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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 17.05.2001
Aktenzeichen: 8 Ta 46/2001
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 25
1) Eine isolierte Anfechtung des im Urteil des Arbeitsgerichts festgesetzten Rechtsmittelstreitwerts durch Beschwerde ist unzulässig.

2) Eine solche Beschwerde kann aber regelmäßig in einen Antrag auf Festsetzung des Kostenstreitwerts nach § 25 GKG umgedeutet werden.

Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Antragsteller ein konkretes Bedürfnis an einer gesonderten Wertfestsetzung darlegt.


Tenor:

wird auf den umgedeuteten Antrag des Beschwerdeführers - unter Aufhebung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Eisenach vom 12.03.2001 - der Rechtsstreit zur Entscheidung über den Wertfestsetzungsantrag an das Arbeitsgericht Eisenach zurückverwiesen.

Gründe:

I.

In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger die Zahlung von restlicher Vergütung, wogegen die Beklagte mit Aufwendungsersatzansprüchen die Aufrechnung erklärte.

Mit - in der Zwischenzeit rechtskräftigem - Urteil vom 11.05.2000 gab das Arbeitsgericht der Klage statt und setzte den Streitwert in Ziff. 6 des Urteils auf DM 6.734,39 fest.

Mit Schriftsatz vom 12.10.2000 begehrte der Beschwerdeführer die Festsetzung des Gebührenstreitwerts nach § 10 BRAGO für die erste Instanz.

Mit Schreiben vom 23.10.2000 (Bl. 148 Rückseite d. A.) wurde dem Beschwerdeführer vom Gericht mitgeteilt, dass der Streitwert für die erste Instanz bereits im Urteil enthalten sei.

Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10.11.2000 unter der Überschrift "Streitwertbeschwerde gem. § 9 Abs. 2 BRAGO" die Festsetzung des Wertes für die Rechtsanwaltsgebühren auf DM 11.038,34 zu ändern.

Daraufhin teilte der Kammervorsitzende dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.11.2000 mit, dass die Streitwertbeschwerde deshalb als "verfrüht" erscheine, weil eine gesonderte Streitwertfestsetzung bisher nicht erfolgt sei; der "bereits erwartete" Beschluss ergehe nach Rückkehr der Akte vom Thüringer Landesarbeitsgericht.

Mit Schriftsatz vom 28.11.2000 vertrat der Beschwerdeführer dann die Auffassung, dass die Erhöhungsbeschwerde zulässig und begründet sei, weil nach einer Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum ein anfechtbarer Beschluss i. S. des § 25 Abs. 3 GKG gegeben sei, wenn der Streitwert im Urteil festgesetzt worden sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.03.2001 wies das Arbeitsgericht die Beschwerde gegen den im Urteil festgesetzten Streitwert als unzulässig zurück und wies darauf hin, dass eine gesonderte Beantragung der Festsetzung des Streitwertes im Hinblick auf die zu erwartende Gebührenberechnung bisher nicht erfolgt sei. Die dem Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung wies darauf hin, dass gegen den Beschluss kein Rechtsmittel stattfinde.

Gegen den am 27.03.2001 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 09.04.2001, der am 10.04.2001 beim Thüringer Landesarbeitsgericht einging, Beschwerde ein.

II.

Die - entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts - nach § 25 Abs. 3 S. 1 GKG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Beschwerde ist mit der Maßgabe begründet, dass unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Rechtsstreit zum Erlass eines Wertfestsetzungsbeschlusses an das Arbeitsgericht Eisenach zurückverwiesen wird.

Auf diese Weise wird das nicht prozessordnungsgemäße Verfahren des Arbeitsgerichts geheilt. Da der Beschwerdeführer ausdrücklich und offensichtlich eine Beschwerde nach § 25 Abs. 3 GKG erhoben hatte, hätte das Arbeitsgericht nämlich bei Beachtung des § 571 ZPO keinen endgültigen Beschluss mit zudem unzutreffender Rechtsmittelbelehrung erlassen dürfen, sondern eine Nichtabhilfeentscheidung unter gleichzeitiger Vorlage des Verfahrens an das Beschwerdegericht.

1.

Dem Arbeitsgericht ist allerdings in seiner Rechtsauffassung Recht zu geben, dass die sog. isolierte Streitwertbeschwerde gegen einen im Urteil festgesetzten Wert in der Arbeitsgerichtsbarkeit allgemein als unzulässig erachtet wird.

