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Gericht: Thüringer Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 08.11.2004
Aktenzeichen: 1 Ws 292/04
Rechtsgebiete: StPO, StVollzG, EGGVG
Vorschriften:
StPO § 119 Abs. 6 | |
StVollzG § 109 | |
StVollzG § 115 Abs. 3 | |
StVollzG § 120 Abs. 2 | |
EGGVG § 23 |
Keine Beschwerde an Rechtsbeschwerdegericht wegen Versagung der Prozesskostenhilfe für Antrag nach §§ 109 ff StVollzG durch Strafvollstreckungskammer
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT Beschluss
In der Strafvollzugssache
wegen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 109 ff. StVollzG
hier: nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftbedingungen in der JVA Gotha
hat auf die Rechtsbeschwerde und die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt vom 04.08.2004 der 1. Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts durch
Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwerdtfeger als Vorsitzenden, Richter am Oberlandesgericht Schulze und Richterin am Landgericht Hager
am 08. November 2004 beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde wird verworfen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Antragsgegner hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Gebührenstreitwert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.
Die Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Gründe:
I.
Das Landgericht Erfurt verurteilte den Antragsteller am 23.02.1999 wegen schweren Raubes u. a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren Dauer. Das Urteil des Landgerichts Erfurt ist seit dem 19.01.2000 rechtskräftig. Seit dem 19.01.2000 verbüßt der Antragsteller diese Strafe, zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt S. Vom 15.05.1997 bis 19.01.2000 befand sich der Antragsteller in verschiedenen Thüringer Justizvollzugsanstalten in Untersuchungshaft, u. a. in der Justizvollzugsanstalt E, Zweiganstalt G, vom 26.02.1998 bis 24.03.1999.
Mit Schreiben vom 26.04.2004 an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt, das beim Landgericht Erfurt am 28.04.2004 einging, begehrte der Antragsteller gerichtliche Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Haftbedingungen unter anderem in der JVA G.
Er hat behauptet, die Hafträume, in denen er jeweils mit mehreren anderen Gefangenen untergebracht gewesen sei, seien überbelegt und hätten nicht über eine Abtrennung des Sanitärbereichs verfügt.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, dass die Unterbringung während der gesamten Haftzeit in den Zeiten, in denen der Antragsteller in gemeinschaftlichen Hafträumen - so u. a. in der JVA G 1998 und 1999, JVA U 1997 bis 1998 und JVA S 1999 bis 15.11.2001 - untergebracht war, rechtswidrig gewesen ist.
Ferner hat der Antragsteller um Prozesskostenhilfe nachgesucht.
Mit Beschluss vom 04.08.2004 verwarf die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt den Antrag des Verurteilten auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung in der JVA G als unzulässig. Hinsichtlich der Anträge betreffend die Unterbringung des Antragstellers in der Justizvollzugsanstalt U und S-G gab die Strafvollstreckungskammer das Verfahren an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Meiningen ab. Zugleich wies es den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurück.
Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 09.08.2004 zugestellt.
Am 06.09.2004 hat der Antragsteller zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Schwalmstadt Rechtsbeschwerde eingelegt. Er wendet sich gegen die Versagung seines Antrags als unzulässig und die Versagung der Prozesskostenhilfe wendet Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Das Th J, das nach Auflösung der Justizvollzugsanstalt E samt Zweigstelle G Antragsgegner ist, beantragt,
die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Es hält die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG für nicht erfüllt.
II.
1.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist statthaft, denn es ist geboten, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt den Antrag des Verurteilten auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt G im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen hat.
Entgegen der Auffassung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt ergibt sich die Unzulässigkeit allerdings nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 113 Abs. 3 StVollzG wegen Versäumung der in dieser Vorschrift genannten Jahresfrist und auch nicht aus Fehlen eines Feststellungsinteresses gem. § 115 Abs. 3 StVollzG, sondern bereits daraus, dass die gerichtliche Entscheidung über Beanstandungen betreffend die Art und Weise des Vollzugs der Untersuchungshaft nicht in die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer nach §§ 109 ff. StVollzG fällt.
Der Rechtsweg nach §§ 109 ff. StVollzG ist nur gegen Maßnahmen "auf dem Gebiete des Strafvollzuges" gegeben (§ 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG). Es muss sich deshalb um eine Maßnahme einer Vollzugsbehörde handeln, die in das Rechtsverhältnis eines Gefangenen eingreift, wie es durch das Strafvollzugsgesetz geregelt ist (§ 1 StVollzG). Gemäß § 1 StVollzG regelt das StVollzG den Vollzug der Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung. Der Vollzug der Untersuchungshaft unterfällt dem gerade nicht.
Über Beanstandungen betreffend die Art und Weise der Untersuchungshaft entscheidet entweder gemäß § 119 Abs. 6, § 126 StPO der Haftrichter oder gemäß §§ 23 ff. EGGVG das Oberlandesgericht (zur Abgrenzung im Einzelnen siehe etwa Senatsbeschluss vom 14.2.2003, 1VAs 2/03), keinesfalls jedoch die Strafvollstreckungskammer auf der Grundlage des Strafvollzugsgesetzes (s. nur Callies/Müller-Dietz, StVollzG, 9. Aufl., § 109, Rn. 4).
Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Gefangene nach eingetretener Rechtskraft des Urteils aber vor Beantragung der gerichtlichen Entscheidung in Strafhaft überführt wurde (s. Schwind/Böhm/Schuler, StVollzG, 3. Aufl., § 109, Rn. 4).
2.
Die Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer war zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.).
Die Prüfungskompetenz des Oberlandesgerichts kann in einer Prozesskostenhilfesache nicht weiter reichen als in der Hauptsache. Während im Zivilprozess, auf den § 120 Abs. 2 StVollzG grundsätzlich verweist, auch die zweite Instanz eine Tatsacheninstanz ist, werden Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer nach §§ 109 ff. StVollzG in der zweiten Instanz nur auf Rechtsfehler überprüft und dies auch nur dann, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Da das Rechtsbeschwerdegericht somit keine Tatsacheninstanz ist, verbietet sich die Nachprüfung der - maßgeblich von der Tatsachenlage abhängigen - erstinstanzlichen Entscheidung über die Erfolgsaussicht eines Prozesskostenhilfeantrags (siehe OLG Naumburg, Beschluss vom 09.09.2003, 1 Ws 275/03, zitiert nach Juris).
Ende der Entscheidung
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