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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: 1 U 576/06
Rechtsgebiete: Thüringer PresseG


Vorschriften:

Thüringer PresseG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 576/06

Verkündet am: 21.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch ............ aufgrund der mündlichen Verhandlung vom .............

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom .... abgeändert:

Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen

Verfügung wird zurückgewiesen.

2. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Gründe:

I.

Die Verfügungsklägerin verlangt im einstweiligen Verfügungsverfahren die Veröffentlichung einer Gegendarstellung nach § 11 Thüringer Pressegesetz (TPG). Wegen des Inhalts der geltend gemachten Gegendarstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts verwiesen.

Die Journalistin J nahm an einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusssitzung der Verfügungsklägerin am 27.03.2006 teil. In dieser Sitzung wurde über einen Tagesordnungspunkt beraten, der den Antrag des Vereins K-Gemeinde e.V. zum Gegenstand hatte, die Schäden an der Zufahrtstraße zur K-burg zu beheben. Die Journalistin J verfasste hierüber einen Zeitungsartikel, der in der Tageszeitung Z erschien, deren Herausgeberin die Verfügungsbeklagte ist. In der Ausgabe Nr. 76 des 17. Jahrgangs dieser Zeitung vom 30.03.2006 veröffentlichte die Verfügungsbeklagte auf Seite 16 den Artikel unter der Überschrift " Generalangriff auf die Nachbargemeinden". Darin wurde die Behauptung aufgestellt, der Bürgermeister der Verfügungsklägerin habe in der Haupt- und Finanzausschusssitzung vom 27.03.2006 der Gemeinde einen Generalangriff auf die Nachbargemeinden angekündigt und diesem Sinne beabsichtigt, alle Register zu ziehen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (Bl. 27 bis 35 d. A.).

