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Beginn der Entscheidung

Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 23.02.2006
Aktenzeichen: 1 U 613/05
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 25
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 613/05

Verkündet am: 23.02.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Pfalzer, den Richter am Oberlandesgericht Linsmeier und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Brenneisen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil vom 26.05.2002 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2) Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird festgesetzt auf 63.987,55 €.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten Ansprüche wegen der Herstellung mangelhafter Bauleistungen geltend.

Die Klägerin schloss am 18. Juni 1998 mit der Beklagten zu 1) unter Einbeziehung der VOB/B einen Bauvertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Einfamilienhauses mit Außenanlagen auf dem Grundstück am Teufelsbett 34 in U. Die Klägerin zog Ende 1998 in das zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig gestellte Haus ein. Sie verweigerte die förmliche Abnahme wegen Mängel an den von der Beklagten zu 1) erbrachten Werkleistungen.

Die Klägerin verlangt mit der Klage einen Kostenvorschuss i. H. von 43.552,92 € für die Beseitigung der im Sachverständigengutachten Pilz vom 06.03.2002 festgestellten Mängel, einen weiteren Kostenvorschuss i. H. von 8.500,00 € für die Beseitigung der im Sachverständigengutachten Reinhardt vom 28.05.2003 festgestellten Mängel sowie für die an den Fensteranlagen 1 und 2 bestehenden Mängel und Ersatzvornahmekosten i. H. von 1.240,70 € für die Beseitigung der im Verfahren 2 O 1665/99 des Landgerichts Meiningen von dem Sachverständigen festgestellten Putzschäden sowie eine Vertragsstrafe i. H. von 5.693,93 €. Sie hat weiter beantragt festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die dieser im Zusammenhang mit der Beseitigung der oben genannten Mängel noch entstehen.

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2) für die gegen die Beklagte zu 1) geltend gemachten Forderungen unter dem Gesichtspunkt einer Haftungserstreckung nach § 25 HGB in Anspruch. Die Einzelfirma der Beklagten zu 1) wurde 1996 gegründet, die Beklagte zu 2) wurde im Jahr 2002 errichtet. Geschäftsführer der Beklagten zu 2) ist der Schwiegervater der Beklagten zu 1).. Dieser sowie die Mutter der Beklagten zu 1) sind Gesellschafter der Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 1) erzielte in den Jahren 2002 bis 2004 eigene Umsätze. Beide Firmen sind in der Handwerksrolle eingetragen, im Gewerbeamt und bei der Bundesagentur für Arbeit registriert und werden bei der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVAG mit eigenen Beitragskonten geführt und sind bei der Bau-BG versichert. Die Beklagten üben die gleichen Tätigkeitsschwerpunkte aus und besitzen die gleiche Firmenanschrift sowie die gleichen Telefax- sowie Telefonnummern.

Die Beklagte zu 1) erklärte in der eidesstattlichen Versicherung vom 23. November 2004, dass sie ihre gesamte Geschäftsausstattung, d. h. ihre Maschinen und Geräte an die Beklagte zu 2) veräußert habe. Von dieser Veräußerung waren nicht die auf die Einzelfirma der Beklagten zu 1) angemeldeten Leasingfahrzeuge erfasst.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 26.05.2005 der gegenüber der Beklagten zu 1) erhobenen Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen. Die Abweisung der Klage hat es darauf gestützt, dass die Beklagte zu 2) das Handelsgeschäft der Beklagten zu 1) nicht fortgeführt habe. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bd. I, Bl. 112 - 129 d. A.).

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt.

