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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.04.2006
Aktenzeichen: 1 UF 529/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 278 Abs. 6
BGB § 779
1. 1. Eine Annahme eines außergerichtlichen Vergleichs gegenüber dem Gegner reicht für einen Vergleich i. S. des § 278 Abs. 6 ZPO nicht aus, wenn die Annahme nicht gegenüber dem Gericht erklärt wird.

2. Ein außergerichtlicher Vergleich beendet den Rechtsstreit nicht unmittelbar. Er gewährt dem Beklagten im gerichtlichen Verfahren eine Einrede gegen den durch Vergleich erledigten Anspruch.

3. Aufgrund außergerichtlichen Vergleichs kann im Wege der Klageänderung die Verurteilung gemäß dem Vergleich beantragt werden.

4. Auch wenn der Beklagte mit einer neuen Partnerin zusammengezogen ist, verringert sich sein notwendiger Selbstbehalt nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 18.07.2005, Az. 1 WF 138/05).


THÜRINGER OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 UF 529/05

Verkündet am: 27.04.2006

In der Familiensache

hat der 1. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dünisch, Richterin am Oberlandesgericht Martin und Richter am Oberlandesgericht Knöchel

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Gera vom 17.11.2005 (Az. 2 F 463/05) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

II. Der Beklagte zahlt an die Klägerin

1. einen rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit vom 01.03. bis 30.06.2005 in Höhe von 800,- €,

2. einen monatlichen im voraus bis zum 3. eines jeden Monats zu entrichtenden Trennungsunterhalt vom 01.07.2005 bis 31.08.2005 in Höhe von 400,- € und ab dem 01.09.2005 in Höhe von 158,- €, abzüglich gezahlter 1000,- €.

III. Im übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten der I. Instanz tragen die Klägerin 55 % und der Beklagte 45 %. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin zu 43 % und der Beklagte zu 57 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

VI. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf [ Rückstand: 800,- € + (12 x 400,- € = ) 4800,- € = ] 5600,- € festgesetzt.

Der Streitwert für das Verfahren vor dem Amtsgericht wird in Abänderung des Beschlusses vom 21.11.2005 ab dem 22.08.2005 auf 5600,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten auf einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 655,- € ab dem 01.07.2005 sowie auf rückständigen Unterhalt in Höhe von 1820,- € für die Zeit vom 01.03.2005 bis 31.06.2005 (4 x 655,- € = 2620,- € - 600,- € = ) 2020,- € in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.07.2005 - unter Beifügung eines (vorprozessualen) Schreibens des Beklagten vom 14.06.2005, gerichtet an die Klägerin, in dem der Beklagte ihr vorschlägt, monatlich 400,- € zu zahlen, - angeführt, sie sei grundsätzlich einigungsbereit. Voraussetzung sei die gerichtliche Protokollierung des vorgeschlagenen Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO:

"1. Der Beklagte zahlt an die Klägerin ab Juli 2005 einen monatlichen, im voraus bis zum 3. eines jeden Monats zu entrichtenden Trennungsunterhalt in Höhe von 400,- €.

2. Der Beklagte zahlt an die Klägerin einen rückständigen Unterhaltsbetrag für die Zeit vom 01.03.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von 800,- €.

3. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben".

Die Parteien haben in der Berufungsinstanz mit Schriftsätzen vom 20.04.2006 unstreitig gestellt, dass der Beklagte über die für die Monate März bis Juni 2005 gezahlten 800,- €, die in Ziffer 2 Absatz 1 des Urteils des Amtsgerichts Gera vom 17.11.2005 bereits in Abzug gebracht sind, vom 01.07.2005 bis 31.10.2005 weitere 1000,- € gezahlt hat. 417,59 € wurden am 12.04.1996 durch Pfändung vom Arbeitslohn des Beklagten einbehalten.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Parteien lebten seit dem 13.08.2004 voneinander getrennt. Der Beklagte zahle freiwillig monatlich 200,- €.

