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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 28.11.2003
Aktenzeichen: 1 Ss 304/03
Rechtsgebiete: OWiG, StPO


Vorschriften:

OWiG § 77 Abs. 2 Nr. 1
OWiG § 77 Abs. 2 Nr. 3
OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 2
StPO § 344 Abs. 2 Satz 2
Wird ein Beweisantrag im Bußgeldverfahren in der Verhandlung mit einer Kurzbegründung nach § 77 Abs. 3 OWiG abgelehnt, dann ist im Urteil im Einzelnen darzulegen, worauf die sichere Überzeugung gestützt ist und aus welchen Gründen die dagegen vorgebrachten Beweismittel keinen weiteren Aufklärungswert haben.

Dem Rechtsbeschwerdegericht ist eine Überprüfung des Urteilsinhalts auf das Vorliegen einer den genannten Anforderungen entsprechenden Begründung verwehrt, wenn der Betroffene in der Rechtsbeschwerdebegründung weder den Urteilsinhalt mitteilt noch neben der Verfahrensrüge die allgemeine Sachrüge erhebt.


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss

1 Ss 304/03

In dem Bußgeldverfahren

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit,

hat auf den Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Gotha vom 25.07.2003 zuzulassen, der Bußgeldsenat des Thüringer Oberlandesgerichts durch Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwerdtfeger

am 28. November 2003

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird verworfen.

2. Die Rechtsbeschwerde gilt als zurückgenommen (§ 80 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 4 OWiG).

3. Die Kosten der Rechtsbeschwerde werden dem Betroffenen auferlegt (§ 473 Abs. 1 StPO, § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Der Betroffene macht ausschließlich die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend. Dabei handelt es sich um eine Verfahrensrüge, die nach Maßgabe des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG ausgeführt sein muss (siehe nur KK-Steindorf, OWiG, 2. Aufl., § 80 Rn. 41). Dies ist hier nicht geschehen. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Rechtsbeschwerde nicht gerecht.

Ob das Amtsgericht den in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag des Betroffenen zu Unrecht zurückgewiesen hat und dadurch - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt hat, lässt sich nicht schon aufgrund der Tatsache, dass dieser Beweisantrag abgelehnt wurde und auch nicht aus der in der Rechtsbeschwerdebegründung allein mitgeteilten Begründung des in der Hauptverhandlung verkündeten Ablehnungsbeschlusses beurteilen.

Eine Zurückweisung des Beweisantrages nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG - auf diesen Ablehnungsgrund hat das Amtsgericht die Zurückweisung ausweislich des Ablehnungsbeschlusses eindeutig gestützt - war im vorliegenden Fall nicht vorn vornherein unzulässig. Eine solche Unzulässigkeit käme im Hinblick auf die vom Betroffenen behauptete späte Aufklärung über den eigentlichen Tatvorwurf allenfalls hinsichtlich einer Ablehnung gem. § 77 Abs. 2 Nr. 2 (verspäteter Beweisantrag) in Betracht. Auf diese Bestimmung hat das Amtsgericht die Ablehnung des Beweisantrags aber gerade nicht gestützt.

Die Ablehnung des Beweisantrages nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ist zunächst auch ausreichend begründet worden. Gemäß § 77 Abs. 3 OWiG kann die Begründung für die Ablehnung eines Beweisantrages nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG in dem Gerichtsbeschluss in der Regel darauf beschränkt werden, dass die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Ein solcher Regelfall lag hier vor, da nach Sachlage kein Zweifel daran bestehen konnte, dass das Amtsgericht weitere Beweiserhebungen im Hinblick auf die Aussage des Zeugen Sch. nicht für erforderlich hielt.

Allerdings muss in den Fällen, in denen ein Beweisantrag nach § 77 Abs. 3 OWiG mit einer Kurzbegründung abgelehnt wurde, die Ablehnung im Rahmen der Beweiswürdigung im Urteil so begründet werden, dass sie für das Rechtsbeschwerdegericht nachprüfbar ist. Es ist im Einzelnen darzulegen, worauf die sichere Überzeugung gestützt ist und aus welchen Gründen die dagegen vorgebrachten Beweismittel keinen weiteren Aufklärungswert haben (Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 77 Rn. 26). Dem wird die Urteilsbegründung bereits dann gerecht, wenn ihr im Zusammenhang entnommen werden kann, dass der Sachverhalt aufgrund der genutzten Beweismittel so eindeutig geklärt ist, dass die zusätzlich beantragte Beweiserhebung an der Überzeugung des Gerichts nichts geändert hätte und für die Aufklärung entbehrlich gewesen ist (OLG Zweibrücken MDR 1991, 1192, 1193). Vorliegend sind an eine Begründung der Ablehnung im Urteil sehr strenge Anforderungen zu stellen, weil die Überzeugung des Gerichts, die es zur Ablehnung weiterer Beweiserhebungen veranlasste, im Wesentlichen auf der Aussage eines einzigen Zeugen beruhte (vgl. Göhler, a. a. O., Rn. 14).

Indes ist dem Rechtsbeschwerdegericht eine Überprüfung des Urteilsinhalts auf das Vorliegen einer den genannten Anforderungen entsprechenden Begründung verwehrt, weil der Betroffene den Urteilsinhalt in seiner Rechtsbeschwerdebegründung nicht mitgeteilt hat und eine Kenntnisnahme vom Inhalt des Urteils ohne entsprechende Ausführung in der Verfahrensrüge nur bei gleichzeitiger Erhebung der Sachrüge möglich wäre (siehe BGHSt 36, 384, 385; 45, 203, 204 f.; 46, 189, 190 f.; KK-Kuckein, StPO, 5. Aufl., § 344 Rn. 39), eine Sachrüge ist jedoch nicht erhoben worden.

Da die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen ist und mangels ordnungsgemäßer Begründung auch nicht zulässig wäre, kommt es auf die - nach Ansicht des Senats zu verneinende - Frage, ob ein Verfahrenshindernis wegen Unwirksamkeit des Bußgeldbescheides infolge unzureichender Tatbeschreibung vorliegt (vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., vor § 65 Rn. 9, § 66 Rn. 38 f.), nicht an (§ 80 Abs. 5 OWiG).

Ende der Entscheidung

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