihre eigene Gruppe Arbeitsmaterialien besorgen wollte, offensichtlich ebenso wenig überprüft wie die Angabe der Klägerin, dass die betreffende Gesamtabwesenheitszeit etwa 5 Minuten betragen habe. Dies wäre etwa durch Befragung der Gruppenleiterin Tümpel zwanglos möglich gewesen. Hätte sie dies getan, dann hätte die Beklagte, anstatt die Angaben der Klägerin zu dem Grund ihres Aufenthalts bei Frau Tümpel und zur Gesamtzeit ihrer Abwesenheit in prozessual unzulässiger Weise pauschal zu bestreiten, eine nachprüfbare eigene Sachdarstellung abgeben und auch den hierfür erforderlichen Beweis antreten können, was sie ebenfalls unterlassen hat. Dies zeigt, dass es der Beklagten nicht um eine faire Aufklärung und Bewältigung der Angelegenheit ging, sondern darum, bereits ein lediglich im Möglichkeitsstadium befindliches Fehlverhalten zum Gegenstand einer Abmahnung zu machen. In diesem Vorgehen liegt nicht nur ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, es legt auch die Annahme nahe, dass die Beklagte nach jedem Strohhalm gegriffen hat, der auch nur den Anschein eines sanktionsfähigen Verhaltensfehlers der Klägerin bot.

B. Die von der Beklagten gegenüber der Klägerin ausgesprochene ordentliche Kündigung ist rechtsunwirksam. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich kein Sachverhalt, der die am 14.1.2003 ausgesprochene Kündigung hätte rechtfertigen können. Soweit diese Kündigung mit einem von anderen Mitarbeitern auf die Beklagte ausgeübten Druck, der Klägerin zu kündigen, begründet wurde, fehlt es an dem Vorhandensein der Voraussetzungen einer solchen Druckkündigung.

I. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG kann eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt sein. Dabei genügen im Verhalten eines Arbeitnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen (BAG, Urteil vom 22.7.1982, EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 10). Eine ordentliche Kündigung ist aber regelmäßig nur dann durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers sozial gerechtfertigt, wenn dieser schuldhaft gegen die ihm obliegenden Vertragspflichten verstoßen hat. Weitere Kündigungsvoraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BAG, dass aufgrund des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers auch in Zukunft mit weiteren von diesem ausgehenden Arbeitsvertragsstörungen gerechnet werden muss (negative Prognose). Liegt ein gravierender Verstoß nicht vor, ist die negative Prognose regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer nach einer Abmahnung den Vertrag wieder in gleicher oder ähnlicher Weise verletzt (vgl. ErfK-Ascheid 5. Aufl., 430 KSchG § 1 Rn. 297). Für der Kündigung zugrundeliegende Pflichtverletzungen und das Bestehen einer Negativprognose ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Die beanstandeten Mängel und Störungen müssen substantiiert behauptet werden. Pauschale Erklärungen wie z.B. "grobe Beleidigungen", "schludrige Arbeitsweise", "häufiges Zuspätkommen" reichen nicht (vgl. ErfK-Ascheid a.a.O., § 1 Rn. 328 ff.). Gemessen an diesen Erfordernissen reicht das Vorbringen der Beklagten zur Rechtfertigung ihrer der Klägerin am 14.1.2003 ausgesprochenen Kündigung nicht aus:

1. Soweit sich die Beklagte in ihrem Kündigungsschreiben auf die der Klägerin erteilten 4 Abmahnungen als Kündigungsgrund beruft (von denen die ersten drei mit Urteil des ArbG Erfurt - 1 Ca 2785/02 - am 27.5.2003 rechtskräftig und die letzte mit der vorliegenden Entscheidung kassiert wurden), verkennt sie die Funktion der Abmahnungen. Nur eine Fortsetzung eines gleichen oder ähnlichen in einer Abmahnung beanstandeten Verhaltens kann zu einer Kündigung berechtigen. Dasselbe Verhalten kann nicht gleichzeitig Gegenstand einer Abmahnung und einer Kündigung sein. Für die Behauptung, für verschiedene Mitarbeiter sei ein Zusammenarbeiten mit der Klägerin nicht möglich gewesen, kann sich die Beklagte deshalb nicht auf Sachverhalte stützen, die sie bereits den von ihr ausgesprochenen Abmahnungen zugrundegelegt und insoweit zum Ausdruck gebracht hat, dass sie hierauf noch keine Kündigung stützen will.

2. Sie kann sich zur Kündigung auch nicht auf bereits länger zurückliegende und anderweitig kündigungsrechtlich verbrauchte Geschehnisse stützen. Schon deshalb kann die Beklagte zur Begründung ihrer Kündigung vom 14.1.2003 nicht ihren Vorwurf heranziehen, die Klägerin habe gegenüber ihrem Vorgesetzten H. am 10.12.2001 und 12.12.2001 geäußert, er sei ein Lügner. Das Gleiche gilt für den weiteren Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe über den Mitarbeiter W. das unzutreffende Gerücht verbreitet, dieser misshandele seine Frau und habe diesen Mitarbeiter in einem von ihm zur Klärung dieser Sache geführten Gespräch vor Arbeitskolleginnen als "Arschloch, doof, bekloppt" und nur geringfügig intelligent bezeichnet.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG können allerdings grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder Repräsentanten, aber auch grobe Beleidigungen von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen und prinzipiell sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitnehmer kann sich dann nicht erfolgreich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Entsprechendes gilt für bewußt wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen, etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt zum einen weder Formalbeleidigungen und bloße Schmähungen noch bewußt unwahre Tatsachenbehauptungen (Beschlüsse des BVerfG vom 10.10.1995, BVerfGE 93, 266; vom 10.11.1998, BVerfGE 99, 185). Zwar können die Arbeitnehmer unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen, ggfs. auch überspitzt oder polemisch äußern. Im groben Maße unsachliche Angriffe, die u.a. zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber dagegen nicht hinnehmen. Dabei ist die strafrechtliche Beurteilung kündigungsrechtlich nicht ausschlaggebend. Auch eine einmalige Ehrverletzung ist kündigungsrelevant und umso schwerwiegender, je unverhältnismäßiger und je überlegter sie erfolgte (BAG, Urteil vom 10.10.2002, DB 2003, 1797). Bei Beleidigungen ist allerdings stets zu prüfen, inwieweit die Auseinandersetzung vom Arbeitgeber mitverursacht worden ist (BAG, Urteil vom 19.12.1985, AP GewO § 133 b Nr. 1).

b) Was die von der Klägerin nicht bestrittene Bezeichnung des Vorgesetzten H. als Lügner angeht, sind diese Vorfälle vom 10.12.2001 und 12.12.2001 bereits Gegenstand der am 12.12.2001 und 19.12.2001 erteilten Abmahnungen gewesen. Sie können deshalb nicht noch einmal zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden. Im übrigen rechtfertigen diese Äußerungen schon deshalb weder eine Abmahnung noch eine Kündigung, weil das diesen vorangegangene Verhalten des Vorgesetzten H. den Ausbruch dieser Äußerungen provoziert hat. Vorangegangen war nämlich, das dieser seit dem Sommer ständig die Arbeit der Klägerin in schikanöser Weise kritisiert hat, was u.a. durch das Bemängeln von Farbabweichungen der unter Aufsicht der Klägerin produzierten Kerzen geschah. Wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung anschaulich und glaubhaft beschrieben hat, waren Farbabweichungen - was auch dem Vorgesetzten H. hätte einleuchten müssen - praktisch schon aus dem Grund nicht völlig vermeidbar, weil das Einfärben der Kerzen durch ein von geistig und zum Teil körperlich behinderten Menschen per Hand durchgeführtes Eintauchen in ein Farbbad erfolgte und die Farbintensität dabei sowohl von einem gleichbleibenden Mischungsverhältnis der Färbeflüssigkeit als auch einer identischen Eintauchzeit der Kerzen abhing. Außerdem war die Klägerin bei vergleichbaren Gelegenheiten, in denen sie von ihrem Vorgesetzten H. für ein dienstliches Gespräch in dessen Büro bestellt wurde, von diesem jedes Mal zusammengestaucht und bei diesen Gelegenheiten seit dem Sommer mindestens fünf mal als schlechteste Mitarbeiterin bezeichnet worden. Die Beklagte hat in ihrer Abmahnung selbst vorgetragen, dass die Klägerin bei der Aufforderung vom 10.12.2001, in dessen Büro zu einem dienstlichen Gespräch mitzukommen, geantwortet hat, dass sie dies nur unter der Begleitung des Herrn R. tun werde und auf die anschließende Frage, was Herr R. bei einem Dienstgespräch solle, "Das sagen Sie immer" geäußert hat. Die Klägerin hatte also ersichtlich Angst davor, wie in den vorangegangenen sogenannten Dienstgesprächen wieder Opfer eines persönlichen Angriffs ihres Vorgesetzten H. zu werden. Wie sich ebenfalls bereits aus der Abmahnung ergibt, erfolgte die Bezeichnung "Lügner" enthaltene Äußerung dann unmittelbar, nachdem die Klägerin Herrn R. ganz aufgeregt geholt hatte und der Vorgesetzte H. mit der Bemerkung, er habe nur eine dienstliche Angelegenheit zu besprechen, der Klägerin und dem von dieser hinzugezogenen Herrn R. dann ein neues Angebot der Seifenherstellung des G.-Werkes (einem Lieferanten der Beklagten) zeigte. Dabei umfasste der volle Wortlaut den Satz: "Sie sind ein Lügner, das haben Sie sich jetzt ausgedacht!"

Nach alledem stellt sich diese Äußerung der Klägerin als eine nach den vorangegangenen Erfahrungen derartiger Dienstgespräche nachvollziehbare emotionale Reflexhandlung dar. Der von dem Vorgesetzen H. gegenüber dem Mitglied der Mitarbeitervertretung vermittelte Eindruck, es sei ihm nur um die Präsentation der G.-Werk - Unterlagen gegangen, war allem Anschein nach lediglich ein der Anwesenheit des Herrn R. geschuldetes Täuschungsmanöver. Dafür, dass Herr H. ursprünglich etwas anderes als die bloße Präsentation der genannten Unterlagen vorhatte, spricht schon der aus dem Abmahnungstext ersichtliche Ablauf seines Vorhabens: Es scheint mehr als umständlich, ohne die Unterlagen des G.-Werkes sogleich mitzunehmen, die Klägerin zunächst an deren Arbeitsplatz aufzusuchen, um diese dann dort lediglich zum Zwecke des Anschauens dieser Unterlagen aufzufordern, ihren Arbeitsplatz zu verlassen und das Vorgesetztenbüro aufzusuchen. Die Fragwürdigkeit dieses Gebarens wird noch deutlicher, wenn man sich vor Augen hält, dass Herr H. ausweislich der Abmahnung am Ende des "Dienstgesprächs" offensichtlich nichts dagegen hatte, dass die Klägerin die Unterlagen mitnahm und die Beklagte nur 2 Monate später der Klägerin eine Abmeldepflicht für das Verlassen ihres Raumes ihrer Behindertengruppe zur Auflage gemacht und damit bei offizieller Lesart zum Ausdruck gebracht hat, für wie bedeutsam die Beklagte ihre Anwesenheit an ihrem Arbeitsplatz hält.

c) Soweit die Klägerin 2 Tage später, am 12.10.2001, den Vorgesetzten H. erneut als Lügner bezeichnet und diesem vorgeworfen hat, er würde gegen sie Mobbing betreiben, kann daraus ebenfalls nichts zur Begründung arbeitsrechtlicher Sanktionen hergeleitet werden. Auch diese Äußerungen sind durch ein die normale Stressbewältigung der Klägerin überreizendes Verhalten des Vorgesetzten H. provoziert worden. Diese der Klägerin u.a. in der Abmahnung vom 19.12.2001 zur Last gelegten Äußerungen fielen, nachdem sie am gleichen Tage eine Abmahnung für den zwei Tage zurück liegenden Vorfall erhalten hat, erneut in das Vorgesetztenbüro zitiert und im Beisein von Frau B. mit dem Vorwurf konfrontiert worden war, warum sie einen Auftrag der Kerzenherstellung für den Laden der Beklagten nicht ausgeführt hätte. Wie sich aus dem den Parteien vorliegenden diese Abmahnung betreffenden Urteil - 1 Ca 2785/02 - des ArbG Erfurt ergibt, war der Auftrag nicht näher konkretisiert, und die Klägerin hatte mit Rücksicht auf die nahezu ausschließlich auf marmorierte Kerzen ausgerichteten Wünsche der Kunden des Ladens diese Art von Kerzen hergestellt. Es handelte sich danach um einen in einer Verhörsituation präsentierten und an den Haaren herbeigezogenen Vorwurf, der angesichts der vorangegangenen und sich nach Vorlage ihres Beschwerdeschreibens über ihre Behandlung durch den Vorgesetzten H. am 10.12.2001 offenkundig verdichtenden Versuche, die Klägerin zu maßregeln, diese erneut in eine psychische Ausnahmesituation brachte. Welchen Stresswirkungen die in der Berufungsverhandlung eher als von robuster Natur erscheinende Klägerin durch diesen Umgang bis dahin damals offensichtlich unterlag, verdeutlicht die sich an das Dienstgespräch vom 12.12.2001 anschließende fünfmonatige Krankschreibung wegen psychischer und physischer Erschöpfung.

d) Was die von der Beklagten behauptete üble Nachrede, der Mitarbeiter W. misshandele seine Frau sowie dessen behauptete Beleidigung als "Arschloch, doof, bekloppt und nur geringfügig intelligent" durch die Klägerin angeht, ist folgendes festzuhalten: Die bereits nach dem Vortrag der Beklagten von der Klägerin bestrittene üble Nachrede wäre kündigungsrelevant gewesen, wenn diese den Tatsachen entspräche und nicht außerdienstlich, sondern am Arbeitsplatz erfolgt wäre. Dazu enthält der Beklagtenvortrag allerdings keine Angaben. Die vor anderen Mitarbeitern am Arbeitsplatz vollzogene Beleidigung wäre kündigungsrelevant gewesen, wenn sie nicht durch ein möglicherweise ebenfalls beleidigendes Vorverhalten des Beleidigten ausgelöst wäre, welches die fraglichen Äußerungen in einem milderen Licht erscheinen lassen würden. Dies kann nach dem Sachvortrag nicht abschließend bewertet werden, weil der exakte Gesprächsablauf offengeblieben ist. Im Ergebnis kann dies aber dahingestellt bleiben. weil der Vorwurf dem Beklagtengeschäftsführer spätestens mit dem Schreiben des betroffenen Mitarbeiters W. vom 14.12.2001 bekannt war und die Beklagte den angeblichen Vorfall erst 2 Jahre später, nämlich mit Schriftsatz vom 17.11.2003 zum Gegenstand einer Sanktion, gemacht hat, in dem sie diesen zur ergänzenden Begründung der am 14.1.2003 ausgesprochenen Kündigung angeführt hat. Selbst wenn die von dem Mitarbeiter W. erhobenen Vorwürfe zutreffend wären, hätte die Klägerin nach so einer langen Zeit darauf vertrauen können, dass dieses Verhalten von der Beklagten nicht mehr zum Anlass für eine Kündigung genommen wird. Der kündigungsrechtliche Verbrauch dieses Geschehens ergibt sich auch daraus, dass aus der Perspektive des ein Jahr späteren Kündigungsdatums insoweit keine Negativprognose mehr angenommen werden kann. Die Beklagte hat für die Zeit nach dem 14.12.2001 keine weiteren identischen oder ähnlichen Ehrverletzungshandlungen der Klägerin vorgetragen. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass auch nicht ersichtlich ist, dass die Mitarbeitervertretung der Beklagten vor Ausspruch der Kündigung über die angeblich gegenüber dem Mitarbeiter W begangene Ehrverletzung durch die Klägerin informiert wurde.

3. Dass der Klägerin über diese im Hinblick auf eine Kündigungsberechtigung offen gebliebenen und zugleich auch kündigungsrechtlich verbrauchten Sachverhalte hinaus eine weitergehende Störung der betrieblichen Zusammenarbeit anzulasten ist, hat die Beklagte nicht in der erforderlichen Weise substantiiert. Dazu wäre nicht nur der Vortrag von Art und Ausmaß einer solchen Störung notwendig gewesen, sondern auch ein Vorbringen, aus dem sich nachvollziehen lässt, dass hierfür schuldhaft begangene Pflichtverstöße der Klägerin ursächlich waren. Daran fehlt es:

a) Die ohne konkrete Belege erfolgte pauschale Wiedergabe der Beschwerde der Mitarbeiterin B. vom 9.12.2002, der Arbeitsalltag sei von Spitzfindigkeiten, Sticheleien, Spöttereien, Warten auf Fehler und vielen anderen den Arbeitsalltag schwermachenden Dingen geprägt, reicht hierzu nicht. Bereits diese Beschwerde lässt offen, was der konkrete Beitrag der Klägerin zu diesem Arbeitsalltag gewesen sein soll. Soweit die Klägerin in der Berufungsverhandlung eingeräumt hat, dass es wegen der lediglich ihr auferlegten Anweisung, sich bei Verlassen des Gruppenraumes bei ihren Vorgesetzten sogar bei Toilettengängen abzumelden, Spöttereien gegeben habe, wie "Ist die Türklinke entsichert" oder "Ich muss erst die Türklinke entsichern, sonst kann ich den Raum nicht verlassen" oder "Ich muss erst telefonieren, ob ich den Raum verlassen darf", kann ihr dies nicht zur Last gelegt werden. Wenn die Beklagte die Klägerin in betriebsöffentlicher Weise einer solchen, sie gegenüber den anderen GruppenleiterInnen diskriminierenden Sonderbehandlung aussetzte, dann hat sie selbst derartige Redensweisen im kommunikativen Arbeitsumfeld der Klägerin provoziert. Auch bei anderen Mitarbeitern musste zwangsläufig der Eindruck entstehen, dass die Klägerin eigenständig keinen Schritt mehr aus dem Raum ihrer Behindertengruppe machen konnte. Die scherzhafte Behandlung im Kreis der KollegInnen stellt danach lediglich einen Versuch dar, die Diskriminierung für die Klägerin erträglich zu machen. Daraus kann unter Berücksichtigung der Ursachensetzung durch die Beklagte redlicherweise kein Kündigungsgrund hergeleitet werden.

b) Nichts anderes gilt für den Umstand, dass die Stellvertreterin B. des Vorgesetzten H. durch täglich bis zu acht Telefonanrufen der Klägerin von ihrer Arbeit abgelenkt wurde, wie diese in Ihrer Beschwerde vom 9.12.2002 an den Beklagtengeschäftsführer mitgeteilt hat. Frau B. führt dies in dem betreffenden Schreiben selbst ausdrücklich darauf zurück, dass von der Klägerin gefordert werde, ihre Abwesenheit in der Arbeitsgruppe bei Herrn H. oder ihr anzuzeigen. Die Störung der Arbeit von Frau B. ist also nicht das Verschulden der Klägerin gewesen. Frau B. ist vielmehr mitleidendes Opfer der gegenüber der Klägerin mit der Sonderbehandlung einer Abmeldeanweisung betriebenen Strategie gewesen, dieser ihr Leben am Arbeitsplatz zu erschweren.

c) Eine der Klägerin anzulastende Störung der betrieblichen Zusammenarbeit ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Beklagten, der Vorgesetzte H. sei bei Gesprächen mit der Klägerin wegen ihrer Ausfälle und falschen Behauptungen über Gesprächsinhalte zur Hinzuziehung von Zeugen gezwungen gewesen. Bereits nach dem Beklagtenvortrag ist nicht nachvollziehbar, dass es außer den Vorfällen am 10. und 12.12.2001, wo die Klägerin den Vorgesetzten H. - ohne dass ihr dies aus den bereits genannten Gründen kündigungsrechtlich zur Last gelegt werden kann - als Lügner bezeichnet hat und nach denen sie ärztlicherseits für mehrere Monate "aus dem Verkehr" gezogen wurde, gegen diesen ihrerseits weitere verbale Ausfälle gegeben hat. Auch für die Behauptung, die Klägerin habe alle mit ihr von ihrem Vorgesetzten H. geführten Gespräche inhaltlich verdreht, lässt sich außer der entsprechenden pauschalen Behauptung aus dem Beklagtenvorbringen nichts Substanzielles herleiten. Wie sich aus deren Beschwerdeschreiben an den Beklagtengeschäftsführer vom 9.12.2002 ergibt, handelt es sich bei diesem Zeugen regelmäßig um seine Stellvertreterin B., auf deren Loyalität er offensichtlich zu bauen glaubte. In den Fällen, in denen hingegen die Klägerin zu den Dienstgesprächen des Vorgesetzten H. die Mitnahme von Zeugen erbat, wurde dieses Vorhaben - wie im Fall der Mitnahme des Mitarbeiters R. am 10.12.2001 - entweder ausgetrickst (insoweit wird auf die Ausführungen unter B.I.2.b) Bezug genommen) oder der Zeuge weggeschickt, wie dies am 12.12.2001 der Fall war, nachdem die mit ihren beiden Vorgesetzten H. und B. konfrontierte Klägerin zu ihrem Beistand den Zivildienstleistenden Le. hinzugeholt hatte. Letzteres hat die Beklagte selbst ausdrücklich im Text der Abmahnung vom 19.12.2001 vermerkt. Dies lässt unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des gegenüber der Klägerin gezeigten Verhaltens darauf schließen, dass es dem Vorgesetzten H. in den betreffenden Gesprächen in Wirklichkeit um die Präsentation einer personellen Übermacht und für den Fall einer Beweiserforderlichkeit über Gesprächsinhalte um eine Übervorteilung der Klägerin ging.

d) Auch wenn sich die Vertreterin B. des Vorgesetzten H. in ihrem an den Beklagtengeschäftsführer gerichteten Schreiben vom 9.12.2002 auch wegen der Hinzuziehung zu den von Herrn H. mit der Klägerin geführten Gesprächen darüber beschwert, dass sie von ihrer eigenen Arbeit abgehalten werde, liegt dies an einem Umgang der Vorgesetzten mit der Klägerin, der nicht auf Lösung, sondern auf Aufrechterhaltung von Konflikten angelegt ist. In diesem Zusammenhang ist nur darauf hinzuweisen, dass die Klägerin mit ihren Schreiben vom 10.12.2001 und 13.11.2002 den Beklagtengeschäftsführer zweimal in sachlicher Weise und unter Angabe konkreter Vorfälle auf das mit Herrn H. bestehende Spannungsverhältnis und auch eine ihrerseits bestehende Umsetzungsbereitschaft hingewiesen hat. Wenige Tage nach dem ersten Schreiben hat die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung erteilt. Ein "Konfliktlösungsgespräch" des Beklagtengeschäftsführers fand erstmals am 21.1.2002 statt. In diesem wurde der Klägerin nach dessen Angaben nur "zu ihrem Schutz" die Abmeldepflicht auferlegt. Worin die Schutzwirkung dieser Maßnahme gelegen hat und warum der Beklagtengeschäftsführer die Klägerin für schutzbedürftig hielt, ist offen geblieben. Auch das Schreiben vom 13.11.2002 hat den Beklagtengeschäftsführer nicht zu einer fairen Konfliktlösung veranlasst. Dass mit der Klägerin hierüber ein Gespräch geführt wurde, ist nicht ersichtlich. Vielmehr folgte am 2.12.2002 die nächste Abmahnung und am 14.1.2003 die Kündigung.