Denn die in einem arbeitsgerichtlichen Urteil getroffenen Festsetzung des Streitwertes betrifft mangels Anwendbarkeit des § 24 GKG (vgl. § 12 Abs. 7 letzter Satz ArbGG) nur den sog. Rechtsmittelstreitwert, nicht aber den sog. hier in Frage stehenden Kostenstreitwert (vgl. Wenzel, Gemeinschaftskommentar ArbGG § 12 Rz 56 m. w. N.). Beide Werte können bei Änderung der Anträge im Verlaufe des Verfahrens durchaus unterschiedlich sein, so dass der im Urteil festgesetzte Streitwert nicht immer (wenn auch in der Regel) maßgebend für den zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung nach §§ 9 BRAGO, 25 GKG festzusetzenden Gegenstandswert ist.

Eine isolierte Anfechtung dieses Rechtsmittelstreitwertes ist nach ganz herrschender Meinung nicht möglich. Insbesondere ist die Möglichkeit einer Beschwerde nach § 25 Abs. 3 GKG nicht gegeben, weil ansonsten dem Arbeitsgericht unter Verstoß gegen § 318 ZPO die Möglichkeit eingeräumt würde, sein von der vollbesetzten Kammer erlassenes Urteil durch Beschluss des Vorsitzenden alleine abzuändern (vgl. Wenzel, a. a. O., § 12 Rz 48; Germelmann-Matthes-Prütting, ArbGG 2. Aufl., § 12 Rz 131; LAG München, LAGE Entsch. 7 zu § 25 GKG m. w. N. aus der Rechtsprechung; neuerlich LAG Köln, Beschluss vom 27.07.2000, 10 (7) Ta 107/2000, Arbeitsrechtliche Entscheidungen 2001 Nr. 122).

2.

Das Arbeitsgericht hat aber übersehen, dass die danach unzulässige Beschwerde in einen zulässigen Antrag auf gesonderte Festsetzung des Kostenstreitwertes nach § 25 GKG umzudeuten ist, weil nämlich der Wille des Beschwerdeführers ersichtlich darauf gerichtet war, eine nach seiner Auffassung "richtige" Festsetzung des Gegenstandswertes zur Berechnung seiner Gebühren zu erreichen (so schon LAG Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.02.1982, 6 Ta 220/81, nicht veröffentlicht).

Dies gilt vorliegend um so mehr, als der Beschwerdeführer ja - entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts im angegriffenen Beschluss - bereits mit Schriftsatz vom 12.10.2000 die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für die erste Instanz beantragt hat (wenn auch auf der Grundlage einer falschen Rechtsnorm, nämlich § 10 BRAGO, was aber in diesem Zusammenhang unschädlich ist).

Dabei ist die Umdeutung wegen der ggf. unterschiedlichen Höhen und der verschiedenen Funktionen beider Festsetzungen nicht etwa davon abhängig, dass der Antragsteller ein konkretes Bedürfnis an besonderer Wertfestsetzung darlegt (so aber LAG Frankfurt am Main, Beschluss vom 22.05.1984, 6 Ta 106/84, nicht veröffentlicht - wie hier auch Wenzel, a. a. O. Rz 58; LAG Schleswig Holstein, LAGE § 25 GKG Entsch. 8). Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer seit dem Beschluss vom 09.11.1995 (8 Ta 135/95, nicht veröffentlicht; vgl. zuletzt Beschluss vom 16.09.1999, 8 Ta 135/99, nicht veröffentlicht).

Durch die Zurückverweisung ist dem Arbeitsgericht also Gelegenheit gegeben, die Bescheidung dieses Antrags auf gesonderte Wertfestsetzung zum Zwecke der Gebührenberechnung nachzuholen (so auch jetzt LAG Köln, Beschluss vom 25.07.2000, a. a. O.).

Dies ist dem Beschwerdegericht verwehrt, weil ihm nur dann eine Korrekturmöglichkeit eingeräumt wird, wenn das Arbeitsgericht bereits einen Kostenstreitwert festgesetzt hat. Ist das aber - wie in Fällen der vorliegenden Art - nicht der Fall, ist es dem Beschwerdegericht verwehrt, einen für die untere Instanz maßgebenden Kostenstreitwert festzusetzen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 25 Abs. 4 GKG).

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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