Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 26.08.2009
Aktenzeichen: 8 Ta 125/09
Rechtsgebiete: ZPO, KSchG, RVG, SGB XII, BGB


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 278 Abs. 6
ZPO § 850
ZPO § 850 i
KSchG § 9
KSchG § 10
RVG § 50
SGB XII § 90
BGB § 398
BGB § 400
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

wird der Prozesskostenhilfe-Änderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 23.06.2009 aufgehoben. Dem Kläger wird weiterhin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.

Gründe:

Mit Beschluss vom 27.02.2009 bewilligte das Arbeitsgericht Gera dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe und ordnete ihm zur Vertretung Frau Rechtsanwältin F. bei.

Im Kündigungsschutzverfahren über die Wirksamkeit einer Kündigung vom 16.01.2009 stellte das Gericht das Zustandekommen eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO fest. In Ziff. 2 des Vergleichs vereinbarten die Parteien:

Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 6.000,00 € brutto gem. §§ 9, 10 KSchG spätestens zum 31.03.2009. Bezüglich des Inhalts des Vergleichs wird auf Bl. 26 d. A. verwiesen.

Am 25.04.2005 hatte der Kläger mit Herrn W. - Darlehensgeber - eine Vereinbarung getroffen, wonach jener an den Kläger ein zinsloses Darlehen in Höhe von 10.000,00 € gewährt.

In Ziff. 4 der Vereinbarung vereinbarten der Kläger und Herr W.:

Der Darlehensnehmer tritt an den Darlehensgeber seine bestehenden und künftigen Ansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber, der Fa. L. GmbH, unter Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen ab. Insbesondere sind von der v.g. Abtretung auch Jahres- und Sonderzahlungen, Gratifikationen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und Abfindungszahlungen erfasst. ...

Bezüglich des vollständigen Inhalts der Vereinbarung wird auf Bl. B 61 d. A. verwiesen.

Mit der Abrechnung für den Monat März 2009 (Bl. B 36 d. A.) rechnete der ehemalige Arbeitgeber des Klägers die im Vergleich vereinbarte Abfindung mit 4.333,59 € netto ab und zahlte diesen Betrag an den Kläger.

Mit Änderungsbeschluss vom 23.06.2009 (Bl. B 37 d. A.) änderte das Arbeitsgericht Gera die bewilligte Prozesskostenhilfe dahingehend ab, dass der Kläger ab Zugang der Kostenrechnung verpflichtet wird, die in Höhe von 981,75 € für die Prozesskostenhilfe-Anwältin und die gerichtlichen Auslagen in Höhe von 2,25 € durch die Staatskasse verauslagten Beträge sowie den Anteil der Kosten für die Wahlanwältin gem. § 50 RVG in Höhe von 603,93 € in einer Gesamthöhe von 1.587,93 € in einem Teilbetrag von 1.119,39 € zu bezahlen.

Dieser Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. B 38 d. A.) am 26.06.2009 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 27.07.2009, welcher am Montag, den 27.07.2009 bei Gericht einging, legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers sofortige Beschwerde ein und machten geltend, dass die Abfindung dem Vermögen des Klägers aufgrund der zeitlich deutlich vorausgehenden Abtretung nicht zugeflossen sei. Sie stehe ausschließlich dem Darlehensgeber zu.

Die statthafte, zulässige Beschwerde ist begründet. Bei der Abfindung in Höhe von 4.333,39 € netto handelt es sich vorliegend nicht um zumutbar einsetzbares Vermögen gem. § 115 Abs. 3 ZPO.

Gem. § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des SGB XII gilt entsprechend.

Zwar ist die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung Vermögen i. S. der §§ 115 Abs. 3 ZPO, 11 a Abs. 3 ArbGG (BAG Beschluss vom 24.04.2006 - 3 AZB 12/05).

Voraussetzung für die Anrechnung der Abfindung ist, dass sie tatsächlich gezahlt wurde (BAG Beschluss vom 24.04.2006 - 3 AZB 12/05). Der Abfindungsbetrag muss dem Vermögen der Partei damit tatsächlich zugeflossen sein.

Dies ist im vorliegenden Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 25.04.2005 nicht eingetreten.

Gem. § 398 BGB kann eine Forderung von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen werden (Abtretung). Mit dem Abschluss des Vertrages tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers.

Zwar stand zum Zeitpunkt der Abtretungserklärung weder fest, dass der Kläger von seinem Arbeitgeber eine Abfindung erhalten werde, noch in welcher Höhe dies erfolgen würde.

Jedoch können auch künftige Forderungen abgetreten werden. Erforderlich ist nur, dass die Entstehung der Forderung zum Zeitpunkt der Abtretung möglich erscheint und dass die abgetretene Forderung bestimmt oder jedenfalls bestimmbar bezeichnet ist.

Dies ist im vorliegenden Fall in Ziff. 4 der Vereinbarung vom 25.04.2005 mit der Formulierung "Abfindungszahlungen" geschehen. Der Kläger war damit zum Zeitpunkt der Zahlung der Abfindung nicht mehr Inhaber der Forderung.

Die Abfindung ist auch pfändbar. Sie ist Arbeitseinkommen i. S. des § 850 ZPO. Der Pfändungsschutz des § 850 i ZPO wird nur auf Antrag durch das Gericht gewährt, so dass § 400 BGB der Abtretung der Abfindung vorliegend nicht entgegensteht.

Da der Kläger vorliegend zum Zeitpunkt der Zahlung der Abfindung nicht Anspruchsinhaber war, stellt die Abfindung für ihn kein Vermögen i. S. des § 115 Abs. 3 ZPO dar. Er hat die Abfindung also vorliegend nicht einzusetzen.

Der Änderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 23.06.2009 war deshalb aufzuheben.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht.

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück