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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2009
Aktenzeichen: 8 Ta 121/09
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 33 Abs. 3 S. 3
RVG § 47
RVG § 49
RVG § 56 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

wird die Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungs-Änderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 03.06.2009 - 2 Ca 1173/08 - als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

Mit ihrer mit Schriftsatz vom 09.07.2008 erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Zahlung von Lohn für die Monate Mai und Juni 2008, die Erteilung einer Abrechnung für den Monat Juni 2008 und die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses. Die Klage wurde der Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunde (Bl. 9 d. A.) am 17.07.2008 einschließlich der Ladung zum Gütetermin am 08.08.2008 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 21.07.2008, welcher am 22.07.2008 bei Gericht einging, meldeten sich die Prozessvertreter für die Beklagte. Mit Schriftsatz vom 23.07.2008, welcher am 28.07.2008 bei Gericht einging, teilten die Beklagtenvertreter mit, "dass die Beklagte am heutigen Tage Mai und Juni 2008 abgerechnet und die Vergütung an die Klägerin angewiesen hat". Mit Schriftsatz vom 28.07.2008, welcher am gleichen Tag per Fax bei Gericht einging, teilten die Beklagtenvertreter mit, "dass die Beklagte unter dem 14.07.2008 ein qualifiziertes Zeugnis an die Klägerin herausgesandt hat". Die Klage könne zurückgenommen werden.

Mit Schriftsatz vom 05.08.2008, welcher am gleichen Tag per Fax bei Gericht einging, bat der Klägervertreter um Aufhebung des Gütetermins am 08.08.2008, da die Forderungen der Klägerin weitgehend beglichen seien. Das Arbeitsgericht Gera hob daraufhin mit Verfügung vom 05.08.2008 den Gütetermin antragsgemäß auf.

Mit Beschluss vom 01.09.2008 (Bl. 17 d. A.) bewilligte das Arbeitsgericht Gera der Klägerin ratenfreie Prozesskostenhilfe ab dem 11.07.2008 und ordnete ihr zur Wahrnehmung ihrer Rechte Herrn Rechtsanwalt Dr. B. bei. Mit Beschluss vom 13.10.2008 setzte das Arbeitsgericht Gera den Streitwert für das Verfahren auf 5.200,00 € fest.

Mit Schriftsatz vom 21.10.2008 beantragte der Klägervertreter die Vergütungsfestsetzung gem. § 49 RVG in Höhe einer 1,2-Terminsgebühr aus einem Streitwert von 5.200,00 €, das sind 270,00 €.

Mit Beschluss vom 23.10.2008 (Bl. B 33 d. A.) setzte das Arbeitsgericht Gera die Vergütung gem. § 47 RVG antragsgemäß in Höhe von insgesamt 693,18 € fest. Auf die Erinnerung der Staatskasse vom 27.05.2009 (Bl. B 34 d. A.), welche geltend macht, eine 1,2-Terminsgebühr sei nicht angefallen, da zwischen den Prozessbevollmächtigten keine auf die Beendigung bzw. Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung geführt worden sei, änderte das Arbeitsgericht Gera den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.10.2008 ab und reduzierte die gem. § 49 RVG zu zahlende Vergütung auf 371,88 € und ordnete die Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 321,30 € an.

In der gegen diesen Beschluss erhobenen Erinnerung vom 09.06.2009 (Bl. B 39 d. A.) macht der Klägervertreter geltend, am 05.08.2008 um 11.30 Uhr ein Telefonat mit Herrn Rechtsanwalt Dr. H. (dem Beklagtenvertreter) geführt zu haben. Es sei vereinbart worden, dass der Termin aufgehoben werden könne und wenn die Forderung vollständig erfüllt worden sei, auch sodann die Klagerücknahme erfolgen könne. Nach Bestätigung durch die Mandantin, dass alle Forderungen durch die Beklagte erfüllt worden seien und das ausgestellte Zeugnis den Anforderungen der Mandantin entspreche, sei die Klage auftragsgemäß zurückgenommen worden.

Nachdem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle der Erinnerung nicht abhalf, wies das Arbeitsgericht Gera mit Beschluss vom 03.08.2009 die Beschwerde ab.

Mit Schriftsatz vom 02.09.2009, welcher am gleichen Tag bei Gericht einging, legte der Klägervertreter Beschwerde gegen den Beschluss vom 03.08.2009 ein, und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Beschwerdefrist.

Die Beschwerde ist zulässig.

Einer Wiedereinsetzung bedarf es nicht, da die Beschwerdefrist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 2. Halbsatz RVG i. V. mit § 33 Abs. 3 S. 3 RVG von zwei Wochen nicht zu laufen begonnen hat. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 03.08.2009 wurde dem Beschwerdeführer nicht zugestellt.