e) Soweit die Beklagte der Klägerin wegen eigenmächtigen Verlassens von Gesprächen unhöfliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten vorwirft, ist dies bis auf die in den Abmahnungen vom 2.12.2001 und 19.12.2001 beschriebenen Situationen unbelegt geblieben. Auf diese Handlungen kann - wie bereits ausgeführt - als Gegenstand einer Kündigungsankündigung nicht noch einmal für den Ausspruch einer Kündigung zurückgegriffen werden. Im übrigen lag in dem Verlassen des Gesprächspartners H. in den genannten Fällen auch keine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Die Klägerin befand sich in einem durch die vorangegangenen Negativerfahrungen mit derartigen "Dienstgesprächen" ihres Vorgesetzten H. geprägten psychischen Stresszustand, der ihr Bemühen um einen Gesprächsbeistand nachvollziehbar und das zu diesem Zweck erfolgte kurzfristige Verlassen des Gesprächsorts nicht als unentschuldbare Unhöflichkeit erscheinen lässt. Nichts anderes gilt für das eigenmächtige und endgültige Verlassen des Gesprächsortes am 12.12.2001, nachdem die Klägerin im Beisein von Frau B. mit einem nach Lage der Dinge unberechtigten Vorwurf konfrontiert wurde, der von ihr hinzugezogene Zivildienstleistende vom Vorgesetzten H. sofort wieder weggeschickt und sie in der unmittelbaren Folge Herz- bzw. Kreislaufprobleme verspürt hatte, die für sie einen unverzüglichen Arztbesuch erforderlich machten, an den sich wiederum eine mehrmonatige Krankschreibung wegen physischer und psychischer Erschöpfung der Klägerin anschloss.

f) Soweit die Beklagte der Klägerin pauschal zur Last legt, dass sie die ihr anvertrauten Behinderten schroff und distanziert behandelt habe, ist dies bis auf einen von der Klägerin in der Berufungsverhandlung selbst plastisch geschilderten Vorfall mit dem schubweise aggressiven Behinderten L. nicht substantiiert worden. Die Handlungsweise in dem von der Klägerin genannten und seitens der Beklagten nicht bestrittenen Vorfall kann jedenfalls nicht als arbeitsvertraglicher Pflichtenverstoß, sondern muss als ein den Umständen angepasstes, tatkräftiges und auch psychologisch umsichtiges Verhalten gewertet werden. Indem die Klägerin den mit erhobener Flasche drohend vor ihr stehenden L. rüde mit den Worten zurecht gewiesen hat "Wenn Du mich auf den Kopf haust, musst Du das Blut selber wegmachen", hat sie die Situation unmittelbar und zwar im Grunde nicht lediglich in autoritärem Befehlston, sondern auch dadurch in den Griff bekommen, dass sie L. zwischen zwei seinen Verstand ansprechende Alternativen entscheiden ließ und ihm dadurch das Gefühl der Eigenständigkeit vermittelte. Es steht der Kammer nicht an, diese Situationsentscheidung wegen des angeschlagenen Tones zu bemängeln. Unstreitig hat die Beklagte der Gruppe der Klägerin zum Teil auch schwierig zu betreuende bzw. aggressive Behinderte zugewiesen. Wenn die Beklagte der Meinung ist, dass die Klägerin nicht den richtigen Umgang mit den Behinderten pflegt, ist dies nicht nachzuvollziehen. Ohne grob fahrlässig im Hinblick auf mögliche Schäden zu handeln, hätte sie der Klägerin dann nur pflegeleichte Behinderte zuweisen dürfen. Wie das von der Klägerin genannte Beispiel zeigt, kann aus pädagogischen oder psychologischen Gründen gerade bei schwierig zu betreuenden bzw. aggressiven Behinderten je nach den Umständen durchaus auch ein strengerer Umgang angezeigt sein. Insgesamt enthält dieser Vorwurf der Beklagten deshalb keine redliche Bewertung der Umgangsweise der Klägerin mit den in ihrer Gruppe beschäftigten Behinderten.

g) Auch soweit die Beklagte der Klägerin einen fehlerhaften Umgang mit der bei ihr zeitweise als Gruppenhelferin eingesetzten Frau H. anlastet, fehlt es an einem hinreichenden Sachvortrag, aus dem sich eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Klägerin herleiten lässt. Nicht ausreichend ist die pauschale Behauptung, Frau H. habe während der krankheitsbedingten Abwesenheit der Klägerin geäußert, dass ihr ein derzeitiges Zusammenarbeiten mit der Klägerin nicht mehr möglich sei. Es ist für sich genommen schon nicht plausibel, dass ein "derzeitiges Zusammenarbeiten" während der langen Krankheitszeit der Klägerin nicht möglich gewesen sein soll. Die Beklagte hat auch nichts Verwertbares zu ihrem pauschalen Vorwurf vorgetragen, die Klägerin gebe Frau H. das Gefühl, als Gruppenhelferin nicht akzeptiert zu sein und habe ihr die für die Erbringung der Arbeitsleistungen notwendigen Informationen nicht gegeben. Soweit die Beklagte als Beleg einer gegenüber Frau H. bestehenden Missachtung der Klägerin vorgetragen hat, die Klägerin habe einmal von Frau H. gefertigte Kerzen wieder eingeschmolzen, hat sie eine Schilderung des diesem Einschmelzen zugrundeliegenden Handlungsablaufs weggelassen. Die Kammer kann deshalb nicht nachvollziehen, ob es sich bei dem Vorgang wirklich um eine Missachtung der Gruppenhelferin H. gehandelt hat oder um eine Maßnahme, die beispielsweise erforderlich war, weil die betreffenden Kerzen nicht den Qualitätsansprüchen der Beklagten genügten, die von dem Vorgesetzten H. im Falle der Klägerin selbst bei unterschiedlichen Farbnuancen als nicht erfüllt angesehen wurden.

h) Auch der mit der pauschalen Behauptung, die Klägerin hätte immer bei personellen Engpässen und Fortbildungen arbeitsunfähigkeitsbedingte Fehlzeiten, intendierte Vorwurf des "Blaumachens", entbehrt jeglicher Substanz. Auch hier trägt die Beklagte wieder unredlich und deshalb insgesamt unglaubhaft vor. Die von ihr aufgelisteten Fehlzeiten betreffen weit überwiegend die bereits erwähnte fünfmonatige Abwesenheit der Klägerin, die durch die von ihrem Vorgesetzten H. geschaffenen krankmachenden Umstände verursacht wurde, unter denen die Klägerin ihre Arbeitsleistung erbringen musste. Insoweit liegt der fehlende Zusammenhang mit angeblichen Personalengpässen oder Fortbildungsmaßnahmen bereits auf der Hand. Das gleiche gilt für die von der Klägerin vom 26.6. bis 7.8.2002 angetretenen Kur. Danach hat es nur noch drei kleinere Fehlzeiten gegeben, zu denen die Beklagte keine nachvollziehbaren Personalengpässe oder Fortbildungsmaßnahmen geschildert hat.

i) Auch der bestrittene Vorwurf, die Klägerin habe nicht die am 2.12.2002 erteilte Anweisung des Vorgesetzten H. befolgt, dem in ihrer Gruppe beschäftigten Zivildienstleistenden K. eine sogenannte Einstellungsbelehrung zu erteilen und diese Belehrung auch nicht ordnungsgemäß dokumentiert, ist nicht zur Begründung der streitgegenständlichen Kündigung geeignet. Zunächst muss die Beklagte sich vorhalten lassen, sich hinsichtlich ihres berechtigten Anliegens, Schaden vom Betrieb abzuwenden, widersprüchlich zu verhalten, wenn sie einerseits darauf hinweist, der Vollzug dieser Belehrung schützt die Beklagte vor Regressansprüchen und es der Klägerin andererseits in einem akuten Fall notwendiger Gefahrenprävention (Überfälligkeit des an diesem Tag bereits durch aggressives Verhalten auffällig gewordenen Behinderten L. anlässlich eines Toilettengangs) zum Vorwurf macht, wenn diese nicht noch überflüssige Zeit durch Erfüllung umständlicher Telefonabmeldungsauflagen verschwenden wollte. Dies berechtigte die Klägerin zwar nicht zur nachlässigen Umsetzung der Belehrungspflicht, unterstreicht unter Berücksichtigung der weiteren Umstände aber, dass die Beklagte "mit Kanonen auf Spatzen schießt", wenn sie ohne vorhergehende Abmahnung hieraus sogleich einen Grund zur Kündigung einer Mitarbeiterin ableiten will, welche über 10 Jahre bei der Beklagten tätig war und deren annähernd weitere 30 Jahre im Gesundheitswesen der ehemaligen DDR arbeitsvertraglich als fiktiver Dienstbeginn vereinbart wurde. Dass die Klägerin die betreffende Belehrung durchgeführt hat, ist ausweislich des von der Beklagten selbst zu den Akten gereichten Auszuges des Unterweisungsbuches nämlich unstreitig. Unstreitig ist auch, dass diese unter dem Datum des 10.1.2003 im Unterweisungsbuch von ihr vermerkt wurde. Es kommt nicht darauf an, ob die Behauptung zutrifft, dass ihr das Unterweisungsbuch vorher nicht vorgelegen hat. Angesichts der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und des Umstandes, dass ein solches Versäumnis bei der Klägern vorher noch nicht zu bemängeln war, hätte ein verständig denkender und handelnder Arbeitgeber allenfalls eine Ermahnung ausgesprochen.

h) Auch soweit der Klägerin vorgeworfen wird, sie hätte gegenüber der Mutter eines bei der Beklagten beschäftigten Behinderten sinngemäß geäußert "Der Herr H. ist das Allerletzte" und zudem erklärt, wie schlecht es ihr gehen würde und weiterhin auch gegenüber einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten geäußert, wie schlecht es ihr unter Herrn H. gehen würde, ist ein Kündigungsgrund nicht anzuerkennen. Die Klägerin hat den in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwurf der Beklagten, sie würde ihre Arbeitsbedingungen an Dritte weitertragen, bestritten. Die Beklagte hätte deshalb im einzelnen die Umstände näher darlegen müssen, unter denen es zu den behaupteten Äußerungen der Klägerin gekommen sein soll. Es fehlt auch eine wenigstens annäherungsweise bestimmte Zeitangabe oder die Angabe sonstiger Anhaltspunkte, welche die nachvollziehbare Einordnung des Vorwurfs in das Gesamtgeschehen ermöglichen. Zum Beweis der sinngemäßen Äußerung "Der Herr H. ist das Allerletzte" ist zudem lediglich Herr H. selbst als Zeuge mit der Erläuterung angegeben, dieser habe diese sinngemäße Erklärung "mitbekommen". Es kann ausgeschlossen werden, dass die Äußerung im Beisein des Vorgesetzten H. erfolgte. Die Beklagte drückt sich ersichtlich mit dieser Formulierung um die Preisgabe der Art des Zustandekommens der Information des Zeugen H. herum und verstößt damit gegen § 138 Abs. 1 ZPO, der den Parteien vorschreibt, ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig abzugeben. Dies trägt nicht unbedingt zur Belastbarkeit des betreffenden Vortrages bei. Unterstellt, es hätte eine in diese Richtung gehende Äußerung der Klägerin gegeben, bleibt mit der Verwendung der Bezeichnung "sinngemäß" auch der wirkliche Wortlaut im Dunkeln. Gerade auf diesen kommt es beim Vorwurf einer Beleidigung aber besonders an. Schon eine geringfügig anderslautende Wortfolge wie z.B. "Meine Behandlung durch Herrn H. ist das Allerletzte" könnte aus einer beleidigenden Kundgabe der Missachtung der Person des Vorgesetzten H. eine unter der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG erlaubte Bewertung seines Verhaltens machen. Wenn die Beklagte selbst angibt, die Klägerin habe in diesem Wortzusammenhang erklärt, wie schlecht es ihr gehen würde, spricht dies eher dafür, dass die Klägerin nach den eigenen Behauptungen der Beklagten zum Ausdruck gebracht hat oder jedenfalls bringen wollte, dass nicht die bloße Person des Herrn H., sondern sein Verhalten ihr gegenüber "das Allerletzte" sei. Unter Berücksichtigung des den wirklichen Hergang und den genauen Wortlaut der von ihr behaupteten Äußerung eher verschleiernden Prozessverhaltens der Beklagten und den vornehmlich von ihrem Vorgesetzten ausgehenden Umständen, unter denen sie ihre Arbeitsleistung erbringen musste, geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin allenfalls ein unter die Meinungsfreiheit fallendes zulässiges Werturteil abgegeben hat und kein in grobem Maße unsachlicher Angriff auf den Vorgesetzten H. vorliegt. Das gleiche gilt für den Vorwurf, die Klägerin habe auch gegenüber einer Arbeitskollegin erklärt, wie schlecht es ihr unter Herrn H. gehen würde. Damit hätte sie lediglich einen wahren Zustand beschrieben, aber keine üble Nachrede begangen. Im übrigen könnte die Beklagte dieses Verhalten der Klägerin auch deshalb nicht mit einer Kündigung sanktionieren, weil der Vorgesetzte H. auch dieses durch seinen Umgang mit der Klägerin provoziert hat, dass diese durch derartige Äußerungen gegenüber Dritten ihrem Ärger Luft macht oder bei anderen emotionale Bestätigung sucht.

4. Auch in ihrem Zusammenwirken können die dargestellten Vorwürfe die Kündigung der Klägerin nicht rechtfertigen. Mit Ausnahme der jedenfalls kündigungsrechtlich verbrauchten und auch nicht Gegenstand der Anhörung der Mitarbeitervertretung gewesenen möglichen Beleidigung und üblen Nachrede gegenüber dem Mitarbeiter W. handelt es sich bei sämtlichen der Klägerin zur Last gelegten Vorwürfe, soweit diese überhaupt hinreichend substantiiert sind, um an den Haaren herbeigezogene Gründe, Bagatellen oder durch die das Arbeitsleben der Klägerin im Betrieb der Beklagten erschwerende Behandlung durch Vorgesetzte provoziertes Fehlverhalten. Die schlichte Unliebsamkeit einer Mitarbeiterin für den Arbeitgeber oder einen Vorgesetzten ist kein Kündigungsgrund.

II. Die Beklagte hat auch keine Umstände vorgetragen, welche die Kündigung unter dem Gesichtspunkt einer Druckkündigung gerechtfertigt erscheinen lassen.

1. Eine echte Druckkündigung liegt vor, wenn die Belegschaft oder Dritte die Kündigung eines Arbeitnehmers verlangen, ohne das ein Kündigungsgrund nachweisbar wäre und für den Fall, dass dies nicht geschieht, dem Arbeitgeber nachteilige Schritte androhen, wie z.B. die eigene Kündigung, wenn der Kündigungsdruck von Mitarbeitern des Betriebs ausgeht. Zum Teil wird es als bedenklich angesehen, eine solche Kündigung überhaupt zuzulassen. Die Rechtsprechung lässt sie als "äußerste Notmaßnahme" zu (ErfK- Ascheid a.a.O. 430 § 1 KSchG Rn. 277 m.w.N. aus Rspr. und Lit.). Der Arbeitgeber muss zunächst versuchen, den Kündigungsdruck abzuwenden. Hat der Arbeitgeber gar nichts getan, um seine Belegschaft umzustimmen, ist die Kündigung schon deshalb rechtsunwirksam (ErfK -Ascheid a.a.O. 430 § 1 KSchG Rn. 279 m.w.N. aus der Rspr. des BAG).

2. Im Streitfall hat sich die Beklagte darauf berufen, dass die Klägerin ein Verhalten gezeigt habe, welches den Kündigungsdruck veranlasst habe. Schon nach dem Vorbringen der Beklagten ist ein solcher Kündigungsdruck aber nicht ersichtlich.

Aus dem Schreiben der Mitarbeiterin B. vom 9.12.2002 an den Beklagtengeschäftsführer, auf das die Beklagte insoweit verweist, ergibt sich nicht, dass diese mit einer Eigenkündigung für den Fall der Weiterbeschäftigung der Klägerin gedroht hat. Sie hat nur unter Hinweis auf ihre ständige Belästigung durch die telefonischen Abmeldungen der Klägerin und ihre Hinzunahme zu den Besprechungen des Vorgesetzten H. mit der Klägerin beantragt, von den Aufgaben als Vertretung des Teilwerkstattleiters H. entbunden zu werden. Sofern die Beklagte, ohne dies näher auszuführen (im übrigen erstmals in ihrem Schriftsatz vom 15.4.2003), pauschal behauptet, Frau B. habe gegenüber dem Beklagtengeschäftsführer separat aber in mündlicher Form die Kündigung der Klägerin verlangt, erscheint nicht einsichtig, wieso Frau B. dies nicht gleich in ihrem Schreiben getan hat. Dies erstaunt umso mehr, als sie sich in besagtem Schreiben noch ihre Entbindung als Stellvertreterin des Teilwerkstattleiters H. als Lösung des Problems vorgestellt hat. Das von der Beklagten vorgetragene Verhalten der Mitarbeiterin B. und damit der Vortrag der Beklagten zu einem angeblich von Frau B. ausgehenden Kündigungsdruck ist ohne Angabe von Umständen, aus denen auf eine Änderung der Haltung von Frau B. geschlossen werden könnte, widersprüchlich. Widersprüchlicher Parteivortrag ist aber bei der Rechtsfindung nicht zu berücksichtigen. Entgegen der Berufungsbegründung stellte die Nichtvernehmung von Frau B. als Zeugin deshalb keinen Verfahrensfehler dar.

Auch bezüglich Frau H. liegt lediglich eine pauschale Aussage der Beklagten vor, diese habe die Kündigung der Klägerin verlangt. Anders als im Fall von Frau B., wo der entsprechende Vortrag bereits mit Schriftsatz vom 15.4.2003 erfolgte, hieß es erstmals im Schriftsatz vom 30.9.2003 (dort S. 3), also fünf Monate später und so wie auch im Fall von Frau B. ohne nähere Erläuterungen, Frau H. habe gegenüber dem Beklagtengeschäftsführer erklärt, dass eine Zusammenarbeit mit der Klägerin in keiner Weise mehr möglich sei und eine Seite weiter, neben Frau B. habe auch Frau H. konkret mit der Kündigung gedroht. Es ist bei sorgfältiger Prozessführung kaum anzunehmen, dass die Beklagte ein solches Verlangen von Frau H. nicht zeitgleich mit dem entsprechenden Vortrag eines angeblichen Kündigungsverlangens von Frau B. zum Gegenstand ihrer Rechtsverteidigung gemacht hätte, wenn dies im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs der Fall gewesen wäre. Diese Umstände geben auch bzgl. einer Kündigungsdrohung von Frau H. Anlass, an der Glaubwürdigkeit des betreffenden Beklagtenvorbringens zu zweifeln.

Im Ergebnis kann letztlich dahingestellt bleiben, ob bei Frau B. oder bei Frau H. eine Kündigungsandrohung vorgelegen hat. Auch in der Berufungsinstanz hat die Beklagte mit keinem Satz Ausführungen dazu gemacht, was sie unternommen hat, um diese Mitarbeiterinnen von einer angeblichen Kündigung abzubringen. Dies, obwohl die Beklagte in ihrer Berufungsschrift noch gerügt hat, dass das Arbeitsgericht der Beklagten einen Hinweis nach § 139 ZPO auf das Erfordernis eines solchen Vortrages unterlassen hätte, was allerdings ebenfalls nicht der Wahrheit entspricht. Wie sich aus Bl.55/56 d.A. entnehmen lässt, hat das Arbeitsgericht nämlich im Rahmen der Terminsladung am 29.8.2003 einen entsprechenden ausdrücklichen Auflagenbeschluss erlassen, dessen Eingang der Beklagtenvertreter mit Empfangsbekenntnis vom 4.9.2003 bestätigt hat. Lediglich mit der Klägerin will die Beklagte zur Abwendung der angeblich von anderen Mitarbeiterinnen angedrohten Kündigungen Gespräche geführt haben. Das reicht aber nach den oben genannten Anforderungen der Rechtsprechung nicht aus. Hat die Beklagte nichts getan, um diese Mitarbeiterinnen umzustimmen, ist die Kündigung schon deshalb rechtsunwirksam.

C. Neben den unter A. und B. genannten Gründen kann die Abmahnung vom 2.12.2002 und die Kündigung vom 14.1.2003 auch deshalb keinen rechtlichen Bestand haben, weil sie Teil eines gegen die Klägerin gerichteten und als Mobbing zu bezeichnenden Gesamtverhaltens sind, durch welches diese in systematischer Weise rechtswidrig in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wurde. Die Rechtsunwirksamkeit von arbeitgeberseitigen Rechtsmaßnahmen wie z.B. Kündigungen, Abmahnungen, die Mobbing-Tatbeiträge darstellen, begründen nach § 242 BGB i.V. mit Art. 1 und 2 GG den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung.

I. Nach der auf ihre Urteile vom 15.2.2001 (AR Blattei ES 1215 Nr. 3 = NZA-RR 2001, 577) und 10.4.2001 (AR Blattei ES 1215 Nr. 2 = NZA-RR 2001, 347 ) gegründeten Rechtsprechung der Kammer liegt die juristische Bedeutung des Begriffs Mobbing in der Bezeichnung eines Spezialfalls der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, welcher durch die Summe mehrerer in systematischem Zusammenhang stehender und auf die psychosoziale Destabilisierung des Adressaten gerichteter Angriffshandlungen gekennzeichnet ist (verhaltensumfassende mehraktige Persönlichkeitsrechtsverletzung). Grundlage dieser Rechtsprechung ist die von Art. 1 und 2 GG vorgegebene und auch in privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zu achtende Werteordnung mit einer allgemein für jeden Arbeitgeber bestehenden Verpflichtung, das Persönlichkeitsrecht der bei ihm Beschäftigten nicht selbst durch Mobbingangriffe zu verletzen und auch vor Mobbingangriffen seiner Mitarbeiter zu schützen. Diese Rechtsprechung ist des weiteren gegründet auf eine Verpflichtung der Gerichte, in den einschlägigen Fällen der Durchsetzung des Mobbingschutzes durch eine verhaltensumfassende und nicht lediglich isoliert auf die einzelnen Mobbinghandlungen bezogene Rechtsprüfung sowie den Erfordernissen des Mobbingschutzes entsprechende Beweiserleich-terungen zur Geltung zu verhelfen.

