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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 09.05.2006
Aktenzeichen: 7/4 Sa 17/05
Rechtsgebiete: BetrAVG, BGB


Vorschriften:

BetrAVG § 3 Abs. 1
BetrAVG § 17 As. 3 S. 2
BGB § 134
Eine wegen Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten vertraglich unverfallbare Versorgungsanwartschaft unterliegt nicht dem Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28.10.2004 - 6 Ca 1176/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die dem Kläger zugesagte betriebliche Altersversorgung mit Prozessvergleich über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses abgegolten werden konnte.

Der am 01.02.1951 geborene Kläger ist Diplom-Chemiker. Am 07.05.1991 trat er in die Dienste der beklagten K. Vereinigung, einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes, und wurde auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 01.09.1992 (Bl. 11 bis 14 d. A.) mit Wirkung zum 01.01.1992 zum Hauptgeschäftsführer bestellt. Der Arbeitsvertrag hat, soweit hier von Interesse, folgenden Inhalt:

§ 2 Dienstzeit und Dienststellung

Die Anstellung des Herrn J. Z. erfolgt auf Lebenszeit nach den Grundsätzen des Beamtenrechts.

§ 5 Vergütung

....

Die ruhegeldfähige Dienstzeit beginnt mit dem 25. Lebensjahr und berücksichtigt alle Vorzeiten, die zur Ausübung der Tätigkeit notwendig sind.

....

§ 6 Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung

Herr Z. hat Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung entsprechend den für Beamte geltenden Vorschriften. Die Versorgungsbezüge werden nach den bei Eintritt des Versorgungsfalles geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen festgesetzt. Die Ansprüche richten sich gegen die KZV Thüringen.

Auf die zu zahlenden Ruhegehalts- und Hinterbliebenenbezüge werden die von der Angestelltenversicherung sowie der für die Dienststelle zuständigen Berufsgenossenschaft zu zahlenden Versorgungsleistungen voll angerechnet.

...

§ 10 Weitergeltung des Vertrages

Bei der Auflösung der KZV Thüringen muss der jeweilige Rechtsnachfolger Herrn Z. zu mindestens gleichen Bedingungen übernehmen.

...

Zur Abdeckung der Ruhegeldverpflichtung bildete die Beklagte Rückstellungen. Mit Bescheid nach § 5 Abs. 1 SGB VI vom 14.10.1993 (Bl. 179/180 d. A.) stellte das Thüringer Ministerium für Arbeit und Soziales fest, dass die Voraussetzungen für die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der zugesagten Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften gegeben sind. Die Beklagte führte die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung des Klägers weiter ab. Seine auf die zugesagte Altersversorgung anzurechnenden Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung trat der Kläger an die Beklagte ab.

Am 22.04.1997 vereinbarten die Parteien einen Versorgungsvertrag (Bl. 16/17 d. A.), der im Vertragsrubrum den 01.02.1976 als Zeitpunkt des Diensteintritts benennt und im Übrigen auszugsweise lautet:

In Anwendung gem. §§ 2, 6 und 10 Ihres Dienstvertrages als Hauptgeschäftsführer erhalten Sie von der KZVTh eine Alters-, Hinterbliebenen- und Berufsunfähigkeitsversorgung nach den Bestimmungen des Beamtenrechts.

Danach gewährt Ihnen die KZVTh gemäß Dienstvertrag folgende Leistungen:

1. Altersruhegeld nach vollendetem 65. Lebensjahr entsprechend den zum heutigen Zeitpunkt gültigen Bestimmungen in Höhe von DM 9.826,00 monatlich. Scheiden Sie infolge von Dienstunfähigkeit vor Erreichen der vertraglich vorgesehenen Altersgrenze aus den Diensten der KZVTh aus, so gewährt Ihnen die KZVTh eine Invalidenrente in Höhe von monatlich DM 9.826,00 längstens zahlbar bis zum Erreichen der vertraglich vorgesehenen Altersgrenze. Anschließend wird das vertraglich vorgesehene Altersruhegeld in Höhe von monatlich DM 9.826,00 gewährt. ...

Die beamtenrechtlichen Regelungen über vorgezogene Inanspruchnahme von Altersruhegeld ab dem vollendeten 60. Lobensjahr unter Berücksichtigung damit im Zusammenhang stehender Abschläge vom Altersruhegeld bleiben davon unberührt.

...

6. Zur Finanzierung und Absicherung ihrer künftigen Verpflichtungen aus der Versorgungszusage lt. Dienstvertrag bzw. dieser Vereinbarung schließt die KZVTh bei der "neuen leben Lebensversicherung AG" eine Rückdeckungsversicherung ab. Alle Rechte und Ansprüche aus diesem Versicherungsvertrag stehen der K. Vereinigung Thüringen unbelastet zu.

