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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 10.10.2008
Aktenzeichen: 1 UF 121/08
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 1577 Abs. 2 S. 2 | |
BGB § 1611 Abs. 1 |
2. Verschweigt ein volljähriges Kind die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben dem Studium, kann darin eine schwere Verfehlung liegen, die zur Beschränkung des Unterhaltsanspruches nach § 1611 Abs. 1 BGB führt.
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss
In der Familiensache
hat der 1. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Parteina, Richterin am Oberlandesgericht Martin und Richter am Oberlandesgericht Mummert
am 10.10.2008
beschlossen:
Tenor:
Der Klägerin wird für die Rechtsverfolgung in der Berufungsinstanz ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ..., bewilligt, soweit sie beantragt,
I. den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des am 07.03.2008 verkündeten Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena, Az. 47 F 378/06, unter Abänderung der Urkunde des Jugendamtes des Saale-Holzland-Kreises vom 16.03.2001, Registernummer 248/2001, einen monatlichen jeweils zum 5. des laufenden Monats fälligen Unterhalt für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.03.2007 in Höhe von 83,- €, für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von 49,- €, für den Zeitraum 01.10.2007 bis 31.12.2007 in Höhe von 136,- € und ab dem 01.01.2008 in Höhe von 186,- € jeweils zuzüglich 154,- € staatliches Kindergeld, zu zahlen, insoweit wird die Widerklage des Beklagten abgewiesen.
II. Im Übrigen wird der Klägerin Prozesskostenhilfe verweigert.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 07.03.2008 den Beklagten verurteilt, in Abänderung der Urkunde des Jugendamtes des Saale-Holzland-Kreises vom 16.03.2001, Reg. Nr. 248/2001 an die Klägerin einen monatlichen Unterhalt für den Zeitraum 01.07.2006 bis 31.01.2007 in Höhe von 141,- € zuzüglich Kindergeldes in Höhe von 154,- € monatlich zu zahlen. Auf die Widerklage des Beklagten hat das Amtsgericht die Urkunde dahingehend abgeändert, dass der Beklagte der Klägerin ab dem 01.02.2007 keinen Unterhalt mehr schuldet.
Die Klägerin, geboren am 15.06.1984, ist die Tochter des Beklagten. Sie studiert im neunten Semester, davon im 8. Semester Sportwissenschaften an der FSU Jena und führt seit dem 01.01.2005 einen eigenen Haushalt.
Der Beklagte hat sich durch Urkunde des Jugendamtes des Saale-Holzland-Kreises vom 16.03.2001 (Reg.-Nr. 248/2001) verpflichtet, an die Klägerin 113,9 % des jeweiligen Regelbetrages gemäß § 2 der RegelbetragVO abzüglich der gemäß § 1612 Abs. 5 BGB anzurechnenden Kindergeldleistung, Zahlbetrag zuletzt 267,14 € zu zahlen.
Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 23.05.2006 aufgefordert, ab Mai 2006 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 513,- € zu zahlen.
Die Mutter der Klägerin bezieht Erwerbsunfähigkeitrente in Höhe von 725,71 €, Wohngeld in Höhe von 90,- € sowie Pflegegeld in Höhe von 200,- € monatlich.
Der Beklagte hat als Werkstattmeister unstreitig in den letzten 12 Monaten vor Klageerhebung ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2095,70 € erzielt, wovon berufsbedingte Fahrtkosten in Höhe von 218,- €/Monat abzuziehen sind.
Die Klägerin hat Bafög-Leistungen ab April 2006 in Höhe von 295,- € und ab April 2007 in Höhe von 329,- € erhalten. Seit Oktober 2007 nimmt die Klägerin kein Bafög mehr in Anspruch, da dieses nunmehr aufgrund der Bezugsdauer nur auf Darlehensbasis gewährt wird.
Die Klägerin hat bis einschließlich Januar 2007 eine Aushilfstätigkeit in der Universitätsbibliothek mit einem Pauschalverdienst von 60,- €/Monat ausgeübt. Ab dem 19.02.2007 hat sie auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages mit der Firma "C." gearbeitet. Sie hat in dem Zeitraum 19.02.2007 - 31.03.2008 2903,12 €, im Monatsdurchschnitt 207,36 € verdient. Die Klägerin hat ihre zusätzlichen Einkünfte erstmals im Termin vom 30.11.2007 vorgetragen.
Das Amtsgericht hat Klage und Widerklage teilweise für begründet erachtet.
Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Abänderung der Unterhaltsurkunde des Jugendamtes des Saale-Holzland-Kreises vom 16.03.2001 dahin zusteht, dass der Beklagte ihr laufend 295,- € monatlich (141,- € Unterhalt zuzüglich 154,- € Kindergeld) von Juli 2006 bis einschließlich Januar 2007 zu zahlen hat, da für diesen Zeitraum eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten sei. Für den Zeitraum ab Februar 2007 entfalle eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten.