Mit der form- und fristgemäß eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gegenüber der Beklagten zu 2) in vollem Umfang weiter. Sie ist der Auffassung, die Beklagte zu 2) habe das Handelsgeschäft der Beklagten zu 1) erworben. Ein Erwerb sei darin zu sehen, dass die Beklagte zu 1) ihre gesamte Geschäftsausstattung der Beklagten zu 2) entgeltlich übertragen habe. Dabei habe es sich um die Übertragung des Kerns der Firma der Beklagten zu 1) gehandelt, da - nach dem im Rahmen der eidesstattlichen Versicherung vom 23.11.2004 abgegebenen Vermögensverzeichnis - sonstige pfändbare Gegenstände nicht vorhanden gewesen seien. Die Beklagte zu 2) habe das Handelsgeschäft der Beklagten zu 1) im Sinne von § 25 Abs. 1 HGB auch fortgeführt. Ausreichend sei dafür, dass sie nach der Verkehrsanschauung als die Einzelfirma der Beklagten zu 1) angesehen werde. Der genaue Wortlaut der Firmenbezeichnung müsse nicht identisch sein. Es genüge, wenn sich der Kern der alten Firma mit demjenigen der neuen Firma gliche. Das sei gegeben, da die Beklagte zu 2) ihren Sitz in denselben Geschäftsräumen wie die Beklagte zu 1) betreibe. Sie verwende zudem identische Kommunikationseinrichtungen mit denselben Telefon- und Telefaxnummern sowie deckungsgleiche Geschäftspapiere. Die Beklagte zu 2) beschäftige im Übrigen auch Mitarbeiter, die im Bauunternehmen der Beklagten zu 1) ehemals tätig gewesen seien. Eine Haftung aus § 25 HGB sei auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) getrennte Steuernummern verwendet sowie eigene Jahresabschlüsse erstellt hätten und beide Firmen getrennt bei Behörden, Kammern und anderen Institutionen aufgetreten seien. Diese Umstände seien unbeachtlich, da eine Haftungserstreckung auch dann gegeben sei, wenn - wie hier - die Firma des Erwerbers bereits im Vorfeld gegründet und parallel zu dem erworbenen Handelsgeschäft tätig gewesen sei. Die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts seien zudem unvollständig, da daraus nicht hervorgehe, dass die Trennung der beiden Firmen auch noch nach der Übertragung der Geschäftsausstattung fortbestanden hätte. Gleiches gelte im Hinblick auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtes, die es zu den von der Beklagten zu 1) erzielten Umsätzen getroffen habe. Der Fortführung des Handelsgeschäfts durch Beklagten zu 2) stehe auch nicht entgegen, dass die Beklagte zu 1) noch ihre Leasingfahrzeuge in Besitz habe. Das Landgericht habe insoweit verkannt, dass die Vorschrift des § 25 HGB gerade nicht voraussetze, dass das Handelsgeschäft in seinen sämtlichen Teilen übernommen werde. Selbst wenn Einzelvermögensbestandteile von einer Übernahme ausgenommen würden, liege eine Firmenfortführung vor.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Meiningen vom 26.05.2005, Az. 1 O 514/05, die Beklagte zu 2) zusammen mit der Beklagten zu 1) als Gesamtschuldnerin zu verurteilen, an die Klägerin

1. einen Vorschuss i. H. von 43.552, 92 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.04.2002 für die Beseitigung der im Sachverständigengutachten Pilz vom 06.03.2002 (selbstständiges Beweisverfahren 3 OH 22/01 LG Meiningen) festgestellten Mängel am Bauvorhaben, Am Teufelsbett 34 in 08617 Utendorf zu zahlen;

2. einen weiteren Vorschuss i. H. von 8.500,00 € nebst Zinsen hieraus i.H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.03.2004 für die Beseitigung der im Sachverständigengutachten Reinhardt vom 28.05.2003 (Rechtsstreit 2 O 1665/99 LG Meiningen) festgestellten Mängel sowie der an den Fensteranlagen 1 und 2 bestehenden Mängel am Bauvorhaben Am Teufelsbett 34 in 98617 Utendorf zu zahlen;

3. weitere 1.240,70 € nebst Zinsen hieraus i. H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2003 zu zahlen;

4. weitere 5.693,93 € nebst Zinsen hieraus i. H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2000 zu zahlen.