Die Urteile der Kammer vom 5.2.2001 und 10.4.2001 haben in der Literatur fast ausnahmslos Akzeptanz gefunden (vgl. z.B.: Aigner, BB 2001, 1354 ff.; Becker in Kittner/Zwanziger Arbeitsrecht, § 73 Rn. 80 ff.; Bochmann, ZBR 2003, 257; Braun, RiA 2002, 209 ff. und DÖD 2002, 265 ff.; Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, www.bmwa.bund.de >Arbeit >Arbeitsrecht> Mobbing; Dörner in Dörner/Luczak/ Wildschütz, Handbuch Arbeitsrecht, 3.Aufl. Rn. 2306 ff.; Gamerschlag/Perband, VersR 2002, 287 ff.; Hänsch in Berscheid/Kunz/Brand, Praxis ArbR, Teil 3, Rn. 906-956; Henssler/Hartmann, EWiR 2001, 951 - § 1004 BGB 2/01- ; Herrmann, ZBR 2003, 59; Kerst-Würkner, ArbuR 2001, 251 ff; Kossens in HwB AR, Nr. 1345; Rieble/Klumpp, FA 2002, 307 ff.; Preis in ErfK 5. Aufl., 230 BGB § 611 Rn. 768a; Ruberg, ArbuR 2002, 201 ff.; Schwan in Handbuch Mobbing-Rechtsschutz Teil 4 Rn. 1; Schmalenberg in Tschöpe, Arbeitsrecht 3. Aufl., Teil 2 A Rn. 203, 737a, 765-766; Smutny/Hopf, DRdA 2003, 110 ff.; Wittinger/Hermann, ZBR 2002, 337 ff.; Wolmerath, Der Personalrat 2001, 532 ff.). Der in diesen Urteilen vertretene Mobbingschutzansatz ist auch in weiten Teilen der einschlägigen Rechtsprechung übernommen worden (OLG Stuttgart, Urteil vom 28.7.2003; NVwZ-RR 2003, 715; LAG Berlin, Urteil vom 6.3.2003, MDR 2003, 881; LAG Bremen, Urteil vom 17.10.2002, NZA-RR 2003, 234; LAG Hamm, Urteil vom 25.6.2002, AP Nr. 3 zu § 611 BGB Mobbing; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.3.2002, NZA-RR 2002, 457; ArbG Dresden, Urteil vom 7.7.2003 - 5 Ca 5954/02 - ; LAG Berlin, Urteil vom 19.11.2002 - 3 Sa 1635/02- (n.v.); ArbG Berlin, Urteil vom 8.3.2002 - 40 Ca 5746/01 - (n.v.); LAG Berlin Urteil, vom 23.10.2001 - 3 Sa 2629/00 - (n.v.); Hessisches LAG, Urteil vom 24.8.2001 - 14 Sa 1396/00 - (n.v.); LAG Bremen, Urteil vom 30.5.2001 - 2 Sa 78/01- (n.v.); LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.8.2001, ZIP 2001, 2299).

Mit Urteil vom 10.6.2004 (ArbuR 2004, 473 = LAGE Art. 2 Persönlichkeitsrecht Nr. 8a) hat sich die 1. Kammer des Thüringer LAG mit einer auch im Tonfall ungewöhnlich massiven Kritik gegen die Mobbingschutzrechtsprechung der 5. Kammer gestellt und ohne Auseinandersetzung mit den rechtlichen Argumenten der abgelehnten Urteile u.a. den Vorwurf der "Überschreitung der Grenzen richterlichen Handelns" und der "Fremdbestimmung" erhoben. Die klageabweisende Entscheidung schließt mit dem Satz: "Das vielbeschworene kommunikative Lebensrisiko verwirklicht sich vor allem in einem Bereich, der einer gerichtlichen Einflussnahme entzogen ist. Gerade deshalb ist es so wichtig, vorgerichtliche Kompensationsmöglichkeiten und Schlichtungsverfahren zu nutzen, wie betriebliches Konfliktmanagement oder Mediation." Nun ist dieses Urteil zwar nicht rechtskräftig, sondern rechtlich wirkungslos geworden, denn die Parteien haben sich in dem von der Klägerin beim BAG betriebenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (8 AZN 570/04) auf einen Abfindungsvergleich geeinigt, so dass sich eigentlich eine Befassung mit ihm erübrigt. Ein nochmaliges Eingehen auf die auch im vorliegenden Fall wiederum bestehenden Gründe für die Notwendigkeit einer die Anwendung von Mobbing-Praktiken stoppenden gerichtlichen Verhaltenssteuerung erscheint aber deshalb angezeigt, weil dieses Urteil sogar in einer im Editorial der NJW veröffentlichten Anmerkung von Grobys (Heft 47/2004) und unter der in Anlehnung an einen Filmtitel gewählten martialischen Überschrift "LAG Thüringen zweiter Akt: Das Imperium schlägt zurück" mit Beifall begrüßt wurde und zwar in einer bezogen auf die Mobbingschutzurteile der 5. Kammer des Thüringer LAG mit dem Vorwurf "ominöser Urteilsfindung" verbundenen Weise, die für die Frage des Mobbingschutzes einen noch nicht abgeschlossenen Überzeugungsbedarf offenlegt.

Der Sache nach wird von Grobys bemängelt, dass es vor dem Hintergrund der bestehenden und langsam die Nerven blank legenden zunehmenden Regelungsdichte im Arbeitsrecht keiner Verrechtlichung der realen Erscheinung Mobbing bedürfe, um den sozialen Frieden am Arbeitsplatz und den Schutz der Beschäftigten zu optimieren. Es könne nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte sein, einem bestimmten Verhalten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern den Stempel der sozialen Inadäquanz aufzudrücken. Richtungsgleich, aber in der Diktion noch deutlicher hat die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Köln in einem Urteil vom 9.7.2002 - 8 Ca 3274/02 - (n.v.) Stellung bezogen, in dem sie die Annahme der für eine mobbingbedingte Persönlichkeitsrechtsverletzung erforderliche Widerrechtlichkeit des Verhaltens mit dem Hinweis verneinte, das gegen die dortigen Klägerin gerichtete Vorgehen sei als sozialadäquater und gerade im Öffentlichen Dienst anerkennenswerter Akt der Selbstbefreiung von einer nach ihrem Verhalten störenden und den eigenen beruflichen Interessen anderer im Wege stehenden Kollegin gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht hat u.a. wörtlich ausgeführt:

"....Die von der Klägerin geschilderte Historie ihres Arbeitsverhältnisses....., zeigt das übliche Bild einer unbeliebten, von Vorgesetzten, beteiligten Ärzten und Kollegen als wenig leistungsfähig und daher ihre jeweilige eigene Selbstverwirklichung im Beruf störend angesehenen Mitarbeiterin und Kollegin, die erheblicher Kritik ausgesetzt ist und sich ihrerseits zu Abwehr- und Selbstbehauptungsaktionen veranlasst sieht, die ihre allgemeine Unbeliebtheit weiter verstärken..........Das Zurückweisen einer bei den Kolleginnen unbeliebten Mitarbeiterin, welche die anderen als wenig leistungsfähig ansehen und sich daher in ihrer eigenen Arbeit beeinträchtigt fühlen bzw. den Eindruck haben, Defizite durch eigene Mehrleistungen ausgleichen zu müssen, entspricht der Lebenswirklichkeit im Arbeitsleben. Auch die Ausgrenzung einer solchen Kollegin ist sozial adäquat, ebenso der Versuch, deren Herausnahme aus der eigenen Arbeitsgruppe zu erreichen. Mit solchen Verhaltensweisen muß jeder Arbeitnehmer oder jeder andere, in welchem Rechtsstatus auch immer mit Menschen zusammenarbeitende Bedienstete rechnen.................Dies gilt gerade im öffentlichen Dienst, in dem sich die Arbeitgeber bzw. die von ihnen eingesetzten natürlichen Personen dauerhaft, jedenfalls ohne eigene Befreiungsmöglichkeit an Arbeitnehmer gebunden sehen, auch wenn diese in ihrem Bereich abgelehnt werden, als vermindert leistungsfähig, ......... damit aus Sicht der Verwaltung ein ständiges, unangenehmes Arbeiten verursachendes Störpotential darstellen..."

Dem durch die vorgenannten Quellen der Literatur und Rechtsprechung vermittelten Ansatz, der zugleich auch einen Einblick in die in der Realität potentiell existierenden Probleme der von gerichtlichem Rechtsschutz abhängigen Mobbingbetroffenen erahnen lässt und der im Ergebnis die Mobbingtäter schützt, kann nicht gefolgt werden:

Da es für den Mobbingschutz in Deutschland keine spezialgesetzliche Regelung gibt, kommt nur eine richterrechtliche Regelung in Betracht. Eine am Anfang stehende richterrechtliche Sachbehandlung einer Rechtsmaterie kommt weder ohne rechtpolitische Argumente noch ohne Klärung grundlegender Rechtsfragen aus. Erst dann kann - wie dies in den Entscheidungen des Thüringer LAG vom 15.2.2001 und 10.4.2001 der Fall war und der o.a. Kritik offensichtlich entgangen ist, eine am Einzelfall orientierte Entscheidung getroffen werden. Das Unterlassen einer rechtsdogmatischen Klärung der richterrechtlichen Bedingungen des Mobbingrechtsschutzes hätte eine vom Bürger als Willkür wahrgenommene Splitterjustiz zur Folge. Eine richterrechtliche Regelung des Mobbingschutzes ist auch geboten. Die Rechtsprechung ist nach Art. 20 Abs. 3 der Verfassung nicht nur an das Gesetz, sondern auch an das Recht gebunden. Zu den (weltweit) unveräußerlichen Rechten gehört die Garantie der menschlichen Würde, welche auch am Arbeitsplatz menschenquälende Angriffe auf eine Person verbietet und für die in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG ausdrücklich der Schutz der staatlichen Gewalt gefordert ist. Warum und wessen Nerven durch eine diesen Standards Rechnung tragende Rechtsprechung blank gelegt werden sollen, ist nicht nachvollziehbar. Ein wirksamer Mobbingschutz ist in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts - was Europa für sich reklamiert - die ordnungspolitischen Interessen eines humanitären Rechtsstaats ebenso wie die fundamentalen Lebensinteressen des einzelnen berührende verfassungsrechtliche Wertschutzaufgabe (ausführlich: Wickler in DB 2002, 477, 479). Er leistet auch im Sinne einer Verhaltenssteuerung durch Recht (vgl. hierzu Hof, Rechtsethologie, Heidelberg 1996 S. 409) einen Beitrag zu der von der EU-Kommission im Hinblick auf den Wandel von Arbeitswelt und Gesellschaft geforderten Festigung der Präventionskultur und der rechtlichen Berücksichtigung der Mobbingproblematik (Mitteilung der Kommission "Anpassung an Wandel von Arbeitswelt und Gesellschaft: eine neue Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2002 - 2006" KOM (2002) 118, S. 10 f, S.14.)

Diesen Erfordernissen kann nicht ernsthaft die Tatsache entgegengehalten werden, dass Mobbing zum Modewort geworden und - was zutreffend ist - in den Arbeitsgerichtssälen mit entsprechenden Pauschalbehauptungen zuweilen als Allzweckwaffe eingesetzt wird oder aufgrund der Sachverhaltkomplexität nicht justiziabel sei. Es ist Sache der Rechtsprechung, geeignete Kriterien und Verfahrensweisen zur Unterscheidung von Mobbingopfern von Mobbingschutz-Trittbrettfahrern zu entwickeln und diese Differenzierung im Einzelfall zu ermöglichen. Am Beispiel Mobbing läßt sich nachprüfen, ob eine Rechtsanwendung den Anforderungen des täglichen Lebens gerecht wird oder nicht. Gerade in tatsächlich und rechtlich komplexen Fällen muss sich aber auch die Leistungsfähigkeit eines Rechtsstaats erweisen ( vgl. Adam, Anm. zum Urteil des Thüringer LAG vom 10.4.2001, EzBAT § 8 BAT; 19 Persönlichkeitsrecht S. 157).

Der Mobbingschutz-Rechtsprechung der Kammer liegt zugrunde, dass auch für die Austragung sozialer Konflikte nach der verfassungsmäßigen Wertordnung eine nicht überschreitbare Grenzlinie besteht, diese auch rechtlich definierbar und deren Einhaltung auch rechtlich durchsetzbar sein muß. Der in der Verfassung garantierte Schutz der Menschenwürde darf in Bezug auf die Ausbreitung von Mobbing nicht bloß als folgenloses Lippenbekenntnis wahrgenommen werden. Darüberhinaus wird berücksichtigt, dass die mit der "Doktrin der sozialen Konfliktaustragung als allgemeines Lebensrisiko" verbundene Annahme einer beide Konfliktparteien jedenfalls in irgend einem Quantum zurechenbaren, eine richterliche Nichteinmischung legitimierende Ursachensetzung sowohl tatsächlich als auch rechtlich in den Fällen nicht haltbar ist, in denen der Umstand, dass das Mobbingopfer lediglich seine durch Gesetz oder Vertrag verbrieften Rechte wahrnimmt, den Mobbingangriff ausgelöst hat oder - wie in dem vom Arbeitsgericht Köln entschiedenen Fall oder dem hier vorliegenden Streitfall - lediglich die störende oder unliebsame Existenz des Mobbingopfers. Gerade im letztgenannten Fall ist es realitätsfern anzunehmen, dass betriebliche Schlichtungsgespräche oder eine Mediation weiterhelfen. Derartige Lösungen sind nur bei unklarer Täter-Opfer-Beziehung sinnvoll oder möglicherweise dann, wenn ein Mobbingopfer bereit ist, den "Aquis" seiner arbeitsvertraglichen Rechtstellung für ein Angebot in Ruhe gelassen zu werden zu verkaufen. Will ein Arbeitgeber selbst einen Mitarbeiter mit Mobbingmethoden los werden, wird er kaum oder jedenfalls nicht redlich an solch einer Lösung mitwirken. Gerade bei von Arbeitgeberseite begangenem oder mitgetragenem Mobbing ist ein auf Eskalation gerichteter Umgangsstil und das Ausschlagen, Ausweichen oder - wie im Streitfall - die schlichte Nichtbeantwortung konfliktbeilegender Initiativen des Mobbingopfers typisch. Eine Verweisung von Mobbingopfern auf derartige Verfahren zur Konfliktbeilegung birgt jedenfalls bei eindeutiger Unrechtslage die Gefahr, dass nach dem Prinzip der "Legitimation durch Verfahren" ein bei Befolgung der Rechtsordnung nicht möglicher (Teil-) Erfolg des Mobbers herbeigeführt bzw. die Beachtung des Persönlichkeitsrechts verhandelbar wird. Würde der Staat die Beteiligten eines Mobbinggeschehens am Arbeitsplatz sich selbst und damit dem freien Spiel der Kräfte überlassen, würden sich von der Macht des Faktischen und dem sogenannten Recht des Stärkeren geprägte rechtsfreie Räume bilden. Hierbei handelt es sich um einen in einem Rechtsstaat nicht hinnehmbaren, bei den Mobbingbetroffenen, aber auch den Mobbingtätern und den mit einem solchem Geschehen konfrontierten Zuschauern dessen Glaubwürdigkeit unterminierenden Befund. Zur Mobbingbekämpfung ist deshalb ein auf die "Doktrin der Nulltoleranz" gegründeter und als verhaltenskulturelles Steuerungsmittel wirksamer Mobbingrechtsschutz gefordert. Dies gilt erst recht angesichts dessen, dass die derzeit leider faktisch bestehende Möglichkeit, Menschen aus ihrem Arbeitsplatz herauszuquälen, zu großen Teilen mit erheblichen Gesundheitsschädigungen der Betroffenen und die Allgemeinheit durch vermeidbare Sozialversicherungs-leistungen oder in Gestalt des Verlusts von Steuer - und Beitragszahlern belastenden Kosten verbunden ist.

Wird - wie im Streitfall - bei einer rechtlichen Überprüfung zu unterziehenden Verhaltensweisen ein Mobbing-Zusammenhang geltend gemacht, reicht nach den von der Kammer vertretenen Grundsätzen allein die isolierte Rechtsprüfung von Verhaltensweisen, welche Tatbestandteile eines solchen Zusammenhangs bilden können, zur Erledigung des Rechtsschutzbegehrens nicht mehr aus, wenn diese der Tragweite des Falles nicht gerecht wird. Dies gilt nach der Praxis der Kammer auch dann, wenn bereits die isolierte Rechtsprüfung einer Maßnahme, die zum Anlass der Klage geworden ist, zu deren Erfolg führen würde. Dies wird in der Literatur mit dem Einwand, dass grundsätzliche Ausführungen zum Thema Mobbing nur bei einer aus rechtlicher Sicht zwingenden Notwendigkeit geboten seien (so Oetker, Anmerkung zum Urteil des Thüringer LAG vom 10.4.2001, LAGE Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht Nr. 2 und Kollmer, Anmerkung zum Urteil des Thüringer LAG vom 15.2.2001, AR-Blattei ES 1215 Nr. 3) und als "ominöses" Vorgehen kritisiert (Grobys a.a.O.). Diese Kritik kann die Kammer nicht davon überzeugen, ihren Standpunkt aufzugeben. Es handelt sich nicht nur um eine unter dem Thema "Prozessökonomie versus materielle Gerechtigkeit" einzuordnende Frage:

Die sich aufgrund des Zunehmens von Wettbewerbsdruck, Verknappung von Arbeitsplätzen und Ellenbogenmentalität eher weiter ausbreitenden Mobbingfälle haben ein erhebliches Risiko der Herbeiführung von Rechtlosigkeit. Dem gilt es bestmöglich entgegenzuwirken, denn die Verhinderung von Rechtlosigkeit ist die vornehmste Aufgabe der Organe der Rechtspflege. In vielen Fällen wehrt sich das Mobbingopfer über längere Zeiträume hinweg gegen aufeinander folgende einzelne rechtliche Maßnahmen seines Arbeitgebers, wie z.B. Maßnahmen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts bezüglich Zeit, Ort und Inhalt der Arbeitsleistungen, Abmahnungen, Versetzungen, Kündigungen etc.. Geht es darum, einen Arbeitnehmer aus dem Beschäftigungsverhältnis herauszumobben, sind diese Maßnahmen in der Regel von Anfang an oder werden im Verlauf der Zeit Bestandteil eines Konzeptes, das darauf ausgerichtet ist, das Opfer so sehr zu zermürben, dass es ohne nennenswerte Kostenbelastung des Arbeitgebers am Ende freiwillig seinen Arbeitsplatz räumt oder Fehler macht, die eine prozessrisikolose verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen oder dass es aufgrund der gesundheitlichen Belastung nicht mehr zur Erbringung von Arbeitsleistungen in der Lage ist. Das Funktionieren dieser Strategie setzt voraus, dass die den Geschehensablauf prägenden Gesamtzusammenhänge bei der jeweils stattfindenden gerichtlichen Auseinandersetzung nicht erkennbar, jedenfalls aber nicht berücksichtigt werden. Sie kann nur auf der Grundlage des Prinzips einer auf isolierte Einzelhandlungen beschränkten Rechtsprüfung funktionieren. Dieser Strategie ist förderlich, dass sich die Gerichte im Fall der Feststellung der Rechtswidrigkeit solcher Einzelmaßnahmen auf die ohne großen Aufwand festzustellenden formalen Mängel (Nichteinhaltung von Fristen, Beteiligungsrechten von Betriebs- oder Personalrat etc.) beschränken. In diesem Fall gewinnt zwar das Opfer den Prozess, aber dies hilft ihm nicht weiter. Das Gericht hat sich nicht mit der Kernfrage befasst, ob der in dem Verfahren bekämpfte Rechtsübergriff der Zermürbung und Entwürdigung seines Adressaten diente, oder der Sache nach berechtigt war. Selbst wenn letzteres der Fall ist, wird das Gericht in der Regel auf kürzestem Wege die Feststellung einer Rechtsunwirksamkeit begründen und zur eigentlichen Mobbingfrage nicht Stellung nehmen. Im erstgenannten Fall kann der Mobbingtäter die Rechtsmaßnahme als solche formgemäß wiederholen. Im zweiten Fall kann er auf eine andere noch nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Rechtsmaßnahme ausweichen. Im schlimmsten Fall schert er sich nicht um das Gerichtsurteil und setzt in optisch oder rechtlich anderer Verpackung sogar das schon für rechtswidrig erklärte Verhalten gegen das Mobbingopfer fort. In jedem Fall kann er das Mobbingopfer durch die Weiterführung seiner psychosozialen Bekämpfung, sei es durch dazu eingesetzte Rechtsmaßnahmen oder kommunikative Verhaltensweisen in fortgesetzte gerichtliche Auseinandersetzungen drängen. Beispielhaft hierfür ist der vom LAG Rheinland-Pfalz am 16.8.2001 (ZIP 2001, 2298) entschiedene Fall, der u.a. ein ständiges Zusetzen durch die Auslösung von Rechtsstreiten aufgrund fortlaufender vertragswidriger Anweisungen betraf. Die Durchführung dieser gerichtlichen Verfahren kann dann zum Gegenstand der Zermürbungsstrategie werden. Über einen Zeitraum von Jahren können so eine Vielzahl von Gerichtsprozessen stattfinden, ohne dass jemals die Mobbingfrage geklärt wird. Das bedeutet, dass der Betroffene zwar in jedem einzelnen Fall Recht bekommen kann, aber gegen Mobbing rechtlos wird. So entsteht ein von dem für das Mobbing verantwortlichen Täter nach besten Kräften geschürter Eindruck, bei dem Opfer handele es sich um einen Querulanten oder Prozesshansel.