Eine wesentliche Veränderung sei bereits durch die Volljährigkeit der Klägerin eingetreten. Da die Klägerin einen eigenen Hausstand unterhalte, liege ihr Unterhaltsbedarf nach der Thüringer Tabelle (Fassung vom 01.07.2005 und 01.07.2007) bei 590,- € monatlich. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gehe das Amtsgericht davon aus, dass die Kindesmutter nicht leistungsfähig sei, so dass der Bedarf der Klägerin allein durch den Beklagten zu decken sei.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum von Juli 2006 bis Februar 2007 sei von Einkünften der Klägerin in Höhe von 295,- € aus Bafög auszugehen.
Die von der Klägerin aus Aushilfstätigkeit bei der Uni-Bibliothek erzielte Pauschalvergütung in Höhe von 60,- € monatlich habe ihr anrechnungsfrei zu verbleiben. Denn nach allgemeiner Auffassung bestehe für Studenten in der Regel keine Erwerbsobliegenheit, so dass es sich bei der hierfür erzielten Vergütung grundsätzlich um Einkommen aus einer überobligatorischen Tätigkeit handele. Deren Anrechenbarkeit richte sich nach dem Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB. Die Klägerin habe den Nebenjob in der Bibliothek aufgenommen, als die Bafögzahlungen von April 2006 bis zum Jahresende 2006 eingestellt worden waren, die Kindergeldzahlung ab Mai 2006 auf den Beklagten umgestellt worden war und keine weiteren Einkünfte als die 140,- € Unterhalt des Beklagten vorhanden waren. Da die Bafög-Zahlungen erst über ein halbes Jahr später rückwirkend nachgereicht wurden und der Beklagte auch das ihm ab Mai 2006 zugeflossene Kindergeld für die zurückliegenden Monate an die Klägerin ausgezahlt habe, entspreche es nach Auffassung des Gerichts nicht der Billigkeit, die 60,- € monatlich bedarfsdeckend anzusetzen.
Der Beklagte sei auch leistungsfähig. Er verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2095,70 €. Ihm stehe aus der selbstbewohnten Eigentumswohnung ein Wohnvorteil in Höhe von 300,- € zur Verfügung, der um verbrauchsunabhängige Kosten in Höhe von 60,13 € zu ermäßigen sei. Abzugsfähig seien Fahrtkosten in Höhe von 218,- € sowie die Pkw - Rate in Höhe von 303,80 €. Die Rate in Höhe von 75,- €, die der Beklagte an seinen Arbeitgeber zur Begleichung einer Schadensersatzforderung aufzubringen habe, sei dem unterhaltsrechtlichen Anspruch nicht entgegenzusetzen. Es verblieben 1798,20 € monatlich.
Des Weiteren habe der Beklagte nunmehr nachgewiesen, dass er verheiratet sei. Bei der Ehefrau sei ein monatliches Nettoentgelt in Höhe von 503,28 €, das um 121,- € Fahrtkosten zu ermäßigen sei, in Ansatz zu bringen. Hinzuzurechnen sei ein Wohnvorteil in Höhe von 300,- €. Das anrechenbare Einkommen belaufe sich somit auf 682,28 €. Der Anspruch auf Ehegattenunterhalt betrage, ausgehend von 3/7 der Differenz der jeweils anrechenbaren Einkommen mithin 470,89 €. Bei einem Selbstbehalt in Höhe von 1010,- € sei der Beklagte demnach zur Zahlung von Ehegattenunterhalt und zur Zahlung des beantragten Kindesunterhalts in Höhe von 141,- € zuzüglich 154,- € Kindergeld monatlich in der Lage.
Ab dem 01.02.2007 entfalle jedoch die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten in vollem Maße. Die Klägerin könne ab diesem Zeitpunkt ihren Bedarf selbst decken. Bei einem monatlichen Nebenverdienst in Höhe von 200,- € sei eine Anrechenbarkeit im Hinblick auf § 1577 Abs. 2 BGB zu bejahen. Bei der Aufnahme der Tätigkeit sei der Bedarf der Klägerin durch 295,- € BAföG, 154,- € Kindergeld und Unterhaltszahlungen des Beklagten in Höhe von 141,- € bereits gedeckt gewesen. Dennoch habe die Klägerin die Tätigkeit mit etwa 10 Wochenstunden neben dem Studium aufgenommen. Die Klägerin erziele aus der Arbeit regelmäßige Einkünfte. Diese Einkünfte anrechnungsfrei zu lassen, erscheine unter Würdigung der Gesamtumstände (Bedarfsdeckung durch Bafög, Einkommen des Beklagten) nicht vertretbar. Ab April 2007 erhöhe sich zudem der monatliche Bafög-Satz auf 329,- €, so dass unter Ansatz des Kindergeldes lediglich ein Bedarf in Höhe von 107,- € zu decken sei. Auch nach Umstellung der Bafög-Zahlung auf Darlehensbasis ab Oktober 2007 sei die Förderungsleistung fiktiv als Einkommen anzurechnen, da es wegen der günstigen Darlehensbedingungen zumutbar sei, ein Darlehen aufzunehmen, um die Bedürftigkeit zu beseitigen (OLG Hamm, FamRZ 1997, 231). Im übrigen erhöhten sich die Nebeneinkünfte ab Oktober 2007 nach den eigenen Angaben der Klägerin auf ca. 260,- €, so dass ohne jede Unterhaltszahlung des Beklagten insgesamt 743,- € zur Verfügung stünden.