Sie sei bedürftig. Ihr sei es nach dem Umzug zu Beginn der Trennungszeit zunächst gelungen, eine geringfügige Beschäftigung zu finden. Nachdem sie sich einige Zeit später einer Operation am Fuß unterziehen musste, habe sie die Beschäftigung nicht mehr fortführen können. Sie sei arbeitslos und beziehe Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Arbeitsgemeinschaft des Landkreises Neumarkt.

Sie sei gemäß Ziffer 19 der Süddeutschen Unterhaltleitlinien im ersten Trennungsjahr auch nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Der Beklagte sei leistungsfähig. Im Jahre 2004 habe er ein Bruttoeinkommen in Höhe von 22.022,15 € erhalten. Unter Anwendung von Steuerklasse 1 ab dem Jahre 2005 errechne sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1226,18 €, zudem erhalte er im Jahre 2004 eine Steuererstattung in Höhe von 1090,28 €, was einem monatlichen Betrag von 90,86 € entspreche. Das monatliche Gesamtnettoeinkommen erhöhe sich daher auf 1317,04 €. Für die Berechnung des Ehegattenunterhalts sei dieses Einkommens zunächst um berufsbedingte Aufwendungen von 5 % und somit um 65,85 € zu bereinigen. Unter weiterer Anrechnung des Erwerbstätigenbonus von 10 % aus 1251,19 € (1317,04 € - 65,85 €) ergebe sich ein bereinigtes Netto - Einkommen von 1126,07 € (1251,19 € - 125,12 €) und ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 563,- €.

Der Beklagte habe jedoch ab dem Jahre 2005 den Ehegattenunterhalt im Rahmen des begrenzten Realsplittings steuerlich als Sonderausgaben geltend zu machen. Der sich hieraus ergebende Steuervorteil in Höhe von monatlich 183,50 € sei dem Einkommen des Beklagten zuzurechnen.

Aus dem Gesamteinkommen des Beklagten von 1309,57 € errechne sich ihr Unterhaltsanspruch in Höhe von 655,- €. Dabei sei allerdings der Selbstbehalt des Beklagten in Höhe von 840,- € nicht gewahrt.

Im Mangelfall sei der Selbstbehalt des Beklagten um ersparte Wohnkosten zu ermäßigen. Der Beklagte wohne mit seiner Lebensgefährtin gemeinsam in einer Wohnung. Dadurch erspare er Wohnkosten ausgehend von dem im Selbstbehalt enthaltenen Wohnkostenanteil von 360,- € in Höhe von mindestens der Hälfte (180,- €). Sein Selbstbehalt reduziere sich damit auf 660,- € (840,- € - 180,- €) und bleibe nahezu gewahrt.

Ab dem 01.07.2005 erhöhe sich der Selbstbehalt des Beklagten auf 890,- €. Da der Erwerbstätigenbonus außer Betracht zu bleiben habe, sei der Beklagte weiter in Höhe von 655,- € leistungsfähig.

Er sei mit Schreiben vom 26.04.2005 unter Fristsetzung zum 04.05.2005 aufgefordert worden, ab Mai 2005 den laufenden und den rückständigen Unterhalt zu zahlen. Da im SGB II ein gesetzlicher Forderungsübergang nicht geregelt sei, sei die Klägerin berechtigt, die Unterhaltsansprüche in voller Höhe geltend zu machen.

Die Klägerin hat die Nebenkosten des Beklagten bestritten. Die Pkw - Kosten seien bereits als beruflicher Aufwand zu berücksichtigen. Die Beiträge zur Auslandskranken- und Unfallversicherung seien nicht zu berücksichtigen.

Bei ihrem Einkommen handele es sich um Sozialleistungen, die unterhaltsrechtlich ohne Bedeutung seien.

Es liege nicht ein Vergleichsvorschlag, sondern ein abgeschlossener Vergleich vor.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass der im Schriftsatz vom 19.08.2005 formulierte Vergleich zwischen den Parteien zustande gekommen ist,

hilfsweise werde der Antrag aus der Klageschrift gestellt.

Der Beklagte hat beantragt, den Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.