Das Landgericht hat durch Urteil vom ....... die Verfügungsbeklagte verurteilt, in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der Tageszeitung Z im Teil "Lokales" mit gleicher Schrift wie die Erstmitteilung ohne Einschaltungen und Weglassungen die von der Verfügungsklägerin geltend gemachte Gegendarstellung zu veröffentlichen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Verfügungsbeklagte Berufung eingelegt.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung erstrebt sie die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Sie behauptet, der von ihr veröffentlichte Artikel stelle eine wahre Berichterstattung über den Ablauf der am 27.03.2006 stattfindenden Sitzung des Hauptausschusses der Verfügungsklägerin dar. Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, nach § 11 TPG könne eine Gegendarstellung nur diejenige Person oder diejenige Stelle verlangen, die durch eine in der Zeitung aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen sei. Betroffen sei nur derjenige, dessen Interessensphäre konkret durch die beanstandete Erstmitteilung berührt werde. Das Landgericht habe verkannt, dass die Verfügungsklägerin nicht durch jede Äußerung betroffen werde, die einer ihrer Gemeinderatsmitglieder in einer parlamentarischen Sitzung mache. Die darin geäußerten konkurrienden Meinungen der einzelnen Mitglieder könnten nicht mit der Verfügungsklägerin identifiziert werden, da die Öffentlichkeit einen Bericht der Presse über eine Einzelmeinung eines Gemeinderatsmitglieds nicht als Mitteilung über eine Ansicht der Gemeinde ansehe. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die in der Sitzung vom 27.03.2006 geäußerte Meinung des Bürgermeisters von den anderen Ausschussmitgliedern geteilt worden sei. Das Landgericht habe zudem verkannt, dass die Verfügungsklägerin nach § 11 Abs. 4 Satz 3 TPG, §§ 936, 920 ZPO ihren Verfügungsanspruch glaubhaft machen müsse. Für die Glaubhaftmachung sei erforderlich, dass keine Einwendung nach § 11 Abs. 5 TPG bestehe. Nach dieser Vorschrift sei ein Gegendarstellungsanspruch ausgeschlossen, wenn er sich gegen einen wahrheitsgemäßen Bericht der Presse über eine öffentliche Sitzung des Vertretungsorgans einer Gebietskörperschaft richte. Diese Regelung entspreche Art. 42 Abs. 3 GG, wonach die Arbeit der Presse geschützt sei und eine wahrheitsgemäße Unterrichtung über die Tätigkeit der parlamentarischen Gremien erlaubt sei. Dieses grundgesetzlich geschützte Informationsrecht würde unterhöhlt, wenn die Presse die Wahrheit der Berichterstattung über die parlamentarische Sitzungen beweisen müsste. Im Übrigen spreche bereits der übliche Sprachgebrauch dafür, dass die Berichterstattung über die Sitzung des Haushaltsausschusses wahrheitsgemäß erfolgt sei. Ein Generalangriff auf eine Zufahrtsstraße sei der deutschen Sprache fremd, da der Begriff eines Generalangriffs nur mit dem potentiell Angegriffenen verbunden werde und dies vorliegend die Nachbargemeinden seien. Darüber hinaus entspreche die von der Verfügungsklägerin geltend gemachte Gegendarstellung nicht § 11 Abs. 2 TPG. Danach bestehe der Sinn der Gegendarstellung darin, dass auf eine konkrete Tatsachenbehauptung mit einer konkreten Tatsache zu erwidern sei. Daraus folge, dass jegliche überflüssigen Bestandteile, die keinen Bezug zur Erstmitteilung hätten, zu vermeiden seien. Gleiches gelte für Meinungsäußerungen, da diese keine Tatsachen seien. Die von der Verfügungsklägerin erstrebte Gegendarstellung sei nach § 11 Abs. 2 TPG nicht angemessen, da diese 13 Zeilen umfasse, während die Erstmitteilung nur 6 Zeilen enthalte.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 07.06.2006, Az. 2 O 345/06 abzuändern und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Berufung der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als richtig. Die Verfügungsklägerin behauptet, die Berichterstattung der Verfügungsbeklagten habe nicht der Wahrheit entsprochen. Der Bürgermeister habe in der Haupt- und Finanzausschusssitzung vom 27.03.2006 geäußert, dass ein Generalangriff auf die Zufahrtstraße in dem Sinne vorgenommen werde, dass diese umfassend erneuert und nicht nur an einzelnen Stellen ausgebessert werden solle. Richtig sei, dass bei den Nachbargemeinden angefragt werden sollte, ob diese sich an den Kosten der Baumaßnahmen kostenmäßig beteiligen würden. Von einem Generalangriff auf die Nachbargemeinden, wie die Überschrift zu dem beanstandeten Pressebericht laute, habe der Bürgermeister in der Sitzung zu keiner Zeit gesprochen. Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass sie Betroffene i. S. von § 11 Abs. 1 TPG sei. In der Erstmitteilung werde über die Haupt- und Finanzausschusssitzung vom 27.03.2006 der Verfügungsklägerin berichtet. Die wahrheitswidrige Berichterstattung der Verfügungsbeklagten sei geeignet, die Beziehungen zu den Nachbargemeinden nachteilig zu beeinflussen, indem in dem Artikel der Eindruck erweckt werde, die Verfügungsklägerin verfolge eine aggressive Haltung gegenüber den anderen Gemeinden. Aus diesem Grund habe die Verfügungsklägerin ein erhebliches eigenes Interesse daran, dass eine wahrheitsgemäße Berichterstattung stattfinde. Der Verfügungsbeklagten obliege auch die Beweislast dafür, dass sie über den Ablauf der Haupt- und Finanzausschusssitzung vom 27.03.2006 wahrheitsgemäß berichtet habe. Das ergebe sich aus der Regelung des § 11 Abs. 5 TPG, wonach der Gegendarstellungsanspruch ausgeschlossen sei, wenn ein wahrheitsgetreuer Bericht der Presse über eine öffentliche Sitzung des Vertretungsorgans einer Gebietskörperschaft erfolge. Diese Vorschrift sei als Ausnahmeregelung ausgestaltet, die von demjenigen zu beweisen sei, der sich auf die Einwendung berufe.

II.

Die form- und fristgerechte eingelegte Berufung der Verfügungsbeklagten hat in der Sache Erfolg.

Der Verfügungsklägerin steht nach § 11 TPG kein Anspruch auf Veröffentlichung der von ihr geltend gemachten Gegendarstellung zu.