Im Übrigen gehe das Gericht davon aus, dass der Unterhaltsanspruch ab Februar 2007 verwirkt sei, da die Klägerin dem Beklagten die Aufnahme der Nebentätigkeit im "C." bis zur mündlichen Verhandlung im November 2007 verschwiegen habe. Es bestehe die Pflicht zur ungefragten Information während des laufenden Verfahrens und der unverzüglichen Mitteilung gemäß § 242 BGB.
Die Klägerin hätte davon ausgehen können, dass Einkünfte, die über ein Drittel des Gesamtunterhaltsbedarfs ausmachen, in jedem Fall Einfluss auf die Berechnung haben können, zumal dies ständiges Thema in den diversen Schriftsätzen der Prozessbevollmächtigten gewesen sei. Es stelle nach Auffassung des Gerichts eine vorsätzliche Verfehlung der Klägerin gegen den Beklagten dar, dass diese trotz des laufenden Verfahrens erst zehn Monate nach Abschluss des Arbeitsvertrages Mitteilung hiervon gemacht habe. Die Abwägung aller im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigenden Umstände führe zum völligen Wegfall der Unterhaltsverpflichtung ab Arbeitsaufnahme der Klägerin. Denn der Beklagte habe stets freiwillig Unterhalt für seine Tochter gezahlt. Zu Uneinigkeiten zwischen den Parteien in Bezug auf die Unterhaltshöhe sei es erst durch die vorläufige Einstellung der Bafög-Leistungen im April 2006 und das dadurch ausgelöste vorliegende Verfahren gekommen. Der Klägerin sei klar gewesen, dass ein Anspruch nur im Falle der Bedürftigkeit bestehe. Sie wäre gehalten gewesen, dem in Anspruch genommenen Beklagten und dem Gericht von regelmäßigen Einkünften umfassend und wahrheitsgemäß Mitteilung zu machen, damit der Beklagte und das Gericht ermitteln können, ob und in welchem Umfang dies Einfluss auf den zu zahlenden Unterhalt haben könne.
Nach alledem entfalle der Unterhaltsanspruch der Klägerin ab Februar 2007 mit der Folge, dass der Abänderungsklage nur teilweise stattzugeben sei. Die Widerklage habe insoweit teilweise Erfolg. Das Gericht weise darauf hin, dass das Kindergeld weiterhin der Klägerin zustehe.
Die Klägerin beabsichtigt, das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 07.03.2008 mit der Berufung anzugreifen und ersucht für die durchzuführende Berufung um Prozesskostenhilfe.
Die Klägerin trägt vor, das Amtsgericht habe in dem angefochtenen Urteil fehlerhaft entschieden, dass ab dem 01.02.2007 eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin entfalle, weil sie ab diesem Zeitpunkt ihren Bedarf mit den durch die Nebentätigkeit erzielten Einkünfte selbst decken könnte (S. 8 der Urteilsbegründung).
Das Amtsgericht rechne, wie aus dem Urteil ersichtlich, die erzielten Nebeneinkünfte der Klägerin in vollem Umfange auf ihren Bedarf an, ohne zu berücksichtigen, dass diese grundsätzlich auf überobligatorischer Arbeit beruhten und daher deren Anrechnung nur in Betracht komme, falls dies unter Beachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien der Billigkeit entspreche.
Im Urteil werde zwar auf § 1577 Abs. 2 BGB Bezug genommen, die erforderliche einzelfallbezogene Billigkeitsabwägung aber tatsächlich unterlassen bzw. auf unvollständige und unrichtige Tatsachenfeststellungen gestützt.
Das Amtsgericht begründe seine Entscheidung damit, die Klägerin habe ihre Nebentätigkeit im Februar 2007 mit etwa zehn Wochenstunden neben dem Studium aufgenommen, obwohl ihr Unterhaltsbedarf durch Unterhaltszahlungen in Höhe von 141,- €, durch Bafögleistungen in Höhe von 295,- € und durch das ihr vom Beklagten zugeflossene staatliche Kindergeld in Höhe von 154,- € gedeckt gewesen sei. Bei der aufgenommenen Tätigkeit handele es sich nicht um eine unregelmäßige Aushilfstätigkeit mit lediglich geringem Verdienst, vielmehr existiere ein Arbeitsvertrag mit erheblichen regelmäßigen Einnahmen in Höhe von mindestens 200,- €, die bei Außerachtlassung der Unterhaltszahlung des Beklagten den Bedarf der Klägerin übersteigen würden.
Diese Begründung beinhalte keine Billigkeitsabwägung i. S. des § 1577 Abs. 2 BGB. Der Nebenverdienst der Klägerin werde schon im Ansatz nicht als das behandelt, was er seinem Charakter nach sei, die durch die Rechtsprechung dem Studenten eingeräumte Möglichkeit, durch zusätzliche Anstrengungen seinen materiellen Lebensstandard über den vorgegebenen durch Unterhalt abzusichernden Bedarf abzudecken (s. BGH, NJW 1995, 1216, 1217).