Der Beklagte hat mit Schreiben vom 30.06.2005 mitgeteilt, er habe sich mit der Klägerin außergerichtlich geeinigt und mit weiterem Schreiben vom 07.08.2005, er sei bereit, den rückständigen Unterhalt für März bis Juni 2005 in Höhe von (4 x 200,- € = ) 800,- € in drei Raten zu zahlen.

Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 29.08.2005 den Beklagten aufgefordert, binnen 14 Tagen mitzuteilen, ob er mit dem Abschluss eines Vergleichs laut Schriftsatz vom 19.08.2005 einverstanden sei.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.08.2005, eingegangen am 30.08.2005, beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, in der Sache stehe der Klägerin ein Unterhaltsanspruch nicht zu. Er habe im Monat Juli 2005 lediglich 1086,87 € verdient. Dem stünden erhebliche Ausgaben gegenüber. Er müsse für seine Unterkunft anteilig 164,73 € aufwenden. Er zahle für Energie 15,- € und Betriebskosten 17,- €. Daneben sei er berufsbedingt auf die Nutzung eines Kfz angewiesen. Hierfür fielen Versicherung 32,- €, Steuern 14,- €, Benzin 150,- € und sonstige Unterhaltskosten 100,- €, insgesamt 296,- € an.

Da er als Busfahrer tätig sei und gelegentlich auch Auslandsreisen unternehme, fielen Aufwendungen für eine private Krankenversicherung im Ausland in Höhe von 1,10 € sowie für eine Unfallversicherung in Höhe von 48, - € monatlich an. Mithin ergebe sich nach Abzug obiger Beträge ein Resteinkommen in Höhe von 545,04 €. Damit sei sein Selbstbehalt unterschritten.

Auch habe die Klägerin ganz offensichtlich ihr eigenes Einkommen in Höhe von 444,90 € in die Unterhaltsberechnung nicht eingestellt. Er sei bereit, an sie bis zur Ehescheidung vergleichsweise 200,- € monatlich zu zahlen.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 17.11.2005 festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich gemäß dem Schriftsatz der Klägerin vom 19.07.2005 mit dem Zusatz -

"Dem Beklagten wird gestattet, den rückständigen Unterhaltsbetrag in drei Teilbeträgen in Höhe von je 250,- € zum 31.08.2005 und 30.09.2005 sowie in Höhe von 300,- € zum 31.10.2005 zu zahlen" - zustande gekommen ist. Auf das anliegende Urteil wird Bezug genommen (Bl. 39 ff. d A).

Das Amtsgericht geht davon aus, dass aufgrund der Schriftsätze, die an das Gericht gesandt wurden, zwischen den Parteien ein Vertrag gemäß § 145 BGB zustande gekommen ist. Der Beklagte hat der Klägerseite ein Vertragsangebot unterbreitet und diese hat den Vertrag gemäß § 147 BGB auch durch konkrete Formulierung der zuvor durch den Beklagten bestimmten Zahlungen angenommen. Ein solcher Vertragsabschluss kann gemäß § 278 Abs. 6 BGB durch Feststellung des Gerichts als gerichtlicher Vergleich gewertet werden. Der Feststellungsantrag der Klägerseite hat damit Erfolg.

Der Beklagte greift das Urteil I. Instanz in vollem Umfang mit der Berufung an.

Er führt an, dem Feststellungstenor fehle das notwendige Feststellungsinteresse. Vorrangig wäre hier ein Leistungsantrag zu stellen gewesen, entsprechend der Regelung des § 258 ZPO. Der Leistungsantrag sei jedoch durch die Klägerin nur hilfsweise gestellt worden. Über diesen hilfsweise gestellten Antrag sei im Urteil nicht entschieden worden. Wegen mangelnden Feststellungsantrages und infolge des ausgeurteilten Feststellungstenors sei das Urteil des Amtsgerichts Gera rechtsfehlerhaft.

Der Antrag der Klägerin auf Feststellung des Zustandekommens eines Vergleichs habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt und gehe daher bereits ins Leere.