5. festzustellen, dass die Beklagte zu 2) zusammen mit der Beklagten zu 1) als Gesamtschuldnerin verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die dieser im Zusammenhang mit der Beseitigung der im Sachverständigengutachten Pilz vom 06.03.2002 (selbstständiges Beweisverfahren 3 OH 22/01 LG Meiningen) festgestellten Mängel, der Beseitigung der im Sachverständigengutachten Reinhardt vom 28.05.2003 (Rechtsstreit 2 O 1665/99 LG Meiningen) festgestellten Mängel sowie der Beseitigung der Mängel an den Fensteranlagen 1 und 2 am Einfamilienhaus am Teufelsbett 34 in U. entstehen sowie die Schäden zu ersetzen, die daraus resultieren, dass das streitgegenständliche Einfamilienhaus während der Durchführung der Mängelbeseitigungsarbeiten nicht oder nur eingeschränkt zu Wohnzwecken genutzt werden kann.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als richtig. Die Beklagte zu 2) behauptet, die Beklagte zu 1) betreibe eine eigenständige Handelsfirma, die von ihr nicht erworben und auch nicht fortgeführt worden sei. Die Beklagte zu 1) habe lediglich im Verlauf des Jahres 2004 einen Teil ihrer Maschinen und Geräte an die Beklagte zu 2) veräußert, um flüssige Mittel zur Kostendeckung zu erhalten. Darin könne nicht der Erwerb eines Handelsgeschäfts i. S. von § 25 HGB gesehen werden, da die Beklagte zu 1) auch nach der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 23. November 2004 ihre Firma weiter betrieben habe. Die Beklagte zu 2) ist der Auffassung, der tatsächliche Weiterbetrieb des Unternehmens der Beklagten zu 1) führe dazu, dass es an der für eine Haftung erforderlichen Unternehmenskontinuität nach außen fehle. Die Beklagte zu 2) werde im Geschäftsverkehr nicht als die Einzelfirma der Beklagten zu 1) angesehen. Eine ausreichende Unterscheidung der beiden Firmen sei darin zu sehen, dass im Logo und im Kopfbogen der Beklagten zu 2) die Bezeichnung "C-GmbH" enthalten sei. Im Übrigen enthielten die Geschäftspapiere der Beklagten zu 2) in der Fußzeile die für eine GmbH vorgeschriebenen Angaben, wodurch die für eine Fortführung der Handelsfirma der Beklagten zu 1) erforderliche Unternehmenskontinuität nach außen nicht gegeben sei.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagte zu 2) gemäß § 25 Abs. 1 HGB nicht als Gesamtschuldner mit der Beklagten zu 1) für die Verbindlichkeiten haftet, die aus dem mit der Klägerin bestehenden Bauvertrag herrühren.

1. Die Berufung der Klägerin greift ohne Erfolg die Feststellungen des Landgerichts an, wonach die Beklagte zu 2) das Handelsgeschäft der Beklagten zu 1), auf dessen Fortführung die gegen sie gerichteten Klageanträge gestützt werden, nicht erworben habe.

a) Erwerb im Sinne des § 25 Abs. 1 S. 1 HGB ist jede Unternehmensübertragung und Unternehmensüberlassung, gleich auf welchem Rechtsgeschäft sie beruht. Die Bestimmung des § 25 Abs. 1 HGB greift daher auch dann ein, wenn ein Übernahmevertrag überhaupt nicht geschlossen worden ist (vgl. BGH ZIP 2004, 1103; BGH NJW 1992, 911; OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 332). Entscheidend für den Haftungstatbestand des § 25 Abs. 1 S. 1 HGB ist allein die nach außen dokumentierte Kontinuität des in seinem wesentlichen Bestand fortgeführten Unternehmens, nicht aber das interne Vertragsverhältnis des früheren Inhabers zum Übernehmer (vgl. BGH-NJW 1992, 911). Für die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 HGB genügt daher auch ein Teilerwerb, sofern diejenigen Teile, die den Kern des Unternehmens ausmachen - also den Tätigkeitsbereich bestimmen, mit dem es nach außen in Erscheinung tritt - übertragen werden. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Rechtsfolge greift daher auch dann ein, wenn einzelne Vermögensbestandteile oder Betätigungsfelder von der Übernahme ausgenommen werden, solange nur der wesentliche Kern übernommen wird, der den Schwerpunkt des Unternehmens bildet, so dass sich der nach außen für den Rechtsverkehr in Erscheinung tretende Tatbestand als Weiterführung des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand darstellt (vgl. BGH NJW 1992, 911; BGHZ 18, 248). Deshalb kann eine Haftung auch dann bestehen, wenn ein Teil des Unternehmens - wie hier die Leasingfahrzeuge - nicht übernommen werden, sofern dieser kein wesentlicher Bestand der Firma ist.