Es seien folgende Aspekte abzuwägen: Unstreitig habe der Beklagte an die Klägerin bis einschließlich März 2008 monatlich 141,- € Unterhalt gezahlt und habe ihr das staatliche Kindergeld in Höhe von 154,- € zukommen lassen. Mit der Zahlung habe er dem von der Klägerin in der ersten mündlichen Verhandlung vom 24.11.2006 unter Ziffer 1 gestellten Antrag entsprochen, der den gerade ergangenen neuen Förderungsbescheid berücksichtigte, wonach der Klägerin rückwirkend ab dem 01.04.2006 bis März 2007 ein Förderungsbetrag in Höhe von monatlich 295,- € zuerkannt wurde.
Trotz der Zahlung habe der Beklagte ein Anerkenntnis der Klageforderung ausdrücklich abgelehnt, auf den Überweisungsträgern habe er vermerkt "Unterhalt, unter Vorbehalt D. Rückforderung O.Recht". Die Klägerin habe jederzeit damit rechnen müssen, dass der Beklagte die Unterhaltszahlung einstelle.
Als der Klägerin durch Bescheid vom 01.04.2006 die Bewilligung von Bafög unbegründet versagt worden und der entsprechende Bescheid sei erst im November 2006 rückwirkend aufgehoben worden sei, habe der Beklagte die Klägerin mit 140,- € monatlich im Regen stehen lassen, wodurch erst die Klage veranlasst worden sei. Da die Klägerin außer einer Nebentätigkeit als Bibliotheksaushilfe, die mit 60,- € monatlich vergütet worden sei, keine andere Nebentätigkeit gefunden habe, habe sie sich Geld borgen müssen, um ihren Bedarf zu decken.
Als die Behörde aufgrund unrichtiger Angaben des Beklagten mit Bescheid vom 28.02.2006 die am 30.09.2005 beschiedene Förderung für den Zeitraum von 10/05 bis 3/06 um 33,- € reduzierte und die Rückforderung des überzahlten Betrages verlangte, lehnte der Beklagte die von der Klägerin geforderte höhere Unterhaltszahlung ab und zahlte weiterhin nur 140,- €. Für die Rückerstattung habe die Klägerin alleine aufkommen müssen.
Unter diesen sachlichen Umständen, die dem Gericht bei der Urteilsfindung bekannt gewesen seien, habe die Klägerin die Nebentätigkeit im Februar 2007 aufgenommen.
Der Beklagte sei mit einem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen in Höhe von 1798,20 € gegenüber der Klägerin leistungsfähig. Die von der Klägerin verlangten Unterhaltsbeiträge belasteten sein Einkommen nicht erheblich. Die Antragstellung für die unterschiedlichen Zeiträume berücksichtige die jeweils ihr gewährte Förderung in Höhe von 295,- € bis zum 31.03.2007, 329,- € vom 01.04.2007 bis 30.09.2007 sowie 300,- € ab dem 01.10.2007, obwohl sie diese Förderung nicht in Anspruch nehme, außerdem das ihr zukommende staatliche Kindergeld.
Ab dem 01.01.2008 stehe ihr ein vorgegebener Bedarf von 640,- € zur Seite.
Die Nebentätigkeit, die die Klägerin aufgenommen habe, stelle ihrem Charakter nach eine geringfügige Beschäftigung dar. Wie den beigefügten Arbeitsverträgen vom 19.02.2007 und 01.11.2007 entnommen werden könne, betrage die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit drei Stunden und werde mit einem Stundenlohn von 5,- € bzw. ab 01.11.2007 von 5,50 € vergütet. Bei betrieblichem Bedarf könne die Klägerin auch mehr Stunden als drei Stunden wöchentlich arbeiten. Die monatlichen Einkünfte schwankten beträchtlich, so dass sie nicht jeden Monat 200,- € verdiene.
Der durchschnittliche Nebenverdienst habe sich in dem Zeitraum 2/07 bis 3/08 auf 207,36 €/Monat belaufen.
Sie habe feststehende monatliche Belastungen in Form von Miete und Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 225,50 € zuzüglich ca. 50,- € für Strom und Wasser. Sie müsse für die Semesterbeiträge aufkommen, die sich von 118,60 € auf 172,90 € bzw. auf 177,20 € erhöht hätten.
Als sie im Zeitraum von April 2006 bis September 2006 kein Bafög mehr erhalten habe und der Beklagte höhere Unterhaltszahlungen, wie schon vorgetragen, ablehnte, habe sie sich bei ihrem Onkel 800,- € geborgt, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Von diesen Schulden müsse sie noch 500,- € abbauen.
Die Nebentätigkeit der Klägerin habe keinen Einfluss auf den von ihr in Aussicht genommenen Abschluss des Studiums. Sie habe im Oktober 2003 an der FSU Jena ein Magisterstudium Sport/Biologie aufgenommen, die Regelstudienzeit belaufe sich für diese Fachrichtung auf neun Semester. Nach dem ersten Studienjahr habe sie die spezielle Fachrichtung Diplomsportwissenschaft gewählt, deren Regelstudienzeit belaufe sich auf acht Semester. Die Klägerin befinde sich im zehnten Hochschulsemester, in welchem sie im September 2008 ihr Studium abschließen werde.