In der Sache sei kein Vergleich zustande gekommen. Er habe mit Schreiben vom 14.06.2005 angeboten, 400,- € monatlich an Unterhalt zu zahlen. Mit Schreiben der Klägerin vom 19.07.2005 sei ein Trennungsunterhalt in Höhe von 400,- € und ein rückständiger Unterhalt in Höhe von 800,- € als Angebot festgehalten worden. Die Klägerin habe ihre Einigungsbereitschaft signalisiert unter der Voraussetzung der gerichtlichen Protokollierung des vorgeschlagenen Vergleichs und unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 278 Abs. 6 ZPO. Dies stelle ein neues Angebot der Klägerin an ihn dar. Mit Schreiben vom 07.08.2005 habe er eine monatliche Unterhaltszahlung in Höhe von 400,- € zumindest konkludent abgelehnt. Er habe lediglich angeboten, den Unterhaltsrückstand ein Raten zu zahlen. Damit sei eine Einigung über die wesentlichen Punkte gerade nicht erfolgt.

Die Annahme des Amtsgerichts, dass aufgrund der Schriftsätze, die an das Gericht gesandt worden seien, ein Vertrag gemäß § 145 BGB zu Stande gekommen sei, sei falsch. Bereits der Schluss, dass der Beklagte der Klägerseite ein Vertragsangebot unterbreitet und diese den Vertrag gemäß § 147 BGB durch konkrete Formulierung der zuvor durch den Beklagten bestimmten Zahlungen angenommen habe, gehe fehl. Die jeweils wechselseitig vorgeschlagenen Regelungen seien durch die Parteien ergänzt und teilweise unter Bedingungen gestellt worden, so dass zu keinem Zeitpunkt die Annahme eines Vergleiches erklärt wurde; es handele sich vielmehr jeweils um die Ablehnung der jeweiligen Angebote, verbunden mit einem neuen Antrag. Eine Antragsannahme fehle hingegen.

Der Einigungswille der Parteien stehe darüber hinaus unter der Bedingung der gerichtlichen Protokollierung. Eine solche habe nicht stattgefunden und könne auch nicht mehr stattfinden. Er habe mit Schriftsatz vom 26.08.2005 Klageabweisung beantragt und erklärt, eine vergleichsweise Regelung nicht mehr zu wünschen. Gleichzeitig habe er ein neues Angebot, die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages in Höhe von 200,- € unterbreitet.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Gera vom 17.11.20056, zugestellt am 24.11.2005, Az. 2 F 463/05, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin Trennungsunterhalt für den Zeitraum und in der Höhe zu bezahlen, wie er in Ziffer I. 1. und 2 des angefochtenen Urteils angeführt ist.

Das Urteil des Amtsgerichts sei vollstreckungsfähig. Rein vorsorglich werde auf die Ausführungen der Klägerin im Zwangsvollstreckungsverfahren vor dem Amtsgericht Gera, Az. 92 M 4003705, sowie des Amtsgerichts Gera im Beschluss vom 06.03.2005 Bezug genommen. Auch habe für den Feststellungsantrag ein Rechtsschutzbedürfnis bestanden, da aufgrund des zustande gekommenen Vergleichs ein Leistungsantrag nicht mehr erforderlich gewesen sei. Rein vorsorglich werde auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen, wonach kein Vorrang der Leistungsklage bestehe, wenn eine Feststellungsklage ebenfalls zur endgültigen Erledigung der Streitpunkte führe (vgl. BGH am 27.09.2005, Az. XI ZR 216/04).

Zwischen den Parteien sei auch vor der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2005 ein wirksamer Vergleich zustande gekommen. Der Beklagte habe den Vergleich mit Schreiben vom 14.06.und 17.08.2005 einschließlich der wegen des Unterhaltsrückstandes vereinbarten Ratenzahlung vorgeschlagen und die Klägerin habe diesen Vergleichsvorschlag sodann mit Schriftsatz vom 19.08.2005 angenommen. Mit Schreiben vom 07.08.2005 habe der Beklagte nicht die Zahlung von 400,- € abgelehnt. Dieses Schreiben habe sich auf Punkt 2 der Vereinbarung (Unterhaltsrückstand) bezogen, zu dem er um Ratenzahlung ersucht habe. Die Einigung der Parteien untereinander sei vor dem Klageabweisungsantrag des Beklagten erfolgt.