Wenn ein Gericht bei Geltendmachung einer mobbingbedingten Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der nach dem bisherigen Geschehensverlauf sich aufdrängenden Absehbarkeit einer Fortsetzung des Mobbings eine größere Arbeitsbelastung in Kauf nimmt und die Prüfung einer mobbingbedingten Persönlichkeitsrechtsverletzung zum Gegenstand seiner Entscheidung macht, ist dies nicht nur hinzunehmen, weil jedes Gericht in eigener nur vor Recht und Gesetz bestehenden Verantwortung entscheidet, mit welchen von mehreren Rechtsgründen es einem Rechtsschutzbegehren stattgibt. Der Weg der richterlichen Entscheidungsfindung ist ureigener Bestandteil richterlicher Unabhängigkeit. Unabhängig davon stehen dem prozessökonomische Gründe auch gar nicht entgegen. Ein solches das Kind beim Namen nennende Vorgehen stellt sicher, dass im Fall ihrer Feststellung die Mobbingquelle unmittelbar geschlossen wird und weitere absehbare gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden. Gerade die Untersuchung und im Falle der Feststellung das Aussprechen des ein Rechtsschutzbegehren tragenden Rechtsverstoßes hat eine hohe Überzeugungs- und Präventionswirkung. Kein Arbeitgeber möchte mit dem Image behaftet sein, dass in seinem Betrieb Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern systematisch verletzt werden. Kein Mitarbeiter möchte als Mobber dastehen. Es ist deshalb auch nicht einsehbar, das in Mobbingschutzurteilen, die im Namen des Volkes gesprochen werden, eine Ausdrucksweise verwendet werden soll, die das Geschehen verwässert oder bagatellisiert und sich damit von dem gesunden Rechtsempfinden der Bevölkerung entfernt. Auch die Genugtuungsfunktion, die derartige Urteile für Mobbingbetroffene haben, erfordert eine geschehensadäquate Sprache. Auch die hierauf abzielende und zuletzt von Grobys (a.a.O., vgl. auch Kollmer a.a.O. zum Urteil vom 15.2.2001) gegenüber den nach dem festgestellten Sachverhalt angemessenen Formulierungen des Thüringer LAG in seinem Urteil vom 10.4.2001 (a.a.O.), wie z.B. "Psychofolter", "vorauseilende Schadenfreude", "kaum zu steigernde Verwerflichkeit des Handelns" ist deshalb nicht überzeugend. Auch in ansehnlichen Teilen des Schrifttums wird insoweit keine besondere sprachliche Rücksicht auf die Befindlichkeit von Mobbingtätern genommen (Kennzeichnung von Mobbing als "Psychoterror" Becker in Kittner/Zwanziger, a.a.O. § 73 Rn. 80; Braun RiA 2002, 209; Etzel AuR 2002, 230; ebenso Haller/Koch NZA 1995, 360; Rehbinder/Krausz ArbR 1996, 17; Wilhelm AuA 1995, 234; Wolmerath RohR 2003, 4; ArbG Dresden Urteil vom 7.7.2003 - 5 Ca 5954/02 -; ablehnend: Rieble/Klumpp ZIP 2002, 370).

II. Eine auf die isolierte Erfassung der Abmahnung vom 2.12.2002 und der Kündigung vom 14.1.2003 beschränkte Entscheidungsfindung wird der Tragweite des Falles nicht gerecht.

1. Aus den im Streitfall ersichtlichen Umständen des seit dem Sommer 2001 bis zum Ausspruch der streitgegenständlichen Abmahnung und der sich an diese anschließenden Kündigung der Behandlung der Klägerin im Betrieb der Beklagten kann prognostiziert werden, dass die Klägerin ohne gerichtliche Klärung der in ihrem Arbeitsverhältnis bestehenden Mobbingproblematik bei der Beklagten zukünftig weiteren Rechtsmaßnahmen oder kommunikativen Verhaltensweisen ausgesetzt ist, die als Fortsetzung einer systematischen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu werten sind und zum Ziel oder zur Folge haben können, dass sie ohne gesetzliche Rechtfertigung aus ihrem Arbeitsverhältnis herausgedrängt wird. Dafür spricht nicht nur die vor dem Kündigungsausspruch liegende Entwicklung, sondern auch, dass der Beklagtengeschäftsführer nicht einmal in der Berufungsverhandlung einen Tatsachenvortrag erbringen konnte, der den von der Beklagten zur Rechtfertigung einer Kündigung geleisteten Sachvortrag belastbar gemacht und sich auf allgemeine Äußerungen zur Unliebsamkeit der Klägerin beschränkt hat.

2. Zur Klärung der Frage, ob die Klägerin das Ziel von Mobbingangriffen war, zu denen auch die streitgegenständlichen Rechtsmaßnahmen gezählt haben, hält die Kammer an der bereits in ihren Urteilen vom 15.2.2001 und 10.4.2001 auf der Grundlage der Rechtsprechung des BAG (Beschluss vom 15.1.1977, NZA 1997, 781 ) vorgenommenen und in Literatur und Rechtsprechung (vgl. insoweit die Nachweise unter C.1.) weitgehend angenommenen Definitionserweiterung fest, nach der sich die Feststellung einer als Mobbing zu bezeichnende systematische Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts richtet. Danach handelt es sich aus juristischer Perspektive bei "Mobbing" um fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das Allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte wie Gesundheit und Ehre verletzen.

Durch diese Vorgaben erfolgt, was die Kritik (vgl. z.B. Grobys a.a.O.) übersieht, nicht die Erweiterung der bestehenden Regelungsdichte bzw. Festlegung eines neuen Rechtstatbestands, sondern nur die Kennzeichnung der Voraussetzungen, unter denen bei einer durch die Summe von mehreren Handlungselementen erfolgenden Tatbegehungsweise eine Verletzung der genannten Rechtsgüter anzunehmen ist. Mangels Vorliegens einer spezialgesetzlichen Mobbingschutz-Regelung wird dadurch lediglich das bestehende Recht für die juristische Zielerfassung des Mobbingphänomens nutzbar gemacht. Diese Vorgaben stellen ein geeignetes Filtersystem dar, welches die erforderliche Abgrenzung gewährleistet, ob rechtliche Maßnahmen oder schlichte Kommunikationsakte die Grenzlinie des im sozialen Umgang unter Berücksichtigung des Prinzips der Menschenwürde und der Freiheit der Persönlichkeitsentfaltung Erlaubten überschreiten und ermöglicht die Herausfilterung von Mobbingschutz-Trittbrettfahrern. Die dadurch geforderte Bewertung aus der Sicht eines objektiven und verständigen Beurteilers stellt klar, dass die subjektive Sichtweise des Mobbingopfers keine Rolle spielt und lediglich gefühltes Mobbing keine Rechtsfolgen nach sich zieht. Weiterhin ergibt sich daraus, dass die Dauer oder die Frequenz von Mobbinghandlungen bei der juristischen Bewertung, ob durch diese eine Rechtsgutverletzung der Zielperson eintritt, keine Rolle spielen kann. Ferner setzt sie für die einzelnen unter die Kategorie der Schikane, der Diskriminierung und der als Auffangmerkmal anzusehenden Kategorie der Anfeindung fallenden Tathandlungen Wissen und Wollen eines persönlichkeitsfeindlichen Angriffs (Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz) voraus. Die für die Feststellung von Mobbing erforderlichen feindlichen Angriffe können ihrer Natur nach nicht durch versehentliche Handlungen begangen werden (ebenso BGH, Beschluss vom 1.8.2002, NJW 2002, 3172 ; ArbG Berlin Urteil vom 8.3.2002 - 40 Ca 5746/01 - (n.v.); Hänsch in Berscheid/Kunz/Brand, Praxis ArbR Teil 3 Rn. 907; Rieble/Klumpp ZIP 2002, 371). Der Vorsatz umfasst dann in der Regel auch den durch die Summe der Angriffshandlungen gebildeten Handlungszusammenhang. Denn mit der schlichten Fortsetzung des Mobbingverhaltens unter schlichter Ausnutzung sich bietender Gelegenheiten wird das Wissen und Wollen der Persönlichkeitsbekämpfung auf die jeweils hinzutretenden Tatbeiträge erweitert (aktualisierter Gesamtvorsatz). Ein vorgefasster Plan ist nicht erforderlich (so bereits Urteil der Kammer vom 10.4.2001 a.a.O.) Wenngleich dies praktisch immer der Fall sein wird (zur Ausnahme des fahrlässig handelnden Despoten: Wickler in Handbuch-Mobbingrechtsschutz, Teil 1 Rn. 15), ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass sich der Vorsatz auch auf das von der Rechtsordnung nicht gedeckte Vorhaben der psychischen Zermürbung und sozialen Entwürdigung (psychosozialen Destabilisierung) des Mobbingopfers als Hauptzweck (z.B. bei sadistischem Mobbing) oder als Mittel für ein in dieser Weise mit der Rechtsordnung nicht vereinbaren Herausdrängen aus beruflichen Positionen, aus dem Beschäftigungsverhältnis oder anderen unter Einhaltung des Rechts nicht oder nur schwer erreichbaren Formen der Bekämpfung von Konkurrenten oder missliebigen Mitarbeitern erstreckt. Ausreichend ist, dass die vorsätzlichen Persönlichkeitsangriffe zu der Herbeiführung der mit der Rechtsordnung nicht vereinbaren psychosozialen Destabilisierung der Zielperson geeignet sind und natürlich erst recht, wenn sie diese zur Folge haben. Schließlich hält die Kammer daran fest, dass die Feststellung einer mobbingbedingten Verletzung des Persönlichkeitsrechts bei wechselseitigen Angriffen auf die Persönlichkeit ausscheidet (fehlende Täter-Opfer-Beziehung). Dies ist auch der Fall bei sogenanntem Gegenmobbing. Unter der Geltung des Rechts kann Mobbing nicht mit Mobbingmethoden bekämpft werden. Für den zur Rechtfertigung angeführten Gesichtspunkt der ausgleichenden Gerechtigkeit (so z.B. Kollmer, Mobbing im Arbeitsverhältnis, Heidelberg 2002, Rn. 27, 160c; Schimmelpfennig/Schimmelpfennig, PersB 1998, 301) gibt es keine Rechtsgrundlage, die den Einsatz des "Faustrechts" rechtfertigen würde (wie hier: Smutny/Hopf DRdA 2003, 67 und ausführlich Hänsch in Handbuch Mobbing-Rechtsschutz Teil 3 Rn. 31).

3. Die Voraussetzungen für eine rechtliche Verschränkung jedenfalls in ihrer Gesamtheit persönlichkeitsrechtsverletzender Angriffe auf die psychische Stabilität und soziale Geltung einer Zielperson können in einem fünfstufigen Prüfungsraster festgestellt werden.

a) In der ersten Stufe geht es um die Feststellung einer mobbingrelevanten Verhaltensgesamtheit bzw. die Aussonderung von vorneherein irrelevanter Sachverhalte. An dieser Stelle führen durch subjektive Empfindungen oder ausschließlich mit ärztlichen Mobbingdiagnosen belegte und ansonsten nach Inhalt und Ablauf substanzlos gebliebene Mobbingvorwürfe ebenso zum Prüfungsabbruch, wie einmalige oder vereinzelt gebliebene Fälle des rechtlichen oder kommunikativen Lebensrisikos oder wechselseitig begangene Angriffe auf die Persönlichkeit (fehlende Täter-Opfer-Beziehung).

b) In der zweiten Prüfungsstufe werden die verbliebenen Tatelemente einer der verhaltensumfassenden Beurteilung vorgezogenen Einzelprüfung unterzogen. Dabei wird im wesentlichen die Rechtswidrigkeit oder kommunikative Inadäquanz und das Vorliegen oder die Indizierung von Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz geprüft, denn fahrlässige Handlungen können die Begründung eines Mobbingvorwurfs nicht rechtfertigen. Tritt der Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz durch die äußere Erscheinungsweise oder völlige Unverhältnismäßigkeit der Handlung nicht offen zu Tage, kann er trotzdem durch die fehlende Plausibilität der jeweiligen Handlung in einer intakten, die koexistenzielle Existenz nicht in Frage stellenden neutralen und auf die Lösung von Sach- und Beziehungsproblemen gerichteten Mitarbeiterbeziehung indiziert sein (tatelementbezogene Mobbingplausibilität). Gemessen an einem solchen Verhaltensstandard sind z.B. in einem intakten Beschäftigungsverhältnis, in dem nicht eine Person, sondern ein Problem bekämpft werden soll, vorgesetztenseitige oder arbeitgeberseitige Überreaktionen ("Kanonen auf Spatzen"), persönlichkeitsbelastende Sonderbehandlungen, Fehlerprovokation und Fehlersuche ("an den Haaren herbeigezogene" Vorwürfe), nach Form und/oder Inhalt die persönlichen Arbeitsbedingungen erschwerende Weisungen (sinnlose oder nicht erfüllbare Weisungen, kommunikatorische oder räumliche Isolierung etc.), persönlichkeitsherabwürdigende oder bloßstellende Umgangsformen, Herbeiführung oder Aufrechterhaltung eines Erklärungsnotstands, mutwilliger Aufbau einer Kündigungslage, (beharrliche) Missachtung der vom Mobbingopfer zu seinem Schutz erwirkten Gerichtsurteile und ähnliche tendenziell feindseligen persönlichkeitsbelastenden Verhaltensweisen nicht plausibel (wie hier Ruberg ArbuR 2002, 203 ff.; Wickler, DB 2002, 482; ähnlich Aigner BB 2001, 1356: "abgestuftes Konfliktmanagement" und in von Saldern (Hrsg.), Mobbing, Hochgehren 2002 S. 162 ff.; zustimmend Rieble/Klumpp FA 2002, 310). Der vermeintliche Mobbingtäter kann dieses Indiz durch den Vortrag eines Irrtums, eines Versehens, einer Fehleinschätzung oder eines Ausreißers entkräften. Fehlt es an der Rechtswidrigkeit oder sozialen Inadäquanz, kann das betreffende Tatelement trotzdem durch eine Schikanebestimmtheit in dem Kreis mobbingrelevanter Handlungen erfasst sein. Steht bereits in dieser Stufe fest, dass einzelne Tatelemente das Mobbingmerkmal der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung erfüllen, weil sie, wie z.B. Beleidigungen, bereits für sich genommen den Tatbestand einer rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung erfüllen, dann sind diese bei der in der fünften Stufe erfolgenden und die Tatelemente in ihrer Gesamtheit verhaltensumfassenden Rechtsprüfung nur noch hinzuzuaddieren.

c) In der dritten und vierten Stufe wird untersucht, ob die verbliebenen Tatelemente in einem systematischen Mobbingzusammenhang stehen.

aa) Für den in der dritten Stufe erforderlichen äußeren Zusammenhang ist im wesentlichen eine hinreichende zeitlich-räumliche Nähe erforderlich. Einer bestimmten Dauer, Wiederholungsrate oder zeitlich gebundenen Taktfolge von Angriffshandlungen bedarf es zur Feststellung des Mobbingvorwurfs nicht. Die den Mobbingsachverhalt begründenden Tatelemente können parallel laufen oder sich überschneiden, dann liegt ein Ineinanderübergreifen vor. In diesem Fall ist der zeitliche Mobbingzusammenhang immer gegeben. Sie können aber auch zeitlich versetzt ablaufen. Dann kommt ein Aufeinanderaufbauen in Betracht. In diesem Fall darf der zeitliche Abstand nicht so groß sein, dass eine Unterbrechung des systematischen Zusammenhangs anzunehmen ist. Liegt zwischen einzelnen aus mehreren zusammenhängenden Mobbingattacken bestehenden Perioden ein zusammenhangausschließender Zeitabstand (periodisches Mobbing), dann handelt es sich um jeweils selbstständig für das Vorliegen einer verhaltensumfassenden Persönlichkeitsrechtsverletzung in Betracht zu ziehende Sachverhalte. Die Beurteilung des zeitlichen Abstands setzt allerdings ununterbrochene Zugriffsmöglichkeit des Mobbingtäters voraus. Wann dieser Abstand den äußeren Systemzusammenhang unterbricht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. So wird der mobbingtypische Systemzusammenhang auch bei mehrmonatigem Ausbleiben von Mobbingangriffen dann nicht unterbrochen, wenn das Mobbingopfer z.B. durch Arbeitsunfähigkeitszeiten oder aus anderen Gründen dem Mobbingzugriff entzogen ist und diese Angriffe bei sich nach Wiederherstellung der Zugriffsmöglichkeit bietender Gelegenheit fortgesetzt werden.

Bei der Bewertung des zeitlichen Zusammenhangs mit anderen Mobbinghandlungen kommen Mobbingelementen mit dauerverletzender Gestaltungswirkung eine besondere Rolle zu. Dabei handelt es sich insbesondere um Rechtsmaßnahmen, welche ihren Adressaten über ihre bloße Kundgabe hinaus fortlaufend in persönlichkeitsrechtsverletzender Weise belasten können. Hierzu gehören in einem Beschäftigungsverhältnis vor allem Maßnahmen, durch deren Vollzug der Betroffene täglich erneut der Lächerlichkeit preisgegeben wird, an den Pranger gestellt, erniedrigt oder herabgewürdigt wird sowie die tägliche Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses gestaltenden Maßnahmen, wie nicht vertrags- oder statusgemäße Beschäftigung (sei es durch dauerhafte Zuweisung von vertrags- oder statuswidrigen Aufgaben oder Zuweisung eines vertrags- oder statuswidrigen Beschäftigungsortes), durch Anordnung oder Realakt vollzogene dauerhafte Erschwerung der Arbeitsbedingungen, aber auch Suspendierung oder Entlassung, wenn diese Maßnahmen als Mittel der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung eingesetzt werden. Als Bestandteil einer Mobbingverhaltensgesamtheit entfalten diese Maßnahmen eine für den Zeitraum ihrer Wirkung andauernde Drucksituation auf die psychische Stabilität und die soziale Geltung. Aufgrund ihres sich täglich wiederholenden Zermürbungscharakters reichen diese Maßnahmen im Zusammenwirken mit den vorangegangenen oder nachfolgenden, auf den erreichten Zermürbungsstand aufbauenden Mobbingangriffshandlungen zur Umsetzung mobbingspezifischer Zielsetzungen völlig aus. Ein zusätzliches Hinzutreten einzelner weiterer Mobbingangriffe während der Laufzeit von Mobbinghandlungen mit dauerhafter Gestaltungswirkung würde den Zermürbungseffekt in dem fraglichen Zeitraum nicht erst konstituieren, sondern im Sinne eines Ineinanderübergreifens nur verstärken oder beschleunigen. Eine vorübergehende Suspendierung oder ein dauerhafter Entzug der Beschäftigung sind, ohne dass dafür tragfähige Gründe vorliegen, auch dann, wenn das Entgelt weiter gezahlt wird, ein rechtswidriger und sich für den betreffenden Zeitraum täglich aktualisierender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, weil der Betroffene einen mit jedem auf die Umsetzung einer solchen Massnahme folgenden Tag neu zu erfüllenden Beschäftigungsanspruch hat, dessen Verweigerung ihn jeden Tag erneut in seinem Recht verletzt, seine Persönlichkeit durch Arbeitsleistung zu entfalten und ihn täglich in seiner Würde als Mensch beeinträchtigt. Dies ist erst recht der Fall, wenn der Totalentzug oder die Zuweisung einer bestimmten Beschäftigung zielgerichtet als Mittel der Zermürbung eingesetzt wird, um einen Beschäftigten selbst zur Aufgabe des Arbeitsplatzes zu bringen (zur Herleitung der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Nichtbeschäftigung: BAG Großer Senat, Urteil vom 27.2.1985, NZA 1985 S. 702). Der Zeitraum der rechtlichen und psychosozialen Wirkungsdauer von Tatelementen mit dauerhafter Gestaltungswirkung kann deshalb nicht als Unterbrechung des erforderlichen äußeren Systemzusammenhangs angesehen werden. Er hat vielmehr Klammerwirkung zu der jeweils vorangegangenen bzw. nachfolgenden Mobbingattacke. Der einer möglichen Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs zugrundeliegende Zeitraum fängt bei den genannten Beispielen erst dann wieder an zu laufen, wenn eine persönlichkeitsrechtsverletzende Suspendierung, vertrags- oder statuswidrige Beschäftigung oder Kündigung zurückgenommen oder durch gerichtliche Entscheidung kassiert ist und dieser Entscheidung von dem Mobber Folge geleistet wird.