1. Die Berufung rügt zwar ohne Erfolg, dass die Verfügungsklägerin keine Betroffene i. S. von § 11 Abs. 1 LPG sei.

a) Anspruchsberechtigt für die Geltendmachung eines Gegendarstellungsanspruchs ist jede Person oder Stelle, die durch eine in der Presse aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Der Begriff der Person im Sinne der Landespressegesetze bezieht sich nicht nur auf natürliche und juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts, sondern auch auf sonstige Personenvereinigungen, die klagen oder verklagt werden können. Unter dem Tatbestandsmerkmal der Stelle im Sinne der Landespressegesetze sind in erster Linie Behörden, ferner alle Körperschaften, Organisationen, Anstalten und Institute zu verstehen, soweit sie nicht unter den Begriff der Person zu subsumieren sind. Das Gesetz hat den Kreis der Anspruchsberechtigten auf die von der Veröffentlichung des Zeitungsartikels betroffenen Personen oder Stellen beschränkt. Die Einschränkung des Kreises der Berechtigten folgt aus dem schutzwürdigen Interesse der Presse, davor bewahrt zu bleiben, dass jeder Leser zu einer nach seiner Ansicht unrichtigen Pressemitteilung das Wort ergreifen und eine Gegendarstellung verlangen kann. Betroffen ist derjenige, in dessen Interessensphäre unmittelbar oder mittelbar eingegriffen wird und der dadurch individuell und nicht nur generell berührt wird. Ein Anspruchsteller ist unmittelbar betroffen, wenn die aufgestellte Tatsachenbehauptung ihn in seinen Lebensverhältnissen berührt. Eine mittelbare Betroffenheit liegt vor, wenn ein Pressebericht über eine andere Person auf die eigenen Lebensverhältnisse einwirkt (vgl. Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, 5. Aufl. Kap. 23 Rn 1 ff.; Löffler/Wenzel-Sedelmeier, Presserecht, 4. Aufl. § 11 LPG Rn. 54 m. w. N.).

b) Die Verfügungsklägerin ist als betroffene Stelle i. S. von § 11 Abs. 1 TPG anzusehen. In der Erstmitteilung wird nicht über eine private Tatsachenbehauptung des Bürgermeisters berichtet, sondern über den Ablauf der am 27.03.2006 stattfindenden Haupt- und Finanzausschusssitzung der Verfügungsklägerin. Durch eine unrichtige Berichterstattung über diese Sitzung wird ihre eigene Interessensphäre unmittelbar berührt, da die beanstandete Berichterstattung zu Missverständnissen und Konfrontationen mit den Nachbargemeinden führen kann. Durch die Beeinflussung der zu diesen Gemeinden bestehenden Verhältnisse ist auch eine individuelle Beziehung der Verfügungsklägerin zu der von der Verfügungsbeklagten veröffentlichten Tatsachenbehauptung gegeben.

2. Die Berufung beanstandet allerdings zu Recht, dass das Landgericht die sich aus § 11 Abs. 5 TPG ergebende Beweislast verkannt hat.

a) Nach dieser Vorschrift entfällt die Pflicht der Verfügungsbeklagten zum Abdruck der Gegendarstellung, wenn die Presse wahrheitsgetreu über eine öffentliche Sitzung der gesetzgebenden oder beschließenden Organe der Europäischen Gemeinschaft, des Bundes und der Länder, der Vertretungen der Gebietskörperschaften sowie der Gerichte berichtet. Diese Regelung ist Ausfluss von Art. 42 Abs. 3 GG, wonach wahrheitsgetreue Berichte über öffentliche Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse von jeder Verantwortlichkeit frei bleiben. Diese grundgesetzliche Regelung wird durch das StGB erweitert. Nach § 36 StGB dürfen Mitglieder des Bundestages, der Bundesversammlung oder eines Gesetzgebungsorganes eines Landes zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder ihrer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder in einem seiner Ausschüsse getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Verantwortung gezogen werden. Ausgenommen davon sind lediglich verleumderische Beleidigungen. Nach § 37 StGB bleiben wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen der in § 36 StGB aufgeführten Körperschaften oder Ausschüsse ebenfalls von jeder Verantwortlichkeit frei (vgl. Burkhardt in: Wenzel/Burkhardt/Gamer/ Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5 Aufl., § 11 Rn. 60; Löffler/Wenzel-Sedelmeier, Presserecht, 4. Aufl. § 11 LPG Rn. 72 ff. m. w. N.). Diese Freistellung von jeglicher Verantwortung für die vorgenommen Äußerungen haben einzelne Landesgesetzgeber, darunter auch Thüringen, durch die Regelung in § 11 Abs. 5 TPG dahin übernommen, dass sie die Verpflichtung zum Abdruck von Gegendarstellungen ausgeschlossen haben, wenn die Presse wahrheitsgetreu über eine öffentliche Sitzung der gesetzgebenden oder beschließenden Organe der Europäischen Gemeinschaft, des Bundes und der Länder, der Vertretungen der Gebietskörperschaften sowie der Gerichte berichtet.