Sie befinde sich in einem Arbeitsverhältnis bei der Firma R. und verdiene 827,60 €.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel des Beklagten führt in der Sache teilweise zum Erfolg.

Bei dem Urteil vom 17.11.2005 handelt es sich um eine Endentscheidung. Dies ergibt sich aus der Formulierung des Tenors: "Es wird festgestellt, dass ......., der getroffenen Kostenentscheidung und der Begründung des Amtsgerichts, zu der beschlussweisen Regelung nach § 278 Abs. 6 ZPO sei es nicht gekommen, da der Beklagte sich habe anwaltlich vertreten lassen und Klageabweisung beantragt habe. Der zwischen den Parteien zustande gekommene Vertragsabschluss sei gemäß § 278 Abs. ZPO durch Feststellung des Gerichts als gerichtlicher Vergleich zu werten. Der Feststellungsantrag der Klägerseite habe damit Erfolg".

Dem steht nicht entgegen, dass das Amtsgericht wegen des Klageabweisungsantrages des Beklagten zwar einen Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht erlassen hat. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass ein Vergleich zwischen den Parteien zustande gekommen ist und hat den Vergleichstext im Tenor des Feststellungsurteils wiederholt.

Der Senat folgt nicht der Rechtsansicht des Landgerichts Gera, das im Zwangsvollstreckungsverfahren ausgeführt hat, dass es verfahrensrechtlich korrekt gewesen wäre, trotz des Klageabweisungsantrages des Beklagten einen Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO zu fassen. Sodann hätte der Beklagte, sofern er den Vergleichsabschluss für unwirksam hielt, Antrag auf Fortsetzung des Rechtsstreits stellen können (Landgericht Gera, Beschluss vom 06.03.2006, Az. 5 T 86/06).

Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen für einen Beschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht vorlagen.

Mit dem ZPO - Reformgesetz wurde die Möglichkeit eingeführt, einen gerichtlichen Vergleich dadurch zu schließen, dass die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz diesem gegenüber annehmen oder dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten. In beiden Fällen hat das Gericht zu prüfen, ob beide Parteien dem Vergleich zugestimmt haben. Die Annahme erfolgt regelmäßig nach § 151 BGB bzw. § 152 BGB analog. Wird dabei der Vergleichsvorschlag des Gerichts in getrennten, aber identischen Schriftsätzen erklärt, kommt der Vergleich nach dem Prinzip der kreuzenden Anträge zu Stande (Knauer/Wolf, Änderungen durch das 1. JuMoG, NJW 2004, S. 2857, 2858, 2859).

Jeder Beteiligte muss seine Annahme gerade dem Gericht erklären. Eine Erklärung nur gegenüber dem Gegner reicht nicht aus. Hat das Gericht eine Annahmefrist gesetzt, muss die Annahme bis zum Fristablauf bei demjenigen Gericht in der Posteingangsstelle eingegangen sein, das den Vergleichsvorschlag gemacht hat (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 64. Auflage, § 278, Rdnr. 49).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte aber vorprozessual mit Schreiben vom 14.06.2005 der Gegenseite erklärt, er schlage vor, monatlich 400,- € zu zahlen (Bl. 17 d A). Die Gegenseite hat das Schreiben mit Schriftsatz vom 19.07.2005 (Bl. 15 d A) zu den Gerichtsakten gereicht. Aus dem Schreiben vom 14.06.2005 ergibt sich nicht, ab wann der angebotene Unterhalt gezahlt werden soll. Mit Schriftsatz vom 07.08.2005 hat der Beklagte sich nur bereit erklärt, den rückständigen Unterhalt für März bis Juni 2005 (4 x 200,- € = ) 800,- € in drei Raten von 2 x 250,- € und 1 x 300,- € im August, September und Oktober 2005 zu zahlen. Die Klägerin hat dem Gericht dann mit Schriftsatz vom 19.08.2005 den Vergleichsvorschlag für den laufenden und rückständigen Unterhalt unterbreitet. Nachdem das Gericht am 29.08.2005 angefragt hat, ob der Vergleich angenommen werde, hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 26.08.2005, eingegangen am 30.08.2005, beantragt, die Klage abzuweisen und erklärt, er sei in Höhe geforderter Beträge nicht leistungsfähig. Es fehlt damit an einem übereinstimmenden Vergleichsvorschlag, der gegenüber dem Gericht angenommen wurde. Die Voraussetzungen eines Beschlusses gemäß § 278 Abs. 6 ZPO lagen nicht vor.