Bei der Bewertung des zeitlichen Zusammenhangs bei durch mehrere Täter begangenem Mobbing kommt es auf das Aufeinanderaufbauen oder Ineinanderübergreifen der Handlungen aller beteiligten Mobbingakteure an. Die Beteiligung unterschiedlicher Personen an den Mobbingattacken spricht jedenfalls nicht bereits grundsätzlich gegen das Vorliegen einer für die Bejahung eines Mobbingzusammenhang erforderlichen systematischen Vorgehensweise.

bb) Für den in der vierten Stufe erforderlichen inneren Zusammenhang als gemeinsamen Nenner ist eine art- oder ablaufbezogene Regelförderlichkeit einer mobbingtypischen Zielsetzung erforderlich. Dies bedeutet, dass die jeweiligen Tatelemente nach ihrer individuellen Art oder jedenfalls aufgrund ihres Ablaufs zur psychosozialen Destabilisierung ihres Adressaten als einer von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung geeignet sein müssen und dass dies nicht nur auf einer zufälligen Verkettung von Umständen beruht ("Geisterfahrerkonstellation"). Zum Ausschluss einer solchen Konstellation ist die Feststellung einer Arbeitsteiligkeit oder in sonstiger Weise derselben Zielsetzung förderliche Zusammengehörigkeit der Tatbeiträge dieser Personen notwendig. Eine auf Arbeitsteiligkeit gerichtete Funktionalität des Verhaltens ist beispielsweise erkennbar, wenn in zeitlich parallel oder sukzessive verlaufendem Zusammenhang stehende persönlichkeitsbelastende Angriffshandlungen mehrerer einer Gruppe von Mobbingtätern zuzurechnenden Personen von diesen in wechselnder Besetzung zeitweise gemeinsam ausgeführt wurden oder wenn Mitglieder dieser Gruppe jedenfalls bei der Exekution einzelner persönlichkeitsverletzender Handlungen in einer die Zugehörigkeit zur Mobberpartei repräsentierenden oder sonst tätersolidarischen Weise anwesend oder beteiligt waren oder wenn feststeht, daß einzelne Angriffshandlungen mit anderen Mitgliedern der Tätergruppe abgestimmt, von diesen in Auftrag gegeben oder angewiesen wurden und der Tatbeitrag nach seinem Erscheinungsbild von einer feindlich-schikanösen Willensrichtung des ausführenden Akteurs mitgeprägt war. (so schon Urteil der Kammer vom 10.4.2001, a.a.O: demütigende Anweisungen des Vorstands durch Abteilungsleiterin ohne Umschweife umgesetzt und Kundgabe der Richtigkeit ihres Vorgehens in der Beweisaufnahme durch den Hinweis, dass es Zeit für die Absetzung des Klägers gewesen sei). Je mehr Angriffshandlungen in einem äußeren Zusammengehörigkeitsgefüge von gegen eine Person gerichteten persönlichkeitsbelastenden Verhaltensweisen von einem möglichen Täter oder Teilnehmer ausgehen, um so eher ist anzunehmen, dass es sich bei diesem nicht um einen zufällig in eine in einem Mobbingkontext erscheinende Verhaltensgesamtheit hineingeratenen Akteur handelt.

d) In der letzten Stufe geht es um die abschließende Feststellung einer verhaltensumfassenden systematischen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeits-rechts oder deren Ausschluss. Dies erfordert das Vorhandensein eines Sachverhalts, der die Verfestigung eines persönlichkeitsbekämpfenden Angriffsmusters erkennen läßt. Auch wenn einzelne persönlichkeitsbelastende Handlungen nicht die für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung erforderliche Eingriffstiefe aufweisen, so kann das aber ab einer bestimmten Anzahl oder in ihrer Gesamtheit durch ihr Zusammenwirken der Fall sein. Mit zunehmender Zahl oder Intensität solcher Handlungen dokumentiert sich und wächst die diesen anhaftende negative psychosoziale, persönlichkeitszersetzende Wirkung. Tatelemente, die bereits für sich genommen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verkörpern, sind ohne weiteres Additionsfaktor bei der Feststellung einer durch mehrere Tatbeiträge begangenen systematischen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Gegebenenfalls im Zusammenwirken mit diesen ist bei nicht bereits selbstständig persönlichkeits-rechtsverletzenden Tatelementen zu klären, ob durch die Gesamtheit des Verhaltens die zur Annahme einer systematischen Persönlichkeitsrechtsverletzung bestehende Grenzlinie überschritten ist. Zur Beurteilung der mobbingintentionalen Struktur des Gesamtverhaltens wird dieses bei Bedarf einer verhaltensumfassenden Plausibilitätskontrolle unterzogen. Wenn belastende Eingriffe in die Persönlichkeitssphäre in einer durch sachliche Gründe nicht mehr nachvollziehbaren Häufigkeit oder Intensität auftreten, bleibt nur noch das Vorliegen von Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz als eine plausible Verhaltensgrundlage übrig. Dies gilt erst recht bei einer Anhäufung von bereits für sich genommen rechtswidrigen Rechtsmaßnahmen oder sozial inadäquaten Verhaltensweisen. Insoweit nimmt die Glaubwürdigkeit der Berufung des potentiellen Mobbingtäters auf einen Irrtum, ein Versehen, eine Fehleinschätzung oder einen Ausreißer mit steigender Zahl des angeblich auf solch harmlosen Ursachen beruhenden rechtsfehlerhaften Verhaltens ab (wie hier bereits Ruberg in ArbuR 2002, 202: Verflüchtigung des Glaubens an lauter Zufälligkeiten unter dem Eindruck gleichläufiger Belastungstendenzen). Insbesondere wenn sich fortgesetzt die persönliche Integrität des Adressaten belastenden Handlungen als Sonderbehandlung darstellen, liegt regelmäßig ein unumstößlicher Hinweis auf eine mobbingtypische Schädigungsrichtung vor (so schon Urteil der Kammer vom 10.4.2001; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.7.2001, PersR 2002, 9). Als Faustregel kann gelten: Je öfter und intensiver gegenüber einer Person durch deren Persönlichkeitsrechtsstellung belastende Rechtsakte oder inadäquate Kommunikation ein sozial ausgrenzendes oder sonstwie psychisch belastendes Verhalten an den Tag gelegt wird, um so mehr spricht für die Berechtigung des Mobbingvorwurfs. Die Mobbingplausibilität einer Verhaltensgesamtheit kann verstärkt werden durch eine mobbingtypische Indizienlage, wie mobbingtypische Motivation, mobbingtypischer Geschehensablauf, mobbingtypischer Erkrankungs-zusammenhang (Urteil der Kammer vom 10.4.2001, a.a.O.; zu den Einzelheiten und dem Meinungsstand: Wickler, Handbuch Mobbing-Rechtsschutz, Teil 3 Rn. 146 ff). Ohne das Vorhandensein eines mobbingplausiblen Sachverhalts kann das Vorliegen solcher Indizien die Annahme einer mobbingbedingten Persönlichkeitsrechtsverletzung allerdings nicht rechtfertigen. Da es unter der Geltung des Rechts selbst bei Vorliegen berechtigter Interessen nicht erlaubt ist, diese mit Mobbingmethoden durchzusetzen, kann die bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht erforderliche Interessenabwägung bei Berechtigung des Mobbingvorwurfs nicht zu Lasten des Mobbingopfers ausgehen.

Bei der Anwendung des Erfordernisses einer verhaltensumfassenden Beurteilung (prinzipiell ebenso BGH, Urteil vom 1.8.2002, NJW 2002, 3172; OLG Stuttgart Urteil vom 28.7.2003, NVwZ-RR 2003, 715; Urteile des Thüringer LAG vom 15.2.2001 und 10.4.2001 a.a.O.; dem folgend Hessisches LAG Urteil vom 24.8.2001 - 14 Sa 1396/00 - (n.v.); LAG Rheinland-Pfalz vom 16.8.2001, ZIP 2001, 2298; LAG Berlin Urteil vom 19.11.2002 - 3 Sa 1635/02- (n.v.); ArbG Dresden Urteil vom 7.7.2003 - 5 Ca 5954/02 n.v.; Aigner BB 2001, 1355; Gamerschlag/Perband VersR 2002, 288; Hahn AiB 2002, 645; Kerst-Würkner ArbuR 2001, 255; Rieble/Klumpp FA 2002, 308; Ruberg ArbuR 2002, 202; Smutny/Hopf DRdA 2003, 117 und 123; Wittinger/Herrmann ZBR 2002, 338) handelt es sich in den Zweifelsfällen um den bedeutsamsten Teil der Mobbingfeststellung. Durch die vielfach verbreitete formelhafte Feststellung, dass auch die Gesamtschau keine andere Beurteilung rechtfertigen könne (so z.B. LAG Nürnberg, Urteil vom 2.7.2002, NZA-RR 2003, 121; Sächsisches LAG, Urteil vom 17.2.2005 - 2 Sa 751/03 -, abgedr. in juris -, Leitsätze in BB 2005, 1576) wird diesem Erfordernis nicht entsprochen, wenn nicht zugleich in einer sich mit den Umständen des Einzelfalles befassenden und nicht lediglich pauschalen Würdigung die Gründe dafür mitgeteilt werden, wieso ein systematischer Zusammenhang zwischen den zur Begründung des Mobbingvorwurfs vorgebrachten Tatbeiträgen nicht anzunehmen ist und wieso isoliert gesehen persönlichkeitsrechtlich nicht zu beanstandende Verhaltensweisen auch nicht im Zusammenwirken mit anderen Tatbeiträgen die Persönlichkeitsrechte der den Mobbingvorwurf erhebenden Partei verletzt haben.

4. Unter Zugrundelegung der vorstehenen Grundsätze ist im Streitfall der von der Klägern erhobene Mobbingvorwurf begründet.

a) Der zur Entscheidung vorliegende Sachverhalt enthält nachfolgende fortgesetzte, sich nach Abzug der Erkrankungs- und Kurzeit der Klägerin etwa über den Zeitraum eines Jahres erstreckende, persönlichkeitsbelastende und deshalb mobbingrelevante Verhaltensgesamtheit:

- seit dem Sommer 2001 regelmäßige Beorderung in das Dienstzimmer des Vorgesetzten H. mit unter "vier Augen" immer wiederkehrender Kritik, davon mindestens fünfmal mit der Einschätzung, "schlechteste Mitarbeiterin" zu sein (1),

- durch Vorgesetzten H. ständige pedantische Bemängelung der bei Handarbeitsproduktion durch Behinderte nicht völlig vermeidbaren Unterschiede in der Farbtönung von Kerzen (2),

- Vorwurf des Vorgesetzten H., zur Materialbeschaffung zu oft ins Lager zu gehen (3),

- Beanstandung eines fehlenden schriftlichen Kerzenfertigungsauftrags durch Vorgesetzten H., obwohl die mündliche Auftragserteilung gang und gäbe war (4),

- Einforderung der Vorlage eines Zertifikats durch Vorgesetzten H. über Teilnahme an Workshop eines Zulieferers der Kerzenproduktion im Sommer 2001, in dem lediglich zur Weckung des Kaufinteresses neue Materialien und Geräte vorgestellt wurden (5),

- eines Tages im September 2001 durch Vorgesetzten H. erfolgte Anforderung eines Nachweises für eine anlässlich einer Dienstreise aufgrund einer durch Bombenalarm auf dem Kölner Hauptbahnhof resultierenden Unterbrechung der Zugverbindung erforderlich gewordenen Übernachtung, obwohl dieser unmittelbar nach Rückkehr von der Dienstreise über den Grund der Übernachtung informiert wurde und diese, ohne Probleme zu sehen oder Zweifel geltend zu machen, akzeptiert wurde (6),

- am 21.11.2001 erneutes "unter vier Augen" vom Vorgesetzten H. geführtes Dienstgespräch, bei dem dieser die Klägerin wissen ließ, dass er bereits mit dem Geschäftsführer wegen einer Umsetzung ihrer Person gesprochen habe, für die sich aber derzeit keine Möglichkeit biete (7),

- am 12.12.2001 erneutes, diesmal im Beisein seiner Stellvertreterin B. geführtes Dienstgespräch des Vorgesetzten H., in dem der Klägerin vorgeworfen wurde, einen Auftrag zur Kerzenherstellung für den Laden der Beklagten nicht erledigt zu haben (8),

- trotz am 10.12.2001 erfolgender brieflicher Darlegung des bis dahin von dem Vorgesetzten H. in den Monaten zuvor ihr gegenüber an den Tag gelegten Umgang und der abschließenden mit der Erklärung einer Umsetzungsbereitschaft verbundenen Bemerkung, dass sie es nicht hinnehmen wolle, als Mobbing-Opfer ausgesucht zu werden, gegenüber dem Beklagtengeschäftsführer am gleichen Tag von diesem erteilte Abmahnung wegen Verweigerung eines Dienstgespräches mit dem Vorgesetzten H. sowie dessen Bezeichnung als Lügner (9),

- am 19.12.2001 Erteilung einer Abmahnung durch den Beklagtengeschäftsführer wegen Nichtausführung des Gegenstand des Dienstgesprächs vom 12.12.2001 gewesenen Auftrags, Nichtbeantwortung der Frage nach den Gründen der Nichtausführung des Auftrags, Wiederholung der Bezeichnung des Vorgesetzten H. als Lügner und eigenmächtiges Verlassen des Dienstgesprächs, um wegen Herz- und Kreislaufproblemen einen Arzt aufzusuchen (10),

- während der sich an die vorangegangen Umstände wegen psychischer und physischer Erschöpfung anschließenden fünfmonatigen Krankschreibung in einem am 21.1.2002 geführten "Konfliktlösungsgespräch" zum angeblichen Schutz der Klägerin für die zukünftige Erbringung ihrer Arbeit festgelegte und nur bei dieser für das Verlassen ihres Gruppenraumes bestehende Abmeldepflicht bei dem Vorgesetzten H. für alle Arbeitsgänge, wobei dabei auch Pflegegänge (u.a. Begleitung von Behinderten zur Toilette) eingeschlossen waren (11),

- elf Tage nach der aus der Krankschreibung erfolgenden Rückkehr an ihren Arbeitsplatz am 21.6.2002 erneute Abmahnung durch den Beklagtengeschäftsführer wegen Ablehnung von 3 Weisungen des Vorgesetzten H., aus dem Lager Arbeitsmaterialien zu holen (12),

- am 5.11.2002 Vorwurf durch den Vorgesetzten H., den Arbeitsplatz ohne Abmeldung zur Aufklärung des Verbleibs eines in ihrer Gruppe betreuten und allein auf einem Toilettengang befindlichen Behinderten verlassen zu haben, der bereits mehrfach durch ein auch gegen sich selbst gerichtetes aggressives Verhalten aufgefallen war und bereits einmal einen Sprung aus dem Fenster angekündigt hatte und dessen Rückkehr überfällig war (13),

- unmittelbar darauf erfolgende und 8 Tage lang fortbestehende Anweisung des Vorgesetzten H., sich künftig auch für eigene Toilettengänge abmelden zu müssen (14)

- in einer Dienstberatung am 11.11.2002 im Beisein seiner Stellvertreterin B. und der Mitarbeiterin M. erfolgende Äußerung des Vorgesetzten H., dass die Klägerin bei Abmeldung nicht zu bitten brauche, sondern eine sachliche Information ausreiche (15),

- in einem erneuten Dienstgespräch am 12.11.2002, die ebenfalls im Beisein seiner Stellvertreterin B. und der Mitarbeiterin M. stattfand, erfolgende Abverlangung einer Erklärung für die seit einer Woche praktizierte aber gar nicht erforderliche Abmeldung der Klägerin für Toilettengänge, verbunden mit dem Vorwurf, durch das Einholen der Genehmigungen würden er und seine Vertreterin B. nur unnötig von der Arbeit abgehalten werden. Gleichzeitige Anordnung, in Zukunft für sich selbst nicht mehr die für das Personal, sondern ausschließlich die für die Behinderten vorgesehenen Toilette benutzen zu dürfen (16),

- trotz der am 12.11.2002 formal erfolgten Rücknahme der Abmeldepflicht bei eigenen Toilettengängen nach wie vor Rechtfertigungspflicht der Klägerin gegenüber dem Vorgesetzten H., wenn es zu Abwesenheitszeiten kam und sie tatsächlich nur auf der Toilette war (17),

- trotz am 13.11.2002 erneuter schriftlicher Befassung des Beklagtengeschäftsführers mit dem Geschehen, insbesondere durch Verweis auf widersprüchliches und diskriminierendes Verhalten des Vorgesetzten H. zu ihrer Toilettenabmeldepflicht, auf dessen willkürliche und diskriminierende Ausübung seiner Vorgesetztenstellung durch die Klägerin und der an diesen gerichteten Bitte, der Situation klärend beizutreten, am 2.12.2002 erfolgende Abmahnung durch den Beklagtengeschäftsführer wegen des am 5.11.2002 vom Vorgesetzten H. wegen unterlassener Abmeldung bemängelten Verlassens ihres Gruppenraumes (18),

- am 14.1.2003 verhaltensbedingte Kündigung wegen der erteilten Abmahnungen, des Bestehens der Forderung von Mitarbeitern, die Klägerin zu versetzen oder zu kündigen, der Unmöglichkeit des Vorgesetzten H., wegen ihrer Ausfälle mit ihr ohne Zeugenhinzuziehung ein Dienstgespräch zu führen und wegen nicht rechtzeitiger Erteilung einer Einstellungsbelehrung gegenüber einem Zivildienstleistenden und deren Aktenkundigmachung (19).

aa) Die Kammer hat keinen Anlass, die Wahrheit der vorgenannten Umstände, die es nicht von vornherein rechtfertigen, die Feststellung einer mobbingrelevanten Verhaltensgesamtheit auszuschließen, anzuzweifeln.

Die möglichen Tatelemente Nr. 1 bis Nr. 7 einer mobbingbedingten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin sind nicht nur gemäß § 138 Abs. 2 und 3 ZPO als unstreitig anzusehen, sie stehen aufgrund des Briefes der Klägerin vom 10.12.2001 an den Beklagtengeschäftsführer und der von der Klägerin dazu in der Berufungsverhandlung gegebenen Erläuterungen auch zur Überzeugung der Kammer fest. Eine Erklärung der Beklagten, die grundsätzliche Richtigkeit dieser Umstände bestreiten zu wollen, ist nicht ersichtlich gewesen. Entsprechend der Rechtsprechung der Kammer ist die Klägerin nach § 141 ZPO zur Sache angehört worden. Der Beklagtengeschäftsführer hatte im Anschluss daran Gelegenheit zur Stellungnahme und einer gegebenenfalls aus seiner Sicht erforderlichen Richtigstellung. Das Vorbringen der Klägerin war in sich schlüssig, mit den bei den Akten befindlichen Unterlagen und ihren Schreiben an den Geschäftsführer stimmig. Ihr Aussageverhalten und der sich daraus für die Kammer ergebene persönliche Eindruck begründeten nicht den Anschein eines wahrheitswidrigen Vortrags. Besonders überzeugend war ihr Vermögen, auch nicht vorausschaubare Rückfragen des Gerichts ohne verbale Ausweichmanöver (z.B. Nichtpräzisierung von Antworten, zeitschindende Bemerkungen, Umgehung von Fragen durch Wechsel des Themas oder nicht zur Sache gehörende Abschweifungen etc.) und ohne das Vorhandensein der für wahrheitswidriges Vorbringen oft einschlägigen Anzeichen der Körpersprache (z.B. zittrige Hände, unruhige Bewegungen, ausweichender Blick, Erröten etc.) unmittelbar und mit plastischen Schilderungen konkreter Situationen zu beantworten. Der Beklagtengeschäftsführer hat hingegen, obwohl er ausdrücklich eingeräumt hat, den Inhalt des an ihn zur Abstellung der mit dem Vorgesetzten H. bestehenden Spannungen erhaltenen Briefs der Klägerin vom 10.12.2001 zu kennen, keine Stellungnahme abgegeben, aus der die Kammer entnehmen kann, dass die dortigen Angaben der Klägerin nicht den Tatsachen entsprechen. Seine Erklärungen waren auch auf Rückfrage ausweichend und unpräzise und beschränkten sich mehr oder weniger auf die pauschale Rechtfertigung des Vorgehens gegen die Klägerin, wie etwa durch die ständige Wiederholung, dass mit der Klägerin keine Zusammenarbeit möglich sei, dass Mitarbeiter ihre Kündigung gefordert hätten der pauschalen Rechtfertigung, dass es sich bei dem Vorgesetzten H. auch in der Menschenführung um einen kompetenten Leiter handele, der kein Mobbing betreiben würde. Auch das sonstige Prozessverhalten der Beklagten gibt eher Anlass, an der Redlichkeit ihres zur angeblichen Unerträglichkeit der Klägerin für eine betriebliche Zusammenarbeit unsubstantiiert gebliebenen Vortrages zu zweifeln. Insoweit wird auch auf die Ausführungen der Kammer unter B.II.2. zu der mit deutlichen Widersprüchen behafteten Behauptung eines von den Mitarbeiterinnen B. und H. ausgehenden Verlangens zur Kündigung der Klägerin und zu der durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses zum Erhalt eines Auflagenbeschlusses wider besseres Wissen erfolgten Berufungsrüge eines ausgebliebenen Hinweises nach § 139 ZPO zu dem bis dahin fehlenden (und nach wie vor im übrigen auch in der Berufungsinstanz nicht geleisteten) Vortrag der Beklagten zu den Voraussetzungen einer Druckkündigung verwiesen.

Die möglichen Tatelemente Nr. 8 bis Nr. 10 einer mobbingbedingten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind unstreitig aufgrund dessen, dass der Beklagtengeschäftsführer Kenntnis vom Inhalt des Briefs der Klägerin vom 10.12.2001 hatte sowie aufgrund des Wortlauts der von der Beklagten am 2.12. und 19.12.2001 erteilten Abmahnungen.

Das mögliche Tatelement Nr. 11 ist in der Berufungsverhandlung von der Klägerin erläutert und von der Beklagten nicht in Abrede gestellt worden. Der Beklagtengeschäftsführer hat bei seiner Kommentierung die von ihm bestätigte Abmeldeverpflichtung mit einem entsprechenden Schutzbedürfnis der Klägerin begründet.

Der Gegenstand der Tatelemente Nr. 12 bis Nr. 19 ergibt sich jeweils aus dem Wortlaut der Abmahnung vom 21.6.2002 und der Kündigung vom 14.1.2003, des Protokolls der Dienstberatung vom 11.11.2002, dem Inhalt des Schreibens der Klägerin an den Beklagtengeschäftsführer vom 13.11.2002, unstreitig gebliebenem oder nicht ausreichend bestrittenem Parteivorbringen und den hierzu unstreitig gebliebenen oder sogar bestätigten Parteiangaben in der Berufungsverhandlung. Insoweit ist beispielhaft darauf hinzuweisen, dass der Beklagtengeschäftsführer in der Berufungsverhandlung zu dem Tatelement Toilettenabmeldung selbst erklärt hat, dass er, nachdem dies etwa acht Tage lang von dem Vorgesetzten H. praktiziert worden sei, diesen gegenüber geäußert habe, dass es keinen Sinn machen würde, die Klägerin mit einer Abmeldung zu Toilette zu belegen.

bb) Aus den vorliegenden Feststellungen ergibt sich, dass die Klägerin nicht lediglich einmaligen oder vereinzelt gebliebenen kommunikativen Belastungen oder Rechtsmaßnahmen ausgesetzt war, die jeden einmal treffen können und deshalb zum Lebensrisiko gehören. Die möglichen Mobbingtatelemente weisen auch nach Tatzeit, Verhaltensgegenstand, Täter bzw. Teilnehmer und Adressat der Maßnahmen eine ausreichende Substantiierung auf. Soweit ein Erfordernis zur Begründung eines Anspruchs besteht, ist der Sachvortrag schlüssig, wenn Tatsachen vorgetragen sind, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten, die den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, ist nicht erforderlich, sofern diese für die Rechtsfolge nicht von Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 12.7.1984, NJW 1984, 2888). Für die Beurteilung von Mobbingfällen bedeutet dies das Erfordernis eines den Ablauf und die Erscheinungsweise der Tathandlungen erfassenden Sachvortrags, aus dem sich die entsprechenden Rückschlüsse ziehen lassen, insbesondere eine geschehensgetreue Schilderung der Rechtsmaßnahmen bzw. der verbalen und nonverbalen Kommunikationsverhaltensweisen und der ihre systematische Verknüpfung dokumentierenden Elemente. Dieses Erfordernis besteht allerdings nur insoweit, als die zur Prüfung eines Mobbingvorwurfs heranzuziehenden möglichen Tatelemente nicht bereits unstreitig sind oder sich aus den zu den Akten gereichten Dokumenten ergeben.