Wäge man die Höhe der antragsgegenständlichen Unterhaltsverpflichtungen des Beklagten gegenüber der Klägerin unter Beachtung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse im Verhältnis zu deren Nebeneinkünften, mit denen sie bei ansteigenden Belastungen ihren Lebensstandard geringfügig aufgebessert bzw. die an die Aufnahme eines verzinslichen Darlehens (Zinssatz immerhin 5,1 Prozent) gebundene weitere finanzielle Förderung ihres Studiums vermeide, was dem Beklagten unterhaltsrechtlich nicht zur Last gereiche, gegeneinander ab, sei eine Anrechnung dieser Nebeneinkünfte auf den vom Beklagten aufzubringenden Unterhalt unbillig. Das OLG Schleswig habe mit Urteil vom 13.10.1995 einem Studenten für einen Studienfachwechsel eine Überlegungs- und Erfahrungszeit von zwei Semestern zugebilligt und weitergehend entscheiden, dass einem Studenten, der neben seiner Ausbildung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehe, von dem dadurch erzielten überobligatorischen Einkommen grundsätzlich 600,- DM anrechnungsfrei zu belassen seien (FamRZ 1996, 814).
Das Amtsgericht begründe seine angefochtene Entscheidung weitergehend damit, die Klägerin habe ihren Unterhaltsanspruch ab Februar 2007 gemäß § 1611 BGB verwirkt, da sie die Aufnahme der Nebentätigkeit dem Beklagten bis zur mündlichen Verhandlung 2007 verschwiegen habe.
In der Sache sei erstmals am 24.11.2006 verhandelt worden. Ihre damaligen Einkünfte aus Nebentätigkeit (60,- € monatlich) für Aushilfstätigkeit in der Universitätsbibliothek habe die Klägerin schon mit dem PKH - Antrag außerdem im Schriftsatz vom 09.08.2006 offenbart, sie seien vom Gericht begründet als nicht anrechenbare Einkünfte behandelt worden.
Das Gericht habe die mündliche Verhandlung geschlossen und Verkündungstermin anberaumt. Mit Beschluss vom 05.01.2007 habe das Gericht erneut Verhandlungstermin aufgrund der Tatsache anberaumt, dass der Beklagte im Dezember 2006 neben den schon gezahlten 140,- € auch das rückständige Kindergeld an die Klägerin ausgekehrt habe.
In dem auf den 23.03.2007 verlegten Verhandlungstermin habe der Beklagte, obwohl er Zahlungen im Umfang des dort gestellten Antrages leistete, die Titulierung durch Anerkenntnis verweigert. Einkünfte aus ihrer Nebentätigkeit, die die Klägerin zunächst auf Probe mit dreitägiger Kündigungsfrist ausübte, seien ihr, wie dem vorgelegten Arbeitsvertrag entnommen werden könne, zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugeflossen. Sie seien ihr auch der Höhe nach nicht bekannt gewesen. Ob sie die Tätigkeit fortsetzen konnte, habe im Ermessen des Arbeitgebers gelegen.
Das Gericht habe erneut die mündliche Verhandlung geschlossen und Verkündungstermin angesetzt. Aufgrund der Befangenheits- und Beschwerdeanträge des Beklagten sei der anberaumte Verkündungstermin mehrfach aufgehoben worden, mit Ladung vom 25.09.2007 habe das Gericht erneut Termin zur mündlichen Verhandlung (Güte- und Haupttermin) angesetzt.
In der auf den 30.11.2007 verlegten mündlichen Verhandlung habe die Klägerin im Rahmen einer erstmalig durchgeführten persönlichen Anhörung der Parteien wahrheitsgemäße Angaben zu ihren erzielten Nebeneinkünften gemacht.
Weder dem Gericht noch dem Beklagten seien die Angaben der Klägerin entscheidungserheblich erschienen. Der Beklagte habe lediglich - unbegründet - gerügt, dass der Bafög-Bescheid 4/07 zu spät ins Verfahren einbezogen worden sei. Diesen Bescheid habe die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 04.07.2007 dem Beklagtenvertreter übersandt. Dieser behaupte allerdings, den Bescheid nicht erhalten zu haben.
Nach mehrfacher Verschiebung des Verkündungstermins habe das Gericht am 11.01.2008 im Hinblick auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagtenvertreters und neuen Vortrag den Termin am 15.02.2008 fortgesetzt. Erst jetzt habe das Gericht auf eine mögliche Anrechenbarkeit des Nebenverdienstes der Klägerin nach Billigkeitsgesichtspunkten hingewiesen.
Der Beklagte habe nach dem Termin vom 30.1.2007 weiter den gleichen Unterhaltsbetrag wie vorher, in Kenntnis ihrer Nebeneinkünfte und der geänderten Antragstellung - wenn auch unter Vorbehalt - in Höhe von 141,- € gezahlt. Wenn das Gericht dem Beklagten zugute halte, er habe immer freiwillig Unterhalt an die Klägerin gezahlt, so sei dem entgegen zu halten, dass diese Zahlungen erst ab Dezember 2006, mit der Nachzahlung des staatlichen Kindergeldes durch ihn bedarfsdeckenden Charakter angenommen hätten.