Die Parteien haben aber einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen.

Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der heute herrschenden und vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozessrechtlichen Auffassung (MDR 2002, 839) ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet).

Ordnen die Parteien ihr in einem anhängigen Rechtsstreit streitiges Rechtsverhältnis im Vergleichswege außergerichtlich neu, so ist zu unterscheiden: Ein anderer Lebenssachverhalt und Klagegrund liegt vor, wenn die Beteiligten unter Aufhebung des alten Schuldverhältnisses ein neues vereinbaren (Novation) und hierdurch ihre beiderseitigen Forderungen ohne Rücksicht auf die früheren Streitigkeiten auf eine völlig neue Grundlage stellen. Enthält hingegen der Vergleich nur eine die Identität des ursprünglichen Schuldverhältnisses wahrende Modifikation des Streitverhältnisses, so gehört der Vergleichsschluss als unselbständiges Element zu dem einheitlichen Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger seinen ursprünglichen Anspruch hergeleitet hat und mit dem er jetzt seinen - modifizierten - Klageanspruch begründet. Unter diesen Umständen sind die Streitgegenstände - vorausgesetzt, dass auch der Inhalt des Anspruchs (Zahlung, Unterlassung usw.) erhalten bleibt - vorher und nachher identisch.

Ein Vergleich wirkt regelmäßig nicht schuldumschaffend. Novierende Wirkung hat er nur bei einem durch Auslegung zu ermittelnden entsprechenden Parteiwillen, für den hier nichts festzustellen ist und gegen den auch spricht, dass die Parteien in ihren Schriftsätzen auf den Schuldgrund (Unterhalt) Bezug nehmen (BGH, a.a.O.).

Anders als ein Prozessvergleich beendet der außergerichtliche Vergleich den Rechtsstreit nicht unmittelbar. Nach der vom Reichsgericht eingeleiteten Rechtsprechung gewährt er allerdings vermöge seines sachlich-rechtlichen Inhalts dem Beklagten eine Einrede gegen den durch den Vergleich erledigten Anspruch und führt so mittelbar dazu, dass der Kläger das Verfahren nicht fortsetzen darf (BGH, a.a. O., m w N).

Demgegenüber wollen wesentliche Teile des Schrifttums einem außergerichtlichen Vergleich als einem bloßen Rechtsgeschäft des materiellen Rechts grundsätzlich auch nur materiellrechtliche Wirkungen zuerkennen und ihm Bedeutung für das Verfahren lediglich dann beimessen, wenn sich eine Partei gleichzeitig zu einem bestimmten prozessualen Verhalten, insbesondere einer Klagerücknahme oder Erledigungserklärung, verpflichtet hat (Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 794 Rn. 68 ff., 72; BVerwG, NJW 1994, 2306,2307).

Der BGH (a.a.O.) geht davon aus, dass es nicht erforderlich ist, zu diesen unterschiedlichen Ansätzen Stellung zu nehmen. Kommt es allein auf den materiellrechtlichen Inhalt des Vergleichs an, so kann er einer Fortsetzung des Prozesses nur insoweit entgegenstehen, als in ihm der ursprünglich eingeklagte Anspruch erledigt worden ist, nicht dagegen, soweit dieser in der Vereinbarung aufrechterhalten wurde und vom Kläger nunmehr, um einen Titel zu erlangen, weiterverfolgt wird.