Schon aus diesen Gründen kommt es auf die bei den ersten sieben möglichen Tatelementen zum Teil unscharf gebliebene zeitliche Konkretisierung nicht an. Für die erstrebte Rechtsfolge ist insoweit ausreichend, dass während eines Zeitraums von etwa fünf Monaten unstreitig mögliche Tatelemente einer mobbingbedingten Persönlichkeitsrechtsverletzung vorliegen. Wenn in einem solchen Zeitraum von immer wiederkehrender Kritik und mehrfach herabwürdigenden Persönlichkeitseinschätzungen die Rede ist, wäre das Verlangen nach einer genauen datumsmäßigen Zuordnung eine sinnlose Förmelei. Darüberhinaus ist eine konkrete zeitliche Zuordnung auch dann entbehrlich, wenn aufgrund von Erinnerungslücken eine die zeitliche Einordnung zulassende Situationsbeschreibung geliefert wird, wie es z.B. bei den möglichen Tatelementen 5 und Nr. 6 der Fall ist (ausführlich und m.w.N. aus der Rspr. zur Problematik der zeitlichen Konkretisierung von Mobbbingangriffen: Wickler in Handbuch Mobbing-Rechtsschutz Teil 3 Rn. 140 ff.). Aus den genannten Gründen ist hinsichtlich der von der Beklagten selbst bestätigten und nach deren Anordnung am 21.1.2002 bis zur Kündigung der Klägerin während der Zeit ihrer dienstlichen Anwesenheit täglich wirksam gewordene Auflage zur Toilettenabmeldung kein Vortrag erforderlich, den sie nur bei einer täglichen Buchführung über ihre Abmeldungen hätte erfüllen können. Das Gleiche gilt für die vom Beklagtengeschäftsführer für ca. acht Tage selbst eingeräumten, auch die persönlichen Toilettengänge der Klägerin erfassenden und von diesem am 5.11.2002 erteilten Auflage des Vorgesetzten H., aber auch für den unstreitig gebliebenen Klägervortrag, dass sich die Klägerin auch noch nach Rücknahme der telefonischen Abmeldepflicht für persönliche Toilettengänge rechtfertigen musste.

cc) Die Feststellung einer mobbingrelevanten Verhaltensgesamtheit scheitert auch nicht am Nichtvorliegen einer Täter-Opfer-Beziehung. Ist ein mobbingbegründeter Sachverhalt vorgetragen, dann obliegt der Gegenpartei der Vortrag von Tatsachen, die das Fehlen einer Täter-Opfer-Beziehung begründen und im Falle ihres Bestreitens der Beweis dieser Tatsachen. Die Beklagte hat keine wechselseitigen Mobbingangriffe vorgetragen.

Die Beklagte hat einzelne verbale Übergriffe der Klägerin vorgetragen, die diese - insoweit sie den Vorgesetzten H. zweimal als Lügner bezeichnet haben soll - auch nicht bestreitet. Die ihr darüber hinaus gegenüber der Mutter eines Behinderten vorgeworfene Äußerung, Herr H. sei das Allerletzte und die gleichzeitig damit verbundene Beschwerde, wie schlecht es ihr gehen würde, hat die Klägerin ebenso bestritten wie die Behauptung der Beklagten, die Äußerung, wie schlecht es ihr unter Herrn H. gehen würde, sei auch noch einmal gegenüber einer Mitarbeiterin der Beklagten erfolgt. Ob die streitigen Behauptungen der Beklagten zutreffen, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob die Beklagte diese Äußerungen zeitlich zu konkretisieren gehabt hätte, was sie aber unterlassen hat.

Die der Klägerin vorgeworfenen vereinzelt gebliebenen, hinsichtlich der Bezeichnung als Lügner im Affekt begangenen und hinsichtlich der weiteren Äußerungen als Ventil für ihren Ärger und die Suche nach emotionalem Beistand verständliche und bereits nach dem Vortrag der Beklagten erkennbarer nicht fortgesetzten Ehrverletzungen hat der Vorgesetzte H. durch sein vorangegangenes Verhalten, mit dem er die Klägerin in einen die normale Stressbewältigung eines Menschen überreizenden Zustand versetzt hat, selbst provoziert. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die entsprechenden ausführlichen Ausführungen zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung hingewiesen (vgl. B.I.2.b) und c) sowie B.I.3.h) der Entscheidungsgründe). Auch im Fall einer im Affekt begangenen Ehrverletzung sind zwar die Grenzen des rechtlich erlaubten und zugleich sozialadäquaten Verhaltens überschritten. Von Mobbern herbeiprovozierte affekthafte Überschreitungen der adäquaten Umgangsformen führen in der Regel aber sogar bei der Haftung für einen Mobbingschaden zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines Mitverschuldenseinwandes (vgl. Hänsch in Handbuch Mobbing-Rechtschutz Teil 3 Rn. 65; so bereits LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.8.2001 ZIP 2001, 2298: Nichtgrüßen und Anprangerung des Mobbers am schwarzen Brett). Erst recht können sie nicht dazu führen, dass bereits auf der Tatbestandsseite die Feststellung einer mobbingbedingten Verletzung des Persönlichkeitsrechts ausscheidet (so bereits das Urteil der Kammer vom 10.4.2001 a.a.O.: durch ständige Quälereien und initiale Beleidigung reflexartig ausgelöste Drohgebärde gegenüber einem zur Umsetzung von Mobbingangriffen eingesetzten Mitarbeiter). Derartige kommunikative Ausreißer, die spontan entstehen und sich nicht als Bestandteil einer Kette von regelmäßig wiederkehrenden persönlichkeitsfeindlichen Angriffen darstellen, sind Fälle des von jedermann hinzunehmenden kommunikativen Lebensrisikos. Sie können nur isoliert zum Gegenstand einer Strafanzeige der in seiner Ehre verletzten Person gemacht werden oder - wie im Streitfall - ggfs. zum Anlass einer verhaltensbedingten Kündigung genommen werden. In keinem Fall rechtfertigen sie es, mit Mobbingangriffen zu antworten oder bereits begonnene Mobbingangriffe fortzusetzen.

Auch das aus Angst, wieder unter Ausschluss von eigenen Zeugen zum Zielobjekt herabwürdigender Behandlung zu werden oder wegen Herz- bzw. Kreislaufproblemen unmittelbar ärztliche Hilfe zu benötigen, erfolgende abrupte Verlassen eines Dienstgesprächs ist kein Verhalten, welches als Bestandteil eines Gegenmobbings gewertet werden könnte.

Soweit die Beklagte der Klägerin anlastet, dass der Arbeitsalltag von Spitzfindigkeiten und Spöttereien geprägt sei, fehlt es schon an einer Substantiierung dieses Vortrags der Beklagten. Die Kammer kann keine Verhaltensweisen erkennen, die gegenüber der Klägerin den Vorwurf begründen könnten, sie habe gegenüber ihrem Vorgesetzten H. oder dem Beklagtengeschäftsführer mit Gegenmobbing reagiert. Die Beklagte hat mit keinem Satz näher erläutert, worin von der Klägerin begangene Spöttereien etc. bestanden haben sollen. Es war vielmehr die Klägerin, die - was angesichts des Unvermögens der Beklagten zur Substantiierung ihrer eigenen Vorwürfe wiederum für die Ehrlichkeit ihres Prozessvortrages spricht - in der Berufungsverhandlung eingeräumt hat, das es wegen der ausschließlich ihr auferlegten Weisung sich bei Verlassen ihres Gruppenraumes vorher telefonisch abzumelden, scherzhafte Bemerkungen wie z.B. "Ist die Türklinke entsichert" oder "Ich muss erst die Türklinke entsichern, sonst kann ich den Raum nicht verlassen" oder "Ich muss erst telefonieren, ob ich den Raum verlassen darf" gegeben hat. Diese oder ähnliche Bemerkungen ergaben sich aber - wie die Klägerin glaubhaft vorgetragen hat - zum Teil wechselseitig situationsbedingt immer nur dann, wenn sie im Beisein anderer oder auf deren Ansinnen ihren Gruppenraum verlassen wollte ab einem Zeitpunkt, in dem das Ganze nur noch durch scherzhafte Behandlung erträglich gewesen sei. Die Kammer kann dem nicht entnehmen, dass es sich bei der Rechtfertigung der Klägerin um eine bloße Schutzbehauptung gehandelt hat. Immerhin realisierte sich die ihr auferlegte Abmeldepflicht über einen Zeitraum von mehr als fünf Monaten. Durch diese Sonderbehandlung wurde die Klägerin nicht nur gegenüber den anderen MitarbeiterInnen bloßgestellt. Eine Zusammenarbeit mit anderen Bediensteten der Beklagten, die ein Verlassen des Raumes durch die Klägerin erforderlich machte, war allein schon durch die aus der Abmeldepflicht resultierenden zeitlichen Verzögerungen zwangsläufig in ihrem Fluss gestört. Es kann dann überhaupt nicht verwundern, wenn im Rahmen der betrieblichen Kommunikation über Weisungen von Vorgesetzten untereinander in einer - wie es hier der Fall war - noch moderaten und nicht ehrverletzenden Weise gelästert wird, wenn dies in Situationen, in denen diese wirksam werden, erfolgt und diese Weisungen für jeden erkennbar keinen anderen Sinn als eine fortlaufende Erschwerung der Arbeitsbedingungen für eine bestimmte Mitarbeiterin bewirken und welche sich bei dem Erfordernis einer Zusammenarbeit auch noch durch das Produzieren eines mit Sachargumenten auf Dauer nicht begründbaren und vermeidbaren Zeitverlustes für den Arbeitsablauf von ArbeitskollegInnen auswirkt. Dies gilt erst recht, wenn aufgrund des monatelangen Beharrens auf einer solchen, zu Recht als unsinnig bewertbaren Weisung für die von dieser negativ betroffenen Personen keine andere Kompensationsmöglichkeit besteht als der von der Klägerin aufgezeigte scherzhafte Umgang. Hierbei handelt es sich um situationsangepasste Reaktionen, die im Rahmen der im Normalbereich weiter Bevölkerungskreise liegenden kommunikativen Gepflogenheiten liegen, deshalb die Grenze sozialadäquaten Verhaltens nicht überschreiten und nicht ihrerseits als persönlichkeitsfeindliche Angriffe im Sinne eines Gegenmobbings verstanden werden können. Diese Reaktion gehört danach zu dem kommunikativen Lebensrisiko des Beklagtengeschäftsführers und des Vorgesetzen H. der Klägerin, die durch die Anweisung einer Abmeldepflicht beim Verlassen ihres Gruppenraumes und vom Beklagtengeschäftsführer hinsichtlich der Erweiterung dieser Pflicht auf die persönlichen Toilettengänge der Klägerin nach acht Tagen des Vollzugs auch selbst als unsinnig erkannten Weisung, die Risikoschwelle für den Eintritt derartiger Lästereien herabgesetzt haben.

Auch eine nach offizieller Rücknahme der Abmeldepflicht für private Toilettengänge durch den Vorgesetzten H. am 12.12.2002 erfolgende Fortsetzung der telefonischen Abmeldungen der Klägerin kann nicht als Gegenmobbing gewertet werden. Die Beklagte hatte der Klägerin mit der sie betreffenden und bereits monatelang andauernden Sonderbehandlung einer Abmeldepflicht, für die unter Zugrundelegung eines verständigen Arbeitgeberhandelns kein nachvollziehbarer Grund ersichtlich ist und die in der eine Woche zuvor erfolgten Erstreckung auf persönliche Toilettengänge gipfelte, signalisiert, dass sie die Klägerin im Fadenkreuz hatte und eine nur die Klägerin betreffende besondere Risikolage zum Eintritt von Pflichtverstößen geschaffen, die den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährden konnte. Zudem war die offizielle Rücknahme auch nur vordergründig, weil die Klägerin auch nachher noch gegenüber dem Vorgesetzten H. die durch ihre persönlichen Toilettengänge erforderlichen Abwesenheitszeiten nach dessen Gutdünken rechtfertigen musste. Wenn aber lediglich eine Verlagerung der zum Verlassen ihres Gruppenraumes von der Klägerin abverlangten Rechtfertigung von vorne nach hinten vorlag und sie deshalb durch das Verhalten des Vorgesetzten H. nach wie vor Angst davor haben musste, dass dieser trotz formal gegenläufiger Anweisung auch weiterhin bei ihren eigenen Toilettengängen eine mögliche Quelle der Beanstandung sah, dann konnte sie zu ihrer Absicherung die telefonische Vorababmeldung auch weiter führen. Dadurch war gewährleistet, dass sie nicht in eine Situation geraten konnte, wo die Konfrontation mit einem entsprechenden Rechtfertigungsverlangen des Vorgesetzten erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, bei dem der zeitliche Abstand bereits so groß war, dass für sie dadurch eine Erklärungsnot entstehen konnte.

Die von der Klägerin möglicherweise gegenüber dem Mitarbeiter Willmer begangene, aber von der Beklagten nach den Umständen und ihres Zustandekommens gegenüber der Kammer nicht ausreichend ausgeleuchtete Beleidigung und üble Nachrede betrifft nicht die Feststellung einer zwischen ihr und dem Beklagtengeschäftsführer bzw. dem Vorgesetzten H. bestehenden Täter-Opfer-Beziehung. Auch wenn dieses Verhalten der Klägerin zuträfe, dann läge es außerhalb der für die Täter-Opfer-Beziehung in Frage stehenden Personenkonstellation. Anders wäre es nur dann, wenn diese Personen Adressat der gegen Herrn Willmer gerichteten Ehrverletzung gewesen wären. Wenn ein von einem Arbeitskollegen durch Beleidigung oder üble Nachrede am Arbeitsplatz in seiner Ehre verletzter Mitarbeiter seinen Arbeitgeber nicht ausreichend über die Umstände der Tatbegehung informiert oder eine nicht ausreichende Information des Gerichts durch den Arbeitgeber zur Erfolglosigkeit einer wegen der Beleidigung von diesem ausgesprochenen Kündigung führt, bleibt dem von der Ehrverletzung betroffenen Mitarbeiter als Sanktionsmöglichkeit nur der von ihm selbst zu beschreitende Weg einer Strafanzeige oder zivilrechtlichen Klage wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung.

Auch aus dem von der Beklagten ohne substanzielle Angaben schriftsätzlich und durch ihren Geschäftsführer in der Berufungsverhandlung gezeichneten Bild einer als Störenfried zu bezeichnenden und zu keiner vernünftigen Zusammenarbeit zu bringenden Person lässt sich für das Fehlen einer Täter-Opfer-Beziehung nichts herleiten. Auch dies führt unter der Herrschaft des Rechts nicht zu einer Interessenlage, welche einen durch persönliche Herabwürdigung und systematische Erschwerung der Arbeitsbedingungen gekennzeichneten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht als billigenswert erscheinen lässt. Im übrigen hat dieses Bild durch die in der Berufungsverhandlung gesammelten Eindrücke der Kammer auch keine Bestätigung gefunden. Die Klägerin erwies sich - was für sich allein keinem Menschen zur Last gelegt werden kann - dabei zwar in der Vertretung ihrer Interessen als resolute, aber in keiner Situation unsachlich, geschweige denn unhöflich, sondern bei sachlichem Verhalten ihres Gegenübers eher defensiv agierende Person. Dafür spricht im übrigen auch schon der durch ihr im Rechtsstreit vorgelegten Schreiben an den Geschäftsführer erkennbare Versuch, die Problematik auf einer Sachebene zu lösen und dabei auch eine Umsetzung in Kauf zu nehmen.

b) Bereits eine isolierte Einzelprüfung der 19 mobbingrelevanten Tatelemente des Streitfalls lässt bezüglich einiger Handlungen darauf schließen, dass es sich um bei diesen um Maßnahmen der Schikane, Diskriminierung oder Anfeindung gehandelt hat.

Bei dem als Tatelement Nr. 1 gelisteten Verhalten des Vorgesetzten H. handelt es sich bereits für sich genommen um einen aus mehreren Einzelakten zusammengesetzten Verhaltenskomplex. Hierzu ist auszuführen, dass das Bestellen einer Mitarbeiterin in das Dienstzimmer eines Vorgesetzten zur Kritik ihrer Arbeitsleistungen und selbst die in diesem Zusammenhang erfolgende Bezeichnung als schlechteste Mitarbeiterin per se weder ein unerlaubter (Weisungs-) Rechtsübergriff noch eine kommunikative Inadäquanz verkörpert. Die Bezeichnung als schlechteste Mitarbeiterin kann durchaus auch aus dem Zweck der Mitarbeitermotivation nachvollziehbar sein, wenn das Verhalten und die Persönlichkeit des betreffenden Mitarbeiters die Maßnahme eines solchen "Tritts in den Hintern" erforderlich erscheinen lässt. Auch wenn es sich um einen situationsbedingt einmaligen oder vereinzelt gebliebenen emotionalen Ausbruch, der selbst gelassenen Naturen bei Anhäufung von Stress und Ärger einmal unterlaufen kann, gehandelt hätte, kann daran nicht ohne weiteres die Unterstellung geknüpft werden, dem habe eine auf Drangsalierung gerichteter Vorsatz zugrunde gelegen. Anders ist es allerdings dann, wenn ein solches Verhalten nicht vereinzelt geblieben ist und sich die Kritik als Kette einer regelmäßig wiederkehrenden entmutigenden und einschüchternden Maßregelung erweist (ebenso ArbG Lübeck, Urteil vom 7.9.2000, AuA 2001, 138; zu herabwürdigender Kritik als Mobbingtatelement auch Urteil der Kammer vom 15.2.2001, AR Blattei ES 1215 Nr. 3 = NZA-RR 2001, 577; zum Fall maßregelnder Personalgespräche auch LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.7.2001, PersR 2002, 9). Ein solches Verhalten ist in einem Mitarbeiterverhältnis, in dem nicht die Person sondern ein Sachproblem eliminiert werden soll, nicht plausibel.

Kein verständig denkender und auf die Aufrechterhaltung und Förderung der Arbeitsvertragsbeziehungen Wert legender und an der Lösung von Sachproblemen orientiert handelnder Chef hätte sich in der konkreten Situation so wie der Vorgesetzte H. verhalten. Anstatt die Klägerin immerfort in das Vorgesetztenbüro zu zitieren und dort als schlechteste Mitarbeiterin abzukanzeln, hätte man mit ihr bei dauerhaftem Anlass zur Beanstandung ihrer Arbeit konstruktiv über mögliche Fehlerquellen reden müssen und anstatt dies nur anzukündigen, gegebenenfalls die von der Klägerin selbst akzeptierte Umsetzung durchführen müssen. Die Beklagte hat aber auch mit keinem Satz begründet, wieso es sich bei der Klägerin um die schlechteste Mitarbeiterin gehandelt haben soll. Dazu hätte es des Vortrags von Umständen bedurft, aus denen die Kammer nachvollziehen konnte, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen gegenüber anderen Beschäftigten so abfallen, dass sie zu dieser Einstufung berechtigen. Insofern muss sich die Beklagte auch widersprüchliches Verhalten vorhalten lassen. Wenn es sich bei der Klägerin tatsächlich um die schlechteste Mitarbeiterin gehandelt hat, dann ist mit gesundem Menschenverstand überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen, wieso die Beklagte bei einer Erhöhung der Gruppenstärke von 6 auf 10 Behinderte ausgerechnet diejenigen Behinderten der Gruppe der Klägerin zugeteilt hat, die in anderen Gruppen vor allem durch Aggressivität und nicht unbedingt durch eine für die Beschäftigung in der Kerzenherstellung befähigende Kreativität aufgefallen waren. Die Klägerin hatte diese für sie plötzlich und nicht vorsehbar durchgeführte Zuweisung ausweislich ihres Schreibens vom 10.12.2001 als Beweis für das Vertrauen der Beklagten in ihre jahrelange Berufserfahrung und ihr Durchsetzungsvermögen gewertet, auch mit schwierigen Behinderten umzugehen sowie Ruhe und ein hohes Maß an Harmonie auch in eine große Gruppe mit unterschiedlichen Charakteren zu bringen. Auch angesichts dessen ist ihre Abkanzelung als schlechteste Mitarbeiterin völlig unverhältnismäßig. Es ist bezüglich des Tatelements Nr. 1 danach offenliegend, dass die Klägerin bereits durch die gelegentlich solcher zur Kritisierung ihrer Arbeit geführten Dienstgespräche mindestens fünfmalige Bezeichnung als schlechteste Mitarbeiterin einem mit Wissen und Wollen und damit vorsätzlich begangenen persönlichkeitsfeindlichen Angriff ausgesetzt war. Selbst dann, wenn die Annahme der Klägerin, die Zuweisung von schwierigen Fällen sei ein Vertrauensbeweis in ihre Kompetenzen gewesen, blauäugig war, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Dann käme nämlich nur in Betracht, dass dieses Vorgehen dazu bestimmt war, für die Klägerin fehleranfällige Arbeitsbedingungen und die Grundlage für die spätere, in dem Tatelement Nr. 1 zusammengefasste, ihre Persönlichkeit verletzende Kritik zu schaffen.

Nichts anderes gilt auch für die unstreitige ständige Bemängelung von Unterschieden im Farbton der durch die Behinderten unter ihrer Aufsicht und Anleitung in Handarbeit vollzogenen Kerzenproduktion, dem potentiellen Tatelement Nr. 2. Auch diesem Tatelement liegt ein durch die völlige Unverhältnismäßigkeit der Vorwürfe offenliegender, jedenfalls aber durch die fehlende Plausibilität eines solchen Verhaltens in einer intakten Mitarbeiterbeziehung indizierter und durch geeigneten Gegenvortrag der Beklagten nicht widerlegter Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz zugrunde. Es ist kaum vorstellbar, dass durch eine solche Tätigkeit von geistig und im Einzelfall noch motorisch behinderten Menschen bei der Farbgebung ein Qualitätsstandard erreichbar sein kann, der sich mit einer maschinellen industriellen Fertigung messen lässt. Jede Abweichung vom Mischungsverhältnis der Färbelösung, jede Sekunde eines längeren oder kürzeren Verbleibs der per Hand in die Färbelösung einzutauchenden Kerzenrohlinge kann Auswirkungen auf die Farbgebung haben. Dies hat die Klägerin bei ihrer Anhörung durch die Kammer anschaulich, überzeugend und ohne Widerspruch der Beklagten vorgetragen. Gleichwohl hat der Vorgesetzte H. sie ständig selbst für nur in Nuancen bestehende Farbunterschiede kritisiert ("rot nicht rot", "gelb nicht gelb"). Völlig zu recht hat die Klägerin mit der Äußerung "Wir streiten uns hier über Blautöne und draußen ist vielleicht Krieg!" ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass der Vorgesetzte H. selbst am Tag des terroristischen Angriffs auf das World-Trade-Center in New York, am 11.9.2001 seine ständige Farbgebungskritik fortgesetzt und Abweichungen in der Blautönung der Kerzen vorgeworfen hat.

Hingegen kann allein aus dem ihr gegenüber unstreitig erhobenen, aber der Sache nach von der Klägerin bestrittenen Vorwurf, zur Materialbeschaffung zu oft ins Lager zu gehen, für sich genommen und ohne die Angabe weiterer aber nicht ersichtlichen Einzelheiten nicht angenommen werden, dass dieser Vorwurf aus Gründen der Schikane, Diskriminierung oder Anfeindung erfolgte. Auch in einer intakten Mitarbeiterbeziehung kann ein solcher Vorwurf berechtigt sein. Der für die Annahme einer Schikane, Diskriminierung oder Anfeindung erforderliche Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz ist deshalb bei isolierter Betrachtung dieses Tatelementes nicht indiziert. Das potentielle Tatelement Nr. 3 kann damit nur dann Gegenstand einer Mobbingverhaltensgesamtheit sein, wenn bei Gesamtschau aller Tatelemente angenommen werden muss, dass auch dieser Vorwurf zum Zwecke der Bekämpfung der Persönlichkeit der Klägerin erfolgte.