Den titulierten Unterhalt aus der im Verfahren zur Abänderung gestellten Urkunde habe der Beklagte nur bis Januar 2004 gezahlt. Danach habe er sich mit seinen Unterhaltszahlungen an die Klägerin an dem Betrag orientiert, der ihm als anrechenbares Einkommen in den Bafög-Bescheiden zur Last ging. Die Klägerin habe am 01.01.2005 einen eigenen Hausstand gegründet. Ihr habe ein Bedarf in Höhe von 574,- € zur Seite gestanden. Sie sei mit 237,- € gefördert worden. Der Beklagte habe 140,- € monatlich in Kenntnis der Tatsache gezahlt, dass die Mutter der Klägerin nicht leistungsfähig war. Ab dem 01.07.2005 betrug der Bedarf der Klägerin 590,- € monatlich. Der Beklagte zahlte weiter 140,- €.
Das Pflegegeld sei an ihre Mutter zur Auszahlung gelangt (Beweis: Schreiben der BEK vom 14.06.2007).
Sie beabsichtigt, nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des am 07.03.2008 verkündeten Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena, Az. 47 F 378/06, unter Abänderung der Urkunde des Jugendamtes des Saale-Holzland-Kreises vom 16.03.2001, Registernummer:248/2001, einen monatlichen jeweils zum 5. des laufenden Monats fälligen Unterhalt für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.03.2007 in Höhe von 141,- €, für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von 107,- €, für den Zeitraum 01.10.2007 bis 31.12.2007 in Höhe von 136,- € und ab dem 01.01.2008 in Höhe von 186,- € jeweils zuzüglich 154,- € staatliches Kindergeld, zu zahlen,
unter Abänderung des unter Ziffer 1. benannten Urteils die Widerklage des Beklagten abzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.
Er trägt vor, das Urteil werde offenkundig für den Zeitraum vom 01.07.2006 bis 31.01.2007 nicht der Berufung unterworfen.
Er habe im Mai 2007 das ihm zustehende Kindergeld beantragt, es anschließend erhalten und an die Klägerin weitergeleitet. Zuvor habe die Kindesmutter das Kindergeld erhalten. Erst in der letzten mündlichen Verhandlung habe die Klägerin ihren ursprünglich unwahren Vortrag korrigiert.
Die Klägerin habe nach dem Auszug aus dem Haushalt der Mutter lt. Bafög-Bescheid vom 28.02.2005 eine Förderung nicht in Höhe von 237,- €, sondern in Höhe von 390,- € und zwar zum Januar 2005 erhalten. Ab dem 01.10.2005 seien es 351,- € und nicht 341,- € gewesen.
Schon am 21.07.2006 habe er vorgetragen, die Klägerin erziele nebenbei Einkünfte durch Nebentätigkeit. Die Klägerin habe hierzu nur behauptet, sie seien unerheblich.
Er habe im Rahmen seiner Strafanzeige wegen des begründeten Verdachts des Prozessbetruges unter dem Az. 528 Js 4971/07 der StA Gera die Tatsachen aktenkundig gemacht. Das Strafverfahren sei noch nicht abgeschlossen.
Wenn die Klägerin den Standpunkt vertrete, Nebeneinkünfte seien nicht anrechnungsfähig, sei zu bezweifeln, dass im Bafög-Antrag die Beschuldigte ihre Nebeneinkünfte ordnungsgemäß angegeben habe.
Ob Einkünfte anrechnungsfähig seien oder nicht bleibe eine Frage der Rechtsanwendung, die nicht der Beurteilung der Klägerin unterliege.
Ausweislich der nochmals als Anlage beigefügten eidesstattlichen Versicherung des Bruders der Klägerin Robert S ergebe sich, dass sie regelmäßig Nebeneinnahmen im Kino und in der Bibliothek erziele und außerdem das Pflegegeld für ihre Mutter erhalten habe (Beweis: eidesstattliche Versicherung vom 25.01.2007). Diese Beweisangebote habe das Gericht regelmäßig bis zum Schluss übergangen.
Im Hinblick auf die Arbeitsverträge werde bestritten, dass die Klägerin nicht vor dem 19.02.2007 ihrer Tätigkeit nachgegangen sei.
Der Vortrag der Klägerin, wofür sie Gelder benötigt habe, sei nicht überprüfbar und werde bestritten. Die Klägerin habe sich in keiner finanziellen Notlage befunden, da sie das Kindergeld erhalten habe, 140,- € Unterhalt, sporadisch gearbeitet habe und bereits in der ersten Replik erklärt habe, ihr sei das Pflegegeld zugeflossen.
Berücksichtige man, dass sie zwischenzeitlich den ausstehenden Betrag aus dem Bafög in Höhe von 2360,- € erhalten habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie nicht mit diesem nahezu dreifachen Betrag das vorgeblich aufgenommene Darlehen bis heute ausgeglichen habe.