Aufgrund außergerichtlichen Vergleichs kann im Wege der Klageänderung die Verurteilung entsprechend dem Vergleich beantragt werden (Zöller/Stöber, ZPO; 25. Auflage, § 794, Rdnr. 17; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO, 3. Auflage, § 794, Rdnr. 66). Davon ist das Amtsgericht nach Antragstellung und Urteilstenor nicht ausgegangen; insoweit war der Urteilstenor auf den geänderten Antrag der Klägerin - nach zulässiger Klageänderung als sachdienlich in der Berufungsinstanz (§ 533 ZPO) - wie aus dem Tenor ersichtlich - neu zu fassen.

Die Parteien haben sich außergerichtlich über den rückständigen Unterhalt und den laufenden Unterhalt für die Monate Juli und August 2005 geeinigt. Der Beklagte hat der Klägerin vorprozessual am 14.06.2004 vorgeschlagen, 400,- € monatlich zu zahlen und mit weiterem Schriftsatz vom 07.08.2005 erklärt, den rückständigen Unterhalt im drei Raten zu entrichten. Durch Auslegung kann weiter ermittelt werden, dass die Einigung sich auf die Monate Juli 2005 bis August 2005 erstreckt, da der Beklagte eine laufende Zahlung in Höhe von 400,- € monatlich angeboten hat und der 1.7. der nachfolgende Monatserste ist.

Für den Zeitraum ab September 2005 fehlt es an einer außergerichtlichen Einigung. Der Beklagte macht geltend, dass sich seine Einkommensverhältnisse verschlechtert haben und er nur noch über ein monatliches Einkommen in Höhe von 1086,87 € verfüge. Ausweislich der Verdienstabrechnung 9/05 hat der Beklagte (8195,15 € : 7 = ) 1170,74 € im Jahre 2005 nach Änderung der Steuerklasse im Monatsdurchschnitt verdient (Bl. 27 d A). Im Zeitpunkt der Klageerhebung verfügte der Beklagte noch über ein anrechenbares monatliches Nettoeinkommen in Höhe von (17062,92 € : 12 = ) 1421,91 €.

Auch weist der Beklagte darauf hin, dass die Klägerin sich eigenes Einkommen auf ihren Unterhaltsanspruch anzurechnen lassen hat. Die Parteien leben seit dem 13.08.2004 getrennt; das Trennungsjahr ist mit dem Monat August 2005 abgelaufen.

Verurteilungen zu künftig fällig werdenden Leistungen (§ 258 BGB) unterliegend der Abänderungsklage. Für eine Geltendmachung im vorliegenden Verfahren sprechen Gründe der Prozessökonomie.

Aus dem Prozesskostenhilfeunterlagen, mit deren Beiziehung der Beklagte sich im Termin vom 06.04.2006 einverstanden erklärt hat, ergibt sich, dass der Beklagte im Zeitraum 1 - 11/05 netto 12371,35 € : 11 = im Monatsdurchschnitt 1124,68 € verdient hat. Weihnachtsgeld erhält der Beklagte ausweislich der Verdienstabrechnung 12/04 (Bl. 8 d A) nicht. Zuzüglich der Steuererstattung in Höhe von 90,86 €, ergeben sich 1215,54 €. Abzüglich 5 - % pauschaler berufsbedingter Aufwendungen gemäß der Berechnung in der Klageschrift in Höhe von 60,78 € verbleiben 1154,76 €. Weitere Versicherungen (Unfallversicherung und private Krankenversicherung) sind nicht abzugsfähig, da sie gesetzlich nicht vorgeschrieben und daher aus dem Selbstbehalt zu bestreiten sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine Obliegenheit zur Eintragung eines Freibetrages nur dann in Betracht, wenn die Unterhaltsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach feststeht, also tituliert, anerkannt oder unstreitig ist. Bestreitet der Beklagte aber seine Unterhaltsverpflichtung, ist er nicht gehalten, das begrenzte Realsplitting in Anspruch zu nehmen (FamRZ 1999, 372 , 375 ff.). Da zwischen den Parteien die Höhe des Unterhalts streitig ist, kommt ein fiktiver Vorteil des begrenzten Realsplittings nicht in Betracht (KG, FamRZ 2005, 716).

Auch wenn der Beklagte mit einer Partnerin zusammengezogen ist, verringert sich sein notwendiger Selbstbehalt nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 18,07.2005, 1 WF 138/05).

