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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: 7 Sa 413/07
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 17 Abs. 2
InsO § 130
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 142
InsO § 143
Die subjektive Voraussetzung der kongruenten Deckungsanfechtung nach § 130 InsO - Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit - muss im Einzelfall festgestellt werden. In der Unternehmenskrise des Arbeitgebers rechtfertigen schleppende Lohnzahlungen allein nicht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit (im Anschluss an BGH vom 19.02.2009, IX ZR 62/08, BGHZ 180,63). Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber mit den angefochtenen Lohnzahlungen länger als drei Monate im Rückstand war.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 30.03.2007, 4 Ca 1194/06, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Sch. (künftig: Schuldner). Das Insolvenzverfahren war auf Gläubigerantrag vom 02.08.2004 am 14.10.2004 eröffnet worden.

Der Schuldner betrieb unter der Fa. Sch. Elektro Anlagen Bau im thüringischen N. ein Unternehmen mit ca. 40 Arbeitnehmern. Der Beklagte war als Elektroinstallateur beschäftigt. Ab Oktober 2003 war der Schuldner mit den Lohnzahlungen in unterschiedlichem Umfang zunehmend in Rückstand geraten. Grund war unter anderem ein Streit mit dem Auftraggeber eines Krankenhausbaues in E., der die gestellte Rechnung über ca. 1 Million Euro nicht anerkannte. Der "Millionenstreit" ging durch die Lokalpresse. Auf die vom Insolvenzverwalter vorgelegten Presseartikel vom 03.06. 04, 10.06.2004 und 11.06.2004 (Bl. 9 bis 12 d. A.) wird Bezug genommen.

Am 14.05.2004 zahlte der Schuldner an verschiedene Arbeitnehmer - darunter der Beklagte - rückständige Löhne in Höhe von insgesamt 42.155,11 €, am 21.06.2004 in Höhe von 8.941,13 € und am 27.07.2004 in Höhe von 24.576,43 €. Der Beklagte erhielt am 14.05.2004 ausstehenden Lohn für 12/2003 in Höhe von 775,73 €, am 21.06.2004 ausstehenden Lohn für 1/2004 in Höhe von 1.108,85 € und am 27.07.2004 ausstehenden Lohn für 2/2004 in Höhe von 1.045,92 €. Seine Arbeitsvergütung ab März 2004 wurde nicht gezahlt. Deshalb beendete der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Eigenkündigung zum 18.08.2004. Bis dahin war er auf Baustellen des Schuldners eingesetzt gewesen.

Die Lohnverbindlichkeiten des Schuldners insgesamt beliefen sich am 14.05.2004 auf 159.803,79 €. Sie stiegen bis Ende 7/2007 auf 236.251,22 € an. Sonstige Verbindlichkeiten bestanden Anfang Mai 2004 im Umfang von 1.171.955,28 €.

Wegen Gläubigerbenachteiligung hat der Rechtvorgänger des Klägers im Amt des Insolvenzverwalters die in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung geleisteten Lohnzahlungen mit Parallelklagen vor dem Arbeitsgericht angefochten. Im Rechtsstreit hier verlangt er Rückgewähr der dem Beklagten ab 02.05.2004 gezahlten 2.930,50 €. Das Arbeitsgericht hat die Rechtswegzuständigkeit nicht einheitlich beurteilt und einen Teil der Parallelsachen in den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Dort ist inzwischen zu Ungunsten des Insolvenzverwalters eine erste Entscheidung des BGH ergangen (Urteil vom 19.02.2009, IX ZR 62/08). Es ging um die Anfechtung einer Restlohnzahlung für 2/2004 und Teillohnzahlung für 3/2004 am 14.05.2004, sowie der Restlohnzahlung für 3/2004 und Lohnzahlung für 4/2004 am 27.07.2004. Der dortige Beklagte war beim Schuldner ebenfalls als Elektroinstallateur beschäftigt gewesen. Vor der Entscheidung des BGH hatte das Thüringer Landesarbeitsgericht mit den - rechtskräftigen - Urteilen vom 04.07.2008 (8 Sa 409/07, n. v.: angefochtene Lohnzahlung an einen Elektroinstallateur) und vom 24.07.2008 (3 Sa 411/07, juris: angefochtene Lohnzahlung an einen Bauleiter) zu Gunsten des Insolvenzverwalters erkannt.

