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Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 17.08.2009
Aktenzeichen: 8 Ta 86/09
Rechtsgebiete: ZPO, RVG


Vorschriften:

ZPO § 91 a
RVG § 15 Abs. 2 Satz 1
RVG § 55
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Gera vom 27.02.2009 - 3 Ca 2009/08 - abgeändert. Die aus der Landeshauptkasse Standort G. zu zahlende Vergütung wird auf 562,27 € festgesetzt.

Gründe:

Mit Schriftsatz vom 15.12.2008, welcher am gleichen Tag bei Gericht einging, machte der Kläger Vergütung für die Monate September und Oktober in Höhe von 2.426,66 € brutto geltend.

Mit Schriftsatz vom 30.12.2008, welcher am gleichen Tag bei Gericht einging, bezifferte der Kläger die in den Monaten September und Oktober 2008 tatsächlich geleisteten Stunden und erweiterte die Klage gleichzeitig um den Lohnanspruch für den Monat November 2008 in Höhe von insgesamt 4.501,00 €.

Am 05.01.2009 fand vor dem Arbeitsgericht Gera ein Gütetermin statt, zu dem der Beklagte nicht erschien. Im Gütetermin wurde ein neuer Termin bestimmt für den 02.02.2009.

Mit Verfügung vom 02.02.2009 wurde der Termin aufgehoben und neuer Termin bestimmt für Montag, den 23.02.2009.

Mit Beschluss vom 04.02.2009 (Bl. 28 d. A.) bewilligte das Arbeitsgericht Gera dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe und ordnete ihm Herrn Rechtsanwalt K. bei.

Am 06.02.2009 meldete sich telefonisch die Buchhaltung des Beklagten und teilte mit, dass man sich einvernehmlich in der Angelegenheit verständigen wolle. Sie biete zur Vermeidung des Gerichtstermins am 23.02.2009 an, die noch offene Lohnzahlung bis zur 8. Kalenderwoche vorzunehmen. Für diesen Fall stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Erledigungserklärung in Aussicht. Über dieses Telefongespräch fertigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen "Aktenvermerk 675/08" (Bl. 73 d. A.).

Mit Schriftsatz vom 23.02.2009, welcher am gleichen Tag per Fax bei dem Arbeitsgericht Gera einging, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage für erledigt, da der Beklagte nunmehr am 20.02.2009 die Klageforderung beglichen habe.

Mit Beschluss vom 17.04.2009 (Bl. 33 d. A.) erlegte das Arbeitsgericht Gera dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO auf.

Mit Schriftsatz vom 24.02.2009 (Bl. B 71 d. A.) beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kostenerstattung für die Prozesskostenhilfe und beantragte u. a. die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr aus dem Gegenstandswert in Höhe von 2.426,66 €, insgesamt 634,63 €.

Mit Beschluss vom 27.02.2009 (Bl. B 75 d. A.) setzte das Arbeitsgericht Gera die Vergütung in Höhe von 428,16 € fest. Es erkannte nur eine 0,5-Terminsgebühr aus dem Gegenstandswert an.

Hiergegen richtet sich die mit Datum vom 04.03.2009 erhobene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers. Dieser Erinnerung half das Arbeitsgericht Gera nicht ab. Mit Beschluss vom 17.04.2004 (Bl. B 81 d. A.) wies das Arbeitsgericht Gera die Erinnerung zurück.

Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Bl. B 84 d. A.) am 27.04.2009 zugestellt. Mit der Beschwerde macht der Prozessbevollmächtigte weiterhin geltend, es komme nicht auf die Frage an, ob von der Gegenseite jemand zur Sitzung am 05.01.2009 erschienen sei. Aus dem Aktenvermerk vom 06.02.2009 ergebe sich, dass der Unterzeichner mit der Beklagten eine Einigung getroffen habe, nachdem Termin bestimmt gewesen sei. Aus der Einigung sei die Tatsache der Entbehrlichkeit des Termins hervorgegangen. In diesem Fall falle die Terminsgebühr in voller Höhe an.

Die statthafte, zulässige Beschwerde ist begründet.

Es ist gem. § 55 RVG eine 1,2-Terminsgebühr festzusetzen.

Zwar ist es richtig, dass für den Termin am 05.01.2009 nur eine 0,5-Terminsgebühr gem. VV 3105 zum RVG entstanden ist.