...

Vereinbarungsgemäß schloss die Beklagte zur Absicherung der Versorgungszusage eine Rückdeckungsversicherung ab. Aus steuerlichen Gründen wurde zu Gunsten des Klägers zudem eine Direktversicherung in Form einer Kapital- und Risikolebensversicherung abgeschlossen (Versicherungsnummer: ..............). Versicherungsnehmer war die Beklagte. Die laufenden Versicherungsprämien wurden einem aus den aufgelösten Rückstellungen gebildeten Beitragsdepot entnommen, das beim Versicherungsunternehmen verzinslich angelegt worden war.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis 1999 außerordentlich. Im Kündigungsschutzprozess schlossen die Parteien vor dem Thüringer LAG am 02.05.2001 zur Erledigung des Rechtsstreites und unter Miterledigung weiterer erstinstanzlicher Verfahren wegen dreier Folgekündigungen folgenden Vergleich:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis durch einverständliche Aufhebung mit Ablauf des 31.03.2000 sein Ende gefunden hat.

2. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß abzurechnen.

3. Die Beklagte zahlt an den Kläger als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gem. §§ 9, 10 KSchG, 3 Ziff. 9 EStG 250.000,00 DM (i. W. zweihundertfünfzigtausend Deutsche Mark) brutto.

4. Die Beklagte verpflichtet sich, bezüglich der Versicherungsnummer .............. die Versicherungsnehmereigenschaft auf den Kläger zu übertragen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass damit keine Versorgungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte mehr bestehen. Die Beklagte verpflichtet sich, die Versicherungsnehmereigenschaft für die vom Kläger abgeschlossene Direktversicherung bei der D... auf diesen zu übertragen.

...

Der Kläger hatte bei Vergleichsabschluss irrtümlich angenommen, dass die Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft hinsichtlich der Direktversicherung die Übertragung des Beitragsdepots umfasst. Das Versicherungsunternehmen zahlte das getrennt geführte Beitragsdepot an die Beklagte aus.

Im Ausgangsrechtsstreit beim Thüringer Landesarbeitsgericht erklärte der Kläger daraufhin die Anfechtung des Prozessvergleiches vom 02.05.2001 wegen Irrtums. Mit rechtskräftigem Urteil vom 17.04.2002, 4 Sa 251/01 (Bl. 54 bis 63 d. A) stellte das Landesarbeitsgericht fest, dass das Verfahren durch den Prozessvergleich beendet ist.

Der Kläger tauschte seine Prozessvertretung aus und hat mit seiner am 28.04.2004 erhobenen Klage hier den Anspruch aus der Versorgungszusage mit der Begründung geltend gemacht, Ziff.4 des Prozessvergleiches vom 02.05.2001 sei wegen Verstoßes gegen § 3 BetrAVG nach § 134 BGB unwirksam. Seiner vormaligen Prozessvertretung hat er den Streit verkündet. Ein Beitritt ist nicht erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.10.2004 abgewiesen, auf dessen Tatbestand wegen des erstinstanzlichen Klagantrages Bezug genommen wird. Zur Begründung hat es ausgeführt, § 3 BetrAVG verbiete nur die Abfindung gesetzlich unverfallbarer Versorgungsanwartschaften. Bei Abschluss des Prozessvergleiches vom 02.05.2001 sei die Anwartschaft des Klägers aber wegen der Einbeziehung von Vorbeschäftigungszeiten nur vertraglich unverfallbar und damit disponibel gewesen. Die Übertragung der Direktversicherung unter Ausschluss weiterer Versorgungsansprüche des Klägers sei wirksam vereinbart.

Der Kläger hat gegen das ihm am 17.12.2004 zugestellte Urteil am 12.01.2005 Berufung einlegen lassen, die nach Fristverlängerung zum 17.03.2005 am 17.03.2005 begründet wurde.