Anders ist die Lage wieder bei der Beanstandung eines fehlenden schriftlichen Kerzenauftrags durch den Laden der Beklagten, obwohl die mündliche Auftragserteilung früher gang und gäbe war. Es kann zwar im Interesse der Beklagten liegen, eine solche Praxis abzuändern. Man hätte in einer intakten Mitarbeiterbeziehung dann aber erwarten können, dass dies nicht im Wege einer die Klägerin überrumpelnden Beanstandung, sondern der Ankündigung einer zukünftigen Änderung geschieht. Dies indiziert den Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung. Dieses Indiz hat die Beklagte nicht durch Vortrag eines Irrtums, eines Versehens oder einer fehlerhaften Lageeinschätzung entkräftet. Das potentielle Tatelement Nr. 4 kann damit ohne weiteres Gegenstand einer Mobbingverhaltensgesamtheit sein, wenn es im Zusammenwirken mit den in die Gesamtschau einfließenden weiteren Tatelementen die Annahme einer systematischen Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin begründet.

Auch an der Einforderung eines Zertifikats für die Teilnahme an den Workshops eines Zulieferers, dem potentiellen Tatelement Nr. 5 kann ein Interesse bestehen. Wenn es sich allerdings um die Erteilung einer sinnlosen Aufgabe gehandelt hätte, kann es sich um eine Schikanemaßnahme gehandelt haben (zur Erteilung unlösbarer oder sinnloser Aufgaben: Urteil der Kammer vom 10.4.2001, NZA-RR 2001, 347). Die Klägerin hat vorgetragen, dass ein solches Zertifikat keinen Sinn gemacht hätte, weil sie bei diesem Zulieferer keine speziell für ihre Aufgaben bei der Beklagten erforderlichen Kenntnisse erworben und es sich um reine Verkaufsveranstaltungen gehandelt habe. Dies hat die Beklagte anders gesehen, sonst hätte sie der Klägerin wohl kaum eine Teilnahme an diesen Workshops ermöglicht. Deshalb kann der Gesichtspunkt der Nutzlosigkeit der Workshops kein Indiz dafür sein, dass die Einforderung eines Zertifikats ein schikanöser Akt war. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Kägerin hat der Vorgesetzte H. aber nur von ihr, aber nicht von den Mitarbeiterinnen P. und K., welche ebenfalls an diesen Workshops teilgenommen haben, die Vorlage eines solchen Zertifikats verlangt. Das Verlangen stellt sich daher als eine die Klägerin diskriminierende Sonderbehandlung dar, die in einer intakten Mitarbeiterbeziehung nicht plausibel ist (bei schikanösen oder diskriminierenden Sonderbehandlungen ebenso z.B. BGH, Beschluss vom 1.8.2002, NJW 2002, 3173; LAG Köln, Urteil vom 15.2.2002, MDR 2002, 1323). Dadurch wird indiziert, dass dieses Verhalten von dem Vorsatz der Bekämpfung der Klägerin geleitet war. Die Beklagte hat auch keine Umstände vorgetragen, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigen und das Indiz eines Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatzes entkräften könnten. Dies hat die bereits für das mögliche Tatelement Nr. 4 bezeichnete Folge.

Im Ergebnis gilt das Gleiche bei der im September 2001 durch ihren Vorgesetzten H. von der Klägerin abgeforderten Rechtfertigung für eine statt unmittelbarer Rückkehr von einer Dienstreise zu ihrem Betrieb wegen einer Bombendrohung auf dem dortigen Hauptbahnhof (welche ihre Zugverbindung zum Erliegen gebracht hatte) erfolgende und zu diesem Zeitpunkt mittlerweile mehr als 2 Monate zurück liegenden Hotelübernachtung in Köln, dem potentiellen Tatelement Nr. 6. Wie die Klägerin unwidersprochen erläutert hat, hatte die Deutsche Bahn AG die Übernachtungskosten übernommen. Wegen des damaligen nasskalten Wetters und stundenlangen Wartens vor dem Bahnhof war sie völlig erkrankt am nächsten Tag in Erfurt angekommen und habe zwangsläufig den Dienst nicht pünktlich antreten können. Damals hatte sie den Vorgesetzten H. unmittelbar über das Geschehen informiert und dieser hat ihre Erklärung ohne Probleme und Zweifel akzeptiert. Die 2 Monate später aus heiterem Himmel erfolgte Weisung, die Erforderlichkeit ihres Hotelaufenthalts zu nachzuweisen, machte nach Lage des Sachverhaltes keinen anderen Sinn als die Schikane der Klägerin. Zum einen weil sie im Widerspruch zu einer bereits erfolgten Anerkennung einer Entschuldigung der Klägerin stand, zum anderen aber auch deshalb, weil es nach der inzwischen verstrichenen Zeit für die Klägerin ohne unverhältnismäßigen Aufwand kaum noch möglich war, der Weisung nachzukommen.

Bei den Tatelementen Nr. 7 und Nr. 8 ergibt die isolierte Beurteilung wiederum keine Schikane, Diskriminierung oder Anfeindung. Die Ankündigung einer Umsetzung der Klägerin kann sowohl eine mobbingrelevante Drohung mit Nachteilen sein (vgl. Urteil der Kammer vom 15.2.2001 a.a.O.; Urteil des LAG Sachsen-Anhalt vom 7.1.2000 - 9 Sa 473/99 - juris: Drohung, einen LKW-Fahrer nach Hause zu schicken). Sie kann aber auch eine schlichte aus sachlichen Gründen erforderlich gewordene Information sein. Auch der im Beisein seiner Stellvertreterin B. am 12.12.2001 erhobene Vorwurf, einen Auftrag für die Kerzenherstellung nicht erledigt zu haben, könnte unter Umständen berechtigt gewesen sein. Die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich herleiten lassen könnte, dass diese Maßnahmen bereits durch deren äußere Erscheinungsweise oder deren aus sich heraus auf der Hand liegende völlige Unverhältnismäßigkeit von dem Willen getragen waren, die Klägerin zu bekämpfen. Bei isolierter Betrachtung kann auch ein Fehlen der Plausibilität dieser Maßnahmen in einer intakten Mitarbeiterbeziehung nicht festgestellt werden. Es gilt deshalb das im Ergebnis zum potentiellen Tatelement Nr. 3 Gesagte.

Bei dem Tatelement Nr. 9, der vom Beklagtengeschäftsführer erteilten Abmahnung vom 12.12.2001 handelt es sich um eine Rechtsmaßnahme. Auch Rechtsmaßnahmen können Bestandteil eines Mobbingzusammenhangs sein, wenn ihnen der Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung zugrunde liegt. Liegt dieser nicht bereits durch die äußere Erscheinungsweise einer solchen Maßnahme oder ihrer völligen Unverhältnismäßigkeit auf der Hand, kann er trotzdem durch eine fehlende Plausibilität in einer intakten Mitarbeiterbeziehung indiziert sein. Der vermeintliche Mobbingtäter kann dieses Indiz durch den Vortrag eines Irrtums, eines Versehens, einer Fehleinschätzung oder eines Ausreißers entkräften. Wenn sich nicht bereits aus ihrem äußeren durch Inhalt oder der Art und Weise ihrer Überbringung geprägten Erscheinungbild ihre völlige Unverhältnismäßigkeit ergibt, reicht die schlichte nicht bereits jedem einleuchtende Rechtswidrigkeit einer arbeitgeberseitigen Rechtsmaßnahme als solche zur Feststellung des Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatzes nicht aus. Arbeitgeber oder diese vertretenden Organe sind in aller Regel nicht arbeitsrechtlich geschulte Juristen, welche eine rechtliche Einschätzung von Rechtsmaßnahmen treffen können, deren Wirksamkeit nur mit besonderen arbeitsrechtlichen Fachkenntnissen beurteilt werden kann. Der Mobbinggehalt solcher Rechtsmaßnahmen kann dann nur durch die das Gesamtverhalten einschließende Beurteilung bewertet werden. So liegen die Dinge auch bei isolierter Bewertung dieser wegen Verweigerung eines Dienstgesprächs und Beleidigung des Vorgesetzten H. erteilten Abmahnung. Nichts anderes gilt auch für die eine Woche später nachfolgende Abmahnung der Klägerin vom 19.12.2001, das potentielle Mobbingtatelement Nr. 10, mit der durch den Beklagtengeschäftsführer die Nichtbefolgung eines schriftlichen Auftrags und die erneute Beleidigung des Vorgesetzten H. als Lügner sanktioniert wurde.

Bei dem als Tatelement Nr. 11 gelisteten Weisung des Beklagtengeschäftsführers handelt es sich um eine Rechtsmaßnahme, bei welcher der Persönlichkeits-bekämpfungsvorsatz, wenn schon nicht durch ihre völlige Unverhältnismäßigkeit offen auf der Hand liegt, so jedenfalls aber durch eine in einem intakten Mitarbeiterverhältnis nicht mehr nachvollziehbaren Plausibilität indiziert ist und kein Vorbringen der Beklagten ersichtlich, nach der Lage der Umstände des Streitfalles aber auch nicht denkbar ist, welches dieses Indiz entkräftet. Unklar ist schon welche konkrete Art von Konflikt mit der Klägerin bestanden hat, die eine dauerhafte Auferlegung der Verpflichtung nachvollziehbar erscheinen lassen würde, sich bei Verlassen ihres Gruppenraumes bei ihrem Vorgesetzten abzumelden. Wenn die Klägerin nach dem Geschmack ihres Vorgesetzten H. zu häufig ins Lager ging, um Material zu holen, hätte die Materialbeschaffung auf eine reibungslosere Art organisiert werden können, als durch die unbefristete Institutionalisierung einer Abmeldepflicht, wodurch auch die Vorgesetzten selbst - wie diese später als Opfer ihrer eigenen Schikanestrategie in einer das Ursache-Wirkungs-Verhältnis zu Lasten der Klägerin auf den Kopf stellende Weise beklagt haben - im Ablauf ihrer eigenen Arbeit gestört wurden. Dass es aber gar nicht um eine (in beschränktem Maße unter Umständen, welche nach dem Vorbringen der Beklagten im Streitfall aber nicht ersichtlich sind, aus verständiger Sicht nachvollziehbare) Zweckmäßigkeitskontrolle von Lagergängen der Klägerin gegangen sein kann, wird bereits dadurch deutlich, dass die Abmeldepflicht alle Arbeitsgänge und sogar selbst Pflegegänge mit Behinderten betraf, bei denen es sich in der Regel um deren Begleitung auf die Toilette handelte. Gerade Letzteres zeigt das schikanöse Element der Abmeldeweisung. Wenn ein Mensch ein dringendes Bedürfnis hat, die Toilette aufzusuchen, kann dieses Bedürfnis keiner Zweckmäßigkeitskontrolle Dritter unterstellt werden. Die Einhaltung solcher Weisungen kann im Einzelfall dazu führen, dass die Toilette nicht mehr rechtzeitig erreicht werden kann. Wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung näher erläutert hat, befinden sich in ihrer Gruppe Behinderte, die auf Hilfe bei hygienischen Maßnahmen angewiesen sind, z.B. weil sie sich einkoten oder einnässen. Was die Beklagte von der Klägerin mit der Abmeldepflicht abverlangt, trifft deshalb auch die Menschenwürde der Behinderten. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei der Abmeldeweisung um eine unstreitig nur die Klägerin, aber nicht andere MitarbeiterInnen der Beklagten treffende Maßnahme und deshalb auch um eine Sonderbehandlung mit betriebsöffentlicher Diskriminierungswirkung gehandelt hat, was für sich allein schon den Vorwurf eines Mobbingangriffs begründen kann (zur Sonderbehandlung durch Anordnung der persönlichen An- und Abmeldung beim Vorgesetzten wie hier: LAG Köln, Urteil vom 15.2.2002, MDR 2002, 1323; den Mobbingcharakter anderweitiger diskriminierender und schikanierender Verhaltensanweisungen bejahend ebenfalls: BGH, Beschluss vom 1.8.2002, NJW 2002, 3173; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.8.2001, ZIP 2001, 2298; ArbG Berlin, Urteil vom 8.3.2002 - 40 Ca 5746/01 - n.v.). Die aus der Sicht eines verständig denkenden und an der Lösung von Sachproblemen orientiert handelnden Arbeitgebers bestehende Absurdität und völlig offenliegende Schikanebestimmtheit der Abmeldeweisung wird unter Hinzuziehung der Behauptung des Beklagtengeschäftsführers in der Berufungsverhandlung, diese Weisung sei zum Schutz der Klägerin erfolgt, nur noch weiter unterstrichen. Vor wem und warum die Klägerin in einer Weise zu schützen gewesen ist, welche ihre in freier Selbstbestimmung und eigenverantwortlicher Einschätzung betrieblicher Erfordernisse bestehende Bewegungsfreiheit mit einer öffentlichen Prangerwirkung einschränkt, ist weder vorgetragen noch denkbar. Auch hier wird der Tatbestand auf den Kopf gestellt. Der mehr als deutlich auf der Hand liegende Verhaltensantrieb dieser Maßnahme ist nicht der Schutz, sondern die Bekämpfung der als Störenfried angesehenen Klägerin gewesen. Die der Klägerin unbefristet erteilte Abmeldeverpflichtung verstößt nach den Umständen des Falles deshalb ganz offensichtlich nicht nur gegen die nach der Rechtsprechung der Kammer (Urteil vom 10.4.2001 a.a.O.) jeden Arbeitgeber treffende Pflicht, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei ihm Beschäftigten nicht selbst durch Eingriffe in deren Persönlichkeits- und Freiheitssphäre zu verletzen, diese vor Belästigungen durch Mitarbeiter oder Dritte zu schützen und einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern. Sie steht wegen der beschriebenen, die in der Gruppe der Klägerin beschäftigten Behinderten treffenden Kollateraleffekte auch im Widerspruch zu dem Selbstverständnis einer menschengerechten Behindertenbetreuung.

Bei dem Tatelement Nr. 12, der vom Beklagtengeschäftsführer elf Tage nach Rückkehr aus dem durch psychische und physische Erschöpfung ausgelösten fünfmonatigen Krankenstand der Klägerin erteilten Abmahnung vom 21.6.2002, mit der die Verweigerung von drei am 13.6.2002 durch den Vorgesetzten H. die zur Beschaffung von Arbeitsmaterialien aus dem Lager erteilten Arbeitsaufträgen sanktioniert wurde, kann ohne weiteres nicht angenommen werden, dass dieser Vorwurf aus Gründen der Schikane, Diskriminierung oder Anfeindung erfolgte. Die Klägerin hat diese Verweigerung ausweislich der Abmahnung mit einer Weisung des Geschäftsführers begründet, keine logistischen Arbeiten durchführen zu dürfen. Die Klägerin hat aber den Nachweis einer solchen Weisung oder anderer Umstände, welche die von ihr behauptet diesbezüglich durch das Beklagtenverhalten verursachte Unsicherheit über ihre Verhaltenspflichten erzeugt haben, nicht geführt. Diese Abmahnung ist deshalb unbeschadet der späteren, rechtskräftig gewordenen Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit durch das Arbeitsgericht auch in einer intakten Mitarbeiterbeziehung im Zeitpunkt ihrer Erteilung nicht unplausibel. Auch bei einem mehr als zehn Jahre beschäftigten Arbeitnehmer kann eine dreimal am Tag und deshalb beharrlich begangene Arbeitsverweigerung eine Abmahnung rechtfertigen. Das potentielle Tatelement Nr. 12 scheidet deshalb als Additionsfaktor für die abschließende verhaltensumfassende Beurteilung aus, weil es der Klägerin nicht gelungen ist, Umstände nachzuweisen, die einen diesem Tatelement innewohnenden Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung offen legen oder jedenfalls unter Hinzunahme anderer Tatelemente plausibel machen können.

Bei dem Tatelement Nr. 13, dem vom Beklagtengeschäftsführer H. erhobenen Vorwurf, ohne vorangegangene Abmeldung nach dem Verbleib des auffallend lange nicht von einem Toilettengang in den Gruppenraum der Klägerin zurückgekehrten Behinderten L. gesehen zu haben, handelt es sich um eine nur der Persönlichkeitsbekämpfung der Klägerin dienende Kritik. Dies folgt schon aus dem zum Tatelement Nr. 11 Gesagten. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei diesem Behinderten um eine schubweise besonders, auch gegen sich selbst aggressiv vorgehende Person gehandelt hat, die hin und wieder handgreiflich wurde, Geräte und Stühle durch den Raum warf, fast täglich seine Brille verbog oder sein Glasauge herausnahm und bereits einmal angekündigt hatte, aus dem Fenster (1. Etage) springen zu wollen und an dem betreffenden Tag bereits durch Türenschlagen auffällig geworden war und nach alledem zur Abwendung einer möglichen Gefahr ein unmittelbarer und nicht noch durch zeitverschwenderische Abmel-dungstelefonate behinderter Handlungsbedarf bestand. Kein vernünftiger Arbeitgeber würde in einem intakten Arbeitsverhältnis einem Mitarbeiter ein Verhalten zur Last legen, mit dem dieser durch verantwortungsvolles Handeln einen mögliche Schaden vom Betrieb abgewendet hat.

Bei der am gleichen Tag und als Reaktion auf ihr auf der Beurteilungsgrundlage des gesunden Menschenverstandes eigentlich umsichtige Verhalten der Klägerin durch den Vorgesetzten H. auferlegten Pflicht, sich nun auch noch für eigene Toilettengänge bei ihm oder seiner Stellvertreterin abzumelden, dem potentiellen Tatelement Nr. 14, handelt es sich bereits bei isolierter Beurteilung, um eine eigenständige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin, in jedem Fall aber um eine Maßnahme mit unwiderlegbar auf der Hand liegendem Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung. Auf das zum Tatelement Nr. 11 Gesagte wird Bezug genommen.

Sachlich zugehörig zu in den Tatelementen Nr. 11 und Nr. 14 verkörperten Dauerschikanen ist die im Protokoll der Dienstberatung vom 11.11.2002 dokumentierte Belehrung der Klägerin durch ihren Vorgesetzten H., sie brauche bei dienstlich beabsichtigtem Verlassen der Räume nicht zu bitten, sondern nur sachlich zu informieren, das potentielle Tatelement Nr. 15. Die Klägerin hat hierzu in der Berufungsverhandlung erläutert, Herr H. habe in dieser ausweislich des Protokolls in Anwesenheit der Mitarbeiterinnen B., H. und M. geführten Dienstberatung gesagt "Sie brauchen nicht zu bitten, zur Toilette gehen zu dürfen, sondern einfach nur zu sagen: Ich muß aufs Klo gehen." Obwohl nach dem Wortlaut des fraglichen Protokolls nur das "dienstliche Verlassen" des Raumes angeführt ist, glaubt die Kammer, dass auch das aus dem Grunde eines persönlichen Toilettenganges erforderliche Verlassen ihres Arbeitsbereichs in der von ihr angegebenen Wortwahl Gegenstand des Gesprächs war. Aus den bereits anfangs (unter C.II.4. a), aa)) genannten Gründen hält die Kammer auch diese Aussage der Klägerin zu Gunsten der Beklagten für glaubwürdig. Hätte die protokollierte Regelung nicht auch die Nichterforderlichkeit einer Bitte für die Genehmigung von Toilettengängen der Klägerin erfasst, sondern wäre dieses anscheinend bestehende Erfordernis insoweit aufrechterhalten geblieben, dann wäre die damit verbundene Demütigung und Herabwürdigung der Klägerin noch drastischer. Aus dem Vorstehenden ergibt sich jedenfalls zur Überzeugung der Kammer, dass sich der Vorgesetzte H. der Beklagten für die Erlaubnis, dass diese ihren Gruppenraum zum Zwecke von Arbeitsgängen, zu denen auch Pflegegänge gehörten, für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten hat bitten lassen, bevor er auf die Idee gekommen ist, dass eine sachliche Information - was immer er darunter auch verstanden haben mag - ausreichend ist. Weiter ergibt sich, dass diese Praxis auch sieben Tage lang sogar für die persönlichen Toilettengänge der Klägerin stattgefunden hat. Einen eigenständigen Verletzungswert hat diese in der Dienstberatung der Klägerin erteilte Weisung, weil diese die Klägerin gegenüber den anwesenden drei Arbeitskolleginnen erneut dadurch bloßstellte, dass durch die vermeintlich großzügige Abschaffung des Erfordernisses einer Bitte auf die Fortsetzung der die Klägerin schikanierenden und diskriminierenden Sonderbehandlung hingewiesen wurde. Auch bei dieser Bloßstellung handelte es sich auf der Grundlage des bereits Gesagten um eine in einem intakten Mitarbeiterverhältnis nicht denkbare und damit Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz indizierende Weisung.

Auch bei dem Tatelement Nr. 16, der nur einen Tag später, am 12.12.2002, in einem erneuten Dienstgespräch, ebenfalls im Beisein seiner Stellvertreterin B. und der Arbeitskollegin M. erfolgten und aufgrund des an den Beklagtengeschäftsführer gerichteten und inhaltlich nicht bestrittenen Schreibens vom 13.11.2002 unstreitig gewesenen Kritik des Verhaltens der Klägerin und der dieser anschließend erteilten Weisung, handelt es sich ganz offensichtlich nach ihrem äußeren Erscheinungsbild und Inhalt bereits um vorsätzliche Maßnahmen der Schikane und Diskriminierung der Klägerin. Der vom Vorgesetzten H. an die Klägerin gerichtete Vorwurf, wieso sie sich seit einer Woche für Toilettengänge bei ihm abmelden würde, hierfür sei nämlich gar keine Abmeldung erforderlich, das kontinuierliche Einholen von Genehmigungen würde nur ihn und seine Stellvertreterin B. unnötig von der Arbeit abhalten, stellt sich nach Lage der Dinge nicht als sachlich nachvollziehbarer Bestandteil einer Problemlösung sondern lediglich als Maßnahme der Einschüchterung und Maßregelung der Klägerin dar. Er ist zwar in seiner Entstehung, aber nicht in seiner inhaltlichen Berechtigung nachvollziehbar. Wie der Beklagtengeschäftsführer in der Berufungsverhandlung wörtlich ausgeführt hat, gab er nach etwa acht Tagen dem Vorgesetzten H. einen Hinweis, dass es keinen Sinn machen würde, die Klägerin mit einer Abmeldung zur Toilette zu belegen (!). Vorangegangen war, dass sich der Vorgesetzte H. und die Stellvertreterin B. durch die pflichtschuldigen Anrufe der Klägerin in ihrer Arbeitsruhe gestört fühlten und damit selbst in den von dem Vorgesetzten H. der Klägerin zugedachten Stricken verfangen hatten. Keinem Mitarbeiter kann ein Verhalten vorgeworfen werden, welches vorgesetztenseitig angeordnet war und schon ganz und gar nicht durch den Vorgesetzten, der diese Anordnung selbst erlassen hat. Unter den letztgenannten im Streitfall vorliegenden Umständen ist dies nicht nur ein mit dem Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung vollzogener Angriff, sondern eine Methode, bei der auch eine Absicht zur psychosozialen Destabilisierung offen zu Tage tritt. Dass sich kein Arbeitgeber oder Vorgesetzter in einer intakten Mitarbeiterbeziehung in solcher Weise verhalten würde, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Die der Klägerin ebenfalls in diesem Gespräch nun quasi ersatzweise erteilte Anweisung, in Zukunft nicht mehr die für das Personal, sondern ausschließlich für Behinderte vorgesehene Toilette benutzen zu müssen, stellt sich als Kompensation der fehlgeschlagenen ursprünglichen Schikanemaßnahme des Abmeldeerfordernisses für Toilettengänge dar. Diese Anweisung ist ebenfalls, ohne dass es weiterer Ausführungen bedarf, von dem Vorsatz einer ersichtlich unter allen Umständen vorangetriebenen Bekämpfung der Klägerin als Person getragen.