b) Allerdings treten die Rechtsfolgen des § 25 HGB nur dann ein, wenn das Unternehmen als betriebsfähige Wirtschaftseinheit, also als Träger derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten und Beziehungen übertragen wird, die es im Verkehr als handelsgewerblichen Betrieb erscheinen lassen und dem Erwerber die Möglichkeit bietet, es als solches fortzuführen. Dazu ist erforderlich, dass das Unternehmen als betriebsfähige Wirtschaftseinheit erworben und fortgeführt wird (vgl. MüKo-HGB/Lieb, 2. Aufl. § 25, Rn. 38). Daran fehlt es vorliegend. Es kann dahinstehen, ob die der Beklagten zu 2) veräußerten Betriebsmittel den Kern des Unternehmens der Beklagten zu 1) dargestellt haben. Jedenfalls fehlt es an einem Erwerb als betriebsfähige Wirtschaftseinheit, da die Betriebsmittel - wie sich aus den in der Anlage B 3 vorgelegten Rechnungen ergibt - der Beklagten zu 2) einzeln und sukzessiv in dem Zeitraum vom 01.03.2004 bis zum 01.08.2004 veräußert worden sind. Durch den Erwerb der einzelnen Betriebsmittel hat die Beklagten zu 2) nicht den Kern des Unternehmens im Ganzen als betriebsfähige Wirtschaftseinheit übernommen.

2. Die Berufung der Klägerin verkennt weiter, dass es an der für eine Haftung aus § 25 Abs. 1 HGB erforderlichen Firmenfortführung der Handelsfirma der Beklagten zu 1) fehlt.

a) Die Vorschrift des § 25 Abs. 1 HGB knüpft die Haftung des Übernehmers eines Handelsgeschäftes für die im Betriebsgeschäft begründenden Verbindlichkeiten des früheren Inhabers daran an, dass er es unter der bisherigen Firma fortführt. Hierfür ist zwar nicht erforderlich, dass eine Kundgebung des Geschäftsübergangs an die Allgemeinheit, insbesondere durch Eintragung ins Handelsregister mit nachfolgender Veröffentlichung oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Erforderlich ist aber die Fortführung des Geschäftes durch den Erwerber unter Beibehaltung der alten Firma. Darunter ist eine nach außen in Erscheinung tretende Betätigung zu verstehen, die die Willensmeinung des Erwerbers zum Ausdruck bringt, dass die alte Firma tatsächlich weiter am Markt auftritt. Ob eine solche nach außen dokumentierte Firmenfortführung anzunehmen ist, muss aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs beurteilt werden (vgl. BGH NJW 2001, 1352; BGH NJW 1992, 911; MüKo-HGB/Lieb, 2. Aufl. § 25, Rn. 62). Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die von dem Erwerber weitergeführte Firma eine derart prägende Kraft besitzt, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers eine Fortführung der bisherigen Firma sieht (vgl. BGH ZIP 2004, 1103). Der tragende Gesichtspunkt für die in § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgesehene Haftung des Nachfolgers für die im Betrieb des Unternehmens begründenden Verbindlichkeiten seines Vorgängers liegt in der Kontinuität des Unternehmens, die durch die Fortführung der bisherigen Firma nach außen in Erscheinung tritt. Dementsprechend kann es für die Haftung nach § 25 Abs. 1 S. 1 HGB nicht auf eine wort- und buchstabengetreue Übereinstimmung zwischen alter und neuer Firma ankommen. Vielmehr ist entscheidend, ob nach der maßgeblichen Sicht des Verkehrs trotz der vorgenommenen Änderungen noch eine Fortführung der Firma vorliegt. Entscheidend ist mithin allein, ob der Verkehr die neue Firma noch mit der alten identifiziert. Hierfür spielen gewisse Änderungen der alten Firma keine Rolle, sofern der prägende Teil der alten Firma in der neuen beibehalten wird (vgl. BGH NJW 2001, 1352; BGH NJW 1992, 911). Eine Haftung kann daher auch dann bestehen, wenn - wie hier die Beklagte zu 2) - die Firma mit der Bezeichnung GmbH und mit einem Zusatz (IBU) geführt wird.