Die Berufung meint, § 3 BetrAVG verbiete auch die Abfindung vertraglich unverfallbarer Anwartschaften. Hier habe die Beklagte mit Erteilung der Versorgungszusage eine Dienstzeit des Klägers ab dem 01.02.1976 anerkannt, also seit Vollendung des 25. Lebensjahres. Damit sei sie nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 03.07.2000, II ZR 391/98; vom 17.12.2001, II ZR 222/99) hinsichtlich der Unverfallbarkeitsfolgen genauso zu behandeln, als seien die gesetzlichen Voraussetzungen der Unverfallbarkeit bereits erfüllt gewesen. Dementsprechend zähle eine vertraglich vereinbarte Betriebszugehörigkeit auch nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 03.08.1978, 3 AZR 19/77) zum Insolvenzschutz nach § 7 BetrAVG im Sinne der gesetzlichen Unverfallbarkeit. Das Arbeitsgericht setze sich mit dieser Rechtsprechung ebenso wenig auseinander, wie die von ihm angezogenen Standardkommentare zum BetrAVG. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass dem Klägers eine Alterversorgung entsprechend den für Beamte geltenden Vorschriften zugesagt worden sei, womit sich die Wirksamkeit der Ziff. 4 des Vergleiches vom 02.05.2001 nach Beamtenrecht beurteile. Beamtenrechtlich sei der Versorgungsanspruch der Parteidisposition entzogen.

Die Berufung beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 28. Oktober 2004 abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung gemäß § 5 des Dienstvertrages vom 01.09.1992 und des Versorgungsvertrages vom 22.04.1997 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung. Der Regelungsbereich des § 3 BetrAVG werde in Übereinstimmung mit sämtlichen Kommentaren zum BetrAVG zutreffend bestimmt. Die Rechtsprechung des BAG zum Insolvenzschutz nach § 7 BetrAVG sei schon deshalb nicht einschlägig, weil die vertraglich anerkannte Vorbeschäftigungszeit nicht von einer Versorgungsanwartschaft begleitet gewesen sei. Die von der Berufung angezogene Rechtssprechung des BGH stütze das Klagebegehren nicht.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf ihre zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Der streitige Versorgungsanspruch ist nach Ziff. 4 des Prozessvergleiches vom 02.05.2001 ausgeschlossen. Die Vereinbarung ist wirksam, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

I. Ob die Unwirksamkeit der unter Ziff. 4 des Vergleiches vereinbarten Abgeltung der Versorgungsansprüche schon aus prozessualen Gründen nicht mehr geltend gemacht werden kann, mag offen bleiben. Das Thüringer Landesarbeitsgericht hat mit Urteil 17.04.2002 die prozesserledigende Wirkung des Prozessvergleiches rechtskräftig ausgesprochen. Damit steht fest, dass der Vergleich wirksam ist. In einem neuen Rechtsstreit ist der Einwand der materiell-rechtlichen Unwirksamkeit somit präkludiert (BGH vom 03.12.1980, BGHZ 79, 71; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 794 Rz. 15 a). Ein Widerspruch zur rechtskräftigen Feststellung des Urteils vom 17.04.2002 bestünde nur dann nicht, wenn die Teilnichtigkeit die Wirksamkeit des Vergleiches im Übrigen unberührt ließe, was nach § 139 BGB voraussetzt, dass der Prozessvergleich auch ohne die Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung abgeschlossen worden wäre. Ob es so war, musste nicht aufgeklärt werden. Ziff. 4 des Vergleiches ist nämlich von der Vertragsfreiheit gedeckt. Der von der Berufung gewünschte Schriftsatznachlass war entbehrlich.

II. Die Abgeltung der betrieblichen Altersversorgung ist nicht nach den §§ 17 Abs. 3 S. 3, 3 BetrAVG i. V. m. § 134 BGB nichtig. § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG schließt die Abdingbarkeit der Vorschriften des Betriebsrentengesetzes zum Nachteil des Arbeitnehmers aus. Gegen das damit zwingende Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG wurde nicht verstoßen.

1. Der Prozessvergleich wurde am 02.05.2001 abgeschlossen. Maßgeblich ist somit § 3 BetrAVG in der ab 01.01.2001 (bis 31.12.2004) geltenden Fassung des Altersvermögensgesetzes vom 26.06.2001 (BGBl I, 2001, 1310). Danach kann eine nach § 1 b Abs. 1 bis 3 und 5 unverfallbare Anwartschaft im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur nach den Sätzen 2 bis 6 abgefunden werden, deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Das Abfindungsverbot umfasst jede mit einem Wertverlust verbundene Änderungsvereinbarung (BAG vom 22.09.1987, 3 AZR 194/86, BAGE 56, 148; Urteil vom 20.11.2001, 3 AZR 28/01, AP Nr. 12 zu § 3 BetrAVG).