Die Klägerin habe zwar mit Schriftsatz vom 10.04.2008 ein PKH - Verfahren eingeleitet, aber keine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen überreicht und auch nicht auf eine solche I. Instanz Bezug genommen.
Es gebe für die Klägerin kein rechtsschutzwürdiges Interesse an der Titulierung der künftig fällig werdenden Unterhaltsbeträge wegen des freiwillig und vereinbarungsgemäß regelmäßig bisher gezahlten Unterhalts in Verbindung mit der freiwillig vom Beklagten errichteten Titulierung vor dem Jugendamt.
Die Klägerin sei im Übrigen nicht bedürftig. Sie habe unter dem 24.09.2007 45,- € in Italien entweder abgehoben oder per EC - Karte gezahlt. Im März 2008 habe sich die Klägerin in den USA zu einem Aufenthalt befunden, der nicht studienbedingt war.
Bis zum heutigen Tage habe die Klägerin klargestellt, dass sie von Oktober 2004 bis September 2005 bei ihrer Mutter wohnte und folglich einen geringeren Bedarf hatte. Erst im Januar 2005 sei sie ausgezogen, was zu einer Änderung des BAföG-Bescheides in Höhe von 390,- € rückwirkend bis Januar 2005 führten.
II.
Die Rechtsverfolgung der Klägerin in der Berufungsinstanz hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange Aussicht auf Erfolg; im Übrigen war der Klägerin Prozesskostenhilfe zu verweigern (§ 114 ZPO).
Die Parteien streiten über den Unterhaltsanspruch der Klägerin ab dem 01.02.2007.
Der Bedarf der Klägerin als Volljähriger und Studentin mit eigenem Hausstand beträgt im Klagezeitraum ab dem 01.02.2007 590,- € und ab dem 01.01.2008 640,- € (Ziffer 13.1.2. der jeweils gültigen Thüringer Leitlinien). Hierauf hat sich die Klägerin das unstreitig weitergeleitete Kindergeld in Höhe von 154,- € sowie die monatlichen Bafög-Beträge in Höhe von 295,- € bzw. in Höhe von 329,- € ab dem 01.04.2007 anrechnen zu lassen. Die Klägerin hat ab dem 01.10.2008 kein Bafög mehr bezogen, da ihr - wie sie im Termin vom 30.11.2007 ausgeführt hat - Bafög in Höhe von 300,- € monatlich nur als Darlehen gewährt worden wäre. Sie lässt sich gleichwohl ihren Bafög-Anspruch insoweit fiktiv auf ihren Unterhaltsbedarf anrechnen.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Unterhaltsberechtigte, der die Stellung eines BaföG - Antrages vorwerfbar unterlassen hat, sich die Förderung fiktiv anrechnen zu lassen hat (vgl. OLG Schleswig, FamRZ 2006, 571) und folgt der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1985, 916), dass Darlehen (50 % der Förderung gemäß § 17 Abs. 2 BAföG) anrechenbares Einkommen nach Billigkeitsgesichtspunkten sind, da Bafög-Darlehen wegen ihrer Zinsfreiheit, den Rückzahlungsmodalitäten und den Teilerlassmöglichkeiten so günstig sind, dass es dem Studenten angesichts seiner Zukunftsperspektiven zumutbar sei, sie zur Entlastung der Eltern, die schon erhebliche Leistungen für das Kind erbracht haben, in Anspruch zu nehmen.
Die Frage, ob die Klägerin sich ihren Bafög-Anspruch auch dann fiktiv anrechnen lassen muss, wenn sie das gewährte Bafög verzinslich zurückzahlen muss, kann insoweit dahinstehen.
Nach Abzug von Bafög und Kindergeld ergeben sich die von der Klägerin im Rahmen der Antragstellung für die Berufungsinstanz geltend gemachten Unterhaltsbeträge.
Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1995, 1216) einen Studenten neben dem Studium in der Regel keine Erwerbsobliegenheit trifft. Denn er soll sich, auch im Interesse des Unterhaltspflichtigen, mit ganzer Kraft sowie dem gehörigen Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit dem Studium widmen, um dieses innerhalb angemessener und üblicher Dauer zu beenden. Das gilt auch für die Zeit der Semesterferien, die neben der notwendigen Erholung der Wiederholung und Vertiefung des Stoffes dient, soweit sie nicht ohnehin durch studienbedingte Arbeiten (Hausarbeiten) ausgefüllt ist.
Eine andere Betrachtung ist nur dann angebracht, wenn es sich z B um studiumsbegleitende Praktika oder sonst -studiumsfördernde Nebenarbeit im Studienfach handelt (Wendl/Staudigl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Auflage, § 1, Rdnr. 78). Davon ist bei der ausgeübten Tätigkeit der Klägerin in einem Coffee-Shop nicht auszugehen.
Ist die Nebentätigkeit hingegen unzumutbar, kann der Student sie jederzeit aufgeben. Erzielt er die Einkünfte auch weiterhin, ist über deren Anrechnung im Rahmen der Billigkeit zu entscheiden (BGH, a.a.O., §§ 1577 Abs. 2, 242 BGB).