b) Die Berufung verkennt aber, dass eine Firmenfortführung nur dann vorliegt, wenn der Erwerber unter der alten Firma weiterhin am Markt auftritt. Hierfür reicht nicht der Umstand aus, dass die selbe Adresse oder die selbe Telefon- und Telefaxnummer verwandt wird, ebenso wenig ist die Weiterverwendung der Büroräume ein ausreichendes Indiz für die Fortführung des Unternehmens (vgl. OLG Köln, MDR 2004, 1125). Dass das Unternehmen in seinem Kern fortgeführt wird, richtet sich im Wesentlichen danach, ob der Erwerber das Personal, die Betriebsgegenstände, die Warenbestände, den Eintritt in bestehende Aufträge und bestehende Kunden- und Lieferantenverträge übernommen hat und ob eine Übereinstimmung im Unternehmensgegenstand besteht (vgl. BGH NJW 1992, 911). Dass die Beklagte zu 2) solche Geschäfte der Beklagten zu 1) übernommen und ihre Abwicklung nach außen - im Rahmen der für eine Haftung erforderliche Unternehmenskontinuität - dokumentiert hat, kann den Angriffen der Berufung nicht entnommen werden. Die Berufung trägt außer der Verwendung der gleichen Adresse und der Telefax- und Telefonnummern keine Anhaltspunkte vor, dass die Beklagte zu 2) die Handelsfirma der Beklagten zu 1) am Markt fortgeführt hat. Die Rechtfertigung der Erwerberhaftung beruht aber allein auf der Unternehmenskontinuität, deren Vorliegen sich auch nicht aus der Behauptung der Klägerin ergibt, wonach die Beklagte zu 2) einen Angestellten der Beklagten zu 1) beschäftigt habe. Dies allein ist nicht ausreichend, um die für eine Erwerberhaftung erforderliche Kontinuität des Handelsgeschäfts zu begründen, zumal es sich bei dem Angestellten um den Ehemann der Beklagten zu 1) handelt, der zugleich der Sohn des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) ist.

c) Vorliegend besteht zudem die Besonderheit, dass die Beklagte zu 2) - nach dem Vorbringen der Berufung - die Handelsfirma der Beklagten zu 1) nicht übernommen, sondern in ihr bereits bestehendes Unternehmen eingegliedert hat und unter ihrer Firma fortgeführt hat. Hierbei fehlt es für eine Erwerberhaftung an einem Auftreten der alten Firma am Markt. Würde in diesen Fällen die aus § 25 HGB resultierende Haftung eingreifen, müsste ein Kaufmann von der weiteren Verwendung seiner eigenen ähnlichen - schon bisher geführten - Firma absehen, wenn er die Rechtsfolge dieser Vorschrift vermeiden will. Das kann indes einer an dem Markt etablierten Firma nicht zugemutet werden (vgl. BGH NJW 1992, 911, MüKo HGB 2. Aufl. § 25. Aufl., Rn. 61; Canaris, Handelsrecht 23. Aufl. § 7 Rn. 33 S. 136). Eine Haftung aus § 25 HGB scheitert in diesem Fall zudem daran, dass das erworbene Unternehmen nach außen nicht mehr selbständig hervortritt und damit eine nach außen dokumentierte Unternehmenskontinuität nicht gegeben ist. Aufgrund des Fehlens einer solchen Kontinuität kommt eine Haftung der Beklagten zu 2) gemäß § 25 Abs. 1 HGB für die in dem Betrieb der Beklagten zu 1) begründenden Verbindlichkeiten nicht in Betracht.

3. Die von dem Landgericht zu der Rechtscheinhaftung getroffenen Feststellungen werden von der Berufung nicht angegriffen und sind auch nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Revisionszulassungsgründe i. S. des § 523 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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