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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 26.08.2009
Aktenzeichen: 8 Ta 102/09
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1 Ziff. 4
ZPO § 120 Abs. 4
SGB XII § 28
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

wird die Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe-Änderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 22.04.2009 - 1 Ca 1155/05 - kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

Mit Beschluss vom 07.06.2006 bewilligte das Arbeitsgericht Gera dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe und ordnete ihm zur Vertretung Herrn Rechtsanwalt R. bei.

Im Rahmen der Überprüfung, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers gem. § 120 Abs. 4 ZPO geändert haben, änderte das Arbeitsgericht Gera mit Beschluss vom 22.04.2009 die bewilligte Prozesskostenhilfe ab und bestimmte, dass zweimonatliche Raten in Höhe von 175,00 € und eine weitere Rate in Höhe von 22,12 € zu zahlen sind. Dieser Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. B 149 d. A.) am 24.04.2009 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 19.05.2009, welcher am gleichen Tag bei Gericht einging, legten die Prozessbevollmächtigten Beschwerde ein und machten geltend, dass bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens eine entstandene Geldstrafe berücksichtigt werden solle, da im Falle der Nichtentrichtung dieser Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe drohe, welche das Arbeitsverhältnis des Klägers gefährden würde.

Die statthafte, zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht Gera hat zutreffenderweise die Tilgungsraten für den Kredit, den der Kläger "zur Anschaffung von Möbeln und Tilgung einer Strafe" aufgenommen hat, in Höhe von 129,03 € monatlich als einkommensmindernden Betrag nicht berücksichtigt.

Gem. § 115 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO sind vom Einkommen der Partei weitere Beträge abzusetzen, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist.

Mit dem Begriff "besondere Belastungen" knüpft die Vorschrift an den Regelsatz für den laufenden Bedarf i. S. des § 28 SGB XII an. Es muss all das, was durch den Regelsatz nicht gedeckt ist, als besondere Belastung anerkannt werden, d. h. das, was über die Kosten für Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens usw. hinausgeht (Zöller-Philippi § 115 ZPO Rz. 36).

Daraus folgt zunächst einmal, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Geldbuße bzw. Geldstrafe als besondere Belastung gem. § 115 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO anzusehen ist.

Voraussetzung für die Anrechenbarkeit ist jedoch, dass es angemessen ist, sie vom Einkommen abzuziehen.

Bei der Angemessenheitsprüfung ist zu berücksichtigen die Art der Belastung, der Entstehungszeitpunkt, die Notwendigkeit der Eingehung dieser Belastung sowie Sinn und Zweck der Bewilligung der Prozesskostenhilfe als Ausfluss des Justizgewährungsanspruchs.

Im vorliegenden Fall kann die Abzahlungsverpflichtung aus dem Kreditvertrag vom 04.06.2007 (Bl. B 136 d. A.) aus zweierlei Gründen nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.

Der Kläger hat mit diesem Kredit vom 04.06.2007 einen Gesamtbetrag in Höhe von 7.771,08 € aufgenommen, woraus eine monatliche Leistungsrate in Höhe von 129,03 € resultiert.

Der Kläger hat angegeben, diesen Kredit "zur Anschaffung von Möbeln und Tilgung einer Strafe" aufgenommen zu haben.

Soweit dieser Kredit zur Anschaffung von Möbeln verwendet wurde, kann dieser Betrag nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden, da der Kredit nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 07.06.2006 aufgenommen wurde.

Unangemessen i. S. des § 115 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO ist es, Darlehensschulden und Abzahlungsverpflichtungen wegen Anschaffungskrediten zu berücksichtigen, die die Partei in Kenntnis bereits entstandener oder bevorstehender Verfahrenskosten aufgenommen hat. Dass es sich bei der Anschaffung der Möbel um lebenswichtige Anschaffungen gehandelt hat, ist nicht ersichtlich. Die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, ist verpflichtet, während der Dauer des Prozesskostenhilfeverfahrens keine weiteren Verbindlichkeiten einzugehen, die nicht unabwendbar nötig sind.

Selbst wenn ersichtlich wäre, welchen Anteil die Geldstrafe bzw. -buße im vorliegenden Fall an dem darlehensweise aufgenommenen Betrag gehabt hat, wäre es nicht angemessen i. S. des § 115 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO, diese einkommensmindernd zu berücksichtigen.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partei werden bei der Festsetzung der Höhe einer Geldstrafe bzw. -buße berücksichtigt. Die Berücksichtigung der Geldstrafe bzw. -buße bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens im Rahmen der Prozesskostenhilfe würde bedeuten, dass die Staatskasse mittelbar die Strafe bzw. Buße selber trägt, indem sie auf die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen verzichtet.

Darüber hinaus verursacht die Aufnahme eines Bankkredites höhere Kosten, da Bearbeitungsgebühren anfallen und Zinsen zu zahlen sind. Bei der Vereinbarung einer Ratenzahlung mit der Bußgeld bzw. Geldstrafe einziehenden Behörde würden weder Bearbeitungsgebühr noch Zinsen anfallen.

Nach allem obenstehenden konnte daher die Ratenverpflichtung aus dem Kredit vom 04.06.2007 nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.

Die Beschwerde war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Der Kläger trägt die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels - § 97 ZPO.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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