b) Wahrheitsgetreu ist ein Bericht, wenn er dasjenige richtig wiedergibt, was in der Sitzung erörtert worden ist. Ob dasjenige, was ein Teilnehmer geäußert hat, seinerseits wahr ist, ist unerheblich. Die Privilegierung soll gerade verhindern, dass im Wege der Gegendarstellung konträre Sachverhaltsdarstellungen der einzelnen Teilnehmer in der Presse fortgesetzt werden. Wahrheitsgetreu bedeutet nicht wortgetreu. Es ist zulässig, dass das Geschehen schwerpunktmäßig zusammengefasst wird. Eine abweichende, den Sinn nicht beeinträchtigende Wortfassung gibt ebenfalls keinen Gegendarstellungsanspruch, wohl aber eine entstellte, verzerrte, gefärbte Wiedergabe (vgl. Löffler/Wenzel-Sedelmeier, Presserecht, 4. Aufl. § 11 LPG Rn. 75).

c) Die Gegendarstellung der Verfügungsklägerin hat zum Ziel, auf eine ihrer Auffassung nach wahrheitswidrige Darstellung des Ablaufs ihrer Haupt- und Finanzausschusssitzung vom 27.03.2006 in der Erstmitteilung hinzuweisen. Sie ist vom Ansatz her im Rahmen des § 11 Abs. 5 TPG zulässig, vorausgesetzt, dass die Berichterstattung nicht der Wahrheit entsprochen hat. In der Erstmitteilung, die die Gegendarstellung richtig zitiert, wird als Kern der Tatsachenfeststellung wiedergegeben, der Bürgermeister habe in der streitgegenständlichen Sitzung einen Generalangriff auf die Nachbargemeinden angekündigt. Diese Behauptung bestreitet die Verfügungsklägerin, da sie vorträgt, der Bürgermeister habe lediglich geäußert, dass ein Generalangriff auf die Zufahrtstraße in dem Sinne vorgenommen werde, dass diese umfassend erneuert und nicht nur an einzelnen Stellen ausgebessert werden solle. Aus diesem Vorbringen der Verfügungsklägerin ergibt sich, dass die Journalistin Wagner die Äußerung des Bürgermeister dem Sinn nach entstellt wiedergegeben hat, da sich der Generalangriff auf eine Nachbargemeinde von einem Generalangriff auf eine Straße unterscheidet. Anders als sonst im Recht der Gegendarstellung ist daher vorliegend von Bedeutung, ob der von der Journalistin Wagner verfasste Bericht der Wahrheit entsprochen hat.

d) Deshalb muss - abweichend von dem ansonsten im Gegendarstellungsrecht geltenden Grundsatz - die Wahrheit ermittelt werden. Da das einstweilige Verfügungsverfahren grundsätzlich das Mittel der Glaubhaftmachung zur Beweisführung ausreichen lässt, muss für eine Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zum Abdruck der Gegendarstellung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Unwahrheit der angegriffenen Tatsachenbehauptung bestehen, die durch die von dem Gesetz vorgesehenen Mittel glaubhaft gemacht werden muss. Dazu ist in dem für die Durchsetzung von Gegendarstellungsansprüchen vorgeschriebenen Verfahren der einstweiligen Verfügung die Glaubhaftmachung der Unwahrheit des Berichts über den Verlauf der betreffenden Sitzung durch die Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen ausreichend (vgl. OLG Hamburg AfP 1979, 361; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Kap. 29.16).