a. Die Versorgungsanwartschaft des Klägers war bei Vergleichsabschluss nicht i. S. des § 1 b BetrAVG unverfallbar. Maßgeblich ist § 1 b BetrAVG wiederum in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung des AVmG. Danach wurden die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen für Zusagen ab 01.01.2001 abgekürzt. Für Altzusagen vor dem 01.01.2001 gilt allerdings die Übergangsregelung gem. § 30 f BetrAVG. Diese gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen sind nicht erfüllt, worüber kein Streit besteht. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03.2000 war der Kläger älter als 35 Jahre. Die Versorgungszusage gem. Arbeitsvertrag vom 01.09.1992 bestand aber noch keine zehn Jahre. Sie bestand zwar länger als drei Jahre. Der seit 07.05.1991 beschäftigte Kläger verfügte aber über keine mindestens 12-jährige Beschäftigungszeit.

b. Die Berufung geht ohne Weiteres davon aus, dass die vereinbarte Anrechnung der Vordienstzeit ab 01.02.1976 eine sog. vertragliche Unverfallbarkeit begründet. Richtig ist, dass im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip des § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG Vereinbarungen über eine Rückdatierung der Zusageerteilung auf eine anzurechnende Vordienstzeit möglich sind. Die Beklagte hat die Versorgungszusage lange nach der sog. Unverfallbarkeitsrechtsprechung des BAG (Urteil vom 10.03.1972, 3 AZR 278/71, BAGE 24, 177) und nach Inkrafttreten des BetrAVG am 01.01.1975 erteilt. Damit ist regelmäßig anzunehmen, dass die Anrechnung der Vordienstzeit auch für die Unverfallbarkeit zu berücksichtigen ist (Blomeyer/Otto, BetrAVG, 4. Aufl. 2006, § 1 b Rz. 48; ausführlich mit Nachweisen der Rechtsprechung in der Vorauflage, § 30 f Rz. 25 f). Allerdings gilt diese Auslegungsregel nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht für eine Versorgungszusage nach beamtenrechtlichen Grundsätzen (BAG vom 23.04.1985, 3 AZR 234/83, AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Vordienstzeiten). In diesem Fall hat die Festsetzung des ruhegehaltsfähigen Dienstalters regelmäßig nur Bedeutung für die Wartezeit und für die Steigerungssätze nach den Dienstaltersstufen. Eine vorzeitige Unverfallbarkeit soll damit im Zweifel nicht erreicht werden. Wie die Anrechnungsbestimmung hier zu verstehen ist, kann offen bleiben. Auch wenn sie im Sinne der Berufung auf die Unverfallbarkeit bezogen wird, hilft das nicht weiter.

c. Ob sich eine vereinbarte Unverfallbarkeit auch auf die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften auswirkt, die die Erfüllung der Unverfallbarkeitsfristen zur Voraussetzung haben, ist durch Auslegung dieser Bestimmungen zu ermitteln (Blomeyer/Otto, BetrAVG , 4. Aufl. 2006, § 1 b Rz. 47). § 3 BetrAVG in der hier maßgeblichen Fassung bezieht sich ausdrücklich auf Anwartschaften, die gem. § 1 b Abs. 1 bis 3 (und 5) unverfallbar sind. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass vertraglich unverfallbare Anwartschaften dem sachlichen Geltungsbereich des Abfindungsverbot nicht unterliegen (Höfer, BetrAVG, § 3 Rz. 2175.3, Bearbeitung Juli 2000; Blomeyer/Otto, 3. Aufl. 2004, § 3 Rz. 21; Ahrend/Förster/Rühmann, BetrAVG, 9. Aufl. 2003, § 3 Rz. 1; HWK-Schipp, 2004, § 3 BetrAVG Rz. 2). Soweit ersichtlich, ist das allgemeine Meinung. Die mit Wirkung ab 01.01.2005 erfolgte Änderung des § 3 BetrAVG durch das Alterseinkünftegesetz vom 05.07.2004 hat daran im Übrigen nichts geändert. Unverfallbare Anwartschaften i. S. der Neufassung meint gesetzliche und nicht vertragliche Unverfallbarkeit (Höfer, a. a. O., § 3 Rz. 3551.6, Stand Januar 2005; Ahrend/Förster/Rühmann, BetrAVG, 10. Aufl. 2005, § 3 Rz. 6; Blomeyer/Otto, BetrAVG, 4. Aufl. 2006, § 3 Rz. 18).