Der Bundesgerichtshof (a.a.O.) geht davon aus, dass eine Anrechnung insoweit in Betracht kommt, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht, § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB. Ein pauschaler anrechnungsfreier Betrag z. B. in Höhe der Differenz des Bedarfs eines Studenten und des notwendigen Selbstbehalts des Pflichtigen als Existenzminimum ist abzulehnen.
Im vorliegenden Einzelfall ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nur Nebeneinkünfte in einer Größenordnung von 200,- € erzielt hat. Bringt man hiervon den Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 in Abzug, so verbleibt noch ein Betrag von aufgerundet 172,- €. Auch hat die Klägerin im Rahmen der Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens in der Berufungsinstanz darauf hingewiesen, dass der Beklagte den Unterhalt unter Vorhalt gezahlt hat, so dass sie jederzeit damit habe rechnen müssen, dass der Beklagte die Unterhaltszahlungen einstelle. Auch steht der Klägerin der fiktiv eingesetzte Betrag Bafög in Höhe von 300,- € ab dem 01.10.2007 tatsächlich monatlich nicht zur Verfügung, da sie keine Förderung mehr in Anspruch nimmt, um der Zinsbelastung zu entgehen. Um ihr Studium Diplom-Sportwissenschaft erfolgreich abschließen zu können, muss die Klägerin zusätzliche sportliche Leistungen wie Bergwandern und Skilaufen trainieren, die einen finanziellen Mehraufwand bedingen. Auch hat die Klägerin als Mehrbedarf die Studiengebühren aufgebracht, die der Senat mit 30,- € monatlich in Ansatz bringt.
Zusätzliche Wohnkosten hat die Klägerin demgegenüber nicht substantiiert dargetan. Die von der Klägerin angeführte Miete liegt derzeit erkennbar nicht über den in den Leitlinien ausgewiesen Wohnkosten in Höhe von 270,- € (vgl. Süddeutsche Leitlinien, 01.01.2008, Nr. 13.1.2; Gerhardt, a.a.O., § 1, Rdnr. 553).
Der Senat geht daher in der Gesamtschau davon aus, dass sich die Klägerin ihre Eigeneinkünfte lediglich für die Zeit vom 01.02.2007 bis 30.09.2007, während der sie noch Bafög bezogen hat, in Höhe von (1/3 x 172,- € =) 58,- € monatlich auf ihren Unterhaltsanspruch anrechnen lassen muss.
Der Senat vermag eine schwere Verfehlung der Klägerin gegen den Beklagten, da sie die Aufnahme ihrer weiteren Nebentätigkeit nicht zu einem früheren Zeitpunkt offenbart hat, nicht zu erkennen. Verschweigt ein volljähriges, studierendes Kind dem unterhaltsverpflichteten Vater die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit neben dem Studium und verlangt es dann vollen Unterhalt, kann darin eine schwere Verfehlung liegen, die zur Beschränkung des Unterhaltsanspruches nach § 1611 Abs. 1 BGB führt, liegen (vgl. OLG Hamm, OLGR 1998, 174). In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall hat der Unterhaltsbedürftige im Verfahren erster Instanz die Nebeneinkünfte nicht offenbart, sondern erst in der mündlichen Verhandlung vor dem dortigen Senat.
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Klägerin im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum eine Nebentätigkeit in der Unibibliothek ausgeübt hat, die bekannt war und aus der sie ca. 60,- € monatlich erzielt hat. Die Klägerin hat dann am 19.02.2007 eine Tätigkeit in dem "Coffee-Shop" aufgenommen und vor dem Termin am 23.03.2007, in dem sie nicht persönlich anwesend war, zwar im Februar 2007 120,- € "verdient", der Betrag wurde aber ausweislich des Kontoauszuges vom 29.05.2007 (Bl. 270 d A) erst am 04.04.2007 an sie gezahlt. Die März-Vergütung in Höhe von 165,- € hat die Klägerin am 03.04.2007 erhalten. Die Klägerin hat auch im weiteren Termin vom 30.11.2007 genaue Angaben zur Höhe ihres Nebenverdienstes gemacht. Bis einschließlich Oktober 2007 hat die Klägerin 173,19 €/Monat verdient. Die Verhaltensweise der Klägerin lässt nicht von vorneherein den Schluss zu, es sei ihr darauf angekommen, den Beklagten insoweit über ihre tatsächlichen Einkünfte im Unklaren zu lassen. Sie hat auch eine plausible Erklärung für ihre Verhaltensweise abgegeben, da die Arbeitsaufnahme am 19.02.2008 unmittelbar vor dem Termin vom 23.03.2008 lag, in dem sie nur durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten war, ihr die Höhe ihrer zukünftigen Einkünfte noch nicht bekannt war und sie auch noch kein Geld erhalten hatte. Eine "Offenbarungsverpflichtung" musste sich ihr zum damaligen Zeitpunkt nicht ohne weiteres aufdrängen.
Der Senat sieht im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens insoweit keine Anhaltspunkte für eine schwere Verfehlung der Klägerin gegen den Unterhaltsverpflichteten.
Ende der Entscheidung
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