Auch bei dem Tatelement Nr. 17, der trotz der formalen Rücknahme der Abmeldepflicht am 12.12.2002 für Toilettengänge weiterhin von der Klägerin abverlangten Rechtfertigung ihrer für Toilettengänge erforderlichen Abwesenheiten ist der Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz bereits bei isolierter Beurteilung indiziert. Es mag zwar ausnahmsweise Fallgestaltungen geben, wo über einen vertretbaren Zeitraum eine derartige nachträgliche Rechtfertigung erforderlich scheint. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass der Betreffende Toilettengänge nur als Vorwand für arbeitsvertraglich nicht erlaubte Betätigungen vorschiebt. Ein Vortrag der Beklagten, mit dem diese den in einer intakten Mitarbeiterbeziehung bestehenden Normalfall der Nichterforderlichkeit solcher Maßnahmen im Fall der Klägerin widerlegen könnte, ist aber nicht ersichtlich.

Soweit die Beklagte mit einer Abmahnung, dem potentiellen Tatelement Nr. 18 am 13.11.2002 das bereits durch das Tatelement Nr. 13 erfasste Geschehen zum Anlass einer arbeitgeberseitigen Sanktion nimmt, liegt ebenfalls bereits bei isolierter Beurteilung ein Sachverhalt vor, der das Vorliegen eines auf Bekämpfung der Klägerin als Person und nicht auf die Lösung von Sachproblemen gerichteten Vorsatzes des Beklagtengeschäftsführers indiziert. Kein vernünftiger Arbeitgeber würde in einem intakten Arbeitsverhältnis einem Mitarbeiter auch noch mit einer Abmahnung ein Verhalten zur Last legen, mit dem dieser durch verantwortungsvolles Handeln einen möglichen Schaden vom Betrieb abgewendet hat (vgl. auch LAG Köln, Urteil vom 15.2.2002, MDR 2002, 1323: Mobbing bejaht bei Abmahnungen wegen Nichtbefolgung schikanöser und diskriminierender Arbeits- und Verhaltensanweisungen).

Auch bei dem durch die anschließende Kündigung der Klägerin verkörperten potentiellen Tatelement Nr. 19 ist der Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatz indiziert. Dies ist nicht bereits aufgrund der schlichten Rechtswidrigkeit dieser Kündigung der Fall. Ein verständiger Arbeitgeber kann sich bei einer Kündigung über seine Berechtigung zu deren Ausspruch geirrt haben. Er kann falschen Informationen aufgesessen oder die Rechtslage falsch eingeschätzt haben. All dies indiziert nicht, dass es ihm nicht um die Lösung eines betrieblichen Problems, sondern die schlichte Bekämpfung der gekündigten Person gegangen ist. Im Streitfall liegen die Dinge aber anders. Hier beruht die Kündigung durchweg auf nach ihrem Inhalt oder ihrem zeitlichen Verbrauch an den Haaren herbeigezogenen und soweit dies nicht der Fall ist, jedenfalls unter Berücksichtigung der Ursache-Wirkung-Verkettung auf völlig haltlosen oder von der Beklagten provozierten oder konstruierten Vorwürfen (vgl. insoweit das unter B. Gesagte). Diese hätten einen verständig urteilenden und die Lösung von Sachproblemen und nicht die Eliminierung der Person im Auge habenden Arbeitgeber nicht zum Ausspruch einer Kündigung bewegt, zumal dann nicht, wenn es sich um eine 55-jährige Mitarbeiterin mit über zehnjähriger Betriebszugehörigkeit gehandelt hat, mit der darüber hinaus arbeitsvertraglich vereinbart war, dass ihre 30-jährige Vorbeschäftigungszeit dem Arbeitsverhältnis der Beklagten angerechnet werden.

c) Die mit Ausnahme des aus den dort genannten Gründen auszuscheidenden Tatelements Nr. 12 vorgenannten Tatelemente, bei denen der Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung indiziert oder aufgrund ihrer inhaltlichen oder äußerlichen Erscheinung bereits feststeht, stehen in einem systematischen äußeren Mobbingzusammenhang. Sie bauen aufeinander auf und greifen zum Teil ineinander über. Der für die Feststellung eines äußeren, das heißt örtlichen und zeitlichen Systemzusammenhangs für eine rechtliche Verschränkung von Mobbingelementen erforderlichen Voraussetzungen sind gegeben, weil die Klägerin an derselben Arbeitsstelle in einem Zeitraum von etwa einem Jahr ständig wiederkehrenden, nicht der Lösung von Sachproblemen sondern der Bekämpfung ihrer Person dienlichen Maßnahmen ihres Vorgesetzten H. und später auch des Geschäftsführers der Beklagten ausgesetzt war.

Das durch die verbleibenden 18 Tatelemente repräsentierte und im Sommer 2001 begonnene potentielle Mobbinggeschehen ist nicht durch den im Dezember 2001 eingetretenen und am 17.5.2002 beendeten fünfmonatigen Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und des sich daran bis zum 10.6.2002 anschließenden Urlaubs der Klägerin unterbrochen worden. Nichts anderes gilt für die Zeit der Kur der Klägerin vom 25.6. bis 7.8.2002. Vor der Arbeitsunfähigkeit lagen im Sinne eines Aufeinanderaufbauens regelmäßig wiederkehrende Handlungen vor, bei welchen der Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung indiziert ist. Insoweit wird auf die entsprechenden obigen Ausführungen Bezug genommen. Durch das sogenannte Konfliktlösungsgespräch vom 21.1.2002, welches der Beklagtengeschäftsführer während der Arbeitsunfähigkeit mit der Klägerin geführt hat, wurde mit der eine Sonderbehandlung der Klägerin darstellenden Anweisung, sich beim Verlassen ihres Gruppenraumes für alle Arbeitsgänge und selbst für Pflegegänge abzumelden, ein Tatelement mit dauerbelastender Gestaltungswirkung eingesetzt. Dieses wurde mit ihrer Arbeitsaufnahme wirksam, jedenfalls im Verlauf betriebsöffentlich und bestand unbefristet bis zum Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung. Dadurch wurde die Klägerin täglich diskriminiert, an den Pranger gestellt, erniedrigt und herabgewürdigt. Es ist deshalb unschädlich, dass die Klägerin nicht den Nachweis dafür erbracht hat, dass die ihr am 21.6.2002 erteilte Abmahnung aus dem Kreis der potentiellen Mobbingtatelemente auszuscheiden war, weil sie die von ihr für die Indizierung eines Persönlichkeitsbekämpfungsvorsatzes vorgetragenen Umstände nicht nachweisen konnte. Es ist deshalb auch unschädlich, dass außer der betreffenden Weisung bis zum 5.11.2002 keine weiteren Handlungen vorgetragen wurden, welche als Mobbingtatelemente in Frage gekommen wären. Dies berührt nur die Frage des Gewichts der in Frage stehenden systematischen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Ab dem 5. 11.2002 liegen dann allerdings in sehr enger Taktfrequenz weitere parallel zu der vorerst "nur" das dienstliche Verlassen ihres Gruppenraumes betreffenden Abmeldeweisung vom 21.1.2002 laufende Handlungen vor, die für sich genommen bereits eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründen, wie es z.B. bei der für den Zeitlauf einer Woche hinzugetretenen Weisung zur Abmeldepflicht für persönliche Toilettengänge der Fall war oder bei denen ein Vorsatz zur Bekämpfung der Klägerin indiziert ist. Das die als Mobbingtatelemente in Betracht kommenden Verhaltensweisen ab einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich der ersten Abmahnung der Klägerin am 12.12.2001 von zwei Personen, nämlich dem Beklagtengeschäftsführer und dem Vorgesetzten H. ausgegangen sind, steht nach den oben genannten Grundsätzen der Annahme eines äußeren Mobbingzusammenhangs nicht entgegen.

d) Die mit Ausnahme des aus den dort genannten Gründen auszuscheidenden Tatelements Nr. 12 vorgenannten Tatelemente, bei denen der Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung indiziert oder aufgrund ihrer inhaltlichen oder äußerlichen Erscheinung bereits feststeht, stehen auch in einem systematischen inneren Mobbingzusammenhang, denn sie sind nach ihrer Art und ihrem Ablauf im Regelfall einer übergeordneten Zielsetzung förderlich, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt ist. Durch die Gesamtheit und das Zusammenwirken der verbleibenden 18 potentiellen Tatelemente ist diese Voraussetzung erfüllt. Diese weisen als gemeinsamen Nenner auf der Basis ihrer gegenseitigen Ergänzung eine mobbingintentionale Wertigkeitsstruktur auf, die der Verwirklichung einer von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung, nämlich der psychosozialen Destabilisierung der Klägerin förderlich ist. Das Gleiche gilt für ein eventuell darüberhinausgehend mit der Methode der psychosozialen Destabilisierung erstrebtes und deshalb ebenfalls von der Rechtsordnung nicht gedecktes Herausdrängen der Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis.

Dass alle der in Frage stehenden 18 Tatelemente diese Regelförderlichkeit aufweisen, ist auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die von dem Vorgesetzten H. der Klägerin und dem Beklagtengeschäftsführer ausgehenden Handlungen im Sinne einer "Geisterfahrerkonstellation" nur zufällig in einen äußeren Mobbingzusammenhang geraten sind . Die Regelförderlichkeit einer von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung besteht nicht nur bei den Handlungen des Vorgesetzten H. (wie insoweit schon die fünfmonatige Krankschreibung der Klägerin wegen psychischer und physischer Erschöpfung zeigt), sondern auch bei denen des Beklagtengeschäftsführers. Dies ist schon bei der ersten Handlung des Beklagtengeschäftsführers der Fall, mit der dieser in das bis dahin von dem Verhalten des Vorgesetzten H. geprägte persönlichkeitsbelastende Geschehen eingreift. Anstatt nämlich - wie es in einem intakten Arbeitsverhältnis dem Anstand entsprochen hätte - auf den in ihrem Schreiben vom 10.12.2001 u.a. an die Mitarbeitervertretung und ihn gerichteten "Hilfeschrei" der Klägerin, in dem sie über eine bis dahin durch den Vorgesetzten H. erlittene schikanöse und von ihr als Mobbing gewertete Behandlung berichtet, eine objektive Sachaufklärung zu betreiben, hat der Beklagtengeschäftsführer, ohne mit der Klägerin überhaupt ein Gespräch geführt zu haben nur zwei Tage später kurzerhand mit der Erteilung einer Abmahnung reagiert und deshalb auf Zuruf und ohne Gegenkontrolle durch Anhörung der anderen Seite Partei für den Vorgesetzten H. ergriffen. Dass die Handlungen des Beklagtengeschäftsführer eine der Zielsetzung der Handlungen des Vorgesetzten H. förderliche Zusammengehörigkeit aufweisen, ergibt auch dessen nachfolgendes Verhalten: Die am 21.1.2002 zum angeblichen Schutz der Klägerin erfolgende Anordnung der fraglichen Abmeldepflicht. Die Kammer fragt sich insoweit, wieso der Beklagtengeschäftsführer, wenn er die Klägerin für schutzbedürftig hielt, ohne viel Federlesen lediglich mit einer dem Vorgesetzten H. beitretenden Abmahnung auf das oben bezeichnete Schreiben der Klägerin reagiert hat und bis zu dem angeblichen Konfliktlösungsgespräch am 21.1.2002, welches als Resultat eine betriebsöffentlich wirkende Dauerdiskriminierung der Klägerin zur Folge hatte, trotz mindestens eines weiteren Schreibens, indem die Klägerin substantiiert auf weiter Schikanen des Vorgesetzten H. hingewiesen hat, noch bis zum Ausspruch der Kündigung einer Aufarbeitung der von der Klägerin benannten Mobbingumstände aus dem Weg gegangen ist. Bezeichnend ist auch die schon sprachlich verräterische Äußerung des Beklagtengeschäftsführers in der Berufungsverhandlung, er habe dem Vorgesetzten H. erklärt, dass es keinen Sinn machen würde, die Klägerin mit einer Abmeldung zur Toilette zu belegen. Daraus ergibt sich, dass er diese Weisung nicht wegen deren Eingriff in die Menschenwürde der Klägerin weg haben wollte, sondern deshalb, weil sich diese Weisung inzwischen als ein die Arbeitsruhe des Vorgesetzten H. und der Mitarbeiterin B. über das von diesen zur Bekämpfung der Klägerin akzeptierte Maß hinaus wirkender Bumerang herausgestellt hatte. Auch die weiteren gegen die Klägerin gerichteten Maßnahmen des Beklagtengeschäftsführers sind Solidarisierungsbeiträge mit dem Vorgesetzten H. gewesen. Dies muss nach deren Inhalt und Ablauf nicht weiter begründet werden.

e) Bei der Beurteilung des Gesamtzusammenhangs der für eine Mobbingprüfung relevanten Tatelemente ergibt sich im Streitfall auch eine verhaltensumfassende mobbingintentionale Struktur, welche in die Verfestigung eines persönlichkeitszersetzenden Angriffsmusters mündet und deshalb die für eine systematische Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht durch Mobbing erforderliche Eingriffstiefe aufweist.

Bereits die in den Tatelementen Nr. 1 und Nr. 2 zusammengefassten Ereignisse (ständige maßregelnde, herabwürdigende, zum Teil auf Fehlersuche und an den Haaren herbeigezogene Kritik) haben nach den im Rahmen ihrer isolierten Würdigung getroffenen Feststellungen aufgrund ihres Zustandekommens, ihrer Art und ihres Ablaufs eine offenliegend der Drangsalierung der Klägerin dienende Struktur. Das Gleiche gilt für die in dem Tatelement Nr. 4 (überrumpelnde Kritik), dem Tatelement Nr. 5 (diskriminierende Sonderbehandlung), dem Tatelement Nr. 6 (schikanöse Weisung, Herbeiführung eines Erklärungsnotstands), dem Tatelement Nr. 11 (mit betriebsöffentlicher Prangerwirkung vollzogene Dauerdiskriminierung), dem Tatelement Nr. 13 (auf Fehlersuche gegründete Maßregelungskritik), dem Tatelement Nr. 14 (selbständige Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch mit betriebsöffentlicher Prangerwirkung vollzogene einwöchige Dauerdiskriminierung), dem Tatelement Nr. 15 (herabwürdigende und bloßstellende Weisung), dem Tatelement Nr. 16 (einschüchternde und maßregelnde Kritik, Herbeiführung eines Erklärungsnotstands, offenliegende Destabilisierungsabsicht), dem Tatelement Nr. 17 (herabwürdigende Behandlung), demTatelement Nr. 18 (auf Fehlersuche und an den Haaren herbeigezogenen Gründen beruhende Abmahnung zum Aufbau einer Kündigungslage), dem Tatelement Nr. 19 (Kündigung nach Aufbau einer Kündigungslage und wegen teilweise an den Haaren herbeigezogenen, teilweise auf konstruierten oder sonst haltlosen Gründen) verkörperten Maßnahmen. Bereits diese Maßnahmen belegen mit zunehmendem Verlauf einen in ihrer Gesamtheit der psychosozialen Destabilisierung der Klägerin immer stärker förderlichen und als solchen ganz offensichtlich sogar erstrebten Wirkungszusammenhang.

Angesichts dieses Befundes kann es dahingestellt bleiben, ob die für die Annahme einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht durch systematische Schikane, Diskriminierung und Anfeindung erforderliche Eingriffstiefe bereits schon im Herbst 2001 erreicht war, wofür einiges sprechen könnte. Für den Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung, auf den es hier ankommt, liegt die Verfestigung eines persönlichkeitszersetzenden Angriffsmusters jedenfalls auf der Hand. Mit der die Klägerin betriebsöffentlich diskriminierenden Anordnung einer Abmeldepflicht für das Verlassen ihres Gruppenraumes zum Zwecke von Arbeitsgängen und dabei sogar Pflegegängen hat die Beklagte ihr Vorgehen gegen die Klägerin auf eine sich täglich auswirkende Dauerbelastung intensiviert. Ab dem 5.11.2002 wird eine nochmalige Intensivierung einer gezielten Persönlichkeitsbelastung der Klägerin deutlich, wobei das der Drangsalierung der Klägerin dienende Mobbingverhalten immer mehr zwanghafte Züge annimmt. Besonders anschaulich wird dies in der auf die Erkenntnis der Sinnlosigkeit der Weisung, sich auch für eigene Toilettengänge abmelden zu müssen, unmittelbar auf dem Fuß quasi zum Ausgleich folgenden Weisung, nicht mehr die Personaltoilette benutzen zu dürfen. Deutlich wird diese Zwanghaftigkeit aber auch durch den für einen verständig denkenden Arbeitgeber völlig irrationalen Vorwurf und der Abmahnung eines Handelns der Klägerin zur Abwendung einer zur Schädigung der Beklagten geeigneten potentiellen Gefahrenlage.

Insgesamt bietet sich mit der in einem normalen Arbeitsverhältnis nicht mehr erklärbaren Anhäufung von Ereignissen mit ständiger oder ständig wiederkehrender Belastungswirkung auf die Psyche und den sozialen Status der Klägerin in der betrieblichen Gemeinschaft auch das Bild eines mobbingtypischen Geschehensablaufs. Das Verhalten des Vorgesetzen H. und des diesem mit seinen gegen die Klägerin gerichteten Rechtsmaßnahmen beigetretenen Beklagtengeschäftsführers erfüllen eine Vielzahl mobbingtypischer Verhaltensmuster: destruktiver, auf Eskalation gerichteter Umgang, Ausschlagen konfliktbeilegender Initiativen, angstmachende Rechtsausübung, permanente Überreaktionen, permanente Kleinlichkeiten, zwanghafte Feindseligkeit, kompromisslose Unerwünschtheit oder Missachtung signalisierende Botschaften.

Im Zusammenwirken mit dem vorstehenden Befund kann deshalb bei lebensgerechter Betrachtung ausgeschlossen werden, dass den bei isolierter Würdigung im Hinblick auf den dort nicht indizierten Vorsatz der Persönlichkeitsbekämpfung noch "mobbingneutral" zu bewertenden, aber ebenfalls auf die Klägerin persönlichkeitsbelastend wirkenden potentiellen Tatelementen Nr. 3, Nr. 7, Nr. 8 , Nr. 9 und Nr. 10 nicht auch der Vorsatz der Bekämpfung der Klägerin zugrundegelegen hat. Auch ohne diese Tatelemente würde das gegenüber der Klägerin an den Tag gelegte Verhalten des Vorgesetzten H. und des Beklagtengeschäftsführers allerdings bereits den Vorwurf eines gemeinschaftlich begangenen systematischen und als Mobbing zu bezeichnenden Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin begründen. Es bedarf deshalb auch nicht mehr des Eingehens auf das Vorliegen weiterer Mobbingindizien, wie etwa einer erst im Verlauf von Mobbingangriffen auftretenden Erkrankung, welche unter Berücksichtigung ihrer syndromhaften Symptomatik und ihres Entstehungszusammenhangs eine typische Folge von Mobbingangriffen darstellen kann.

III. Der vorliegende Fall ist nach alledem zugleich ein Musterbeispiel für die Realitätsferne der Auffassung, dass sämtliche Mobbingfälle am sinnvollsten im Wege innerbetrieblicher Konfliktlösung bzw. durch Mediationsverfahren gelöst werden können und die Justiz sich aus der Befassung mit gerne als "sozialer Konflikt" verharmlosten Sachverhalten heraushalten sollte, die sich nicht selten als grobe und systematische Missachtung der Menschenwürde erweisen. Das betriebliche "Konfliktlösungsgespräch", an dem auch ein Betriebsratsmitglied teilgenommen hatte, konnte die Fortsetzung des arbeitgeber- und vorgesetztenseitig betriebenen Mobbings nicht stoppen, sondern mündete in eine auf Dauerdiskriminierung der Klägerin hinauslaufenden Maßnahme und im weiteren Verlauf auf diese Maßnahme der Bekämpfung der Klägerin verstärkende weitere Mobbingattacken. Die Möglichkeit eines Aufeinanderzugehens in Mediationsverfahren in einem Fall wie diesem setzt voraus, dass der Arbeitgeber bereit ist, von seiner Absicht, einen Arbeitnehmer loszuwerden, ernsthaft und nachhaltig absieht. Ob ein selbst am Mobbing beteiligter Arbeitgeber ein solches Verfahren freiwillig oder konstruktiv mitträgt, erscheint mehr als zweifelhaft.

D. Die Beklagte trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels (§ 97 Abs. 1 ZPO)

E. Gründe für die Revisionszulassung sind nicht ersichtlich. Das Urteil weicht in der isolierten Rechtmäßigkeitsprüfung der Abmahnung (A.) und der Kündigung (B.) nicht von der einschlägigen Rechtsprechung des BAG ab. Die im Rahmen der in der Hilfsbegründung (C.) durchgeführten Mobbingprüfung aufgetretenen Rechtsfragen haben zwar mangels einschlägiger BAG-Rechtsprechung grundsätzliche Bedeutung, sie sind aber nicht entscheidungskausal, sondern dienen - wie bereits begründet dem Zweck, eine Fortsetzung des gegen die Klägerin betriebenen Mobbings zu stoppen.

Ende der Entscheidung

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