Ist der Rechtsanwalt allein im Termin anwesend, erscheint die Gegenseite nicht oder ist nicht ordnungsgemäß vertreten, entsteht lediglich eine 0,5-Terminsgebühr, wenn er einen Antrag auf Versäumnisurteil bzw. zur Prozess- oder Sachleitung stellt oder überhaupt nichts tut, aber bereit ist, etwas zu tun, wenn es nötig sein sollte.

Eine 1,2-Terminsgebühr entsteht nur, wenn er mehr als das zuvor Dargelegte tut, z. B. eine Entscheidung nach Aktenlage beantragt, mit dem Gericht die Schlüssigkeit der Klage erörtert oder ein Anerkenntnisurteil beantragt. Nichts dergleichen ist im vorliegenden Fall am 05.01.2009 geschehen.

Die durch die Sitzungsteilnahme am 05.01.2009 entstandene 0,5-Terminsgebühr erhöht sich jedoch auf eine 1,2-Terminsgebühr, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausweislich des Aktenvermerks vom 06.02.2009 eine außergerichtliche Besprechung geführt hat, die dazu führte, dass der Termin vom 23.02.2009 aufgehoben werden konnte.

Welche Tätigkeit der Rechtsanwalt vornehmen muss, um eine 1,2-Terminsgebühr zu verdienen, ergibt sich aus VV Vorbemerkung 3, Abs. 3. Danach entsteht die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts.

Die dritte Alternative des VV Vorbemerkung 3, Abs. 3 stellt auf Besprechungen ohne das Gericht ab.

Diese Änderung im Verhältnis zur BRAGO soll bewirken, dass der Anwalt nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beiträgt. Deshalb soll die Gebühr auch schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen.

Dabei löst nicht jede Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts diese Terminsgebühr aus. Es muss sich um eine handeln, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet ist.

Um ein solches Gespräch handelt es bei dem Anruf von Mitarbeitern der Buchhaltung des Beklagten am 06.02.2009 bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers. Die erklärte Bereitschaft, die noch offene Lohnzahlung zu erbringen, sollte dazu dienen, den Gerichtstermin am 23.02.2009 zu vermeiden.

Hintergrund der reduzierten Gebührenhöhe gem. VV 3105 RVG ist, dass der Anwalt, der nur einen einzigen Termin wahrnimmt, in welchem die Gegenseite zudem nicht erscheint und lediglich einen Antrag auf Versäumnisurteil oder einen Antrag zur Prozess- oder Sachleitung stellt, in der Regel einen verminderten Arbeitsaufwand hat.

Die Reduzierung soll nach den Motiven zu VV 3105 (BT-Drucksache 15/2487 Seite 176) nur dann gelten, wenn der Rechtsanwalt im Termin tatsächlich keine weiteren Tätigkeiten entfaltet.

Im vorliegenden Fall hat der Klägervertreter zwar im Termin vom 05.01.2009 keine Tätigkeiten entfaltet. Er hat jedoch am 06.02.2009 ein Gespräch mit Vertretern des Beklagten ohne das Gericht geführt, dessen Ergebnis die Beendigung des Rechtsstreits durch übereinstimmende Erledigungserklärung war. Er hat damit über das bloße Erscheinen zum Termin am 05.01.2009 hinaus weitere Tätigkeiten entfaltet, die letztendlich zur Beendigung des Rechtsstreites, und damit zu der von der Änderung des RVG hinsichtlich der Entstehung der Terminsgebühr bezweckten Entlastung des Gerichts beigetragen. Diese Tätigkeit will die Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu VV 3105 RVG mit einer vollen Terminsgebühr honorieren.

Gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG erhöht sich die ursprüngliche 0,5-Terminsgebühr auf eine 1,2-Terminsgebühr.

Es ist damit folgende Vergütung festzusetzen:

 Eine 1,3-Verfahrensgebühr in Höhe von 209,30 €
eine 1,2-Terminsgebühr in Höhe von 193,20 €
Geschäftsreise in Höhe von 30,00 €
Abwesenheitsgeld in Höhe von 20,00 €
Postpauschale in Höhe von 20,00 €
 472,50 €
19 % Mehrwertsteuer 89,77 €
 562,27 €.

Die Beschwerde ist deshalb in dem noch geltend gemachten Umfang begründet.

Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nicht gegeben.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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