Im Rechtsstreit hier hat das Arbeitsgericht die Klage unter Bejahung der Rechtswegzuständigkeit mit Urteil vom 30.03.2007 abgewiesen. Auf dessen Tatbestand wird ergänzend Bezug genommen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes nach § 130 InsO seien nicht erfüllt. Zwar sei der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Lohnzahlungen objektiv zahlungsunfähig gewesen. Es fehle jedoch an den subjektiven Voraussetzungen in der Person des Beklagten. Positive Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sei auszuschließen. Er habe weder die Verbindlichkeiten gekannt, noch sei er im Stande gewesen, die Werthaltigkeit des vorhandenen Vermögens zu beurteilen. Dem Beklagten seien auch keine Umstände bekannt gewesen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen. Ob er die Presseartikel über den Krankenhausstreit gekannt habe, sei schon offen. Jedenfalls erlaube die Berichterstattung über den Streit mit dem Auftraggeber keinen Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Auch die bis fünf Monate verzögerten oder ganz ausgebliebenen Lohnzahlungen ließen den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit nicht zu. Für einen Arbeitnehmer bilde das Arbeitsverhältnis die wirtschaftliche Lebensgrundlage. Komme es über Monate zu stockenden oder abschlagsweisen Zahlungen, werde mit jeder Teilzahlung die Erwartung an den Fortbestand des Unternehmens und damit des eigenen Arbeitsverhältnisses aufrechterhalten.

Der Kläger hat gegen das ihm am 27.06.2007 zugestellte Urteil am 27.07.2007 Berufung einlegen lassen und nach Fristverlängerung zum 27.09.2007 am 27.09.2007 begründet.

Die Berufung meint zuletzt, der BGH habe zwar mit Urteil vom 19.02.2009 die subjektiven Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach § 130 InsO im konkreten Fall verneint. Die Entscheidung sei im Rechtsstreit hier aber nicht einschlägig. Dort sei es um die Anfechtung von Lohnzahlungen gegangen, mit denen der Schuldner weniger als drei Monate in Rückstand gewesen sei. Ein Arbeitnehmer, dessen Lohn mehr als drei Monate verspätet gezahlt werde, könne mit Blick auf Zahlungsrückstände auch bei anderen Arbeitnehmern nicht mehr von einer bloßen Zahlungsstockung ausgehen. Im Falle des Beklagten um so mehr deshalb, weil auf den wöchentlichen Dienstberatungen die wirtschaftliche Situation des Unternehmens diskutiert worden sei und die Presse über den Krankenhausstreit berichtet habe.

Die Berufung beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 30.03.2007, 4 Ca 1194/06, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.930,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint zuletzt, nach der Entscheidung des BGH vom 19.02.2009 bestehe kein Insolvenzanfechtungsrecht.

Wegen des sonstigen Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung und die Berufungserwiderung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig. Der Streit darüber, ob für die Klage des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr von Arbeitsvergütung wegen Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff InsO die Gerichte für Arbeitssachen zuständig sind (so BAG vom 27.02.2008, 5 AZB 43/07, AP Nr. 8 zu § 3 ArbGG 1979) oder die ordentlichen Gerichte (so BGH vom 02.04.2009, IX B 182/08, DB 09, 897), ist im Berufungsrechtszug nicht mehr erheblich. Das Arbeitsgericht hat die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges - in Übereinstimmung mit den Parteien - bejaht. Daran ist das Berufungsgericht nach § 67 ArbGG gebunden. Auch die Rechtsmittelgerichte in der an die ordentlichen Gerichte verwiesenen Parallelsache hatten den Rechtsweg nicht mehr zu prüfen (§ 17 a Abs. 5 GVG). Daraus erklärt sich, dass zum gleichen Sachverhalt sowohl Entscheidungen des Thüringer Landesarbeitsgerichts als auch die Entscheidung des BGH vom 19.02.2009 (BGHZ 180, 63) ergangen sind.

II. Die Klage ist unbegründet. Die Voraussetzungen eines insolvenzrechtlichen Rückgewährsanspruches wegen Gläubigerbenachteiligung (§ 143 Abs. 1 S. 1 InsO) sind nicht erfüllt. Es fehlt am Anfechtungstatbestand.

1. Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen (§ 1 InsO). Wegen rückständiger Vergütungsansprüche aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Arbeitnehmer - mit Ausnahme des hier nicht einschlägigen § 55 Abs.2 S. 2 InsO - Insolvenzgläubiger und nehmen am Verteilungsverfahren mit gleichem Rang teil (§ 38 InsO). Die vor Inkrafttreten der InsO bestehenden Konkursvorrechte sind im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit weggefallen. Das Lohnausfallrisiko wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers wird für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahren über das Insolvenzgeld abgesichert (§§ 183 ff SGB III). Den Insolvenzgläubigern nachteilige Vermögensverschiebungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 129 ff InsO anfechten und Rückgewähr zur Masse verlangen. Aus Haftungsgründen muss er seiner Verpflichtung zur Geltendmachung werthaltiger Anfechtungsansprüche nachkommen, da andernfalls Schadenersatzansprüche der Insolvenzgläubiger drohen (§ 60 Abs. 1 S. 1 InsO). Auch Lohnzahlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mindern das Vermögen des Schuldners und benachteiligen damit die Insolvenzgläubiger. Arbeitsvergütung hat in der Insolvenz des Arbeitgebers keine anfechtungsrechtliche Sonderstellung.

Im Spannungsverhältnis zur Insolvenzanfechtung steht die Interessenlage der Arbeitsvertragsparteien in der Unternehmenskrise. Mit Blick auf eine Sanierung hat der Arbeitgeber typischerweise ein Interesse daran, die Betriebstätigkeit möglichst lange fortzusetzen. Dazu braucht er die Arbeitnehmer. Um die Belegschaft zu halten, muss er Löhne zahlen, notfalls schleppend. Die Arbeitnehmer haben zwar die Möglichkeit, ihr Arbeitsverhältnis wegen ausgebliebener Löhne zu kündigen. Ihr Interesse ist aber, den Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes wegen rückständiger Löhne führt zur Verschärfung der Unternehmenskrise und damit ebenfalls zur Gefährdung des Arbeitsplatzes. Die Unternehmenskrise hier mündete in der Insolvenz des Arbeitgebers. Mit dem zum gleichen Insolvenzverfahren ergangenen Urteil vom 19.02.2009 hat sich der BGH erstmals mit der Frage befasst, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen Lohn- und Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer insolvenzrechtlich angefochten werden können. Diese Voraussetzungen sind auch im Parallelrechtsstreit hier nicht erfüllt.

2. Ein auf die letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschränktes Anfechtungsrecht nach § 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO besteht nicht.

a. Objektive Voraussetzung der kongruenten Deckungsanfechtung ist, dass der Schuldner im maßgeblichen Zeitpunkt der angefochtenen Lohnzahlungen (§ 140 Abs. 1 InsO) zahlungsunfähig war. Zahlungsunfähig ist nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO, wer nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.10.2006, IX ZR 228/03, DB 06, 2222) ist das dann der Fall, wenn die fälligen Verbindlichkeiten nicht innerhalb einer Kreditbeschaffungsfrist von drei Wochen erfüllt werden können, es sei denn, die Liquiditätslücke beträgt weniger als 10 % der Gesamtverbindlichkeiten. Die objektive Zahlungsunfähigkeit des Schuldners "spätestens ab Mai 2004" stand im Parallelverfahren vor dem BGH nach den Feststellungen des dortigen Berufungsgerichts (Landgericht Mühlhausen) fest. Im Rechtsstreit hier kann Zahlungsunfähigkeit ab Mai 2004 zu Gunsten des Insolvenzverwalters unterstellt werden.

b. Subjektive Voraussetzung der Deckungsanfechtung ist, dass der Beklagte als Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit kannte. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Nach § 17 Abs. 2 S. 2 InsO begründet die Kenntnis von der Zahlungseinstellung eine Vermutung für die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, die nach der mit Urteil vom 19.02.2009 fortgeführten Rechtsprechung des BGH auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts gilt.

aa. Tatsachen dafür, dass der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit positiv kannte, trägt die Berufung nicht vor. Es ist nicht ersichtlich und dürfte mit dem Arbeitsgericht auch auszuschließen sein, dass der als Elektroinstallateur beschäftigte Beklagte im Zeitpunkt der angefochtenen Lohnzahlungen über die Gesamtverbindlichkeiten und die vorhandenen Vermögenswerte unterrichtet war. Ebensowenig ist ersichtlich, dass der Beklagte im Zeitpunkt der angefochtenen Lohnzahlung das Zahlungsverhalten des Schuldners insgesamt kannte und positiv wusste, dass er den wesentlichen Teil seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht mehr bediente.

bb. In der Sache stützt sich die Berufung deshalb auf die Kenntnis von Umständen, die nach ihrer Auffassung zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen. Sie hat das Problem, dass der BGH mit Urteil vom 19.02.2009 im Parallelverfahren zwischenzeitlich gegenteilig entschieden hat.