Zum einen fehlt es am Umstand der Wiederverheiratung. Der Bundesgerichtshof hat lediglich entschieden (FamRZ 2002, 742 f.), dass der Umstand der Wiederverheiratung des barunterhaltspflichtigen Elternteils unterhaltsrechtlich beachtlich ist, sofern der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen durch die hälftige Beteiligung an dem von dem Unterhaltspflichtigen und dem Ehepartner erzielten Gesamteinkommen gesichert ist.

Auch in dem von dem OLG Hamm entschiedenen Fall (FamRZ 2005, 53, 54) war der Unterhaltsschuldner wiederverheiratet. Der Senat folgt für den Fall des in einer Lebenspartnerschaft zusammenlebenden Unterhaltsschuldners nicht der Rechtsprechung des 11. Senates des OLG Hamm, das der Selbstbehalt im Hinblick auf das Zusammenleben mit einer über eigenes Einkommen verfügenden Ehefrau um 13,5 % zu kürzen ist.

Abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall der Beklagte bisher nicht verheiratet ist, geht der Senat in Übereinstimmung mit dem 9. Senat des OLG Hamm (FamRZ 2003, 1214) davon aus, dass mit der Pauschalierung der Selbstbehalte in den Unterhaltstabellen u. a. das Ziel verfolgt, die Frage, welche Mittel der Unterhaltsschuldner für seine Lebensführung braucht und wie er diese im Einzelnen einsetzt, dem Streit der Parteien zu entziehen ist. In dem durch die Pauschbeträge abgestecktem Rahmen steht es dem Unterhaltsschuldner deshalb in der Regel frei, wie er diese verwendet. Das bedeutet, er allein kann bestimmen, welche Schwerpunkte er setzt, und darf die Ersparnis in einem Punkt mit großzügigeren Wirtschaften auf einem anderen Punkt kompensieren.

Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin nach Ablauf des Trennungsjahres zumindest ein Einkommen in Höhe von 827,60 € erzielen kann, das die Klägerin ausweislich der mit Schriftsatz vom 04.04.2006 überreichten Gehaltsabrechnung für Februar 2006 bei ihrem jetzigen Arbeitgeber erhält. Gründe dafür, dass die Klägerin ab September 2005 aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen wäre, eine Arbeitstätigkeit auszuüben, hat sie nicht substantiiert dargelegt. Auch hat die Klägerin nicht ansatzweise vorgetragen, welche Anstrengungen sie unternommen hat, einen Arbeitsplatz zu finden.

Da der Senat nach der Berechnung der Klägerin in der Klageschrift bei dem Beklagten einen Abzug für berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % vorgenommen hat, ist auch bei der Klägerin ein entsprechender Abzug vorzunehmen (vgl. Ziffer 10.2.1. der Süddeutschen Leitlinien, Stand 01.07.2005). Das ihr zuzurechnende Einkommen ermäßigt sich auf 786,22 €.

Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 20.04.2006 anführt, die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstelle betrage 17 km und er fahre diese Strecke viermal pro Tag, bezieht sich dieser Vortrag erkennbar nur auf das Prozesskostenhilfeverfahren.

Das der Beklagte nunmehr im - insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.04.2006 - ein Kündigungsschreiben seines Arbeitgebers zum 30.04.2006 vorlegt, gibt keinen Anlass die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Es kann derzeit nicht beurteilt werden, ob es dem beklagten gelingen wird, eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Der monatliche Unterhaltsanspruch der Klägerin beträgt ab dem 01.09.2005 {3/7 x (1154,76 € - 786,22 € = ) 368,54 € = aufgerundet} 158,- €.

Der Senat hat den im Wege der Pfändung einbehaltenen Betrag nicht als Erfüllung im Urteilstenor berücksichtigt. Erfolgt die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Titel, bleibt die Tilgung bis zur Rechtskraft in der Schwebe (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 362, Rdnr. 12).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 708 Nr. 10 ZPO vorläufig vollstreckbar. Schutzanordnungen nach den §§ 711, 712 ZPO zugunsten des Schuldners waren gemäß § 713 ZPO nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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