Die Beschwerde ist damit rechtzeitig, somit zulässig, im Übrigen statthaft aber nicht begründet.

Der Klägervertreter begehrt die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV-RVG gem. § 49 RVG.

Ein Termin hat, nachdem die Klage mit Schriftsatz vom 22.09.2008 zurückgenommen wurde, tatsächlich nicht stattgefunden. Aufgrund des Antrages des Klägervertreters vom 05.08.2008 wurde der bereits anberaumte Gütetermin für den 08.08.2008 aufgehoben.

Gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV entsteht die Terminsgebühr auch für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts.

Die Motive führen dazu aus (BT-Drucksache 15/1971 S. 209 3. Abs.), dass der Anwalt nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen soll. Deshalb soll die Terminsgebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen.

Das Gespräch muss demnach auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet sein. Weder ist für die Entstehung der Gebühr erforderlich, dass das Gespräch erfolgreich war, noch ist für die Entstehung der Gebühr erforderlich, dass das Gespräch notwendig war.

Ob es auch möglich gewesen wäre, anstelle eines Gesprächs schriftsätzlich miteinander zu korrespondieren, ist für die Entstehung der Gebühr unerheblich (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, VV Vorbemerkung 3 Rz. 122).

Es steht damit im pflichtgemäßen Ermessen des Anwalts, ob er es für sinnvoll erachtet, mit der Gegenseite ein Gespräch zu führen mit dem Ziel, das Verfahren ohne Mitwirkung des Gerichts zu beenden. Vergütet wird nicht das Gespräch als solches, sondern das Bemühen des Rechtsanwalts, eine vorzeitige Beendigung des Rechtstreites, also eine Beendigung ohne Mitwirkung des Gerichts, herbeizuführen.

Um ein solches, auf eine Verfahrensbeendigung gerichtetes Gespräch i. S. des Abs. 3 der Vorbemerkung 3 handelte es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht.

Das Gespräch wurde geführt, nachdem der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 23.07.2008 und 28.07.2008 die Erfüllung des Abrechnungsanspruches, der Zahlungsansprüche und des Zeugnisanspruchs mitgeteilt hatte.

Das Telefonat am 05.08.2008 hatte die Vereinbarung der Aufhebung des für den 08.08.2008 anberaumten Gütetermins zum Gegenstand sowie die Ankündigung, die Klägerin werde die Klage zurücknehmen, wenn die Forderungen ausgeglichen seien. Dass in dem Telefonat noch darüber verhandelt worden wäre, ob das Geleistete eine Erfüllung der klageweise geltend gemachten Forderungen darstellt, ist nicht ersichtlich.

Insoweit handelt es sich im vorliegenden Fall bei der Ankündigung der Klagerücknahme um die bloße Mitteilung des weiteren prozessualen Vorgehens des Klägervertreters. Die Klagerücknahme nach Erfüllung der Ansprüche ist, da im arbeitsgerichtlichen Verfahren Kosten in diesem Fall nicht erhoben werden - Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG Nr. 8210 Abs. 2 S. 1 - die prozessual einzig denkbare Vorgehensweise.

Diese Ankündigung der Klagerücknahme als Mitwirkung an einem auf die Beendigung des Verfahrens gezielten Gespräch i. S. der Vorbemerkung 3 VV zu betrachten, hieße, es der beklagten Partei zu verwehren, durch vorbehaltlose Zahlung vor dem Termin Prozesskosten, nämlich die Terminsgebühr, einzusparen.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten könnte dies nur vereiteln, indem er nach Zahlung durch seine Partei jegliche Kontaktaufnahme mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenseite ablehnt. Denn es reicht für die Entstehung der Gebühr gem. Vorbemerkung 3 VV aus, dass er sich auf das Gespräch einlässt, indem er zuhört, auch schweigend.

Der vorliegende Fall ist auch nicht mit der Entscheidung des OLG Koblenz vom 03.05.2005 (14 W 265/05 - VomRZ 2005, 1852) gleichzusetzen. In dem dort entschiedenen Fall hatte die Beklagtenseite unter bestimmten Voraussetzungen eine Zahlung in Aussicht gestellt und um Rücknahme der Klage gebeten. Im vorliegenden Fall erfolgte die Zahlung vorbehaltlos und die Bitte um Rücknahme der Klage im Schriftsatz vom 28.07.2008. Lediglich der Klägervertreter kündigte die Klagerücknahme an.

Im Übrigen war das Telefonat auch nicht ursächlich für die Verfahrensbeendigung. Die Klagerücknahme wäre auch ohne das Gespräch erfolgt.

Nach allem Obenstehenden ist die 1,2-Terminsgebühr im vorliegenden Fall nicht erstattungsfähig. Die Beschwerde war als unbegründet zurückzuweisen.

Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nicht gegeben.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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