2. Die von der Berufung angezogene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Insolvenzschutz nach § 7 BetrAVG führt zu keinem anderen Ergebnis. Übersehen wird schon, dass vertraglich unverfallbare Anwartschaften der gesetzlichen Insolvenzsicherung nach den §§ 7 ff BetrAVG grundsätzlich nicht unterliegen (BAG vom 26.09.1989, 3 AZR 814/87, BAGE 63, 52; Urteil vom 22.02.2000, 3 AZR 4/99, AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Unverfallbarkeit). Das Bundesarbeitsgericht lässt eine Ausnahme mit Wirkung für den Insolvenzschutz nur dann zu, wenn die anerkannte Vordienstzeit ihrerseits von einer Versorgungserwartung begleitet war (seit BAG vom 03.08.1978, 3 AZR 19/77, BAGE 31, 45; ebenso BGH vom 15.06.1994, VIII ZR 212/93, NJW 94, 2960), woran es hier fehlt. Ob die Rechtsprechung zu § 7 BetrAVG auf § 3 BetrAVG übertragen werden könnte, mag deshalb offen bleiben (verneinend Blomeyer/Otto, BetrAVG, 4. Aufl. 2006, § 3 Rz. 18).

3. Auf die von der Berufung angezogenen Urteile des Bundesgerichtshofes vom 17.02.2001, II ZR 222/99 (NZA 02, 511) und vom 03.07.2000, II ZR 381/98 (NZA 01, 612) lässt sich ihre gegenteilige Rechtsauffassung nicht stützen. In beiden Entscheidungen geht es nicht um § 3 BetrAVG und die hier erhebliche Bestimmung des sachlichen Geltungsbereiches der Vorschrift.

Mit Urteil vom 17.02.2001 hatte der BGH die Unwirksamkeit des Widerrufes einer vertraglich unverfallbaren Anwartschaft festgestellt. Er bestätigt zunächst seine Rechtsprechung, wonach gegen die Besserstellung des Versorgungsberechtigten durch Vereinbarung einer vertraglichen Unverfallbarkeit keine Bedenken bestehen. Da Verträge einzuhalten sind, muss sich der Versorgungsverpflichtete hinsichtlich der Unverfallbarkeitsfolgen also so behandeln lassen, als wären die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit bereits erfüllt. Er ist damit gehindert, sich von der eingegangenen Bindung durch Widerruf zu lösen. Im Rechtsstreit hier geht es dagegen um die Frage, ob über eine vertraglich unverfallbare Anwartschaft bei Vertragsbeendigung vertraglich disponiert werden kann. Die Antwort gibt § 3 BetrAVG.

Auch aus dem Urteil vom 03.07.2000 lassen sich keine weiterführenden Erkenntnisse gewinnen. Dort ging es um die Wirksamkeit einer Vereinbarung über das Ruhen eines Ruhegehaltsanspruches, der gleichzeitig unter Anerkennung von Vordienstzeiten zugesagt worden war. Der BGH stützt die Unwirksamkeit der Ruhensregelung auf den von § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG gesicherten gesetzlichen Mindestschutz, der eine Verschlechterung unverfallbar gewordener Versorgungszusagen verbiete. Sodann stellt der BGH fest, dass die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 BetrAVG in der damals maßgeblichen Fassung vorlagen. Die Parteien hier streiten wegen der knappen Urteilsbegründung darüber, ob der BGH von vertraglicher (so die Urteilsauslegung der Berufung) oder von gesetzlicher (so die Beklagte) Unverfallbarkeit ausgegangen ist. Auch wenn mit der Berufung vertragliche Unverfallbarkeit angenommen würde, stünde die Ruhens-Regelung damit in Widerspruch. Die hier erhebliche Frage, wie sich die vertragliche Unverfallbarkeit auf das Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG auswirkt, ist damit nicht beantwortet.

III. In der mündlichen Verhandlung hat die Berufung schließlich zu bedenken gegeben, dass dem Kläger Ruhegehalt entsprechend den für Beamte geltenden Vorschriften zugesagt worden sei, womit sich die Wirksamkeit der streitigen Abgeltungsklausel nach Beamtenrecht beurteile. Übersehen wird, dass der Kläger kein Beamter ist. Beamtenrecht gilt nicht zwingend, sondern kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme. Was arbeitsrechtlich vereinbart wird, kann einvernehmlich geändert werden, es sei denn, zwingendes Recht steht entgegen. Gegen das zwingende Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG wurde nicht verstoßen.

IV. Für das Klagebegehren ist letztlich auch der ministerielle Bescheid vom 14.10.1993 unerheblich. Der Gewährleistungsbescheid war Grundlage für die Abtretung der Ansprüche des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Streitgegenstand ist nicht die Wirksamkeit dieser Abtretung, sondern die über die gesetzlichen Rentenansprüche hinausgehende Versorgungszusage der Beklagten. Auch nach Auffassung der Beklagten ist die Abtretung mit Aufhebung der Versorgungszusage hinfällig. Darüber besteht also kein Streit.

B. Die Kosten seiner erfolglosen Berufung hat der Kläger nach § 97 Abs.1 ZPO zu tragen.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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