e) Das Landgericht hat sich durch die von den Parteien vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen von der Wahrscheinlichkeit der zu beweisenden Tatsachen nicht zu überzeugen vermocht und eine Beweislastentscheidung getroffen. Dabei hat es die sich aus § 11 Abs. 5 TPG ergebende Beweislast verkannt, wonach die Verfügungsklägerin die Unwahrheit der Berichterstattung glaubhaft machen muss.

aa) Soweit die im Schriftum herrschende Meinung (vgl. Löffler/Wenzel-Sedelmeier, Presserecht, 4. Aufl. § 11 LPG Rn. 76; Burkhardt in: Wenzel/Burkhardt/Gamer/ Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5 Aufl., § 11 Rn. 61) auch in diesem Fall die Glaubhaftmachung der Unwahrheit des Berichts nicht für erforderlich hält, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Diese Ansicht missachtet den klaren Wortlaut der Landespressegesetze. Danach entfällt der Anspruch auf Gegendarstellung, wenn es sich um einen wahrheitsgetreuen Bericht über eine öffentliche Parlamentsitzung bzw. über eine Sitzung eines Vertretungsorgans einer Gebietkörperschaft oder um eine Gerichtsberichterstattung handelt. Die in § 11 Abs. 5 TPG geregelte Privilegierung gewährt einen Anspruch auf Gegendarstellung daher nur dann, wenn die Berichterstattung unwahr ist. Die Unwahrheit des Berichts ist damit für die Geltendmachung des Anspruchs ein anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal, das von der anspruchsberechtigten Person bzw. Stelle zu beweisen ist (vgl. OLG Hamburg AfP 1979, 361; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Kap. 29.16).

bb) Diese Beweislastverteilung ist entgegen der Auffassung des Schriftums (vgl. Löffler/Wenzel-Sedelmeier, Presserecht, 4. Aufl. § 11 LPG Rn. 76; Burkhardt in: Wenzel/Burkhardt/Gamer/ Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5 Aufl., § 11 Rn. 61) nicht systemwidrig. Würde für die Geltendmachung des Anspruchs allein die Behauptung des Anspruchsberechtigten ausreichen, dass die Berichterstattung unwahr sei, wäre das in Art. 42 Abs. 3 GG geschützte Informationsrecht der Presse ausgehöhlt, wonach wahrheitsgetreue Berichte über öffentliche Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse von jeder Verantwortlichkeit frei bleiben. Dieses Recht, das in § 11 Abs. 5 TPG seinen Ausdruck gefunden hat, würde vereitelt werden, wenn die Presse die Wahrheit der Berichterstattung über den Ablauf einer parlamentarischen Sitzung beweisen müsste. Die in § 11 Abs. 5 TPG geregelte Rechtslage ist nicht anders als in den Fällen, in denen einschlägige medienrechtlichen Bestimmungen wie z.B. § 3 Nr. 9 des Gesetzes über den Hessichen Rundfunk, generell vorsehen, dass eine Gegendarstellung nur gegenüber einer unwahren Berichterstattung verlangt werden kann und in denen von den Betroffenen gleichfalls die Glaubhaftmachung der Unwahrheit der Erstmitteilung verlangt wird (vgl. Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Kap. 29.16). Aus diesem Grund hätte die Verfügungsklägerin glaubhaft machen müssen, dass die Berichterstattung der Verfügungsbeklagten unwahr war. Da sich das Landgericht nach den nicht angegriffenen Feststellungen von einer gewissen Wahrscheinlichkeit der zu beweisenden Tatsachen durch die eidesstattlichen Versicherungen nicht zu überzeugen vermocht hat, geht das negative Beweisergebnis daher zu Lasten der Verfügungsklägerin.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ein Ausspruch über die Zulassung der Revision war nach § 543 ZPO nicht veranlasst, da eine Revision gemäß § 542 Abs. 2 ZPO gegen Urteile, durch die über die Anordnung, die Abänderung oder die Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, nicht statthaft ist.

Ende der Entscheidung

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