(1). Die Berufung meint, die Entscheidung des BGH sei nicht einschlägig. Der Schuldner sei mit den hier angefochtenen Lohnzahlungen bis zu fünf Monaten in Rückstand gewesen. Im Fall des BGH habe der Rückstand weniger als drei Monate betragen, was einen rechtserheblichen Unterschied mache. Die Berufung will eine Regelfrist aufstellen, wonach bei Lohnrückständen über drei Monate hinaus der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zwingend sei. § 130 InsO verlangt aber eine auf die Person des Anfechtungsgegners bezogene Einzelfallbetrachtung, womit sich eine Regelfrist von vornherein verbietet. Der BGH hat eine generalisierende Betrachtung gerade abgelehnt. Die von der Berufung für erheblich gehaltene Dreimonatsfrist für Lohnrückstände erklärt sich allein daraus, dass sie im Fall des BGH nicht überschritten war. Der BGH differenziert hinsichtlich der Lohnschulden zwischen institutionellen Großgläubigern (Sozialversicherungsträger und Finanzamt), Arbeitnehmer mit Insiderkenntnissen (Finanzbuchhaltung und kaufmännische Leitungsebene) und außenstehenden Kleingläubigern, zu denen der als Elektroinstallateur beschäftigte gewesene Beklagte gehört. Der Beklagte kannte im Zeitpunkt der angefochtenen Lohnzahlungen zwar seine eigenen Lohnforderungen. Er wusste, dass die Nachzahlungen um mehrere Monate verspätet waren und der Lohn ab 3/2004 ausstand. Das verschaffte ihm aber nicht den erforderlichen Gesamtüberblick über die Liquiditäts- und Zahlungslage des schuldnerischen Unternehmens. Das gilt auch für die Lohnrückstände gegenüber der übrigen Belegschaft. Für den Beklagten war nicht erkennbar, ob sie bei allen Arbeitnehmern gleich ausgeprägt waren und welchen Anteil die Lohnrückstände an den insgesamt fälligen und eingeforderten Geldschulden hatten.

(2). Die Behauptung der Berufung, auf wöchentlichen Dienstberatungen sei die wirtschaftliche Situation des Unternehmens diskutiert worden, ist mit Blick auf die Zahlungsunfähigkeit inhaltsleer. Die Praxis zeigt, dass der Arbeitgeber in der Unternehmenskrise den sicheren Eindruck der Zahlungsunfähigkeit gerade vermeidet und bei den Arbeitnehmern darum wirbt, im Interesse der Arbeitsplatzsicherung trotz schleppender Lohnzahlungen weiterzuarbeiten und dadurch einen Beitrag zur Sanierung des Unternehmens zu leisten.

(3). Letztlich sind die vom Insolvenzverwalter zur Akte gereichten Presseartikel über den "Millionenstreit" wegen des Krankenhausbaues in E. als Indiztatsachen für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners untauglich. Redaktionelle Presseberichte, die keine amtlichen Verlautbarungen enthalten, können allenfalls für einen Großgläubiger Beobachtungs- und Erkundigungspflichten auslösen, nicht aber für außenstehende Kleingläubiger wie der Beklagte. Ob er die Presseberichte überhaupt zur Kenntnis genommen hat, kann deshalb offen bleiben. Davon abgesehen sind die zur Akte gereichten Presseberichte ab 03.06.2004 für die angefochtene Zahlung vom 14.05.2004 unerheblich und für die angefochtenen Folgezahlungen vom 21.06.2004 und 27.07.2004 ungeeignet, weil es im "Millionenstreit" um den Krankenhausbau eine vorläufige Einigung darüber gab, dass der Auftraggeber dem Schuldner vorab aus Kulanz eine Liquiditätshilfe gewährt. Mit Presseartikel vom 11.06.2004 wurde darüber berichtet, dass die Arbeitnehmer des Schuldners deshalb "aufatmen" können. Auf Grundlage der Presseberichterstattung war der Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit gerade nicht zwingend.

b. Die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO greift schon deshalb nicht durch, weil der Beklagte einen - unterstellten - Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht kannte.

c. § 142 InsO ist nicht einschlägig. Dort geht es um die Anfechtung sog. "Bargeschäfte, also laufender Lohnzahlungen. Hier geht es um Lohnnachzahlungen für vorausgegangene Lohnperioden. Im übrigen müssen die Voraussetzung der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO erfüllt sein.

B. Die Kosten seiner erfolglosen Berufung hat der Kl nach § 97 Abs.1 ZPO zu tragen.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die grundsätzlichen Rechtsfragen sind vom BGH mit Urteil v. 19.2.09 geklärt. Damit hat sich die Divergenz zu den Parallelurteilen des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 04.07.2008 und vom 24.07.2008 erledigt.

Ende der Entscheidung

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